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 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
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Partnersuche: Zeit der Moralapostel?

Propaganda-Literatur gegen sexuelle Aktivitäten Jugendlicher, 1960er Jahre


Markus Frind von POF gibt sich entsetzt, dass seine Online-Dating-Seite möglicherweise von einem verschwindend kleinen Anteil seiner (selbstverständlich männlichen) Benutzer für Hook-Ups (Abschleppen, ONS) genutzt wird. Die Theologin Donna Freitas gibt gar an, sie sei verwundert über das Verhalten der von ihr untersuchten Studenten, das sie in einer Studie festgestellt haben will. Wie gut, dass sie auch gleich ein Buch zum Thema schrieb, mit dem monströsen Titel:

The End of Sex: How Hookup Culture Is Leaving a Generation Unhappy, Sexually Unfulfilled, and Confused about Intimacy


Man stelle sich dies vor: eine ganze Generation soll unglücklich, sexuell enttäuscht, und völlig verwirrt über intime Beziehungen sein? Und jeder einzelne dieser Generation ist Anhänger der Hook-Up-Kultur, in der an nichts als ans Vögeln gedacht wird?

Wäre da nicht die Frage erlaubt: Was unterscheidet denn „diese Generation“ von allen vorigen? Hat sie ein Virus ergriffen, dass sie zum Dauervögeln veranlasst?

Die "Generation Abschleppen" - eine Medienerfindung

Sei neugierig - klick mich
Wer diesen Unsinn glauben will, mag das tun. Doch die Generation „Y“ hat eine Eigenschaft, die von den Moralisten, Traditionalisten und Romantik-Märchenliebhabern gerne übersehen wird: gleiche Rechte für Frau und Mann, auch sexuell. Das bedeutet, keine „Dating-Kulturen“ mehr zu benötigen, kein tagelanges Liebeswerben, um der Kultur genüge zu tun, und keine „Affentänzchen“ mehr, die Männer aufführen müssen, um „ihr Herz zu gewinnen“. Vielleicht sollte man an dieser Stelle einmal darauf hinweisen, dass man Frauen nicht zugleich als „Bewahrerinnen der Romantik“ und als „raffiniert-zögernde Sexvermarkterinnen“ hinstellen kann, wie es die Traditionalisten und Romantiker gerne hätten.

Frauen sind gleichberechtigt - und keine Sex-oder Romantikobjekte

Reden wir doch bitte mal Tacheles: Wir erleben derzeit eine Kultur, in der Frauen nicht mehr Sexobjekte sind, die begehrt, umworben oder gekauft werden müssen. Frauen müssen weder „ihren Marktwert“ pflegen noch ihn erhalten, wie es in der Kultur des 19. Jahrhunderts üblich war.

Wenn eine Kultur uns sagt: „Ihr seid nun tatsächlich gleich – das wolltet ihr doch, also versucht auch, damit zurechtzukommen.“ Dann muss die Generation, die in der Kultur lebt, sich eben daran gewöhnen, frei und gleich zu sein und eben auch, mit gegenseitigen Sexwünschen umzugehen. Niemand hat verlangt, dass die von heute auf morgen reibungslos funktioniert – außer ein paar Fantasten, die sich salbungsvoll „Kulturkritiker“ nennen.

Sofort-Sex? Hook-Up-Kultur? Das gab es schon immer

Abgesehen davon: Die angeblich neue „Hook-Up-Kultur“ gab es schon immer – in den 1960ern mit Lokalen, in denen schüchterne Frauen und Männer per Tischtelefon Kontakte schließen konnte und mit „Bällen der einsamen Herzen“. Aber auch typische „Abschlepplokale“, in denen es abenteuerlustige Frauen gab, die hofften, auf diese Art wenigstens eine kurze Beziehung zu bekommen. Sehr vorsichtige Damen, die es nicht ertragen konnten, längere Zeit gar keinen Sex zu haben, annoncierten damals (bis in in die 1990er Jahre noch) nicht nur unter „Bekanntschaften“, sondern sogar unter „Heiraten“, um einen Mann für ein Wochenende zu finden. Das alles musste wegen der Zensur der Anzeigenannahmen so aussehen, als ob tatsächlich Partnerschaften oder Ehen gesucht wurden, jedoch gab es eine Art Code, die dem anderen signalisierte: „Du musst mich nicht unbedingt heiraten, Schatz“.

Moralapostel - nützen sie oder zerstören sie?

Zeit der Moralapostel? Na klar – sie kommen überall wieder aus ihren Löchern, weil ihnen die ganze Richtung nicht passt. So, wie sie immer wieder aus ihren Löchern kamen, wenn sie Morgenluft für ihre konservativen Ideale rochen. Mit ihrer Hilfe werden aus Männern schwanzgesteuert Monster, aus Frauen sexgeile Schlampen und aus der Jugend dann eben eine „Abschlepp-Generation“ oder „Generation Porno“.

Das alles kann ich ertragen, denn in einem freien Land darf jeder seine Meinung sagen. Indessen ertrage ich nicht, wenn sich die Moralapostel zu Hütern ewiger Werte aufschwingen, die uns Übrigen verloren gegangen sind. Dann spätestens gilt es, ihnen Einhalt zu gebieten und Grenzen zu setzen.

Bild: Scan aus " Antisexuelle Propaganda" , Reinbek 1969
Dieser Artikel erhielt die zweitschlechteste Bewertung aller Artikel, die jemals in der Liebeszeitung veröffentlicht wurden.

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