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 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
Warnung! Teile dieser Texte könnten mithilfe menschlicher Intelligenz erzeugt worden sein.

Dating-Regeln: der abgekupferte Blödsinn

Wer braucht eigentlich Dating-Regeln?

Nachdem der Kölner Stadtanzeiger sich die Mühe machte, eine Expertenrunde zum Thema Dating-Regeln einzuladen, gibt nun mancher „Experte“ im Internet seinen Senf dazu. Dabei wird versucht, die Fragen nochmals zu beantworten – natürlich besser als zuvor. Wobei mich mal wieder der Hafer sticht und ich an Karl Valentin denke: „Es ist zwar schon alles gesagt, aber noch nicht von allen.“

Falls Sie trotzdem wissen wollen, wie ich über Dating-Regeln denke (1), dann lesen Sie bitte weiter – wenn nicht, lesen Sie die Ausführungen im „Kölner Stadtanzeiger“, die sich allerdings auf einen Satz reduzieren lassen, den ich gerne zitiere:

Dating-Regeln sind unangebracht, weil … unbewusste Vorgänge darüber entscheiden, wer wen anziehend findet oder nicht – und sich das durch einen Verhaltenskodex nicht steuern oder erzwingen lässt.

Das ist tatsächlich das Ergebnis der hochkarätig besetzten Expertenrunde, die damit den Nagel auf den Kopf trifft.

Woher kommt der ganze Müll an Dating-Regeln?

Die Antwort ist einfach: aus den USA. Die Amis haben irgendwann mal Regeln gebraucht, die einem „anständigen“ Mädchen erlaubten, mit verschiedenen Kerlen auszugehen, und dabei nicht gleich als Schlampen zu gelten. Und wie es bei Regeln so ist: Die bleiben in den Köpfen von Großmüttern und Mamis – und landen schließlich bei den Töchtern.

Wer verbreitet den Blödsinn in den USA?

Auch einfach: Außer in den Hirnen der Mütter stehen diese Regeln in beliebten Büchern, die jedem jungen Mädchen „alternativlos“ anempfohlen werden. Jede Frau, die auf ihren untadelig-jungfräulichen Ruf Wert legt, wird angehalten, die Regeln zu befolgen.

Wie kam der Unrat nach Europa?

Das ist nun wirklich interessant. Der Grund liegt darin, dass eine Anzahl von fragwürdigen Autorinnen und Autoren, die keine Ahnung von der Partnersuche hatten, aber viel Erfahrung mit dem Abschreiben, in die Ami-Bücher gelinst haben. Nachdem die ersten Autoren alles abgekupfert hatten, was drin stand, brauchte die nächste Welle von Kopierkatzen nur noch dort abzuschreiben. Nachdem der ganze Quatsch überall stand, haben tatsächlich einige deutsche Frauen geglaubt, die Regeln hätten irgendeinen Wert.

Und wie werden wir den Unfug "Datingregeln" wieder los?

Sehr, sehr einfach: indem wir uns daran erinnern, wie man sich selbstbewusst gegenüber Fremden verhält. Ein Mensch beim Blind Date ist nichts als ein Fremder, der von sich behauptet, auf Partnersuche zu sein. Es gelten also die allgemeinen Vorsichtsmaßnahmen beim Umgang mit Unbekannten. Was man wirklich wissen muss: Die meisten Probleme mit Partnersuchenden entstehen nicht durch Täuschung, sondern durch Selbst-Täuschung. Heißt im Klartext: Je höher die Erwartungen, umso eher kann man enttäuscht werden. Übrigens ist jeder Mensch gut beraten, seine eigenen Regeln für seinen Lebensweg aufzustellen, statt sie aus Büchern zu beziehen.

Was ist mit dem „Gesprächsknigge“?

Es gibt nur zwei wirklich wichtige Grundregeln. Die eine heißt „offene Fragen stellen“, die andere „jederzeit gut hinhören. Dafür gibt es eine Faustformel: Wenn Sie glauben, nur ein Drittel der Zeit selbst gesprochen zu haben, haben Sie in Wahrheit mindesten die Hälfte der Zeit gesprochen. Das hat aber nichts mit „Dating“ zu tun.

Worauf muss man sich wirklich vorbereiten?

Auf Ablehnungen und auf Geschlechtsverkehr. Entwickeln Sie Ihre individuelle Ablehnungs- und Lustkultur, dann versäumen sie einerseits nichts und werden andererseits nicht zu sehr enttäuscht.

Wenn Sie Zweifel an den Aussagen haben, sagen Sie es mir – wenn Sie diese Aussagen als richtig empfinden, verbreiten Sie den Inhalt, soweit nicht anderweitig geschützt, überall.

(1) Ich stehe jederzeit jeder Redakteurin und jedem Redakteur zur Verfügung, um die Fragen zu vertiefen.

Liebe - artig oder abartig?

Zwei Seelen (ach!) in einer Brust ...


Die Liebe ist – wie auch die Liebeszeitung – ständig im Wandel. Wir müssen nur auf unser eigenes Leben sehen, um zu erkennen, dass wir sie manchmal fürchten, dann aber wieder herbeisehnten. Jedes Mal, wenn einem Menschen „etwas Ungewöhnliches“ als „Liebe“ begegnet, ergeht es uns so wie mit exotischen Speisen: Wir beäugen sie misstrauisch, tasten uns dann aber doch Bissen für Bissen an sie heran.

Dem Bürgertum war alles "abartig"

Nahezu alles, was heute als „sinnlich“ empfunden wird, war im 19. Jahrhundert noch „abartig“. Zwar gab es sie, die wundersamen Bücher, die sich vor allem an Frauen wandten, die auch schon vor der Ehe wissen wollten, „wie es geht“ – aber die weibliche Jugend wurde davor zumeist erfolgreich bewahrt. Junge Männer waren damals ja „enorm gefährdet“, einerseits, weil sie auf Internaten die Liebe unter Männern kennenlernen, andererseits, weil sie aus der sexuellen Not heraus die „Onanie“ als Ventil entdeckten. Es ist kein Wunder, dass nahezu jeder Roman, der sich an Männer wandte, homosexuell Anklänge hatte und die Damen darin nicht selten als strenge Gouvernanten auftraten. Daneben war die Rede von Dienstmägden, die keine Scham kannten und natürlich von der Verführbarkeit einfacher Frauen, wie beispielsweise Ladenmädchen.

Die artige Liebe -und warum artige Frauen dennoch masturbieren duften

Die „artige“ Liebe fand man in der weiblichen Erbauungsliteratur, die jedoch herzlich langweilig war und zumeist darauf abzielte, den in Konvenienzehe lebenden Frauen die Illusion der Romantik zurückzugeben. Was die Verleger jedoch nicht daran hinderte, schon gegen 1910 Werbung für die ersten elektrischen Vibratoren zuzulassen. Kein Wunder – wenn der Herr des Hauses „fremdvögelte“, was bei ausreichenden finanziellen Mitteln nicht unüblich war, genoss Madame den kleinen sinnlichen Stab eben nicht an der Wange, wie in der Werbung, sondern an der Vagina.

Langeweile oder Passion?

Wer über die sinnliche Liebe schreibt, hat - mit Ausnahme von Sachthemen – gar keine andere Wahl, als entweder (gelangweilt) über die „artige“ Liebe zu schreiben oder aber (passioniert) über die „abartige“ Liebe.
Das Sehnen und Hoffen der sogenannten „romantischen Liebe“ klingt selbstverständlich auch heute noch nach – doch verkommt es immer mehr zum Liebes-Kitsch. Da die „alltägliche Sexualität“ kaum irgendjemanden interessiert, bleibt als Thema nur die sinnliche Liebe, die mit exotischen Gewürzen versehen, den Appetit anheizt. Und bevor Sie jetzt das Wort „Shades“ in den Mund nehmen: Ich könnte mir Tausende Schattierungen von Rot vorstellen, vom leuchtenden Orange der Jugend bis zum tiefroten Purpur der Menschen über 50. Aber mir fällt inzwischen schwer, auch nur noch eine einzige Schattierung von Grau zu ertragen.

Wer über die Liebe schreibt, besingt ihren Sieg ebenso wie ihr klägliches Versagen – und dies in allen Schattierungen. Aber in Kitschromanen Frauenhintern zu beklopfen ist im Grund genommen langweilig – jedenfalls auf Dauer. Dies mag auch ein Grund dafür sein, warum die Liebeszeitung sich dieser Tage die Frage stellte: Wofür schreiben wir eigentlich?

Wofür wir schreiben

Sicher nicht für die „Artigen“. Die wissen, dass sie brav tun müssen, um ihren Status zu halten, so, wie kleine Kinder, die für jede eigenständige Handlung bestraft wurden und daher „kuschen“. Aber wir schreiben auch nicht für die „Abartigen“, die glauben, ihre windigen Ideologien zu Verhaltensmustern hochstilisieren zu müssen.

Im Grund schreiben wir für die Sehnsüchtigen einerseits und die Neugierigen andererseits. Den Sehnsüchtigen wollen wir zu den Tränken führen, an denen sie gefahrlos Lust saufen können. Und die Neugierigen wollen wir über die Chancen und Risiken aufklären, die sie im Dschungel der Lust erwartet.

Ja – und die Liebe? Sehen Sie, die Liebe ist das, was Sie aus einigen Tausend Puzzlestücke im Laufe Ihres Lebens dafür halten. Nicht mehr und nicht weniger.