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 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
Warnung! Teile dieser Texte könnten mithilfe menschlicher Intelligenz erzeugt worden sein.

Was wirklich passiert bei der Online-Partnersuche

Gefangen im Netz der Daten - oder bestimmt vom freien Willen?
Bei kaum einem Prozess im Internet geben die Nutzer so viele intime Daten preis wie bei einer Online-Partnervermittlung. Die Vermittler behaupten, über ausgeklügelte Programme zu verfügen, die daraus sehr genaue „Matches“ (Passungen) bei Paaren herbeiführen können.

Licht ins Dunkel der "Partnerübereinstimmungstests" bringen

Über diese „Persönlichkeitstests“ gibt es zahlreiche haarsträubend unzuverlässige Meinungen, und ich will versuchen, etwas Licht in das Dunkle zu bringen.

Harte Daten sind nötig

Die Daten bestehen immer aus zwei Teilen: sinnreichen Suchkriterien, die zum Beispiel das Alter oder die Region, gelegentlich auch Bildung und Einkommen abfragen. Je primitiver die zusätzlichen „Kriterien“ sind, umso mehr wird nach bevorzugten Speisen, Hobbys, Lese- und Musikvorlieben gefragt. All diese Daten haben den Vorteil, dass man sie leicht abmixen kann. Das heißt, die Regionen, Bildungsstände und Altersgruppen können fein säuberlich zusammengebracht werden. Ähnlich verhält es sich bei den „Geschmäckern“.

Weiche Daten sind fragwürdig

Der zweite Teil besteht aus den „weichen Daten“, zu deren Auswertung nach Meinung des primitiv gestrickten Internet-Users unheimlich viel „Wissenschaft“ eingeht. Tatsächlich arbeiten an den Fragebögen Psychologen mit, deswegen können die Fragestellungen als „psychologisch“ bezeichnet werden. Die angeblichen „Passungen“ hingegen folgen keiner exakten Wissenschaft, sondern beruhen auf unscharfen Annahmen.

Der freie Wille und der unsichtbare Dating-Guru

Die Frage, die sich nun für den Partnersuchenden stellt, heißt: Unterwerfe ich mich dem geheimnisvollen Diktat der Algorithmen oder folge ich meinem freien Willen?


Damit wird der Partnersuchende in einen Konflikt manövriert:

- Folgt er dem Computerprogramm, das er nicht durchschaut, so wird er freudvoll Kontakte zu Personen suchen, auf deren Zuneigung er von vornherein hofft. Er vertraut darauf, weil das Programm so „klug“ ist. Und ihm wird suggeriert, dass er möglichst nicht vom Weg abgehen soll (wie das Rotkäppchen), weil er sonst nicht in den Hafen der Ehe kommen wird.

- Folgt er hingegen seinem freien Willen, so wird er sich die Profile genau ansehen und selber entscheiden, welche Empfehlungen er annimmt. Ihm wird beschieden, dass er damit aber das Risiko der Fehlentscheidung trägt, weil er die Klugheit des Programms ignoriert.

Das Risiko trägt immer der Kunde

Genau genommen sind beide Methoden unzuverlässig, weil der Suchende das Risiko der Entscheidung ohnehin allein trägt – ob mit Assistenz oder ohne. Ja, man kann sogar sagen, dass die gesamte „Psychokrone“ die sich die Portale aufsetzen, im Grunde genommen gar keinen Sinn hat. Denn ob jemand „passt“ oder „nicht passt“ entscheidet sich nicht im Räderwerk der Bits und Bytes, ja nicht einmal in den Gehirnen der Psychologen, die so etwas angeblich „entwickelt“ haben. Ob jemand zusammenkommt oder nicht, entscheidet sich an den Vorerfahrungen und Erfahrungen, die man beim ersten Date (oder denn ersten Dates) sammelt.

Was ist die Psycho-Beurteilung wert?

Die Beurteilung der Dating-Portale wird von einigen Kunden sehr ernst genommen. Manche Kunden prüfen, ob ihre Selbst-Einschätzung mit der Einschätzung der „Partnervermittlung“ übereinstimmt. Ist dies der Fall, so sind sie froh, egal, ob sie „wirklich“ stimmt oder aufgrund des „Barnum-Effekts“ (1) akzeptiert wurde. (Ich merke an, dass gar nicht feststellbar ist, ob eine Beurteilung „wirklich“ stimmt, weil die Wirklichkeit als solche nur unscharf definiert werden kann). Der Autor Jaron Lanier (2) merkt dazu an, dass solche Beurteilungen „intim und folgenreich“ sein können. Das erschreckt mich sehr – da rattert ein Programm durch dürftige und teilweise nicht einmal relevante Abfragen hindurch und spuckt eine folgenreiche Beurteilung aus, der wir uns unterwerfen sollen? Wie krank ist denn das?

Psycho-Beurteilungen: zutreffend, paradox oder zufällig?

Die Paradoxien werden allerdings noch deutlicher, wenn man diesen Abschnitt liest:

Vertrauen die Kunden von Online-Partnervermittlungen darauf, dass deren Algorithmen die Chance für eine dauerhafte Verbindung richtig einschätzen können. Gleichzeitig erwarten sie, dass das Ergebnis ihren vorgefassten Meinungen entspricht.


Das ist in höchstem Maße lächerlich, denn eine angeblich „vorgefasste“ Meinung kann zutreffend, unzutreffend oder sogar zufällig sein. Interessant ist, dass nicht einmal dieser kritische Autor unterstellt, dass unsere eigene Meinung über uns eventuell richtig (oder jedenfalls wahrscheinlicher) sein könnte.

Algorithmen vereinfachen oder Kriterien erweitern?

Übrigens gibt es zwei gegenläufige Tendenzen unter den „Vordenkern“ der Branche. Die einen glauben, dass Aussehen und Sex-Bereitschaft die wesentlichen Elemente sind, um einander kennenzulernen, und sie handeln entsprechend. Sie sind – nur nebenbei - unglaublich erfolgreich. Die anderen versuchen, noch kompliziertere Algorithmen zu entwickeln, die auf noch mehr Fragen und noch mehr „Big Data“ beruhen, die angeblich nur mit KI auf Superrechnern verarbeitet werden können. Sie sind eher mäßig erfolgreich, auch deshalb, weil die meisten neuen Anbieter auf das Geschäftsmodell „Schnell Kohle machen, egal, wie“ setzen.

Die Zukunft

Wie es wirklich weitergeht? Die sehr ernst und sehr konsequent Suchenden werden weiter mithilfe (vielleicht etwas kürzerer) Fragebögen suchen. Und sie werden möglicherweise die horrenden Gebühren auf sich nehmen, die ihnen die „Drittelchance“ (3) einräumen, einen Partner zu finden.

Und die anderen? Sie nutzen den „Cyberspace“ ohnehin nur als Erweiterung des Suchfeldes. Sie werden früher oder später einfach gucken, fragen, und bei Lust und Freude ins Bett miteinander steigen und dann vielleicht einmal eine Familie gründen.

Und mein Fazit? So neu und interessant sind „Begegnungen im Cyberspace“ nun auch wieder nicht. Die Realität spielt – jedenfalls in der Liebe – die eigentlich entscheidende Rolle. Und sie schlägt alle Algorithmen und Psycho-Theorien.

(1) Ein Effekt, der Eintritt, wenn man eine sehr allgemeine Beurteilung verteilt, in der sich jeder "irgendwie" wiederfindet.
(2) Lanier "Wem gehört die Zukunft", Deutsch 2014.
(3) Nach den Unterlagen von bekannten Anbietern, etwa 35 Prozent ist schon die Obergrenze.

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