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 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
Warnung! Teile dieser Texte könnten mithilfe menschlicher Intelligenz erzeugt worden sein.

Partnerschaft: Hände weg vom Traumpartner!



Wir leben in einer Zeit, in der eine Speise ebenso „lecker“ sein muss wie ein „Kerl“ oder ein „Mädchen“. In der Partnerschaft gaukeln uns Werbeleute einschlägiger Partnervermittler und Singlebörsen vor, wir könnten dort unseren „Traumpartner“ finden – „als Traummann und Traumfrau schuf er sie“ … möchte man Kalauern, wenn man das Dummgeschwätz der Werbegötzen liest.

Unterstützt werden diese Menschenvergolder freilich auch noch durch einige willfährige, an die Branche angepasste psychotherapeutisch gebildete Berater. Das Volk glaubt diesen Menschen wie Halbgöttern – und dies wird reiflich genutzt. Vergessen ist da Paul Watzlawicks Warnung:

Überall, außer in der Psychotherapie, wird es als selbstverständliche Lebensgegebenheit hingenommen, dass es keine perfekten und ein für alle Mal erreichten Lösungen gibt … und dass das Leben ein lebenslanger Prozess der bestmöglichen, aber nie vollständigen Anpassung ist.“

Anpassung? Ständige Änderungen? Das kann man dem modernen Menschen offenbar nicht mehr zumuten – und das heißt auch: Man kann ihm die Wahrheit nicht mehr zumuten. Man erfindet ständig neue, wohlfeile Lügenpakete, um die Wahrheit zu verschleiern, jene einfache, kluge und langzeittaugliche Wahrheit: Du musst dich anpassen.

Flunkerer aus der Wissenschaft kontra Pragmatiker

Die klugen Leute mit pragmatischem Hintergrund, die wirklich Lebensprozesse verstehen, wissen natürlich sehr gut, was geht und was nicht. Sie erklären gerne, dass zur erfolgreichen Partnerschaft in Wahrheit nur ein Weg führt: nach intensiver und ehrlicher Suche einen halbwegs passenden Partner zu finden und mit ihm das Lebens- Liebes- und Paarungsspiel zu beginnen. Dabei müssen in der Regel beide Federn lassen, wird aber einer von beiden zu sehr gerupft, dann geht es nicht. Sehr einfach, nicht wahr?

Affentänzchen um "Gleich und Gleich" oder Gegensätze

Ja, sehr einfach, aber eben auch schwer zu vermitteln. Da ist schon besser, mal ein bisschen herumflunkern: Durch Tests, so behaupten angebliche Fachleute der Psychologie, ließe sich herausfinden, wer zu wem passen würde – eine dreiste Behauptung, die kaum ein bedächtiger Paartherapeut unterschreiben würde. Da draußen im Dschungel der Eitelkeiten tummeln sich allerdings andere Therapeuten, die schon einmal darüber streiten, ob sich „Gleich und Gleich“ eher gesellen oder sich Gegensätze eher anziehen würden – und sie vollführen dabei alle ihre niedlichen Affentänzchen und schlagen sich dabei auf die Brust: „Meine Psychologie ist besser als deine, ätsch, bätsch!“

Stabilität ist keine Frage von Charaktereigenschaften

Mit der Suche nach der Wahrheit hat dies nichts zu tun. „Gleich und Gleich“ gilt für die gesellschaftliche Ausgangsposition, nicht für die Persönlichkeitseigenschaften. Der Pipifax, der von den angeblichen „Wissenschaftlern“ in die Welt geblasen wird, klingt allerdings anders, und so lesen wie immer wieder, dass sich das „Gleichheitsprinzip bewährt“ habe. Fragt sich nur, wo, wie und wann. Familientherapeuten sind da nämlich ganz anderer Meinung. Sie sagen beispielsweise, dass eine Beziehung vor allem nach Stabilität streben sollte, und die kann in beiden Fällen erreicht werden, etwa so:

- Beide Partner streben in die gleiche Richtung – sie Stablisieren einander dadurch, dass sie das Gleiche wollen und sich darin bestärken, dies auch miteinander zu erreichen. In der Regel erreichen beide damit mehr in ihren gemeinsamen Stärken, können aber bei Problemlösungen auf der Ebene gemeinsamer Schwächen auch leicht versagen (der Wissenschaftler sagt dazu „Stabile Symmetrie“) . Bespiele wäre hier Lehrer- oder Arztehepaare.
-
- Beide Partner ergänzen einander. Was der eine nicht vollständig zustande bringt, kann der andere vollenden. Ihr Gesamtwerk ist besser als das Werk jedes Einzelnen und damit für beide von Vorteil. Sie haben zwar nicht die Kraft, ihre gemeinsamen Stärken so kräftig zu bündeln wie ein Paar, das nur in eine Richtung strebt, lösen Probleme aber dafür leichter. (Der Wissenschaftler sagt hier: „Stabile Komplementarität“). Typisches Beispiel ist die Verbindung zwischen einem Handwerker und einer Buchhalterin.


"Matchingverfahren" stammen nicht aus der Paarforschung

Man erkennt also leicht, wie dümmlich die Bemühungen von Wissenschaftlern sind, Eigenschaften zu „matchen“, denn die meisten dort angenommenen Bedingungen spielen für die Stabilität der Beziehung nur eine untergeordnete Rolle. Tatsächlich stammen die Verfahren, die ein „Matching“ verwendet werden, überwiegend auch gar nicht aus dem Bereich der Paarforschung, sondern sind auf Paare abwandelte Berufseignungstests. Man kann dies sehr genau anhand der Berufsfelder der „Erfinder“ solcher Tests feststellen.

Wahnsinn Traumpartner

Was aber bringt nun der Traumpartner? Die Antwort: voraussichtlich nichts als Ärger. Zunächst einmal muss man sich darüber klar machen, dass man den „Traumpartner“ oder „idealen Partner“ nur finden kann, wenn man daran glaubt, dass es einen solchen Partner gibt. Man könnte genau so gut an Voodoo oder Kaffeesatzlesen „glauben“ – denn es gibt leider nur die “fixen Idee“ des Idealpartners und keinen Beweis für die Möglichkeit seiner Existenz. Der Traumpartner ist also eine Wunschvorstellung – und vielleicht schlimmer noch: Ein Wahn, in den man sich verliebt – und es ist nicht gut, sich in einen Wahn hineinzubegeben.

Auch der "richtige Partner" ist eine Glaubensfrage

Der Paartherapeut Arnold Retzer geht in die gleiche Richtung, nur redet er nicht einmal von den lackierten Begriffen „Traumpartner“ oder „Idealpartner“, sondern setzt sich mit „dem richtigen Partner“ auseinander – und bleibt auch hier skeptisch. Er schreibt: „Voraussetzung der Vorstellung, man könne den richtigen Partner finden, ist die Überzeugung, es gibt ihn, den richtigen Partner.“ Im weiteren Text bezweifelt der Autor diese Möglichkeit und schreibt dann: „die gleichermaßen attraktive wie unvernünftige Idee ist die Vorstellung, man könne sich den Partner zuführen lassen“ … und verspottet die „Matchingverfahren“ der Online-Partnervermittler, die ja genau dies versprechen.

Besser ist es, einen Menschen zu finden, der uns so akzeptiert, wie wir sind. Wenn wir dann noch wissen, wo wir nachgeben können und wo wir stark bleiben wollen und wie wir dafür fair miteinander streiten wollen – dann brauchen wir die Psychoumkränzung unseres Wohls allesamt nicht. Wir müssen einfach nur nach vorne schauen und den Mut haben, uns zu binden – das ist wirklich alles.

Zitate (alles Nicht-Internet Zitate)

Paul Watzlawick: "Die Möglichkeit des Andersseins", Bern 1977

Symmetrie und Komplexität sinngemäß beschrieben nach Carlos Sluzki / Janet Beavin: „Symmetrie und Komplexität“, in "Interaktion", Bern 1980

Arnold Retzer: Lob der Vernunftehe, Frankfurt 2009

Titelbild: © 2009 by Jorge Mejia

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