Lust und Frust: Bald ist Heilige Nacht …
schenken als tugend - die drei wundersamen männer aus dem "morgenland" verlocken basler zum spenden
Das Wort „heilig“ werden wir ja demnächst wieder recht häufig hören, und während manche vornehm vom „Weihnachtsabend“ sprechen, werden andere den „Heiligen Abend“ wieder strapazieren, der in Norddeutschland bisweilen auch „Heiligabend“ heißt. Ja, und dann werden wir uns wieder Erinnern: „Weihnachten ist das Fest der Liebe“, was ja noch angehen mag – aber besonders bitter wird es für viele Alleinlebende, wenn es heißt „Weihnachten ist das Fest der Familie“.
Familien und "heilige Nacht" - nicht eitel Sonnenschein
Ich wende mich mal zuerst an die Singles unter euch: So toll, wie die Familien sich Weihnachten schönreden, ist es nun auch wieder nicht. Bei Firmenweihnachtsfeiern rutscht manches Damenhöschen, und danach wird manche Ehefrau misstrauisch. Da inzwischen auch verheiratete Damen keine Kostverächterinnen sind, ginge die Sache natürlich auch umgekehrt, aber Damen sind ja bekanntlich Damen und das bedeutet, dass sie ihr Verhältnisse sogar betriebsintern noch zu vertuschen verstehen. Ein Teil der anderen, braven und biederen Familien zerstreitet sich bei der erstbesten Gelegenheit, sich mal auszusprechen: An „den Feiertagen“ wie die Weihnachtstage ja auch heißen.
Das "traute hochheilige Paar?" Weihnachtskitsch gibt es jedes Jahr, und dazu gehören auch Maria und Josef, Ochs und Esel, Engelein und Hirten. Die Einzigen, die da mal herausfallen, sind die seltsamen Männer aus dem Morgenland, auf die das Schenken letztendlich zurückzuführen ist: Singles offenbar. Apropos Josef: Der Mann kann nicht sonderlich glücklich gewesen sein, denn ob ihm nun ein Engel erschien oder nicht: Das Kind war von einem Anderen. Die verklärte Legende der Christenheit in Ehren – aber ist das ein Vorbild für eine glückliche Familie?
Das Schenken - die Tradition aus dem Morgenland
Da bleiben wir doch lieber beim Schenken: Etwas für andere tun und dabei etwas für sich selbst zu tun, ist die Devise. Die Großmutter will etwas von bleibendem Wert schenken, damit die Enkelchen immer und ewig an sie denken. Der Single weiß gar nicht, wen er beschenken soll: Niemand wollte seien Liebe, und niemandem mag er Geschenke geben – in Erinnerung bleibt er sowieso nirgendwo.
Kein Wunder, dass die Single bald herumlaufen wie die streunenden Katzen: Irgendwie hat man ja keine Heimat an Weihnachten. Kind ist man nicht mehr, und die holde Liebste oder der tolle Geliebte ist weit und breit nicht zu sehen. Die eigene Wohnung ist keine Weihnachtsstube, und überhaupt wird man bald das Stichwort hören, unter dem man sich vielleicht gerade noch einmal versammeln könnte: Schweißweihnachten.
Singles und einsame "heilige Nacht": Strafe für den Egoismus?
„Na klar“, werden die Skeptiker sagen, „so weit sind die Singles ja durch ihren Egoismus gekommen“. Damit waschen sie einem Teil berechtigterweise das Fell, einen anderen Teil aber beleidigen sie. Nicht alle Singles sind aus Eigennutz allein, und überhaupt begünstigt Deutschland eher verheiratete Paare ohne Kinder als Alleinstehende. Der Egoismus kann es also nicht sein – bestenfalls die mangelnde Fähigkeit, Kompromisse einzugehen und auch mal jemandem in die Arme zu fallen, der nicht ganz „adäquat“ ist – es muss ja wirklich nicht für immer und ewig sein.
Unheillige Beziehungen in der "Heiligen Nacht"
Dennoch tun es einige: Unheilige Beziehungen am Heiligen Abend wachsen aus der Not, nicht aus der Tugend. Ich kann mich an eine selbst ernannte „Lady“ erinnern (so nennen sich manche Chat-Quasselstrippen), die Weihnachten einen der begehrtesten männlichen Chatter an Land gezogen hat, und der ihr eine „so schöne Weihnachten“ machte. Nur, dass er anderen Frauen auch noch schöne Nächte bereitete, wenngleich nicht Weihnachten. Andere geben Anzeigen auf, um gemeinsam Weihnachten zu feiern, und wieder andere veranstalten Weihnachtsfeten für Singles. Irgendwie wirkt das alles ein bisschen zusammengemurkst, wenn die Triefaugengeschwader eintreffen, denn kollektive Weihnachtsfeiern haben immer etwas von institutionalisierter Verzweiflung.
Abhilfe für Singles: Partys?
Abhilfe? Oh ja, Abhilfe. Weihnachten ist in Deutschland blöderweise im Winter, wo soll denn da die Abhilfe herkommen? Freude, Lust, vielleicht sogar erotisches Knistern? Man könnte … zum Beispiel statt Weihnachtsfeiern mit Lebkuchen und Glühwein ja Engeleinpartys anbieten mit Dessous und Flügelchen wie bei Victorias Secret, aber dann schimpfen wieder die Damen wegen der sexistischen Haltung. Was bleibt also? Nikoläuse und Weihnachtsmänner einmischen? Sicher nicht. Das Einzige, was einem Single wirklich nützen würde, wäre eine fröhliche, laute und erotische Nacht, um gegen die Scheinheiligkeit anzustinken. Irgendwie wären die Männer aus dem Morgenland da gute Vorbilder: Sie schenkten einfach, was sie hatten, wohl wissend, dass sie keinen Gewinn daraus ziehen konnten. Also eine Orientparty zu Weihnachten mit Bauchtanz? Warum eigentlich nicht? Wem das nach Blasphemie klingt, der kann ja auf der Party eine Tombola zugunsten afrikanischer Aids-Weisen veranstalten.
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