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 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
Warnung! Teile dieser Texte könnten mithilfe menschlicher Intelligenz erzeugt worden sein.

Dating-Apps – Flirtverlagerung oder Partnersuche?

Eingedeutschte Begriffe wie beispielsweise Dating bedeuten für die US-Amerikaner und andere englischsprachige Nationen immer noch das, was sie im Ursprung bedeuteten: Mädchen treffen Jungs, Jungs treffen Mädchen. Für Deutsche hingegen haben sie eine eher schwammige Bedeutung: Wer ein „Date“ hat, der will nicht einfach nur mal hingehen und gucken, ob man Spaß miteinander hat, sondern „sucht ernsthaft“. Entsprechend ist „Dating“, gerade beim Online-Dating, eine Art „elektronischer Schadchen“ – ein Vermittler von Bekanntschaften, ein Selbsthilfe-Partervermittler oder ein Online-Parterkatalog.

Werbung mit Einsamkeit - das schreckt Frauen ab. (Historische Anzeigen)


Eine neue Welt für Frauen - sich anbieten, aber unverbindlich und mit Spaß

Betrachten wir nun einmal die „Jugend“. Sie hat üblicherweise Interesse an „Begegnungen“, mal mit mehr, mal mit weniger seriösen Absichten. Junge Frauen wollen ihre Attraktivität testen, junge Männer ihre Charakter- und Willensstärke unter Beweis stellen. Natürlich wollen beide Geschlechter auch Sex – aber das ist eher ein Hintergrundgedanke. Flirt- und Begegnungsmöglichkeiten heißen die Stichworte, und da Jugendhäuser, Dorffeste und Tanzveranstaltungen uncool sind, und der örtliche „Markt“ oft nichts hergibt, geht man eben online. Neulich schrieb mir einer der Vermarkter von Jugend-Dating, man sei eben nicht „so verknöchert“ wie die Dating-Methoden, über die ich berichten würde. Dem steht nun allerdings entgegen, dass sich Frauen ungerne in einer Weise präsentieren, die andeutet, dass sie bereits sind, sogleich „die Beine breitzumachen“. Weniger drastische ausgedrückt: Frauen wollen sich nicht auf den Präsentierteller stellen und sich den Einsamen dieser Welt öffentlich anbieten – das war aber bei den bisherigen „Apps“ oft der Fall.

Von der Abschlepp-Applikation zum Jugendspaß: Dating-Apps

Man muss die Wahrheit vertragen können: Die Grundidee der Smartphone-Apps war Grindr – und das ist eine Abschlepp-Applikation auf Smartphones für homosexuelle Männer. Jede Grindr-Kopie, egal von wem, die auf „Heteros“ abzielte, wurde von Männern begeistert aufgenommen, von Frauen aber nur unter Vorbehalt verwendet. Der Grund ist einfach: Zwischen dem Kennenlern-Angebot und dem Sexvollzug können technisch gesprochen nur wenige Minuten liegen – und das ist selbst sex-positiven Frauen zu kurz, wenn wir einmal Huren ausnehmen.
Nun allerdings hat ein Unternehmer eine blendende Idee gehabt. Sie besteht darin, dass man zu den Ideen der als vermuffelt verschrienen alten Zeitungsanzeige zurückgeht.
Da ich annehme, dass Sie nicht mehr alle wissen, wie es geht, hier eine Ultrakurzbeschreibung:

Man setzt eine meist recht kurze Selbstbeschreibung unter einer Chiffrenummer in die Zeitung, bekommt dann Zuschriften und tauscht erst dann Fotos und weitere Informationen aus, wenn man glaubt, dass es sich lohnt. Alles funktioniert also ohne Foto, ohne genaue Beschreibung, ohne „Passung“ und „Vorauswahl“ und ohne jegliche Antwortgarantie.

Tinder als moderne, schicke Form der alten "Chiffreanzeige"

Die modernisierte Form davon heißt Tinder. Die Dating-App zeigt mögliche Partner in der Umgebung ohne Foto und nur mit den üblichen oberflächlichen FACEBOOK-Informationen. Nur, wenn man signalisiert, dass man den anderen wirklich kennenlernen will, und dieser das auch beabsichtigt, wird die Verbindung freigeschaltet und der Weg zu einer Begegnung wird eröffnet.

Nach verlässlichen Berichten denken die Tidner-Anwender dabei allerdings kaum an die Partnersuche, sondern daran, ein bisschen Unterhaltung zu haben, bei der möglicherweise auch ein Partner abfällt.
Dazu zitieren wir mal eine Anwenderin:

Tinder ist amüsant. Die Leute melden sich an, weil sie gerade einen Schwips haben und ein Freud sie dazu drängt, es mal zu versuchen. Oder ein paar Freunde treffen sich auf einer Party, reden über Tinder und melden sich gemeinsam an. Viele Leute haben mir gesagt, sie nennen das „Tinder spielen“. Sogar Trinkspiele werden damit gemacht.


Womit wir beim Punkt wären: Spaß und Spiel, und eine eher „natürliche“, beinahe zufällige Entwicklung von Freundschaften, Lieben und Partnerschaften werden erwartet. Online-Dating in der ursprünglichen Form ist es nicht, und schon gar keine „seriöse Partnersuche“. Den Vorteil beschreibt eine andere Anwenderin, die den angeblichen „Shopping-Charakter“ von traditionellem Online-Dating hasst:

Tinder ist lediglich eine amüsante Sache, die gesellschaftlich absolut akzeptabel ist, und du gehst mit einer niedrigen Erwartungshaltung daran.


Das kann ein Vorteil sein oder auch nicht – aber alle Begründungen, Tinder und seine Brüder und Schwestern zu nutzen, sind nicht plausibel – außer dem Spaß, den das Durchklicken macht und die Spannung, ob tatsächlich jemand antwortet.

Eine Journalistin meint, man solle es doch nutzen – denn Sie verfüge über „Dutzende von Geschichten“ über Personen, die sich nur aus Spaß bei Tinder angemeldet hätten oder dies in der Absicht taten, jemanden „abzuschleppen“. Doch am Ende wären dann doch bedeutsame Beziehungen herausgekommen.

Na fein – nur das, was sie beschreibt, nennt man üblicherweise „Leben“ und nicht „Tinder“. Denn überall, wo es Menschen gibt, gibt es auch Gelegenheiten, und überall, wo es Gelegenheiten gibt, gibt es auch Paare. Dazu hätte man wirklich keine Smartphone-App benötigt.

Frank und frei gesagt: Die Gründer der Dating-Applikation „Tinder“ haben im Moment die Nase vorn, was Benutzerzahlen angeht. Das liegt zweifellos daran, dass Frauen leicht für dieses Flirtspiel zu gewinnen sind, und das lockt wieder die Männer an. Doch Benutzerzahlen kosten in erster Linie Geld, statt Geld in die Kassen zu spülen. Der nächste Schritt ist völlig unklar: Wie will Tinder Geld verdienen, wenn es in erster Linie ein Partyspiel ist?

Zitate aus: NY Mag.

Neue Masche: „Real Time Dating“ – Patnersuche in Echtzeit?

Alles in Echtzeit?


Der Horror der Mütter von weiblichen Teenagern und der angebliche Wunschtraum der Männer soll nun wahr werden: Auch in Deutschland wird nun mit „Realtime Dating“ geworben – Echtzeitdating oder Echtzeit-Dating. Der Begriff "Echtzeit" als solcher ist in Deutschland wenig bekannt, deswegen will ich ihn ein wenig erklären.

Was ist Echtzeit? (Real Time oder Realtime)

Dating im Internet oder per Mobiltelefon (ohne Verortung) erfolgt normalerweise „zeitversetzt“. Alle Prozesse in der Technik, aber auch in der Kommunikation, die auf diese Weise stattfinden, bringen Verzögerungen mit sich. Aus diesem Grund versucht man (zum Beispiel in der Computertechnologie) alle Prozesse in „Echtzeit“ abzubilden. Sobald etwas in „Echtzeit“ geschieht, ist es also für alle am Prozess beteiligten sofort erkennbar. Was in der Computertechnologie nützlich ist, kann für die Kommunikation durchaus nachteilig sein. „Lass uns noch einmal darüber erden“, „da möchte ich eine Nacht drüber schlafen“, „morgen wirst du die Dinge in einem neuen Licht sehen“ sind populäre und sinnreiche Sätze, wenn man sich wahrhaftig nicht sofort entscheiden will. Typisch für die „andere Seite“ sind Vertreter, die an der Haustür klingeln: Sie suchen die schnelle Entscheidung, bevor der Kunde nachdenken kann: in „Realtime“.

"In Echtzeit" heißt nicht: Einen Fuß in die Tür stellen

Nun geschieht das Zusammentreffen von Menschen im Alltag überwiegend in „Echtzeit“. Dies gilt allerdings nicht für Termine, die zuvor vereinbart wurden, zum Beispiel Bewerbungen oder eben sogenannte Blind Dates. Mit Recht bedingen sich die Beteiligten hier eine Vorbereitungszeit aus. Das rein private Bild muss erst in ein öffentliches Bild gewandelt werden, wie es eben jeden Tag im „richtigen Leben“ geschieht. Selbst der sogenannte „Zufall“ ist bekanntlich nicht so zufällig, wie er zu sein scheint. Man beobachtet einander, bevor man aufeinander eingeht. Man tauscht Blicke, bevor man sich auf einen verbalen Flirt einlässt. Man verkehrt das Laissez-faire ICH in ein bedeutungsvolles ICH. Man lässt eine „innere Person“ ein wenig locker und schickt sie in ein Spiel. Man beobachtet, bevor man flirtet, und man erkennt anhand de r Reaktionen, wie flirtbereit der andere ist. Bedeutet Flirten etwa nicht, den anderen zu beobachte, bevor man sich ihm nähert? Auch Flirten in „Echtzeit“ heißt nicht, wie ein unflätiger Vertreter den Fuß in die Tür zu stellen, um sie nicht mehr schließen zu können.
Wie unflätig ist „Real Time Dating“?

„Real Time Dating“ ist im Grund eine Pervertierung dieses Prozesses. Er bedeutet, ins natürliche Leben durch ein neues Medium hineinzustechen, wie mit einem Messer. Jeden Moment aufmerksam zu sein, jeden Moment flirtbereit zu sein – und jeden Moment abwehrbereit zu sein – das ist die Neuerung. Wer will schon wirklich jederzeit einen Einschnitt in seine Gedanken gestatten?

Zwei Beispiele, um Realtime zu verdeutlichen

Um den Prozess zu verdeutlichen, gebe ich Ihnen zwei Beispiele:

Beispiel eins: ein konventioneller Flirt


Frau A. sieht in einem Café und sieht zufällig Herrn B., der sie fasziniert. Sie beginnt, mit Flirtgesten die Aufmerksamkeit von Herrn B. auf sich zu lenken. Gelingt dies, wird Herr B. sie möglicherweise ansprechen.

Das ist sozusagen ein tatsächlicher Real Time Flirt.

Beispiel zwei: überfallähnlicher Flirt

Wenn nun Frau A. mit einem Handy in demselben Café sitzt, und Herr B. auf sie zusteuert, weil er sie hier verortet hat, dann kann Frau A., interessiert sein oder auch nicht – sie hatte ja keine Zeit, dies zu überprüfen. Ist Frau A bereit und ist Herr B. einsichtig, werden beide vielleicht einen Kaffee miteinander trinken und sich sogar eventuell verabreden. Dennoch ist dies eher unwahrscheinlich, denn die Chancen, dass Frau A. Herrn B. sympathisch findet, stehen bei etwa 1:20.

Das, was ich geschildert habe, ist eine Form des Real Time Dating mit Mobiltelefon und Verortung - anders ist das Verfahren auch nur schwer denkbar. Es ist unter manchen (aber längst nicht allen) männlichen Homosexuellen inzwischen weit verbreitet.

Real Time Dating: Huren als Profiteure?

Gerüchteweise verlautet, dass die Zukunft der verdeckten Prostitution ebenfalls über diese Methode abgewickelt wird. Welche Vorteile „Real Time Dating“ bieten soll, ist unklar. Die Theorie, dass der Partner, den man sucht, zufällig in der Nähe sein könnte, ist eine reine Illusion, solange es um eine feste Beziehung geht.

Wenn ich gesagt habe, dass einer von 20 möglichen Männern für Frau A. infrage kommt, heißt dies ja nicht, dass Frau A. ihn auch als Partner fürs Leben wählt, sondern nur, dass sie einen Sympathie-Flirt mit ihm beginnt. Das Thema „Real Time Dating“ ist also für sie relativ uninteressant, weil sie viele Männer abweisen muss.

Anders wäre es, wenn Frau A. eine Hure wäre – dann wäre nur noch die Frage, ob man über den Preis handelseinig würde, und dann würde – so paradox es klingen mag – „Real Time Dating“ auch wirklich lohnend sein. Für eine Frau, die nicht beständig „verfügbar“ sein will, ist Real Time Dating eher eine Bedrohung als eine Chance.

Wortübersetzung "Real Time (aus dem Englischen): "Ein Echtzeit-Computersystem, das Informationen verarbeiten kann, sobald es sie erhält." (Longmans Dictionary of Contemporary English")