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 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
Warnung! Teile dieser Texte könnten mithilfe menschlicher Intelligenz erzeugt worden sein.

Trotz des Medikaments genesen – Partnersuche „online“

Vorgestellt war schon halb verkuppelt - jedenfalls 1920


Eine alte, aber wenig bekannte Arztweisheit sagt: Manche Patienten genesen an den Medikamenten, die wir ihnen verschreiben, andere trotz der Medikamente, die wir ihnen verschreiben und eine nicht unerhebliche Anzahl würde mit oder ohne Medikamente genesen.

Daran musste ich denken, als ich heute darüber nachdachte, wie die Realität von Partneragenturen im Gegensatz zu den Nachrichten aussieht, die sie ans Volk aussenden.

Ich bin, wie meine Stammleser wissen, der festen Überzeugung, dass die meisten Partnersuchenden sich selbst nicht ernst genug nehmen, aber die Agentur, bei der sie sich eingeschrieben haben, für zu ernst. Deshalb rate ich sehr dazu, erst zu denken und dann zu suchen.

Der Knackpunkt liegt in der Befragung, ohne die uns keine Partneragentur einlässt. Wenn wir nicht so genau wissen, wer wir sind und was wir dort eigentlich wollen, wie viel Ressourcen uns zur Verfügung stehen und was sich im Erfolgsfall für uns ändern könnte, haben wir Pech gehabt. Denn diese wichtigen Voraussetzungen finden auch in den besten Testergebnissen keinen Niederschlag. Durch den Persönlichkeitstest aka Partnerübereinstimmungstest müssen wir uns dennoch erst einmal durchfressen, sozusagen als Bewährungsprobe für den Eintritt ins Schlaraffenland. Wer unvorbereitet ist, kommt plötzlich aus der Wand heraus und denkt: Ei potz, jetzt bin ich hier … und was soll das eigentlich alles?

Die Agentur ist nie, was sie zu sein scheint

Einfache Naturen denken: Oh, das ist eine Agentur, die machen mir jetzt passende Vorschläge, und schon hat man einen Fuß im Sumpf: Erstens sind die Vorschläge maschinell ermittelt, und zweitens hat Amor nichts als stumpfe Pfeile im Köcher. Kaum noch jemand glaubt, dass 90 Prozent-Matches auch für die Liebe taugen, jedenfalls nicht mehr, wenn er die ersten Dates mit diesen Super-Matches hatte. Ich will sie ja nicht immer damit langweilen – aber es gibt kein Matching-System, das wirklich funktioniert. Da ist sich die Elite der Psychologen ausnahmsweise einmalig einig.

Die Medizin, die keine Wirkung hat und doch funktioniert - Partnerübereinstimmung

Warum funktioniert eine Medizin, die keine Wirkung hat? Weil der Glaube an ihre Wirkung dennoch einen Nutzen hat. Das gehört zu den positiven, selbsterfüllenden Prophezeiungen, die nahezu jeder Arzt schon einmal verwendet hat. „Ich gebe ihnen einmal (folgt der Name des Medikaments), und ich bin sicher, dass Ihnen dieses Mittel helfen wird. Innerhalb von drei Tagen müssten Sie eine deutliche Besserung spüren.“

Ich weiß aus Gesprächen, wie viele Menschen daran glauben, dass hohe Matchingpunkte eine lohnende Verlockung sind, einen Menschen zu treffen und sich positiv auf ein einzustellen. Ich weiß auch, dass die möglichen Enttäuschungen genau so hoch sind, als wenn dieser Mensch sich mit einer Person getroffen hätte, die viel weniger Matchingpunkt hat.

Aber: Auch die möglichen Erfolge sind ähnlich hoch. Das Vorstellungs-System (um ein solches handelt es sich) bewirkt etwas: Der Single geht fröhlich, optimistisch und im Bewusstsein zum Date, dass man einen Menschen ähnlicher Art trifft, der „abgecheckt“ zu einem passen könnte.

Falsch oder richtig - für das Verlieben völlig unerheblich

Bekannt ist dabei das Phänomen der positiv-falschen und negativ-richtigen Zuweisungen. Von den Positiv-falschen werden sie praktisch dauern überschwemmt. Das sind diejenigen, bei denen Sie zwar ein „Passkärtchen“ erhalten, die aber entweder zu viel zu vielen Menschen passen oder – was noch wahrscheinlicher ist – zu denen Sie niemals im Leben einen Draht zu ihnen finden, der sich verlöten lässt.

Nichts passt - aber das sagt nur das Psycho-Programm im Computer

Die Negativ-richtigen sind immer die, bei denen fast gar nichts passt. Doch der kleine Psychologe, den der Computer simuliert, hat bekanntlich keinerlei „wirkliche“ Intelligenz, sondern bestenfalls etwas „KI“, was wahlweise für künstliche Intelligenz oder als Intelligenz vermarktete künstliche Dummheit steht. Mit anderen Worten: der „weiß“ nur, wie Sie möglicherweise sind, aber nicht, in wen Sie sich wahrscheinlich verlieben werden.

Null Passung und null Passung gesellt sich gerne

Hin und wieder klappt die „Nullnummer“, wie jetzt die Programmzeitschrift „Prisma“ wissen wollte. Der Autor berichtet darüber, wie „Petra“ sich schon längst wieder abmeldend wollte, aber dann letztendlich doch noch einen Partner fand, mit dem so gar keine Übereinstimmung bestand. Was letztendlich wieder heißt: Man kann niemals sagen, wer im Leben zueinander passt – und die beste Vorselektion ergibt sich schon daraus, dass man sich überhaupt anmeldet, durch den Fragenkatalog quält und letztendlich die Kreditkarte zückt.

Dann soweit sollten wir uns klar sein: Wo man sich leicht und locker anmelden kann und wo die Partnersuche „nix kostet“, da fehlen die Barrieren. Und weil das so ist, haben Partneragenturen eben einen so großen Zulauf. Sie bieten die Pille, die entweder hilft, oder auch nicht hilft, uns aber jedenfalls dazu bringt, die Arme für den Partner zu öffnen.

Unter Mitverwendung einer Information aus PRISMA, Nummer 10/2013, Printausgabe

Weihnachten: Schnell noch ein Single-Schnäppchen?

weihnachstfeiern unter singles oder online-suche an weihnachten?


Vor mir liegt eine Pressemitteilung, die sich so liest:

Die Weihnachtszeit ist eine gute Zeit, um online auf die Suche nach dem passenden Partner zu gehen, denn viele Singles schauen sich über die Feiertage im Internet nach einer langfristigen Beziehung um.


Sicher, das tun sie –aber nicht, weil sie besonders motiviert sind, sondern weil sie sich Weihnachten besonders einsam und verlassen fühlen, und es gibt gar nicht viele Auswege: über Weihnachten zur Ursprungsfamilie? Um Himmels willen – da könnte Mutti ja fragen, ob man nicht endlich mal mit einem Ehekandidaten rechnen könne, den Enkelblick bereits in den Augen. Also bleibt kaum etwas anderes übrig, als vorübergehend den Notstand auszurufen: ein bisschen Huhn oder Ente, Schokolade, Sekt und lustvolle Gedanken vielleicht? Oder eine dieser viel beschworenen Single-Partys, um die Einsamkeit zu erschlagen und vielleicht schnell noch ein Schnäppchen ins Bett zu ziehen? Da schaut man sich schon mal das Internet an – sicher. Doch bitte: Was haben Singles davon, sich plötzlich und ohne vorheriges Nachdenken bei einer Online-Partnervermittlung anzumelden? Sollte nicht jeder Partnersuche eine Phase der Besinnung vorausgehen? Sollte man nicht wenigstens die zwei einfachen Fragen beantworten können: „Wer bin ich und wo will ich hin?“ Bevor man sich als Nutzer kostenlos anmeldet“ (es bleibt ja nicht bei „kostenlos“, wenn man dort etwas erreichen will), sich durch einen "Psychotest" quält und „mindestens ein Foto hochlädt“.

Die Zeit "zwischen den Tagen" - mit Tschaikowsky, Ellington oder Badewasser

Man wird die „Wiehen Nachten“, die „Raunächte“ oder die “Zeit zwischen den Tagen“ wahrscheinlich ertragen – mit Ohrenschützern gegen die stille Heilige Nacht, sobald man das Haus verlässt, und den CDs von Tschaikowsky oder Rimsky-Korssakoff, Ellington oder Coltrane, wenn man daheim ist. Na schön, vielleicht traf ich euren Musikgeschmack nicht. Aber Beethoven, Armstrong oder Beatles gehen auch, und notfalls reichen die Schlager der 1920er Jahre - vom "Badewasser schlürfen" bis zum Papageien, der "keine harte Eier" frisst.

Wirklich, ich kann mir Weihnachten nicht als Single-Schnäppchenjagd vorstellen. Als ich einmal Single war, wollte sich jemand mit mir an einem Schweizer Bahnhof treffen, am Morgen eines 24. Dezember. Es war eines der wenigen Blind Dates, die ich von vornherein ablehnte – und ich hatte viele Blind Dates, auch solche kuriosester Art. Ja, und ich war auch schon auf diesen Triefaugenpartys, die Einsame für Einsame veranstalteten. Da kam ich mir vor, als würde ich zu einer verachteten Minderheit gehören, die sich trotzig Weihnachten zusammenrottet. Irgendwie haben die Singles noch nicht erkannt, dass sie eine mächtige Minderheit sind, und nach wie vor verstecken sich Singles scheu, wenn es um die Kulturhoheit geht: die gehört Weihnachten den Familien – und nicht nur Weihnachten.

Nicht einlullen lassen - Partnersuche vorbereiten

Wenn ihr wirklich meine Meinung hören wollt: Die Weihnachtszeit ist eine gute Gelegenheit für uns alle, Abstand vom Alltag zu gewinnen. Wenn wir diese Tage nicht entweder damit verbringen, uns von „der Festtagsstimmung“ einlullen zu lassen und andererseits nicht in das schwarze Weihnachtsloch der Einsamkeit fallen, dann ist schon etwas gewonnen.

Wisst ihr, was ihr als Single tun könntet? Ihr könntet mal den Weg skizzieren, wohin ihr eigentlich gehen wollt. Ich weiß ja nicht, wie oft ihr das schon gemacht habt, aber ich denke, für die meisten wird es das erste Mal sein: Tacheles reden über sich selbst, sich im Spiegel so ansehen, wie man ist. Die Varianten der Gefühle durchspielen, die man gerne hätte oder gerne jemandem schenken würde. Stolz und selbstbewusst das zeigen, was man ist und was man kann und empfänglich für die Liebe der anderen werden. Leute, wenn ihr das „zwischen den Jahren“ in wenigstens sechs Varianten schafft, dann seid ihr besser als die meisten Menschen, und die Weihnachtszeit wäre gut ausgefüllt.

Unvorbereitet auf Partnersuche gehen? Nein danke!

Ich sag euch mal was: Nichts ist schlechter, als unvorbereitet auf Partnersuche zu gehen. Wenn du nicht weißt, wohin der Weg gehen soll, bist du einfach schlecht ausgerüstet. Auf eine lange Wanderung gehst du auch nicht ohne Vorbereitung – und ohne Kenntnis das Verhalten des Wildes vermutlich auch nicht auf die Pirsch. Bloß die Partnersuche, die soll so hoppeldiboppel durch eine Anmeldung bei einer Partneragentur funktionieren, ohne dass man sich darauf vorbereitet hätte? Wer das glaubt, der glaubt möglicherweise auch an den Weihnachtsmann. Ich, für meinen Teil, glaube es nicht.

Titelfoto © 2003 by Neil Piddock, modifiziert.

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