So gut wie jede Zeitung, Zeitschrift oder Online-Publikation „empört“ sich dann und wann. Am meisten nützt dies der Auflage, wenn man dabei andere neugierig macht. Analverkehr, BDSM, Blowjobs … wenn man so etwas als Redakteur(in) in der Kneipe, Eisdiele oder Straßenbahn aufschnappt, dann spitzt man schon mal fein die Ohren, nicht wahr?
Gut ist immer, wenn man am Ende sagen kann: Oh, wie schrecklich … das würde ich nie tun/aushalten/gewähren.
Selbstgefällige Empörung um der Sensation willen?
Sagen wir mal: Wenn wir hier einen Artikel anbieten würden, wie schön Erbrechen ist, dann hätten wir wenig Leser(innen) und wir würden mit Recht verachtet. Aber wenn eine der belauschten armen Frauen ein Würgegefühl beim Blowjob bekommt und ihn dennoch bis zum Finale fortführt, ist der Effekt da. Zumindest ein Teil der Leserschaft wir dann in selbstgefällige Empörung verfallen.
Ich könnte es mal so sagen: Was immer, wer immer, wo immer aufschnappt, darüber kann er/sie denken, was er/sie will. Und die Menschen in Ruhe lassen, die irgendetwas Sexuelles aus irgendwelchen Motiven dennoch tun.
Ach, ich vergaß etwas sehr Wichtiges: Dann muss man noch einen Psychologen oder eine Psychologin fragen – was der/die so meint. Ob sie sich besser mit Würgegefühlen auskennen? Oder gar die Ethik gepachtet haben?
Könnten wir uns darauf einigen, zu sagen: Schilderungen sind Schilderungen und deshalb authentisch. Interpretationen sind Interpretationen und sie können daher Spuren von Meinungen und/oder Ideologien enthalten?
Soldat nein, Feuerwehrmann ja? Krankenschwester Ja, Psychologin nein? Lehrer(in) niemals, Designer(in) immer?
Persönliches - wie es früher üblich war
In meinem eigenen Leben hatte ich Bekannte aus dem gesamten Spektrum der weiblichen Berufe. Ich sage „weibliche Berufe“, weil sich die Frauen in meiner Jugend nicht so sehr um ihren Beruf sorgten und noch dachten, die Zeit zwischen Schule und Heirat „irgendwie überbrücken“ zu müssen. Als ich ins „beste“ Alter kam, war das schon etwas anders.
Es gibt – und gab - immer Vorurteile. Das Berufsfeld der Frauen beschränkte sich noch in den 1960er-Jahren auf nicht-akademische Berufe, wie etwa medizinische Helferinnen, Krankenschwestern, Friseurinnen, Kontoristinnen und Verkäuferinnen. Wer Ende der 1960er-Jahre als Mädchen das Gymnasium abschloss, wurde vorzugsweise Lehrerin, seltener Ärztin, Journalistin oder Juristin.
Der Mann – und der Beruf der Frau
Einerseits wünschten sich Männer, dass der Beruf in die Beziehung hineinspielte, dann aber wieder glaubten sie, dass er für die Beziehung kontraproduktiv wäre. Die letztere Auffassung steigerte sich, als Frauen verstärkte nach anspruchsvollen Berufen oder akademischer Ausbildung strebten. Denn eine Frau, die ihren Beruf selbstbewusst ausübte, legte dieses Selbstbewusstsein ja nicht ab, wenn sie Beziehungen suchte.
Doch was ist das Problem jenseits von Selbstbewusstsein und Macht?
Wenn der Beruf zu tief in die Beziehung eindringt
Es ist sehr einfach – denn wenn jemand (nicht ausschließlich Frauen) die gleichen Kriterien am Partner abarbeitet, die auch den Beruf prägen, ist schnell Feuer unter dem Dach. Denn dann fühlt sich der Partner oder die Partnerin als Schüler(in) Student(in) oder auch als Klient(in) / Patient(in). Sobald jemand also „am Menschen arbeitet“ und seine beruflichen Qualifikationen auch auf den Partner oder die Partnerin anwendet, gibt es Zoff. Und manche Menschen reagieren sehr empfindlich, wenn man ihnen das ständige Belehren und/oder Therapieren untersagt.
Niemand ist frei von Fehlern oder "Macken"
Die Lösung ist sehr einfach – der Partner ist der Partner (oder die Partnerin die Partnerin) und eben nicht Schüler, Patient oder Klient. Und selbst dann, wenn eben dieser Partner oder diese Partnerin Anzeichen von „Symptomen“ zeigt, dann ist noch lange nicht der Zeitpunkt gekommen, sie zu benennen. Denn gewisse Abweichungen von den „Normen“, die in der Gefühlswelt gelten, hat jede Person.
Wenn du also einen selbstbewussten Menschen triffst, der „am Menschen“ arbeitet, während du eher mit Konstruktionen, Theorien, der Administration oder Programmen beschäftigt bist, dann achte genau darauf, was die andere Person fragt und wie sie fragt. Und wenn die das nicht gefällt oder du dich ausgefragt oder bevormundet fühlst, dann ist es Zeit, darüber zu reden. Falls du dich dann immer noch bedrängt fühlst oder du glaubst, „zerpflückt“ zu werden, kannst du noch versuchen, das Gespräch höflich zu beenden.
Sollte das nicht gelingen, weißt du, wer nicht dein Partner (deine Partnerin) werden sollte.
Die Woche begann wieder einmal mit dem üblichen Blödsinn: Groß angekündigt wird eine „Dating-Beraterin“, die
„sechs Dinge verrät, die ihr in eurem Profil vermeiden solltet.“
Die Dinge sind natürlich nicht dinglich, sondern Hinweise. Und sie stammen von einer Dame, die für ein vierwöchiges das „Dating-Coaching“ 20.000 US-Dollar verlangt.
Offensichtlich meinen die Autoren, eh mehr Geld jemand mit Beratung verdient, umso kompetenter sei er/sie auch.
Die Wahrheit: Die „Dinge“ sind absolut trivial und allgemein bekannt.
Wieder einmal Paarberater als Experten
Der ICONIST (WELT) war diese Woche ganz vorne bei den „Weisheiten“. Diesmal bot man gleich zwei Paarberater auf. Der Titel: Nie wieder Single. Offenbar ging es darum, wie viel Dates man braucht - aber weil eine Paywall vor diesem Artikel aufgebaut wurde, können die hoffenden Singles ihn nicht lesen. Und mal ehrlich, ich habe auch verzichtet. Beinahe jede Woche (oder noch öfter) bietet eine Redaktion „Paarberater“ an, die angeblich etwas über die Prozedur des Kennenlernens wissen wollen. Ich frage mal: Warum keine Biologen, Ärzte, Gehinfoscher oder Ökonomen?
Vom Horoskop zur Lustbereitschaft
Nächste Baustelle: Desired Lifestyle. Dort lockt man damit, die Frauen zu benennen, deren Sternzeichen tollen Sex versprechen. Oder waren es Frauen, für die Sex besonders wichtig ist? Die Daten will man von der „Zyklus-App Eve“ bekommen haben.
(1) In Deutschland auf "
Business Insider", ansonsten auf
"Insider".
(2) Bis zur Paywall:
ICONIST/Welt.
(3) Desired unter dem Oberbegriff "
Horoskop"