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 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
Warnung! Teile dieser Texte könnten mithilfe menschlicher Intelligenz erzeugt worden sein.

Geber(innen) und Nehmer(innen) der Lust

Stöhnt sie für ihn oder sonnt sie sich in der eignen Lust?
Frauen gelten als Geberinnen, Männer als Nehmer. Erst vor einigen Tagen las ich, Frauen würden Sex als Dienstleitung sehen. Die Sexologin Paula Lambert nimmt dazu kein Blatt vor den Mund:

Es kann nicht sein, dass Frauen ihre Sexualität als eine Serviceleistung ansehen, damit der Mann nicht weggeht. Sie sagen nicht, was sie wirklich machen wollen, sondern dulden etwas.

So mag es sein – heute. Doch wie hat sich alles entwickelt? Warum glauben Frauen, sexuelle Dienstleisterinnen für Männer sein zu müssen?

Wie höhere Töchter ihr „geheimes Wissen“ nutzten

Schauen wir zurück. Kurt vor 1900 entbrannte ein Streit über den „sexuellen Eigenbedarf“ von Frauen. Einige Ärzte meinten, diejenigen ledigen Frauen, die überhaupt Lüste hätten, seinen „krank“ oder jedenfalls „anomal“. Andere werteten die weibliche Lust als natürliches Interesse. Und in den „besseren Kreisen“, in denen Frauen über Geld und Bildung verfügten, war es ziemlich normal, alles zu erproben und zu wissen – außer einem „normalen Geschlechtsakt“. Den vermieden auch recht mutige Frauen – nicht, weil sie kein Interesse gehabt hätten, sondern wegen des Schwangerschaftsrisikos.

Das „geheime Wissen über das „Geschlechtliche“ “ zu erwerben war auch zu Beginn der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts noch durchaus üblich. Die jungen Frauen wussten genau, wo sie ihr theoretisches und praktisches Wissen erwerben konnten – aus Handzeichnungen, Typoskripten oder auch am „Lebenden Objekt“. Dazu gehört nicht viel mehr als ein bisschen Mut und Unverfrorenheit. Zungenküsse und intime Berührungen konnten sie auch „miteinander“ austauschen – insofern setzten die Gymnasiastinnen der 1960er-Jahre die Traditionen der „höheren Töchter“ der 1900er-Jahre durchaus fort.

Die Ziele der Verführerinnen – bis ins 20. Jahrhundert

Wir reden - dies muss an dieser Stelle dringend gesagt werden – von gebildeten Töchtern aus besten Familien. Nicht von den jungen Frauen, die schon gegen 1900, in den 1920er-Jahren oder in den Zeiten nach dem Zweiten Weltkrieg ihre Verführungskünste schärften. Sie verschenkten oder verkauften ihre Zuneigung wohldosiert, mit höchst unterschiedlichen Zielen. „Gegen Bargeld“ war verpönt – das taten nur jene, auf die jede „solide Frau“ herabblickte. „Gegen Geschenke und/oder Unterhaltszuwendungen“ war – je nach Höhe der Geschenke - zwar nicht angesehen, wurde aber ohne Bedenken praktiziert. Am besten angesehen war: „Gegen das Versprechen einer Ehe“, die man am besten als „Hinaufheiraten“ definiert.

Keine Frage: Dazu waren spezifische Kenntnisse der Körperpflege, der Bekleidung und des Verhaltens nötig, die auf das jeweilige Ziel gerichtet waren. Weniger prosaisch: Es handelte sich um aktive Verführerinnen.

Wie werde ich zur lustbetonten Geberin?

Und heute? Da wird kein Blatt vor den Mund genommen, und weil wir gerade beim Mund sind: Oraltechniken sind in Frauenzeitschriften stets ein Renner. Nicht immer im Extrem (nach dem Frühstück, bevor er zur Arbeit geht). Aber oft zitiert wird immerhin, dass nur etwa ein Fünftel der Frauen Freude am „Blowjob“ hat - was kaum eine Beraterin hindert, weitere Tipps dazu zu geben. Manche davon sind wesentlich „anrüchiger“.

Freude am Geben oder Hoffnung auf eine Belohnung?

Indessen – schlechte Nachrichten, Männer. Wenn jemand ein „Geber“ oder eine „Geberin“ ist, muss der/die Betreffende besonders viel Freude am Geben haben. Oder eine Sofortgratifikation erwarten, was letztlich wieder auf eine Vereinbarung oder gar ein „Geschäft“ hinausläuft. Der Clou an alldem: Warum sollte jemand in Geberlaune sein, wenn er/sie sicher ist, nichts dafür zu bekommen? Und das, was als „Gegenleistung“ gibt, muss dazu noch sehr erwähnenswert sein – also nichts, was jemand schon hat oder selber erreichen kann.

Beim Wetterbericht heißt es gegen Schluss immer: „Die weiteren Aussichten….

Die Vorhersage: überwiegend sonnig, mit vereinzelten Schauern

Die Neigung, mit Aussehen, Kleidung, Sinnlichkeit und verdeckten Provokationen Männer anzulocken und möglichst zu binden, ist ungebrochen. Ob die Natur es so will oder die Kultur es so eingerichtet hat, ist dabei zunächst unerheblich. Es wird also immer Frauen geben, die Männern „diesen oder jenen kleinen Gefallen“ tun. Aber sie werden gezielter vorgehen, um tatsächlich einen (meist emotionalen oder sozialen) Gewinn daraus zu erzielen. Was für die Männer hießt: Da fallen viele heraus.

Das Fazit und ein letzter Tipp

Das Fazit? Die „feuchte Gunst“ darf nicht im Vordergrund stehen – dann verliere die „Geberinnen“, weil die Klugen unter den Nehmern dies leicht durchschauen. Kommt die „feuchte Gunst“ aber im Doppelpack mit langfristig wirksamen Emotionen und Handlungen, dann dürfte sich der Nutzen einstellen.

Und die Liebe? Ja, die Liebe … sie kommt oder kommt nicht. Und damit sie bleibt, ist wirklich viel mehr nötig als eine große Trickkiste.


Zitat aus einem Interview
Weitere Quellen: Zeitgeschichtliche Literatur, wissenschaftliche Werke, Frauenzeitschriften. Oralkontakte unter Verwendung eines Brigitte-Artikels.
Bildquelle: Grafikarchiv des Liebesverlags

Der Tausch von Lust gegen materielle Vorteile

Wer sich als käuflich erwies, wurde einst ausgepaukt
Sätze wie: „Er hat von mir verlangt, dass ich (folgt eine sexuelle Handlung) an ihm vollziehe, und dann habe ich … (so oder anders reagiert) … hören wir häufig. Zumeist werden sie benutzt, um festzustellen, dass Männer ganz generell nichts als schwanzgesteuert sind, und das Wort „verlangt“ deutet noch darauf hin, dass dabei Druck ausgeübt wurde. Vorab: Hier wird nicht bestritten, dass so etwas vorkommt.

Gibt es auch Angebote von Frauen?

Die gegenteiligen Sätze sind weniger bekannt. Sie würden sich so lesen: „Ich haben ihm angeboten, (hier meist eine komplette sexuelle Handlung) an ihm zu vollziehen, wenn er …)“. Teilweise wird geleugnet, dass es diese Vorgänge gibt. Allerdings folgte bei den Fällen, die mir „unter der Hand“ anvertraut wurden, noch ein Nachsatz: „Was empörst du dich, das ist doch wirklich keine große Sache.“

Geht es wirklich nur darum, wer die Macht hat?

Feministinnen werden sagen: Ja, das gibt es, aber das spiegelt eben nur die üblichen Machtverhältnisse wider: die ganze Chose liegt dann nur deswegen schief, weil die Männer die Macht haben, Aufträge zu vergeben, Hindernisse aus dem Weg zu räumen oder Beförderungen zu ermöglichen. Da hilft auch der Hinweis nicht, dass immer mehr Frauen auf der „mittleren Ebene“ in Führungspositionen gelangen.

Ethisch bedenklich – und wie steht es mit der Praxis?

Jemandem eine sexuelle Gunst zu versprechen um damit persönliche Ziele zu erreichen, mag ethisch höchst bedenklich sein, kommt aber im realen Leben vor. Es ist eine Art Geschäft, für das es nicht einmal einen Namen gibt. Zwar gibt es gelegentlich Hinweise darauf, dass „ehrbare Damen von Kupplerinnen verführt wurden“, um gewisse „Geschäfte“ einzugehen, aber es ist ebenso sicher, dass die dabei fließenden Geldbeträge recht hoch sein mussten, wenn die Dame wirklich „ehrbar“ war. In alten Zeiten sagte man dazu oft verniedlichend „das Nadelgeld aufbessern“.

Das Janusgesicht – Sex im Tausch ist böse, aber ...

Die Gesellschaftsordnung ächtet grundsätzlich den Handel mit Emotionen, Sinnlichkeit und vor allem mit sexuellen Handlungen. Im Grunde macht sie keinen Unterschied, wer sie vermittelt, anbietet oder konsumiert. Doch zugleich zeigt dieselbe Gesellschaftsordnung ihr Janusgesicht: Alles, was nicht offenkundig wird, was sich geschickt verdecken lässt oder unter anderen Namen angeboten und konsumiert wird, darf belächelt werden. Wird aber ein sexuell motivierter Tauschhandel offenkundig, dann wird er gebrandmarkt und das Volk schreit, er sei unethisch, ungehörig oder gar menschenfeindlich.

Ob das so sein muss? Wer wirft den ersten Stein? Und wer trägt die Konsequenzen, wenn dieser Stein trifft? Die Steinwerfer? Ich denke, sie auf keinen Fall.

Bild: Nach einer historischen Darstellung, die uns nur als SW-Scan vorlag. Nachkoloriert in Farben, die dem Original ähnlich sind.