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 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
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Späte Anmerkungen zur Tussi

Ich Tussi - du Germane? Oder Römer?

Eine Tussi? Ja, wer ist denn eine Tussi? Nun, das Wort es ist jedenfalls neueren Datums. Bei Goethe und Schiller suchen wir es vergeblich, und die seriöse Presse meidet es ebenso wie die feine Gesellschaft. Wenn man so will, gehört es zur „Jugendsprache“ aber auch Erwachsene benutzten es auffällig oft: Man wird eben älter. Doch bald schon verschwand das Modewort nach und nach wieder: Die Tussi bekam nicht einmal eine würdige Nachfolgerin, und sie verschwand aus der Sprache wie ihre Vorgängerin, die Mieze. Und doch lebt sie weiter, mit all ihren Attributen, beispielsweise als Synonym für eine übertrieben modebewusste Frau. Es ist also an der Zeit, eine späte Anmerkung zur Tussi zu schreiben.

Die Herkunft des Wortes „Tussi“

Die Herkunft des Wortes ist schnell erklärt: „Tussi“ ist eine verniedlichende Abkürzung von „Thusnelda“ Oder „Tusnelda“, und die war die Gattin des germanischen Feldherrn Arminius. Zu Erinnerung: Arminius ist jener, den die deutsche Geschichte auch als „Herrmann, den Cherusker“ kennt. Angeblich soll er den Römern in einer „gewaltigen Schlacht“ die Hucke voll gehauen haben, aber neuerdings behaupten Forscher, er sei vielleicht nur so eine Art germanischer Che Guevara gewesen. Ganz blöd für stolze Deutsche: die „Finale Schlacht“ im Teutoburger Wald oder wahlweise in Kalkriese hat möglicherweise gar nicht stattgefunden – oh weh, da muss das deutsche Selbstbewusstsein mal wieder leiden.

Die Tussi ist eine Koseform von Tusnelda

Dass Tusnelda zur Tussi wurde, haben wir vielleicht Heinrich von Kleist zu verdanken – er nannte die Tusnelda (oder „Thusnelda“) bereits einmal „Thus-chen“ – und von dort bis zur Tussi ist es schließlich nur noch ein Gedankenschritt. Wir erinnern uns: Endungen auf „i“ deuten auf eine Verniedlichung hin, wie etwa bei „Hans“ und „Hansi“. Eigentlich kann man froh sein, dass die Schwaben hier nicht wortschöpferisch tätig waren, sonst wäre aus der Tussi möglicherweise noch das „Tussele“ geworden.

Die Mutter alle Tussis – die schöne Thusnelda

Ach ja, die Dame selbst. Ob sie nun verschleppt oder verschenkt wurde, jedenfalls landete sie in Rom, wo sie als Heldin galt – warum auch immer. Jedenfalls wird bald berichtet, dass sie eine Frau war, die es „nicht so genau nahm“ – erst soll Germanicus ihr Geliebter gewesen sein, später soll sie allerlei Herren der römischen Gesellschaft empfangen haben. Die „Tusnelda“ war bis in die 60-er Jahre hinein ein beliebtes Wort für eine nicht ganz standesgemäße oder sonst wie merkwürdige Ehefrau.

Die Tussi als schönes, etwas „unterbelichtetes“ Mädchen

Was ist nun die „Tussi“? Nun, zunächst einmal eine junge, unverheiratete Frau. Vielfach wird die Freundin eines jungen Mannes als „seine Tussi“ bezeichnet, was nicht gerade für dieselbe spricht: Dann ist sie nämlich ein Anhängsel. Eine echte Tussi ist freilich ein Mädchen, das sehr nach außen lebt: immer die neuesten Modetrends am Körper, aber wenig im Kopf, dazu meist sexuell leichtfertig.

Ist die Tussi vielleicht doch ein hübscher Kosename?

Doch auch dieser Worterklärung ist nicht zu trauen: So, wie der an sich abschätzige Begriff „Weiber“ von vielen Frauen benutzt wurde, um sich deutlich von „Kerlen“ abzugrenzen („Cyberweiber“), so benutzen auch viele junge (und mittlerweile auch einige nicht mehr ganz so junge) Mädchen das neue Wort. Sie wollen damit zeigen, dass sie klar auf der Seite der Frauen stehen beziehungsweise sich mit Frauenthemen beschäftigen. Ein typisches Beispiel ist die „0815-Tussi“, eine Bloggerin auf twoday.net, und neuerdings gibt es sogar eine Webseite, die „Tussi in Tour“ – man sieht, ein bisschen lebt die Tussi doch noch weiter. Das Wort hat also auf seinem Weg in die Versenkung noch einen Wertewandel erfahren, wie zuvor schon das „Weib“, die „Dame“ oder die „Dirne“.

Schreibweisen von Tussi – alle falsch bis auf eine

Die Schreibweise? Meist schreibt man „Tussi“, und Internet-Beiträge, in denen das Wort vorkommt, gibt es laut Google derzeit fast vier Millionen Mal – 2004 kam es „nur“ 50-tausend-Mal. Das umgangssprachlich veränderte Modewort „Tusse“ wurde nach neuer Recherche satte 878.000 Mal gefunden (2004 waren es noch 7150 Mal). Die schreckliche Verenglischung „Tussy“ immerhin 912.000 Mal (2004: 13400 Mal). Die eindeutig falsche „Tussie“ findet man heute immerhin noch 463.000 Mal (2004 fand man sie 6960 Mal).

Die Tussi im Plural

Gibt es sie auch im Plural? Ja, natürlich, und es gibt davon so viel Varianten wie die Einzahl. “Tussis” kam 2003 auf 27500 Einträge, “Tussies” schaffen damals noch 7180, “Tussys” noch auf gut 1000 und “Tussen” schafften 33000 Einträge. Da Google Singular und plural heutzutage zusammenführt, können exakte Daten nur noch schwer festgestellt werden.

Übersetzungen von „Tussi“ ins Englische

Wer das Wort im Englischen gebrauchen will, muss vorsichtig sein: „Tart“, wie es eine Schweizer Feministinnenseite einstmals behauptete,, ist ein möglicherweise folgenschwerer Missgriff. Die höflichste Übersetzung für „tart“ wäre Flittchen. Nein, man muss wohl auf „Bimbo“ zurückgreifen – wer deftiger sein will, könnte auch „broad“ sagen. Chick (Huhn,Henne) ist auch brauchbar, nur wird dieser Begriff abwertend für alle Frauen gebraucht, die irgendwo wie die Hühner auf der Stange hocken. Ist die Tussi auch noch eine typische Zicke, und dazu noch hysterisch, so wird sie zur „Drama Queen“.

Irgendwann wird der Begriff sicher einmal völlig abgelöst. Tusnelda ist nicht die einzige Ehefrau, die von sich reden machte, aber vielleicht wird der neue Begriff auch aus der Welt der Konditor kommen – oder sonst wo her. Übrigens: Im Wortschatz der Uni Leipzig wird die Tussi seit Jahren in Verbindung mit einem Hirtenvolk gebracht – wie sinnig.

Uns bleibt, dies zu sagen: Wer das Wort Tussi sucht, die Bedeutung von Tussi wissen will oder nach einer Definition oder Begriffserklärung von Tussi sucht, wird bei der Liebeszeitung fündig. Tja – und wer bei der Herkunft des Wortes „“Tussi“ nicht auf „Tusnelda“ kommt, der ist wahrscheinlich – eine Tussi.

Der Artikel erschien ursprünglich 2003 auf „sehpferds sinnigen seiten“. Er wurde jetzt aktualisiert. ©: 2013 by liebesverlag.de

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