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 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
Warnung! Teile dieser Texte könnten mithilfe menschlicher Intelligenz erzeugt worden sein.

Lob der Erotik



Wenn etwas den Weg ins 21. Jahrhundert nicht so richtig geschafft hat, dann ist es die Erotik – jedenfalls offiziellen Verlautbarungen zufolge. Was soll man auch wirklich anfangen mit dieser Formulierung des Online-Lexikons WIKIPEDIA?

„Die Erotik bezeichnet ursprünglich die sinnlich-geistige Zuneigung, die ein Mensch einem anderen entgegenbringt. Sie wird von Sexualität und Liebe insofern unterschieden, als Sex die trieb- und körpergesteuerte, Liebe die emotional-seelische und die Erotik die psychologisch-geistige Anziehung zu einer anderen Person bezeichnet“.

Der Wikipedia Artikel macht deutlich, wes Geistes Kind die Autorinnen und Autoren sind: Trennungen sind immer scharf zu halten, damit sie in die Schuhkartons der Wissenschaft passen. Mag man Sex noch als triebgesteuert hinnehmen, so fällt einem bei „emotional-seelisch“ schon das Monokel aus dem Auge, und wenn Erotik lediglich die psychologisch-geistige Anziehung sein soll, dann wird deutlich, warum sie inzwischen von den Raben gefressen wurde: Den deutschen Wissenschaftlern ist es nicht möglich, einen Begriff ganzheitlich zu sehen.

Zunächst einmal ist Erotik gar nicht an „eine Person“ gebunden – was übrigens ihr Hauptmerkmal ist. Sie ist vielmehr eine Vorstellung, die in unseren Köpfen als lustvoll und anregend empfunden wird. Das heißt, die Erotik bildet sich in unseren Köpfen anhand von Facetten, die wir als „sinnlich“ zu erkennen glauben. Das Hirn allein ergänzt dann diese Facetten und formt sie in Gefühle um. Ich will Ihnen drei Beispiele nennen:

1. Eine nicht sonderliche schöne Frau trägt einen sehr kurzen Schottenrock. Ein Teil der Männer wird denken: „Ach du liebes Bisschen, bei dem Aussehen auch noch einen Schottenrock“ während sich ein anderer teil an die Ersten zärtliche Berührungen einer Frau erinnern wird, die zufälligerweise einen Schottenrock trug.
2. In einer Möbelausstellung steht ein Stuhl vor einer roten Wand. Die meisten Menschen werden vorbeigehen und ihn gar nicht beachten, doch zwei oder drei Herren bleiben stehen, um den Stuhl in seiner erotischen Pracht zu bewundern. In der Tat hat der Stuhl eine der weiblichen Hüfte nachgearbeitete Form. Ein Herr sagt: „Sehen Sie nur, wie erotisch dieser Stuhl wirkt“, ein anderer „sehe ich nicht – wie denn?“
3. Ich war zufälligerweise gestern im Ballett. Man tanzte „Scheherazade“, deren Musik ich bereits als wild erotisch empfinde. Die Tänzerinnen wirkten als Frauen keinesfalls erotisch, doch ihr Tanz war ganz der Erotik gewidmet. Das Bild, das sich daraus ergab, war nicht nur erotisch – es war durch den Komponisten und die Ballettkompanie von vornherein ganz darauf angeregt, erotisch zu wirken.

Erotik ist also ein Prozess, an dem Körper, Geist und Emotionen gleichermaßen beteiligt sind, und die Künstler wissen dies. Jeder Modedesigner würde darüber lächeln, wenn man ihm sagte, die Erotik sei abhandengekommen – er beschäftigt sich ja mit kaum etwas Anderem, und seine Objekte haben nichts mit der psychologisch-geistigen Anziehung einer Person zu tun, sondern damit, diese Person so anzuziehen, dass ihr erotischer Auftritt unterstrichen wird.

Ob wir in unserem Alltag, gerade im gegenseitigen Anziehen und Verlocken, Liebe empfinden, Erotik genießen oder den Wunsch nach Sex in den Leden spüren, ist im Grunde gekommen gar keine Frage an die Wissenschaft, sondern nur an uns selbst. Kaum ein Mensch wird auf dem Höhepunkt seines Liebesglücks sagen können, ob er nun innig geliebt hat, die knisternde Erotik genoss oder sich im Geschlechtsakt selbst vergaß.

Es sind die Erbsenzähler, die uns erklären wollen, wir könnten „Sex oder Liebe“, Sex oder Erotik“ und „Erotik oder Liebe“ wählen. Das sind Scheinalternativen, die nicht praxistauglich sind. In Wahrheit schweben wir mindestens eine Weile auf der berühmten Wolke sieben, wenn wir lieben, genießen und heftig ineinander geraten.

Seht mal, liebe Leserinnen und Leser, während wir hier und die Erbsenzähler dort draußen noch über Erotik debattieren, sucht die junge Sarah schon die passenden Schuhe zum kurzen Rock aus, um mit diesen beiden erotisch anmutenden Kleidungsstücken und ihren schönen Mandelaugen heut Abend so viel erotische Ausstrahlung zu verbreiten, dass sie die jungen Männer um sie reißen werden.

Möglich, dass ihr nun immer noch nicht wisst, was Erotik ist – aber dann kann ich euch heute auch nicht mehr helfen.

Titelbild © 2009 by NeoGaboX