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 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
Warnung! Teile dieser Texte könnten mithilfe menschlicher Intelligenz erzeugt worden sein.

Keuschhaltung: Wie bescheuert kann man eigentlich sein?




Das Thema vom Iduna zeckt mich an: die Keuschhaltung von Frauen und Männern in Beziehungen – und zwar mal mechanisch, versteht sich, nicht durch den inneren „ISTNICH“-Schalter, der funktioniert sowieso nicht.

Was funktioniert denn aber? Beim Mann einen Plastikhahn auf seinen Schniedel setzen? Oder bei uns unten ein Sieb einbauen, so dass man nicht mehr an seine … na ihr wisst schon kann?

Sagt mal. Wo leben wir eigentlich? Ich weiß ja, wie bescheuert die Kerle manchmal sind, aber sind Frauen eigentlich auch so blöd zu glauben, sie könnten Männer mit Plastikwasserhähnen bei der Stange halten?

Klar weiß ich auch, dass man Keuschheitsgürtel als Liebespielzeuge benutzen kann – ich bin ja nicht von Natur blöd. Aber ihn länger als zwei, drei Stunden tragen? Nö, ohne mich.

Was meint ihr eigentlich?

Bild © 2007 by laenulfean

Keuschhaltung des Mannes – Internet-Blödsinn oder Realität?

Die Internet-Literatur über „männliche Keuschheitsgürtel“ aka „Keuschheitskäfige“ und ähnlich wird von drei Strömungen durchzogen:

1. Unverblümte kommerzielle Interessen
2. Verdeckten kommerziellen Interessen, meist als „Ratgeber“ getarnt
3. Informationen, die die Neugierde auf weibliche Dominanz schärfen sollen

Das Stichwort heißt „Female Led Relationsship“ oder auf Deutsch „weiblich geführte Beziehung“. Die Botschaft hinter all diesen Informationen ist sehr simpel: „Sperre ihm den Zugang zum Penis ab und lehre ihn, damit zu leben“. Das bedeutet letztendlich: Keine Seitensprünge (die so ein Mann wahrscheinlich sowieso nicht wagen würde), keine Pornografie und vor allem - keine Masturbation.

Manche der „erklärenden Damen“ können alle auf eine DIN-A-4-Seite schreiben, weil sie ohnehin nur sich selbst, ihre Druckschrift, CD oder eben einen solchen Peniskäfig verkaufen wollen. Doch andere erklären das gesamte männliche Genitalsystem, von der Produktion von Testosteron über die Funktion der Prostata bis hin zu den angeblichen Gefühlen, die Männer haben, wenn sie mit Frauen schlafen. – einzelne Damen bringen es dabei durchaus auf sechzehn Folgen einer Serie.

Dabei tauchen allerdings drei Fragen auf: Die erste ist, dass ein Mann schon völlig abhängig von einer Frau sein muss, um sich auch noch in die tatsächliche Unterwerfung (also nicht in die spielerische Form) zu begeben – und welche Frau ist schon so attraktiv, dass der Mann nicht ohne ihre fragwürdige Anziehungskraft leben kann, zumal auf Dauer? Die Möglichkeit, bei Druck auf den Mann verlassen oder geschieden zu werden, ist groß – und schon manche Frau, die einen Mann „erziehen“ wollte, musste erleben, dass es Nebenbuhlerinnen gab, die mehr Sinnlichkeit ausstrahlten als sie selbst.

Die zweite Frage ergibt sich natürlich, ob die angeblichen „Tatsachen“ stimmen – nämlich ob das Selbstbewusstsein der Frauen tatsächlich durch die „Dominierung durch Verweigerung“ eines einzelnen Mannes steigt.

Schließlich ergibt sich noch eine dritte Frage: wie man eine solche Beziehung durchhalten will, wenn nicht beide „Salonarbeitslose“ sind, was ich den meisten Hartz IV-Empfängern nicht unterstelle. Denn klar ist wohl dies: nur starke, im Beruf dominante Männer sind wirklich interessante Objekte der Dominierung. Wer ohnehin „null Bock“ hat und nicht nach Geld, Macht und Ansehen strebt, ist für eine Frau in der Regel von vornherein zweite Wahl – und ein solcher Mann geht auch nicht mit einem sich vorwölbenden Wasserhahn aka Keuschheitsgeschirr ins Büro.

Was meint ihr? Erfahrungen? Bitte keine Werbeaussagen - sie werden unverzüglich entfernt. Übrigens sind alle männlichen "Keuschheitsgürtel" nichts anderes als Weiterentwicklungen von Onanier-Verhinderungs-Mechanismen, wie im Bild dargestellt.

Bild oben: Wikimedia

Von der Keuschhaltung der Frauen und Männer

karrikatur eines keuschheitsgürtels, anfang 20. JH


Eine keusche Haltung wird heute bei Erwachsenen nur noch von Angehörigen bestimmter Orden verlangt, wenn man einmal von den zölibatär lebenden katholischen Priestern absieht, die offenbar oft nicht ganz so „keusch“ leben, wie das der Boss gerne hätte.

Blickt man in die Geschichte zurück, so waren es vor allem die „guten Familien“, die versuchten, ihre Töchter „keusch zu halten“. Bei den historischen Grundbesitzern war die Sache einfach: Für eine Tochter, die „Schande über die Familie“ gebracht hatte, gab es kaum noch einen Mann und vor allem kein Geld mehr, und beim Pfeffersack des Bürgertums war es ähnlich, nur umgekehrt: Wenn er die bekanntermaßen nichtjungfräuliche Tochter noch an den Mann bringen wollte, musste er mehr Mitgift zahlen. Also mussten Mütter und Väter ihre Töchter hüten, damit sie ihren Wert behielten – von der „moralischen Schande“ einmal abgesehen.

Keuschheitsgürtel: Die Blütezeit im 19. Jahrhundert

Aus: Journal des débats politiques et littéraires – 19. Februar 1910
Die Keuschhaltung per Gurt, bessern bekannt als „Keuschheitsgürtel“ wurde den alten Rittern und Fürsten angelastet – doch die konnten ohnehin nichts daran ändern, dass ihre Damen bei entsprechender Attraktivität mit fremden Schönlingen in die Heia gingen. Überhaupt ist die Sache historisch schlecht belegt, denn vom „historischen“ Keuschheitsgürtel ist nichts wirklich überliefert, wenn man von einem Grabfund und verschiedenen Zeichnungen einmal absieht. Erst das 19. Jahrhundert bringt Keuschheitsgürtel an den Tag, die tatsächlich getragen wurden: von englischen Dienstmädchen, wenn sie vor allem nachts außer Haus gingen. Sie dienten zum Schutz vor Vergewaltigungen. Außerdem gibt es historische Beweise dafür, dass Prospekte von Keuschheitsgürtel in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Frankreich verteilt wurden. Sie wurden als Schutz junger Mädchen angeboten vor „diesen Unglücksfällen, die sie mit Schmach bedecken und die Familien in Trauer stürzen“. Neben den Töchtern hatte man allerdings auch die Ehefrauen im Sinn: „Der Mann wird seine Frau verlassen können, ohne fürchten zu müssen, dass er in seiner Ehre und in seinen Gefühlen gekränkt wird“. Wir erinnern uns: In dieser Zeit stand das Bürgertum in Blüte und viele Frauen versuchten alles, um bei der häufigen Abwesenheit der Männer einen kleinen Seitensprung zu wagen – oder gar ein „Geschäft abzuschließen“, wie man die Edelprostitution der feinen Damen damals nannte.

Wer glaubt, dass die Treue nur in Frankreich gefährdet war, kannte Emilie Schäfer nicht: Sie beantragte noch 1903 ein Patent, für einen „Gürtel mit Schloss und Schlüssel zum Schutz gegen Untreue in der Ehe“.

Die hauptsächliche Anwendung für Keuschhaltungsinstrumente, die tatsächlich historisch verbürgt ist, sind Geräte, die die Masturbation verhindern sollten.

Neue Keuschhaltungsfantasien der Männer

Gegen 1990: Katalog eines Herstellers von Chainmail
Nachdem es lange Jahre sehr ruhig war um die Keuschhaltung der Frauen, begannen Männer wieder über Keuschhaltung zu fantasieren, und tatsächlich entstanden in privaten handwerklichen Betrieben wieder die ersten Keuschheitsgürtel, die nun innerhalb der sogenannten „BDSM“-Szenerie erprobt wurden. Die Anwendung neuer Materialien, besonders der Kunststoffe und des Stahls, erlaubten den Herstellern, hygienischen Anforderungen gerechter zu werden, sodass die Geräte auch über längere Zeit getragen werden konnten – allerdings ist die Frage offen, inwieweit es nicht doch zu Infektionen und anderen gesundheitlichen Schwierigkeiten kommen kann. Da viele diese Gürtel nicht nur der sogenannten „Keuschhaltung“, sondern auch der Erniedrigung und der Folter dienen, kann von sexueller Enthaltsamkeit oft nicht die Rede sein. Es ist eher wahrscheinlich, dass die Gürtel für extreme Spiele im BDSM-Bereich verwendet wurden und nach wie vor verwendet werden. Es ist nicht ausgeschlossen, dass e nach wie vor Keuschhaltung unter Anwendung von körperlicher oder psychischer Gewalt gibt, jedoch dienen moderne Keuschheitsgürtel in erster Linie zum erotischen Spiel: Die Frau wird beispielsweise veranlasst, mit fremden Männern heftig zu flirten, kann diese dann aber nur oral oder manuell befriedigen. Generell soll es dabei darum gehen, die Frauen „geiler“ auf vaginale Penetration zu machen.

Viel kommerzieller Wirbel um die Keuschhaltung der Männer

Seit einigen Jahren wird über die Keuschhaltung von Männern diskutiert. Dies hat einen Grund in dem verstärkten masochistischen Wünschen der Männer, die offenbar ganz generell zunehmen, wie auch am Wunsch der Frauen, „mit ihren Männern zu spielen“. Vor allem aber geht es um die wirtschaftlichen Interessen der Hersteller von „Peniskäfigen“, die mittlerweile zu einem Massenprodukt geworden sind. Diese ähneln Wasserhähnen und sollen angeblich „am Tage öffentlich getragen werden können“, was viele Beobachter für reine Fantasie halten. Die einfachen Plastikkäfige umschließen Penis und Hoden und verhindern so vor allem das Onanieren, aber selbstverständlich auch den aktiven Geschlechtsverkehr. Sie erzeugen bei Erektionen erhebliche Schmerzen, was offenbar beabsichtigt ist. Deshalb können sie auch in erotischen Spielen eingesetzt werden, bei denen der Mann beispielsweise heftig beflirtet wird, sodass eine Erektion unausweichlich einsetzt. Auch in diesem Bereich geht es also nicht wirklich um Keuschhaltung – das ist eine Behauptung der Werbung. Es ist nicht ausgeschlossen, dass auch Männer „unter psychischem Zwang“ von Frauen gezwungen werden, solche Geräte zu tragen. Keuschheitsgürtel wie auch Peniskäfige verhindern nicht, dass andere Formen von Geschlechtsverkehr praktiziert werden. So kann zum Beispiel ein Mann bei den meisten Peniskäfigen analen Geschlechtsverkehr haben, während er selber oralen Geschlechtsverkehr (Cunnilingus) ausführen kann.

Lust an Keuschheitsspielen auch ohne Geräte möglich

Sexuelle Spiele, bei denen die Lust eines Partners so lange angeheizt wird, bis er darum fleht, befriedigt zu werden, sind auch ohne Keuschheitsgeräte möglich. In der Regel reichen einfache Fesslungen und erotische Stimulationen, um diesen Effekt zu erreichen. Bevor mal also Erotik-Einkäufe tätigt, sollte man sich überlegen, was man mit dem erotischen Spiel erreichen will.

Bildquelle oberes Bild: Antiquarische Postkarte (genaue Quelle unbekannt)
Bildquelle mittleres Bild: cpascans de canalblog
Bildquelle unteres Bild: Hersteller am Ende des 20. Jahrhunderts, Katalogauszug.