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 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
Warnung! Teile dieser Texte könnten mithilfe menschlicher Intelligenz erzeugt worden sein.

Partner Psycho-Tests: Überwiegend Fassade

traumpaar: offenbar nicht so traumhaft


Dieser Tage hat unsere Redaktion einmal nachgeforscht, was eigentlich hinter den Aussagen steht, es gäbe Verfahren, die uns die Traumpartner ins Haus bringen würden, wenn der Computer nur richtig gefüttert würde.

Alles Kokolores? Simsalabim mit Kaninchen aus dem Hut? Gezinkte Karten?

Nein, viel schlimmer – alles überwiegend Fassade. Die wahren Kriterien: Können und wollen Paare ihre Beziehung stabilisieren oder nicht? Dazu müsste man natürlich wissen, wie ein „stabiler Zustand“ definiert wird. Das war selbst uns zu viel, und so bringen wir zwei Beispiele, die beide stabil sind, obwohl sie kontroverser nicht sein könnten.

Bild © 2009 by ed yourdon


Partnerschaft: Hände weg vom Traumpartner!



Wir leben in einer Zeit, in der eine Speise ebenso „lecker“ sein muss wie ein „Kerl“ oder ein „Mädchen“. In der Partnerschaft gaukeln uns Werbeleute einschlägiger Partnervermittler und Singlebörsen vor, wir könnten dort unseren „Traumpartner“ finden – „als Traummann und Traumfrau schuf er sie“ … möchte man Kalauern, wenn man das Dummgeschwätz der Werbegötzen liest.

Unterstützt werden diese Menschenvergolder freilich auch noch durch einige willfährige, an die Branche angepasste psychotherapeutisch gebildete Berater. Das Volk glaubt diesen Menschen wie Halbgöttern – und dies wird reiflich genutzt. Vergessen ist da Paul Watzlawicks Warnung:

Überall, außer in der Psychotherapie, wird es als selbstverständliche Lebensgegebenheit hingenommen, dass es keine perfekten und ein für alle Mal erreichten Lösungen gibt … und dass das Leben ein lebenslanger Prozess der bestmöglichen, aber nie vollständigen Anpassung ist.“

Anpassung? Ständige Änderungen? Das kann man dem modernen Menschen offenbar nicht mehr zumuten – und das heißt auch: Man kann ihm die Wahrheit nicht mehr zumuten. Man erfindet ständig neue, wohlfeile Lügenpakete, um die Wahrheit zu verschleiern, jene einfache, kluge und langzeittaugliche Wahrheit: Du musst dich anpassen.

Flunkerer aus der Wissenschaft kontra Pragmatiker

Die klugen Leute mit pragmatischem Hintergrund, die wirklich Lebensprozesse verstehen, wissen natürlich sehr gut, was geht und was nicht. Sie erklären gerne, dass zur erfolgreichen Partnerschaft in Wahrheit nur ein Weg führt: nach intensiver und ehrlicher Suche einen halbwegs passenden Partner zu finden und mit ihm das Lebens- Liebes- und Paarungsspiel zu beginnen. Dabei müssen in der Regel beide Federn lassen, wird aber einer von beiden zu sehr gerupft, dann geht es nicht. Sehr einfach, nicht wahr?

Affentänzchen um "Gleich und Gleich" oder Gegensätze

Ja, sehr einfach, aber eben auch schwer zu vermitteln. Da ist schon besser, mal ein bisschen herumflunkern: Durch Tests, so behaupten angebliche Fachleute der Psychologie, ließe sich herausfinden, wer zu wem passen würde – eine dreiste Behauptung, die kaum ein bedächtiger Paartherapeut unterschreiben würde. Da draußen im Dschungel der Eitelkeiten tummeln sich allerdings andere Therapeuten, die schon einmal darüber streiten, ob sich „Gleich und Gleich“ eher gesellen oder sich Gegensätze eher anziehen würden – und sie vollführen dabei alle ihre niedlichen Affentänzchen und schlagen sich dabei auf die Brust: „Meine Psychologie ist besser als deine, ätsch, bätsch!“

Stabilität ist keine Frage von Charaktereigenschaften

Mit der Suche nach der Wahrheit hat dies nichts zu tun. „Gleich und Gleich“ gilt für die gesellschaftliche Ausgangsposition, nicht für die Persönlichkeitseigenschaften. Der Pipifax, der von den angeblichen „Wissenschaftlern“ in die Welt geblasen wird, klingt allerdings anders, und so lesen wie immer wieder, dass sich das „Gleichheitsprinzip bewährt“ habe. Fragt sich nur, wo, wie und wann. Familientherapeuten sind da nämlich ganz anderer Meinung. Sie sagen beispielsweise, dass eine Beziehung vor allem nach Stabilität streben sollte, und die kann in beiden Fällen erreicht werden, etwa so:

- Beide Partner streben in die gleiche Richtung – sie Stablisieren einander dadurch, dass sie das Gleiche wollen und sich darin bestärken, dies auch miteinander zu erreichen. In der Regel erreichen beide damit mehr in ihren gemeinsamen Stärken, können aber bei Problemlösungen auf der Ebene gemeinsamer Schwächen auch leicht versagen (der Wissenschaftler sagt dazu „Stabile Symmetrie“) . Bespiele wäre hier Lehrer- oder Arztehepaare.
-
- Beide Partner ergänzen einander. Was der eine nicht vollständig zustande bringt, kann der andere vollenden. Ihr Gesamtwerk ist besser als das Werk jedes Einzelnen und damit für beide von Vorteil. Sie haben zwar nicht die Kraft, ihre gemeinsamen Stärken so kräftig zu bündeln wie ein Paar, das nur in eine Richtung strebt, lösen Probleme aber dafür leichter. (Der Wissenschaftler sagt hier: „Stabile Komplementarität“). Typisches Beispiel ist die Verbindung zwischen einem Handwerker und einer Buchhalterin.


"Matchingverfahren" stammen nicht aus der Paarforschung

Man erkennt also leicht, wie dümmlich die Bemühungen von Wissenschaftlern sind, Eigenschaften zu „matchen“, denn die meisten dort angenommenen Bedingungen spielen für die Stabilität der Beziehung nur eine untergeordnete Rolle. Tatsächlich stammen die Verfahren, die ein „Matching“ verwendet werden, überwiegend auch gar nicht aus dem Bereich der Paarforschung, sondern sind auf Paare abwandelte Berufseignungstests. Man kann dies sehr genau anhand der Berufsfelder der „Erfinder“ solcher Tests feststellen.

Wahnsinn Traumpartner

Was aber bringt nun der Traumpartner? Die Antwort: voraussichtlich nichts als Ärger. Zunächst einmal muss man sich darüber klar machen, dass man den „Traumpartner“ oder „idealen Partner“ nur finden kann, wenn man daran glaubt, dass es einen solchen Partner gibt. Man könnte genau so gut an Voodoo oder Kaffeesatzlesen „glauben“ – denn es gibt leider nur die “fixen Idee“ des Idealpartners und keinen Beweis für die Möglichkeit seiner Existenz. Der Traumpartner ist also eine Wunschvorstellung – und vielleicht schlimmer noch: Ein Wahn, in den man sich verliebt – und es ist nicht gut, sich in einen Wahn hineinzubegeben.

Auch der "richtige Partner" ist eine Glaubensfrage

Der Paartherapeut Arnold Retzer geht in die gleiche Richtung, nur redet er nicht einmal von den lackierten Begriffen „Traumpartner“ oder „Idealpartner“, sondern setzt sich mit „dem richtigen Partner“ auseinander – und bleibt auch hier skeptisch. Er schreibt: „Voraussetzung der Vorstellung, man könne den richtigen Partner finden, ist die Überzeugung, es gibt ihn, den richtigen Partner.“ Im weiteren Text bezweifelt der Autor diese Möglichkeit und schreibt dann: „die gleichermaßen attraktive wie unvernünftige Idee ist die Vorstellung, man könne sich den Partner zuführen lassen“ … und verspottet die „Matchingverfahren“ der Online-Partnervermittler, die ja genau dies versprechen.

Besser ist es, einen Menschen zu finden, der uns so akzeptiert, wie wir sind. Wenn wir dann noch wissen, wo wir nachgeben können und wo wir stark bleiben wollen und wie wir dafür fair miteinander streiten wollen – dann brauchen wir die Psychoumkränzung unseres Wohls allesamt nicht. Wir müssen einfach nur nach vorne schauen und den Mut haben, uns zu binden – das ist wirklich alles.

Zitate (alles Nicht-Internet Zitate)

Paul Watzlawick: "Die Möglichkeit des Andersseins", Bern 1977

Symmetrie und Komplexität sinngemäß beschrieben nach Carlos Sluzki / Janet Beavin: „Symmetrie und Komplexität“, in "Interaktion", Bern 1980

Arnold Retzer: Lob der Vernunftehe, Frankfurt 2009

Titelbild: © 2009 by Jorge Mejia

Geständniszwang und Bestrafungswunsch in der Erotik



Manchmal geht die Psychoanalyse recht gewundene Wege: Wer für die Zeit absolut wundersame erotische Wünsche hatte und sie gestand, galt in der alten Psychotherapie noch als ein Mensch mit Genesungswunsch: Das „verbotene Erlebnis“ sollte durch den Geständniszwang in ein „Erlebnis zu zweit“ umgewandelt werden. Das sei ähnlich wie in der Beichte, sagte damals eine Psychotherapeutin – doch sie hätte ebenso gut sagen können: „ähnlich wie in der Psychoanalyse“.

Nun wird in der Psychoanalyse niemand bestraft, wenn er „gesteht“ und nach der Beichte ist die Sünde zumeist mit ein paar „Vaterunser“ getilgt, die in aufrichtiger Bereitschaft zur Buße gemurmelt werden. Doch die Menschen, die unter erotischem Geständniszwang stehen, wollen oft mehr: „Die gerechte Strafe“, zumeist eine heftige und in vollem Ernst vollzogene Körperstrafe, soll die Schuld tilgen.

An dieser Manie verdienen manche Dominas: Sie haben eigene Verhör- und Kerkerräume – und einen guten Prügelbock hat ohnehin jede dieser Damen zur Verfügung. Neulich schrieb ein Leser: „Veröffentlichen sie doch mal die Adressen der Damen, die Dunkelhaft anbieten“. Nun, das tun wir natürlich nicht, aber wir geben gerne an, wo Sie Hintergrundbegriff der Erotik finden.

Bis an die Grenze der Perversion gehen?

zweifel über perversionen? lesen sie diesen artikel!


Nichts ist in der Liebe so schillernd wie das Spiel mit der Abweichung, oder wie man früher sagte „mit dem Reiz des Zweifelhaften“. Man muss ein bisschen zurückgehen in die Sittengeschichte, wenn man wissen will, was eigentlich „pervers“ ist, und dann findet man: alles außer dem ganz gewöhnlichen Geschlechtsakt. Noch vor dem Ersten Weltkrieg war es absolut verpönt, Oralverkehr auch nur zu erwähnen, und selbst in Bordellen war er nicht überall zu haben. In der Bundesrepublik Deutschland der 1950er Jahre galt im Bürgertum ebenfalls noch alles als „pervers“, was auch nur einen Millimeter von den „offiziellen“ Moralvorstellungen abwich. Kurz zusammengefasst, liest sich das in etwa so: „In gewissen Grenzen ist eine Abweichung vom sexuellen Ziel normal … wenn es aber nur bei diesen vorbereitenden Akten der des Sexualvorgangs bleibt … handelt es sich um Perversionen.“ Diese Formulierung eines 1950-er Lexikons hätte gut und gerne auch von der katholischen Kirche verfasst sein können. Kurz und knapp aus dem verklausulierten Deutsch der 1950er übersetzt heißt dies: In der Liebe darf manches sein, solange am Ende der vollzogene Geschlechtsakt steht – wenn nicht, ist die Handlung pervers.

Genau genommen eröffneten sich mindestens verheirateten Paaren bereits viele Möglichkeiten, ihr Liebesleben anzureichern. Mindestens Rollenspiele, orale Lüste, Fesselungen, Bisse und ein paar Schläge auf den Po wären demnach durchaus erträglich gewesen, wenn der Akt „gesellschaftlich korrekt“ zum Ende gebracht worden wäre.

Die Unsicherheit bleibt - wie ist das mit der Perversion?

Heute ist das Internet voll von Beiträgen, die sich mit den Grenzen beschäftigen. Erhellend sind die meisten nicht sonderlich, denn in Wahrheit öffnen sich nur sehr wenige Menschen wirklich in einschlägigen Foren, wie dieses dümmliche Beispiel aus „Go Feminin“ zeigt – doch sind andere Diskussionen keinesfalls sinnvoller – im Internet herrscht überwiegend der HiHi-Effekt: „Ich sage zwar nichts zum Thema, aber ich bringe die Leute zum Lachen.“ Wer Hilfe in Wikipedia sucht, fühlt sich ebenfalls verhöhnt, freilich auf andere Art: Wikipedia-Autoren verschanzen sich gerne hinter offiziellen psychologischen oder medizinischen Lehrmeinungen und hören selten darauf, wie der Begriff im Volk oder in der Literatur benutzt wird. Deshalb wird auch allzu schnell auf das neue Bildungsbürger-Kunstwort „Paraphilie“ verwiesen, das „die Liebe zur Abweichung“ bedeutet – auf diesem Terrain fühlen sich die Wikipedia-Autoren dann wieder sicher.

Was nützt dies alles nun demjenigen, der nicht weiß, wie er mit den „abweichenden“ Wünschen der Geliebten oder des Liebhabers umgehen soll? Es ist, wie es immer ist: Dahingeblubberter Rat aus den Internet-Foren ist billig und überall zu haben, guter Rat ist teuer.

Was wäre das Schlimmste, das mir passieren kann?

Wer sich unsicher ist, sollte vor allem einen neueren, inzwischen aber sehr bekannten Psychologenrat beherzigen, nämlich den, sich die Frage zu stellen: „Was kann mir dabei schlimmstenfalls passieren?“

Nun ist alles, was mit der Sexualität zusammenhängt, nie ganz ungefährlich, und deswegen sollet man sich von vornherein darüber klar sein, dass man „neue Dinge“ besser nicht mit völlig Fremden ausprobiert – das kann auch beim „normalen“ Kontakten fatale Folgen haben. Ansonsten aber sollte man sich die Fragen schon so stellen, wie man sich Fragen würde: „Sollte ich Bungee-Springen versuchen?“

Schadet mir das "perverse" Handeln?

Infrage kommen bei sexuellen Spielen („Perversionen“ ist eigentlich nicht angebracht für diese Handlungen unter Paaren) vor allem emotionale, soziale und körperliche Schäden in Betracht. Soweit es die Emotionen angeht, ist oftmals „halb und halb“ angesagt – die meisten Menschen werden von neuen, unbekannten und ungewöhnlichen Handlungen zunächst sowohl fasziniert wie auch abgestoßen. Oftmals hilft hier nur ausprobieren, denn es zeigt sich, dass sich die ersten Ängste oft in spätere Wonnen verwandeln lassen, vor allem dann, wenn gesellschaftliche Normen eher vor der Praktik warnen. Die oft gehörte Befürchtung, „bleibende emotionale Schäden“ zu verursachen sollte zwar berücksichtigt, aber nicht überbewertet werden: Emotionale Dauerschäden bei Erwachsenen sind selten, und wer vorsichtig an eine „neue Sache“ herangeht, wird kaum Gefahr laufen, geschädigt zu werden. Soziale Schäden wie auch die meisten gesundheitlichen Schäden können normalerweise nur im Kontakt mit Zufallspartnern entstehen – vor diesen hatten wir ja schon gewarnt. Bei Zweifeln wegen gesundheitlicher Schäden zum Beispiel beim Zungen-Analverkehr ist es durchaus angebracht, einen Mediziner zu fragen und nicht auf Online-Ratgeber zu vertrauen. Wegen der Gefahren für Leib und Leben beim Kontakt mit Fremden wird vor allem empfohlen, sich niemals fesseln, verschleppen oder einschließen zu lassen. Soziale Schäden entstehen, wenn ein Partner zufällig gewählt wird oder unzuverlässig ist und Dinge später ausplaudert, die man geheim halten will – dies kommt vor allem bei parallelen bisexuellen Beziehungen vor.

Schaden an Leib und Seele durch sexuelle Abweichungen?

Wie sieht es mit körperlichen Schäden aus? Wer nicht besonders sportlich oder gar gesundheitlich anfällig ist, sollte sich nicht auf extreme Spiele einlassen, die Gesundheit oder Leben gefährden könnten – solche Praktiken (Folter) werden allerdings überwiegend in den abgeschlossenen Kreisen sadomasochistischer Extremisten durchgeführt. Bei einer überwiegend sitzenden Tätigkeit kann allerdings auch schon ein stark verstriemter Po als „körperlicher Schaden“ gewertet werden – von anderen hemmenden und schmerzenden Umständen einmal ganz abgesehen.

Eine andere Frage, die ebenfalls oft gestellt wird, ist die nach dem „Ekelfaktor“. Auch hier ist die Regel ganz einfach: Ist der Ekel nur „im Hirn“, so kann er möglicherweise dadurch überwunden werden, dass die tatsächliche Handlung auch Lust bereitet – ist er dagegen ständig körperlich spürbar, so lässt man besser die Finger (oder womit man sonst gerade aktiv ist) davon.

Am Ende gilt ohnehin nur dies: Unter gleichberechtigten Erwachsenen ist jeder für sein persönliches Glück in der Liebe verantwortlich – und ein bisschen Überwindung gehörte ja auch zum „ersten Mal“, nicht wahr?

Titelbild © 2009 von von Debs

Der Wortbetrug: „Soziales Netzwerk“

netzwerk

Es ist an der Zeit, sich über soziale Netzwerke zu unterhalten, und zwar radikal: Inzwischen wissen nämlich die meisten Menschen nicht mehr, was sie sind. Netzwerke sind nämlich tatsächlich „Vernetzungen“ zwischen Menschen, die dadurch in die Lage versetzt werden, gemeinsam zu denken und zu handeln, wobei das „sozial“ eigentlich nur ein Fremdwort für „gemeinschaftlich“ ist – man bildet also gemeinsam und auf Gegenseitigkeit eine Vernetzung an oder nutzt eine bereits bestehende Vernetzung, um sich ihr anzuschließen. Die Familie ist ein natürliches Netzwerk, die Schulklasse oder Arbeitsgruppe ist ein zwar künstliches, aber über lange Zeit beständiges Netzwerk, und die Gewerkschaft oder der Berufsverband sind Interessengruppen mit sozialem Netzwerkcharakter.

In Deutschland heißt „Netzwerk“ eigentlich „Verbund“ oder auch „Verband“, womit seine Nähe zum Verein von gleichgesinnten hervorgehoben wird. Sogenannte Peer-to-Peer-Netzwerke hießen früher „Arbeitsgemeinschaften“ oder „Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit“, Raiffeisenbanken oder Produktionsgenossenschaften – und damals hatten sie tatsächlich einen Sinn. Fragen wir einen Deutschen, was „sozial“ heißt, dann bekommen seine Augen Edelcharakter: „Sozialleistungen“, Sozialversicherung“ und „soziale Verantwortung“ kommen dann schnell über seine Lippen. Und weil dies alles so ist, muss ein im Internet befindliches „Soziales Netzwerk“ natürlich auch etwas Wertvolles und Edeles sein: mindestens so edel wie die Genossenschaft.

In Wahrheit verhält sich die Sache anders: Schlaue Kerlchen haben sie aufgebaut, um damit schnell Kohle zu machen, haben es teilweise ebenso schnell wieder an mächtige Verleger verkauft oder als Aktiengesellschaft versilbert - und spielen das Spiel: „Wir da oben – ihr da unten“. Die sogenannten „User“ durchschauen dieses Spiel nur selten, obwohl sie durch diese Netzwerke nur äußerst begrenzte Vorteile haben: Ihre Urheberrechte sind oft dahin, weil sie bei Anmeldung gleich einkassiert wurden, und ihre persönlichen Daten schwirren durchs Netz wie die Kolibris.

Jugendliche können angeblich gar nicht mehr anders handeln, als sich hier zu vernetzten –was vom Prinzip her Blödsinn ist. Für Erwachsene wäre es hingegen gut – alte Freunde oder Kollegen wiedertreffen, die man aus den Augen verloren hat, Schulkameraden wiederfinden, Geschäftskontakte schließen.

Wer „drin“ ist, weiß dies: Hört sich alles besser an, als es ist. Gewiss habe ich einen Schulfreund wiedergetroffen – und festgestellt, dass wir uns nicht mehr viel zu sagen hatten. Eine der Klassenkameradinnen war zufälligerweise eine Medienfrau geworden – da ging es schon eher. Doch war da nicht noch der Geschäftskontakt?

Nun, hier geht es ja nur um den Wortbetrug, und der wird am deutlichsten in den vielen Massen-Netzwerken. In Wahrheit ist dies lediglich eine Ansammlung von Leuten, die sich nur sehr bedingt miteinander vernetzen und auch kaum „soziale“ Ambitionen im Sinne von „Verantwortung tragen“ haben. „Allgemeinzugänglicher, unverbindlicher globaler Freizeitverein“ wäre für die meisten dieser Einrichtungen mit der Bezeichnung „Soziale Netzwerke“ richtiger.

Ich könnte ohne diese Netzwerke leben – und ich bin sicher, die meisten anderen Erwachsenen könnten es auch. Ich bin im Übrigen sehr bewusst nur noch in einem Netzwerk (XING) aktiv – ein anderes vergaß ich leider rechtzeitig zu kündigen. Sie sehen, so etwas passiert sogar mir.