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 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
Warnung! Teile dieser Texte könnten mithilfe menschlicher Intelligenz erzeugt worden sein.

Liebe – Beziehung – Sex: Stimmt das Schema?

lust an sich - eine gute motivation?


Die Moralisten aller Couleur würden die Sache mit der Liebe gerne so sehen: Erst lernt man, einander zu lieben und zu ehren, dann geht man vor der Gesellschaftsordnung eine ordentliche Ehe ein, und dann darf man endlich auch der Fleischeslust frönen.

Die Liebe als höchstes Gut

Nun ist die Liebe ein hohes moralisches Gut – möglicherweise das höchste, was wir in unserer Gesellschaftsordnung überhaupt kennen. Sinnigerweise galt unseren Vorfahren die Liebe allerdings nur dann als wirklich sinnhaft, wenn sie als Freundesliebe ausgeprägt war – also in etwas so, wie dies Schiller in der „Bürgschaft“ schildert. Die Liebe zu einer Frau galt hingegen als minderwertig. Die sogenannte „Minne“ war eher eine Einführung in die Verführungskunst als ein moralisches Lehrstück. Erst in der Romantik wurde die Liebe zu den Frauen idealisiert, aber im deutschen Bürgertum keinesfalls verwirklicht – im Gegenteil: Die Bürgertöchter mussten noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts heucheln, aus Liebe zu heiraten, damit der romantische Anspruch erfüllt wurde – in Wahrheit wurden sie per Mitgift verschachert.

Die Ehe - nichts mehr als ein Vertrag

Die Ehe selbst ist nicht, wie die Kirchenoberen behaupten, eine Instanz, die von einer höheren Ordnung gestiftet wurde („ein Sakrament“) , sondern ein bloßer Vertrag. Mit ihr gingen einstmals die Besitzrechte des Vaters an der Tochter an den Ehemann über. Aus dieser Zeit stammen noch die aus dem Bürgertum bekannten Sätze wie „um die Hand anhalten“. Auch die Sitte, sich in der Kirche das „Ja“-Wort zu geben, stammt aus dieser Zeit, da die Braut am eigentlichen Ehevertrag gar nicht beteiligt war. Sie bekam nur in der Kirche einmalig die Gelegenheit, symbolisch in den Vertrag einzuwilligen, der vorher zwischen Vater und Bräutigam ausgehandelt wurde.

Die Fleischeslust oder der Sex - die treibende Kraft

das nixchen aus der sicht eines zeitgenossen
Die Fleischeslust? Ganze Menschheitsgenerationen schafften es, die Liebeslust der unverheirateten Frauen zu unterdrücken, während die jungen Männer ihre Lüste durchaus zu befriedigen wussten. Je „behüteter“ die Töchter waren, umso mehr glaubten sie wirklich, keine eigene sexuelle Lust zu verspüren. Die Bürgertöchter hingegen, die gewisse Freiheiten genossen, machten sich ein Vergnügen daraus, ihre Lüste im Geheimen zu stillen, freilich immer wieder unter der Last, dabei eventuell schwanger werden zu können.

Dazu ein Zitat aus jener Zeit:

Ich hatte mal eine starkgeistige Freundin vom schwachen Fleische, die behaupte, wenn die Konsequenzen nicht wären, wär es ein Gesellschaftsspiel


Wer weiterliest, wird bald finden: Die gebildeten Frauen des aufkommenden 20. Jahrhunderts hatten durchaus die wildesten Gelüste – und vor allem: Sie konnten sich konnten sich in die Liebe hineinheucheln, die dem Geschlechtsverkehr damals ja unbedingt vorausgehen sollte. Die oft gehörte Behauptung, dass Frauen lieben müssen, um Lust zu empfinden, wird bereits in dieser Zeit stark bezweifelt – in diesem Fall sogar von einer Frau des beginnenden 20. Jahrhunderts. Das Zitat stammt von 1904.

Unsinnsformel: Erst Liebe, dann Sex

Nicht Sex, sondern Liebe? Namhafte Paarberater bezweifeln, dass die Liebe den Sex nach sich zieht. Möglicherweise wird eher umgekehrt ein Schuh draus: die die schnell aufkommende Lust vernebelt das Gehirn zunächst, und die Biochemie sorgt dabei für das nötige Verliebtheitsgefühl, um den Weg für den Sex freizumachen. Die Liebe selbst resultiert dann erst aus dem gegenseitigen Vertrauen ineinander, das vor allem ältere Paare prägt, die über lange Jahre zusammen waren.

Der Jenaer Professor Dr. Bernhard Strauß geht so weit, zu behaupten, dass man „guten Sex trotz Liebe“ haben kann, und sagt:

Damit „guter Sex trotz Liebe“ möglich ist, sollten sich Partner das sexuelle Interesse aneinander bewahren und es nicht den alltäglichen Herausforderungen und Konflikten des Alltags opfern.


Wie wahr, wie wahr – doch mein liebster Autor, Dr. Christian Ankowtisch, sieht die Sache noch illusionsloser:

Wo Nähe, da keine Erotik. Wo gemeinsame Fernsehabende, da kein Sex. Wo Kinder, da keine neuen Bondage-Spiele. So einfach ist das. Nichts zu machen. Und die Lage wird auch nicht besser, wenn wir das eine mit dem anderen zusammenzwingen wollen, unüberlegt, gewaltsam.


Vielleicht solle ich noch erwähnen, dass dieser Dr. Ankowitsch ein bekennender Optimist ist.

Die bürgerlich-abendländische Sexualmoral: ein Kartenhaus


Das Schema „Liebe-Beziehung-Sex“ ist demnach ein Possenspiel, das sofort zusammenbricht wie ein Kartenhaus, wenn der Tisch wackelt. Gerade erleben wir, wie gewaltig dieser Tisch inzwischen wackelt, denn die Moralisten innerhalb und außerhalb der Kirchen haben ihre Glaubwürdigkeit in sexuellen Fragen inzwischen fast restlos verspielt.

Es scheint, als sei die Moral, die wir als bürgerlich-abendländisch kennen, vor vornherein ein Kartenhaus gewesen, das irgendwann einmal zusammenbrechen musste, weil es nicht auf gutem Fundament aufgebaut war – so wie alle moralischen Kartenhäuser dieser Erde.

Zitate (historisch) Nixchen, Wien 1904 (Ankowitsch) Dr. Ankowitschs kleiner Seelenklempner, Berlin 2009, Professor Strauß (Pressemitteilung Uni Jena)

Bildnachweis: Titel © 2007 by the fururistics (nachbearbeitet)