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 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
Warnung! Teile dieser Texte könnten mithilfe menschlicher Intelligenz erzeugt worden sein.

Was eine Frau erotisch dürfen darf

erotische träume sind erlaubt ... aber was ist, wenn frauen sie leben möchten?


"Erstens, vergesst nicht, kommt das Fressen, zweitens kommt der Liebesakt ... (doch) ... vor allem aber achtet scharf, dass man hier alles dürfen darf."

(Brecht/Weil Mahagonny)

Seit nicht einmal 20 Jahren diskutiert man in bildungsnahen Bürgerkreisen darüber, ob Frauen „abweichende erotische Wünsche“ haben, die man früher noch gerne als „Perversionen“ bezeichnete. Es galt als mutig, diese „Perversionen“ zu erforschen, weil die Wissenschaftswelt bis dahin davon ausgegangen war, dass Frauen keinerlei abweichende sexuelle Wünsche zu haben hatten. Das Standardwerk, auf das sich leider bis heute viele Psychiater und Psychotherapeuten berufen, hatte sogar behauptet, Frauen hätten gar keine eigenen sexuellen Wünsche oder Träume, also konnten sie folgerichtig auch keine eigenen Perversionen dieser Wünsche entwickeln.

Nun war aber gegen Ende des 20. Jahrhunderts irgendwie klar geworden, dass Frauen durchaus erotische Träume aller Art hatten, wenngleich sie diese nicht immer in die Tat umsetzten. Die Tat war auch gar nicht das Thema – denn ein großer Teil der Frauenwelt wehrte sich bereits gegen die Tatsache, überhaupt sexuelle wünsche zu haben, die in Richtung Fetischismus, Unterwerfung oder Bestrafung gingen. Vielleicht hätte man sich die „Geschichte der O“ einmal genauer ansehen sollen? Doch das Buch galt nichts als fein genug, um als Kulturgut verstanden zu werden, und zudem wurde lange Jahre vehement bezweifelt, dass es von einer Frau geschrieben wurde.

Vor 50 Jahren: Frauen durften erotisch gar nichts dürfen

Um seine wirklichen Bedürfnisse ausleben zu können, ist es nötig, die Möglichkeit zu haben, sie zu erhalten, den Mut, sie zu äußern und gegebenenfalls die Mittel, sie auch zu bezahlen zu können – das gilt für Frauen wie für Männer. Man muss sich nur einmal heranschleichen an die Zeit vor 50 Jahren, um zu erkennen, dass der Prozentsatz der Frauen, die mindestens über diese drei Faktoren verfügten, im niedrigen Promillebereich lag – und sieht man dann noch, wie viele von ihnen ihre Wünsche auch öffentlich machen konnten, so müssen wir uns nicht wundern, gar keine Spuren davon zu finden. Es ist einfach so, dass eine Frau vor 50 Jahren erotisch gar nichts dürfen durfte – und auch heute sind die Möglichkeiten von Frauen weiterhin begrenzt, falls sie ihre Lüste an die Öffentlichkeit bringen wollen. Dass sich dies nicht völlig geändert hat, zeigt die Diskussion um das Buch „Feuchtgebiete“, das vor allem aus konservativ-bürgerlichen Kreisen heftig angefeindet wurde.

Der Scheuklappenblick: Psychiatrie und Frauenwünsche

Ein ganz anderer Aspekt ist die Kurzsichtigkeit der Psychiatrie. Bereits Krafft-Ebing war mit einengenden wissenschaftlichen Scheuklappen versehen, weil er nur die Personen beschrieb, die er als Arzt gesehen hatte – zur gesellschaftlichen Realität fehlte ihm der Bezug. Doch welche Frau, die den besonderen Lüsten zugeneigt ist, wird denn auffällig? Und wie auffällig muss eine Frau erst werden, um in Kontakt mit einem Psychiater zu kommen? Die meisten Frauen, die sich heute aktiv an allen sogenannten „perversen Lüsten“ beteiligen, verschweigen diese Handlungen – ebenso, wie ihre Großmütter ihre Seitensprünge verschleiert haben – und fast immer geht dies gut.

Das Interesse der Wissenschaft: Homosexualität, Sadismus und Masochismus

Apropos „pervers“ – diesen Ausdruck gibt es nur noch im Volksmund. „Pervers“ war einst alles, was nicht der Fortpflanzung diente – und deshalb gehörten dazu auch alle oralen und analen Praktiken – und selbstverständlich auch jede Form von Homo- oder Bisexualität. Die forensische Psychiatrie interessierte sich bis weit ins 20. Jahrhundert ohnehin hauptsächlich für das Schwulsein der Männer und in zweiter Linie mit dem sogenannten „Sadomasochismus“, der ebenfalls durch und durch männlich behandelt wurde. Das dritte Thema, das ausgiebig und oft erstaunlich detailliert beschreiben wurde, war der Fetischismus. Übrigens galt vielen Psychiatern die Onanie als Wurzel der meisten dieser Übel.

Unbeschreibliche Gelüste aller Art

Sollte nicht die Rede von Frauen sein? Ich will es kurz machen: Frauen sind weder vor sexuellen Fantasien gefeit noch vor dem Wunsch, sie dann und wann zu erproben – das wäre eine Sache. Die andere: Die erotischen Sonderwünsche der Frauen basieren nicht auf Wünschen der Männer, sondern bilden eine eigene, bizarre Welt, die unbeschreiblich wilderotisch ist. Sie ist bevölkert von den Taten der bösen Buben und der edlen Ritter, von Machtanspruch und Unterwerfung unter die Macht, von sanften Lüsten mit Masken und federn und wilden Spielen mit Korsetts und Halsbändern, und nicht zuletzt von lustvollen Männern und begierigen, oft skrupellos handelnden Frauen.

Coming Out der Gelüste? Ja, dann und wann

Allerdings – Frauen öffnen diese Welt fast niemandem, nicht einmal dem eigenen Geschlecht. Der einzige Weg, einmal in ihre geheimen Lüste zu schauen, sind Tagebücher und Fragmente erotischer Geschichten, die man im Fieberwahn der Lust aufgeschrieben hat. Doch dann und wann öffnet sich einmal ein Spalt, aus dem die heiße Lava austritt: Bücher und Geschichten von Frauenhand gehen immer mehr in eine Richtung, die der Bürger immer noch für unverschämt hält – und nicht zuletzt sind es die erotischen Filme weiblicher Drehbuchschreiber und Regisseure, bei denen selbst Männer noch den Atem anhalten.

Ob man als Frau wirklich "alles dürfen darf"? Ich denke, dass entscheiden nicht die Männer. Die Frauen haben uns einst gelehrt, was wir Männer (noch) über sie denken dürfen. Nun lehren Sie uns, was sie selber würden wollen, wenn wir uns denn auf sie einließen - und doch: das kleine Mäuschen hinter meinem Ohr sagt mir immer noch: "es sind Frauen, mein Junge - sie wollen, dass du zärtlich zu ihnen bist". Die kleinen Mäuschen., so scheint es, haben die Emanzipation verschlafen. Geht es euch auch so?

Bild © 2009 by Mi Pah