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 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
Warnung! Teile dieser Texte könnten mithilfe menschlicher Intelligenz erzeugt worden sein.

Geht Lust ohne Liebe?

lust oder liebe? was für eine frage!


Manche Psychologen wollen genau wissen, dass Lust ohne Liebe beim Menschen ein Ausdruck psychischer Störungen ist – so argumentierte jedenfalls noch vor Kurzem der Psychiater, Psychoanalytiker und Autor Hans-Joachim Maaz, der sagte (Quelle des Zitats):

„Liebe ist dann der soziale Vorgang zwischen zwei Menschen und Lust der körperliche Ausdruck dazu. Wirkliche Lust ist also ohne Liebe nicht denkbar, und wer liebt, der empfindet auch Lust“ … sowie … (anderslautende) Behauptungen sind in meinen Augen suspekt und geben Hinweise auf eine Luststörung beziehungsweise eine Behinderung wirklicher Liebe.“

Nun könnte man argumentieren, dieses Zitat sei uralt (es stammt von 1991), aber in den Köpfen vieler Geisteswissenschaftler (und leider auch einiger Naturwissenschaftler) spukt immer noch der Spruch herum: „Ohne Liebe gibt es keine Lust“.

Das Problem bei alldem ist schnell erkannt: Es liegt in der arroganten Annahme, überblicken zu können, was Liebe ist. Auch dieser Tage (2010) gibt es diese Form der überheblichen und dreisten Behauptungen noch, wie aktuelle Bücher über "die" Liebe zeigen. Die Negativliste reicht dabei von Richard David Prechts Bestseller "Liebe - ein unordentliches Gefühl", über Ingelore Ebberfelds Elaborat "Von der Unmöglichkeit der Liebe" bis hin zu Sven Hillenkamps selbstherrlichem Machwerk "Das Ende der Liebe". Der Sozialpsychologie Manfred Hassebrauck schreibt deshalb in einem neuen Buch, das er „Alles über die Liebe“ betitelt, auch ausdrücklich:

Die Liebe gibt es nicht, denn es gibt verschieden Arten von Liebe.


Hinzu kommt, dass sich Liebe vermutlich niemals „als solche“ definieren lässt. Sie ist immer eine Mixtur von Gefühlen, die man als „Liebe und Zuneigung“, „Liebe und Lust aneinander“ und „Liebe und sexuelles Verlangen“ bezeichnen könnte. Es ist noch keinem Forscher gelungen, „Liebe als solche“ zu definieren. Weil „Liebe als solche“ nicht existiert.

Liebe bedeutet derzeit alles und gar nichts

Bei den meisten Forschern kommt zur eigenen Arroganz auch noch ein gerüttelt Maß an Ignoranz: Sie haben sich niemals mit dem Wort „Liebe“ und seiner Bedeutung in der deutschen Sprache beschäftigt. So kommt es, dass Liebe sozusagen als beliebiger Universalbegriff für alles herhalten muss, was näherungsweise mit positiven sozialen Gefühlen besetzt ist.

Nur zur Information, nicht zur Belehrung: Die eigentliche Liebe ist in Deutschland die „Freundesliebe“. Im Ursprung galt die Zuneigung zu einer Frau niemals als „Liebe“, weil Frauen in dem genannten Sinne gar nicht für liebesfähig gehalten wurden. Ers später, nachdem das Wort „Minne“ aus dem Sprachgebrauch verschwand und die Frau als liebende Partnerin aufgewertet wurde, sagte man „die Liebe zu einer Frau“ und trennte sie so von der „Freundesliebe“. Da man von Sexualität nicht sprach, wurde die Wollust im Liebesleben mit allerlei Attributen des Feuers bedacht und heiß seither die „heiße Liebe“ oder die „glühende Liebe“.

Rhetorische Frechheiten - "Sex oder Liebe" und "Lust oder Liebe"

Geht Lust also ohne Liebe? Es ist, mit Verlaub, eine dümmliche Frage, weil sie einen infamen rhetorischen Kern hat: die Alternativfrage. Diese Frageform suggeriert, es gäbe nur dies oder das und wird normalerweise als „Lust oder Liebe“, „Sex oder Liebe“ und ähnlich formuliert. Fragen wir also „Geht Lust ohne Liebe“ so nehmen wir bereits an, dass es sich nicht um zwei Lebensbereiche handelt, die einander durchdringen, sondern um solche, die sich als Gegensätze darstellen.

Lust ohne Liebe - bei Männer "ja", und bei Frauen auch "ja"

Bis vor wenigen Jahren hätte man dennoch auf die Frage „geht Lust ohne Liebe?“ geantwortet: ja, bei Männern. Eigentlich ist dies unverständlich, denn damals wusste die Menschheit auch schon, dass viel Frauen Finger, Dildos und Vibratoren benutzen, um sich (und manchmal einander) Lust ohne Liebe zu verschaffen. Inzwischen gibt es genügend Frauen, die sich die Illusion der Liebe innerhalb einer halben Stunde “herbeifühlen“, falls sie die Grundeinstellung haben „ich muss ihn lieben, bevor ich Lust empfinden darf“. Viele Frauen brauchen diese Behelfsbrücke zur Lust aber nicht einmal und sagen von sich selbst, sich einfach einen Mann zu suchen, wenn sie einmal „richtig notgeil“ sind – und dann geht es eben auch ganz ohne Verliebtheit.

Das Fazit: Es gibt viele Formen und Ausprägungen der Liebe

Halten wir fest:

1. Die Behauptung von Psychiatern, Psychotherapeuten und anderen Wissenschaftlern, zu wissen, was Liebe ist, ist ein unerträglicher Ausdruck wissenschaftlicher Arroganz.
2. Es gibt viele Formen, Arten und Ausprägungen dessen, was als Liebe bezeichnet wird. Diese Ausprägungen können Wollust und Sex enthalten oder auch nicht.
3. Wer „Sex und Liebe“ oder „Lust und Sex“ gegeneinanderstellt, ist ein rhetorischer Trickser und weiter gar nichts.

Abgesehen von alldem: Liebe ist umso schöner, je mehr sie aus Lust geschenkt wird, und Lust gewinnt, wenn sie viel Liebe beinhaltet. Das gilt allerdings nur für die „großen Gefühle“, die wir im Leben ja nicht ständig haben – die meisten von uns haben sie sicherlich nur so viele Male erlebt, wie sie an den Fingern abzählen können.

Was ist nun Lust an sich? Ein durchaus legitimes Gefühl, das uns beschleicht und dann nach Befriedigung strebt – und wenn wir dieses Gefühl schön und sicher zum Ziel führen, dann auch die Lust an sich Glücksgefühle auslösen.

Unser Autor mit dem Pseudonym "induna" ist Experte für Kommunikation und Rhetorik

Bild © 2001 by Jason Küffer