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 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
Warnung! Teile dieser Texte könnten mithilfe menschlicher Intelligenz erzeugt worden sein.

Stirbt die Liebe aus Mangel an Romantik?

romantik oder kitsch? liebe, wie man sie 1914 sah


Bevor Sie überhaupt weiterlesen: Derzeit redet jeder, ob berufen oder unberufen, über die Liebe. Übrigens stirbt sie gerade mal wieder, und das ist selbstverständlich ganz schlecht. Weil man mit Kassandrarufen aber offenbar deutsche Literaturkritiker Beindrucken kann, bekommt der Autor dann auch noch eine Literaturauszeichnung. Den Clemens-Brentano Preis der Stadt Heidelberg erhielt in diesem Jahr ­Sven für sein Essay „Das Ende der Liebe. Gefühle im Zeitalter unendlicher Freiheit.“

Was geht es uns an, was Herr Hillenkamp denkt? So gut wie gar nichts. Auch die anderen, die gegenwärtig über die Liebe schreiben, wissen nichts Neues – sie sammeln bestenfalls Bekanntes, wofür wir ihnen allerdings dankbar sein sollten. Ein Beispiel dafür ist das neue Buch von Manfred Hassebrauck „Alles über die Liebe“. Der Titel ist ein bisschen zu großartig geraten, aber das Buch enthält alles, was Wissenschaftler inzwischen über die Liebe herausfanden – übrigens recht wenig, wenn man die Tatsachen mit dem öffentlichen Getöse über jede „neue“ wissenschaftliche Erkenntnis vergleicht.

Kommen wie endlich zur Romantik, nicht wahr? Die Liebe, die Blumenwiese, der Wald, der Weihnachtsbaum – das wäre wohl, was den meisten Deutschen zur Liebe einfällt. Schon im Märchen „Rotkäppchen“ ist es ja nicht der unromantische Wolf, dem das Rotkäppchen verfällt, sondern die Blumenwiese, die als Stellvertreterin für die bei den Grimms unerwünschte Erotik herhalten muss.

Fällt Ihnen etwas auf? Es ist nie die Romantik selbst, die wir in der Liebe wiederfinden, sondern eine romantische Verklärung: Blumen, Konfekt, Sehnsucht, Warten, „zarte Bande“, Hoffen und Sehnen und vielleicht demnächst sogar eine SMS stehen für die Romantik. Insgesamt gesehen trieft das Schmalz nur so heraus, und bei näherer Betrachtung ist vieles davon kaum wirklich romantisch gewesen, es sei denn, man sieht es durch die rosarote Brille.

Die Liebe stirbt weder, wenn Herr Hillenkamp sie für tot erklärt, noch, wenn die Romantik heute angeblich herausgewaschen wurde. Internet-Dating? Das Soll romantisch sein? Dort, wo die Blechkiste "Computer" uns anhand von schlicht gestrickten Psychotests zusammenführen soll? Wo wir mit Zähneknirschen Blind Dates eingehen, weil uns kein anderer Weg mehr bleibt?


Verliebter in die Liebe als in die Person - Romantik?

Ach, du liebes Bisschen. Verklärung, Rausch und Kitsch kommen niemals zu kurz. Die meisten von uns sind in den Rausch der Liebe verliebter als in die Person, die sie zu lieben glauben. Warum denn auch nicht? Die Romantik verfolgt uns dann auf Schritt und Tritt: Abende mit Rosen, Rotwein und Kerzenschein gibt es nach wie vor – und offenbar brauchen wir das alles. Warum denn nicht?

Arnold Retzer, ein kühler Kopf unter den Paartherapeuten, rät sehr zur Vernunftehe, aber auch er weiß natürlich, dass gegen die Liebe kein Kraut gewachsen ist. Was bitte, aber ist die Liebe? Retzer schreibt, was jeder vernünftige Mensch eigentlich nachvollziehen kann, es aber selten wirklich tut:

«Es ist kein Zufall, dass man bei den Versuchen, die Frage zu beantworten, was denn die Liebe sei, überall auf mehr oder weniger verbreitete Gebrauchskultur stößt. Sie ist der Vorratsspeicher, aus dem wir unser Vorstellungen über die Liebe beziehen.»


Die romantsche Liebe steht im Vorratsspeicher zur Verfügung, und also bedienen wir uns dort, ebenso, wie wir uns an der nackten Geilheit bedienen, wenn wir danach lechzen. Es besteht kein Anlass, daran zu zweifeln, dass wir das Eine wie das Andere auch noch im nächsten Jahrhundert nutzten werden.

Bild © 2010 bei liebesverlag.de - nach historischem Vorbild
Geschrieben nach der Lektüre dieses Artikels.