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 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
Warnung! Teile dieser Texte könnten mithilfe menschlicher Intelligenz erzeugt worden sein.

Liebesgeschichten – Weichspülung oder „zur Sache, Schätzchen“?

erotik aus einem 50er-jahre groschenheft


Einst waren die Groschenromane voll von verliebten Dienstmägden, Krankenschwester und Sekretärinnen, die in den Armen von Grafen, Chefärzten und Topmagern seufzten und nicht mehr zuließen als sinnliche Küsse und sanfte Berührungen. Heute ist der Buchhandel der Hauptgroschenromanvertreiber, wenngleich der Liebesschund mittlerweile gegen 20 Euro kostet – und selbstverständlich ist sich das Deutsche Fernsehen nicht zu schade, jeden der daraus entstandenen Triefschmalzfilme zu zeigen.

Lieschen Müller auf Illusionskurs

Ach, wie schön, wenn Illusionen von Lieschen Müller genährt werden, die immer noch davon träumt, dass irgendwann ein depperter Prinz mit goldener Kutsche (oder geliehenem Porsche) vor ihrer Tür hält und sie zur Ausfahrt einlädt. Doch die Hoffnung der Prinzenhochzeit in weißem Kleid erfüllt sich in der Realität kaum – die Cinderellas haben noch Glück, wenn der Porschefahrer mit dem Sex wenigsten abwartet, bis er ein Abendessen spendiert hat.

Pornografie kontra Seelenschmalz?

Die andere Seite der Medaille heißt heute immer noch Pornografie, und dazwischen gibt es ein paar Versuche, die Liebe erstens literarisch wertvoll, zweitens romantisch und drittes über alle Maßen lustvoll darzustellen. Doch die Balance zwischen animalischem Sex, wilden Obzessionen, sanften Liebkosungen und sinnlichen Küssen einerseits und dem harten Leben andererseits, das manchen Strich durch die Rechnung macht, will kaum jemandem gelingen.

Nicht alle weiblichen Sehnsüchte werden durch Literatur erfüllt

Reden wir doch mal Tacheles: Die Träume der Männer werden inzwischen ja halbwegs erfüllt – sie lesen ohnehin nicht so viel wie Frauen und fühlen sich mit Pornografie oft ganz gut bedient, wenn sie nicht zu primitiv ist. Die geheimen Träume der Frauen aber bleiben „außen vor“. Sinnliche Bi-Beziehungen? Ein Dreier mit zwei Männern? Einen Mann küssen und quälen? Sich auf gefährliche Abenteuer einlassen? Das alles sind durchaus Fantasien, denen Frauen gerne nachhängen, auch dann, wenn sie niemals Realität werden sollen. Der einzige Ort, an dem sie derartige Obzessionen zelebrieren wollen, ist zumeist die Fantasie – und genau dort werden sie allein gelassen.

Weichspülung der Emotionen?

Wenn wir Liebesgeschichten für Frauen immer nur „weichspülen“, wenn wir unterstellen, dass Sie mit dem Liebeskitsch zufrieden sind, dann haben natürlich alle Recht, die sagen: "Lasst es, wie es ist, denn mit der Verblödung durch Kitsch, kommen wir wenigstens nicht mit der Zensur in Konflikt, und freudentränenreiche Happy Ends sind doch schick, nicht wahr?“

Ja, wirklich? Wollt ihr die totale Verblödung? Um nicht missverstanden zu werden: Auf beiden Seiten des Gebirges liegt der Ozean der Illusionen: Hier trieft das Seelenschmalz, das „Romantik“ genant wird, dort triefen die Körpersäfte, die „Pornografie“ heißen – und natürlich kann ich (wie ihr auch) mich auf den Berg stellen und sagen: Seht mal, dort unten, die beiden Völkchen – wie schön, dass wir sie mit Illusionen beherrschen können.

Sinnliche Literatur und große Literatur - unvereinbar?

Abgesehen davon, dass der See wirklich sinnlicher Frauenliteratur ohnehin ziemlich ausgetrocknet ist – was passiert eigentlich mit jener Literatur, die in den Feuilletons beschreiben wird? Ist es wirklich erträglich, dass wir weder etwas über die geheimen Lüste erfahren noch über den Teil, der wirklich ausgelebt wird?

Nicht nur Frauenfantasien werden gedeckelt

Wenn ihr jetzt sagt: „Warum denn nur Frauen?“, dann habt ihr Recht. Über die Fantasie der Männer und ihre versuche, sie zu verwirklichen, wird ebenso wenig bekannt wie über die geheimen Lüste der Frauen. Für Männer gilt dabei noch, dass die Schere längst im Kopf steckt: Man kann sich heute eher als homosexuell outen als zuzugeben, sich in heterosexuelle Rollenspiele einzubringen – gleich, ob aktiv, oder passiv, und unabhängig davon, welche sexuellen Bedürfnisse man darin verwirklichen will.

Emotionen sind gefragt - doch wer schreibt darüber?

Ach, ihr sagt „Sex ist nicht alles“?, dann habt ihr abermals Recht. Aber er ist auch nicht so bedeutungslos, dass wir in der Literatur darauf verzichten wollen – denn nur die Literatur kann das Gewöhnliche so überhöhen, dass es lesenswert wird. Die Gefühle während einer sinnlichen Unterwerfung zu beschrieben, ist in der Pornografie beispielsweise unmöglich – so etwas geht nur, wenn man dabei tief in die eigene Psyche schaut und dabei auch die Phantome der Vergangenheit wieder aufleben lässt.

Zur Sache, ihr schreibenden Schätzchen. Lasst euch mal etwas einfallen. Ich warte gespannt darauf.

Lesen Sie dazu auch eine Beitrag aus "DIE ZEIT" von 1976 - war man damals etwa aufrichtiger als heute? (Redaktion)