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 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
Warnung! Teile dieser Texte könnten mithilfe menschlicher Intelligenz erzeugt worden sein.

Die Liebe – das seltsame, lustvolle Spiel

Fragt man Menschen, ob die Liebe ein Spiel sei, so erzeugt man fast garantiert heftige Emotionen. Für die Einen ist sie viel zu ernst, um jemals ein Spiel sein zu können, und sie antworten etwa: „Um Himmels Willen – mit der Liebe spielt man doch nicht“. Die Anderen aber lächeln sanft oder gar etwas verschmitzt, um dann zu sagen: „Oh ja, ein wundervolles Spiel und man weiß nie, wie es ausgeht“.

Wie der Flirt zum Spiel mit gezinkten Karten gemacht wird

Selbst der Flirt, dieses wundervolle Spiel mit den Möglichkeiten, ist für viele gar kein Spiel, sondern eine Methode der Kriegführung. Es gibt einige Hundert Bücher im Internet, die nichts weiter beinhalten, als dies: wie man eine Frau „flachlegt“. Der Inhalt: die Methoden, Frauen schrittweise „aufzuweichen“, fifty-fifty mit Worten und Drinks. Man könnte sagen, dies sei ein Spiel mit gezinkten Karten, denn üblicherweise sind beim Flirt die Regeln ganz anders – im Spiel mit den Möglichkeiten spielen beiden ihre Karten, um den anderen zu reizen - und am Ende kann die Dame immer noch hochrot sagen „ich passe“.

Blind Dates sind wie Wundertüten - es ist alles drin

Die typische Situation, in der heutzutage die gegensätzlichen Weltanschauungen über das Spiel mit der Liebe aufeinanderprallen, sind Blind Dates. Sie werden aus so viel Gründen gesucht, wie es Möglichkeiten der Begegnung gibt. Jedes Blind Date ist eine Wundertüte, in der sozusagen „alles drin“ ist: ein kleiner Traualtar ebenso wie ein winziges Lotterbett. Doch nicht jeder weiß das, und viele wollen es auch gar nicht wissen.

Da wären sie wieder, die Unterschiede: eine sehr natürliche Einstellung zum Blind Date wäre:

Oh, da ist eine Begegnung, die ich möglichst genießen will – und mal sehen, was dann daraus wird.


Diese Einstellung ist leider selten. Viel häufiger findet man die Einstellung:

Da ist eine Verabredung, auf der ich vielleicht meinen zukünftigen Partner finde – ich muss darauf achten, was ich sage und wie ich mich gebe.


Eine etwas anrüchige Einstellung, die aber ebenfalls häufig ist, zuletzt:

Meine Erfahrung sagt mir: Die meisten kommen sowieso nicht für eine Beziehung infrage. Sollte sie/er mir gefallen, verbringe ich aber gerne eine lustvolle Nacht mit ihr/ihm.


Die Lust an der Lust beim Blind Date - keine Männerdomäne

Wer glaubt, dass dies eine „typische Männermeinung“ wäre, der irrt. Er sollte sich anhören, was eine Frau sinngemäß meinte:

Wenn ich schon zum Friseur und zur Kosmetikerin gehe, stundenlang vor dem Kleiderschrank ausprobierte, was ich zum Date tragen werden, dann will ich wenigstens, dass er mich am Ende fragt, ob ich noch mit zu ihm komme.


Eine andere sagte:

Wenn ich mir schon mal freinehmen kann für ein Date, dann will ich nicht doch nicht nur reden, sondern auch zur Sache kommen.


Dazu noch eine Dritte, deren Meinung ich persönlich sehr erhellend fand:

Wenn ich ein Date verabrede, weiß ich doch nicht, wie meine Stimmung an dem Tag ist, an dem es stattfindet. Manchmal bin ich halt bereit und manchmal nicht. Jeder Tag ist anders, und jeder Mann sowieso.


Die Liebe ist ein seltsames Spiel – und niemand weiß, wie das Spiel einer Begegnung ausgeht. Wer mit dem „inneren Rechenstift“ zum Blind Date geht, und „Übereinstimmungen“ abzählt, nimmt sich selbst die Freude am Date. Der „ungewisse Ausgang“ eines Blind Dates ist die eigentliche Attraktion.

Ein kleiner Hinweis noch: Im Spiel der Liebe werden die intimen Karten erst nach und nach aufgeblättert. Sie gleich auf den Tisch zu legen, ist ein grober Stilbruch. Insofern zählt auch das Argument vieler Damen nicht, die sagen: „Hätte er gleich gesagt, dass er nur eine Frau für eine Nacht sucht, wäre ich gar nicht erst gekommen“.

Nein, er hätte es nicht gesagt, aber eine Frau, die mit der festen Absicht zum Date kommt, heute ein wenig Liebesglück in Kompaktform zu genießen, würde es auch nicht sagen. Das Spiel der Liebe hat einen ungewissen Ausgang – und das ist es auch gut so, weil wir auf diese Weise viel mehr Freude daran haben können.

Die Macht der Liebe, die Lust und die Moralisten

Mutter Natur hat den Menschen eigentlich keine Sonderrolle zukommen lassen: Sie müssen essen, trinken und sich fortpflanzen. Seit sie ihr Fell verloren haben, müssen sie sich auch kleiden - und seit sie sesshaft geworden sind, darüber hinaus an einem festen Ort wohnen. Die arbeitsteilige Gesellschaft verlangt zudem, dass wir arbeiten, jeder auf seien Weise, zum eigenen Wohl und zum Wohl der Gemeinschaft.

Wir nennen dies alles „Kultur“. Wir wohnen an einem festen Ort, arbeiten in dessen Nähe, essen und trinkend dort und pflanzen uns dort auch fort. Die Kultur hat uns dafür Regeln auferlegt – höchst seltsame Regeln. Teilweise ergeben sie sich aus unsrem Wunsch nach Intimität: Sex gibt es hinter dem nächstgelegenen Busch, in der Scheuen oder im Haus. Die Obrigkeit erlässt Regeln: Nicht jeder darf mit jedem alles tun, selbst wenn es in beiderseitigem Einvernehmen geschieht und der Fortpflanzung dient – und natürlich schon gar nicht, wenn es nicht der Fortpflanzung dient. Die reine Lust wird von den Katholiken als „Wollust“ bezeichnet und als Todsünde gebrandmarkt – und nicht wenige von ihnen glauben, das Höllenfeuer würde diejenigen treffen, die ihr dennoch nachgeben.

Alles, was wir Kultur nennen, ist das Machwerk von Menschen. Sie bauen sich Kulturen auf, verfestigen sie und reißen sie auch wieder ein. Mal werden Menschen, die sich nicht an die sexuelle Moralkultur halten, auf Scheiterhaufen verbrannt, mal ins Zuchthaus gesteckt, mal in Ruhe gelassen und ab und an sogar verehrt.

All dies ändert jedoch gar nichts daran, dass Mutter Natur versucht, ihre älteren Rechte durchzusetzen, und zwar mit aller Macht, die ihr zur Verfügung steht. Sie kümmert sich einen verdammten Dreck um das, was uns die Kultur einflüstert. Beim Ansehen von Theaterstücken freuen sich die meisten Menschen, wenn die Liebe am Ende über die Moralhüter siegt und sie weinen, wenn sie tragisch endet und die Moralisten siegen.

Die meisten Menschen stehen auf der Seite der Liebenden. Wer Geist, Seele und Körper mit einem anderen Menschen in beiderseitiger Lust vereint, der sollte gesegnet und gepriesen werden. Wer hingegen verhindern will, dass Menschen ihre Liebe zueinander genießen können, der sollte sich schämen. Auch wer nicht so naturbezogen denkt wie ich, bekommt Rückhalt von einer Autorität, die immer noch vielen Menschen als höchste Autorität gilt: der Schöpfergott. Er hinterließ keine Moralvorschriften, sondern ein klares Wort: „Seid fruchtbar und mehret euch“. Er hat nicht gesagt, wie, wann und wo dies geschehen soll oder dass wir keine Wollust dabei empfinden dürfen.

Die Triebfeder „Liebe“ geht oft seltsame Wege – aber das ist noch kein Grund, die Menschen zu verdammen, die sich ihr gelegentlich unterwerfen. Die Liebe ist keine Gefahr, sondern ein Lebensstrom, der sich seine Bahn sucht und der dabei auch gelegentlich zu einem reißerischen Fluss wird. Nur, wer dabei die Rechte der anderen missachtet, nur, wer sich anderer bemächtigt, verdient, „schuldig“ gesprochen zu werden – nicht erst „im Sinne der Anklage“, sondern sogar bereits im Sinne der Menschlichkeit.

„Wer von euch ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein“, sagte einst der bekannte Rebell gegen falsche Zungenschläge, auf dem die Christenreligion beruht. Gegenwärtig sehe ich schuldlose Steinwerfer in großer Anzahl, und es ist merkwürdig, dass der größte Teil von ihnen im Dienste der konservativen deutschen Presse steht.

Nein – Wollust ist nicht Liebe. Aber die urplötzliche Lust kann jede Frau und jeden Mann treffen, und nicht immer gibt es einen liebenden Mitmenschen, der sie stillen möchte, und dann übernimmt eben auch einmal eine andere Person diese Aufgabe, und wenn sich niemand sonst findet, dann wird auch dafür bezahlt. Natürlich wissen das die Presseleute – viele von ihnen sind selber einsam und ruhelos. Doch es ist eben bequemer, moralinsäuretriefend über die „Orgien mit Huren“, vermeintlichen „Machtmissbrauch“ und „Seitensprünge“ zu schreiben, statt sich einzugestehen, dass man selbst eben auch nur ein Mensch ist - und nicht unfehlbar.
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Die Droge Liebe, die Lust und das Leben

der droge liebe verfallen?


Liebende wollen vor allem eines: Tief in ihre Liebe eintauchen, so tief, dass sie viele andere Lebensäußerungen zurückstellen. Man lächelt Symbole an, die man früher nicht einmal für Symbole hielt, man hört kitschige Schlager, die man früher verachtet hätte, und spürt sinnliche Gedanken, die man ansonsten verlacht hätte. Für den Liebsten oder die Liebste tut man Dinge, die höchst absonderlich sind, manchmal aus eigenem Gutheißen, manchmal nur ihr/ihm zuliebe, und gelegentlich auch gegen die innere Überzeugung.

Liebe ist, wir wissen es, wie eine Droge. Die Natur hat sich da wirklich etwas einfallen lassen. Doch die Droge, die ursprünglich nur dazu gedacht war, für einen kurzen Moment „kirre“ zu werden, wirkt bei uns Menschen offenbar nachhaltig: Sie verändert unsere Einstellung uns selbst gegenüber, und das soll sie auch – die Aussicht auf dauerhafte Zweisamkeit erfordert eine radikale Änderung des bisher gewohnten Lebens.

Auch die Menschheitsdroge "Liebe" hält nicht ewig vor

Der Nachteil der Menschheitsdroge „Liebe“: Auch sie wirkt nicht ewig nach. Das Bewusstsein meldet sich nach und nach wieder, zuerst dann, wenn es Konflikte zwischen der eigenen Lebensplanung und dem Leben zu zweit gibt, beispielsweise bei der Entscheidung, wo man leben will oder ob man „Zusammenziehen“ will. Es gab Zeiten, da waren die Dinge einfacher: Unsere Großmüttern waren der unverbrüchlichen Überzeugung, dass „Die Frau da ist, wo der Mann ist“ – bare unsere Großmütter waren auch noch seltener berufstätig und nicht so erfolgreich im Beruf, wie es die heutigen Frauen sind. Welche Entscheidungen auch immer anstehen: Der Alltag schmirgelt an der Liebe, und plötzlich herrschen nicht mehr „Liebe, Lust und Leidenschaft“, sondern die Frage wird gestellt: „Was ist mir mehr wert – die Liebe zu meinem Partner oder meine persönliche Entwicklung?

Die Liebe offen halten: Kein Alltag, bitte!

Manche Paare halten sich diese Frage jahrelang offen: In Wochenend- und Freizeitbeziehungen freuen sie sich auf ihre Liebe, wann immer sie ermöglichen können, einander zu treffen. Diesen Luxus leisten sich vor allem paare in den mittleren Jahren, und die Sache hat wirklich Charme: Wer keinen Alltag hat, kann die Liebe zumeist in vollen Zügen genießen, weil er nicht mit den Problemen des Alltags konfrontiert wird – zumeist jedenfalls nicht.

Das Alter: die neu Hinwendung zur Liebe

Das beginnende Alter bringt manchen Paaren die Wende: Nun will man doch Verlässlichkeit, Nähe, Zweisamkeit, wie einst in der Jugend – wenngleich aus anderen Gründen. Der sinnliche Genuss der Liebe, der oft erst in den späten Jahren wirklich zum Tragen kommt, ist ein Motiv, die Furcht davor, im Alter allein zu sein, ein anderes.

Nette Spielereien, unerkannte Seitensprünge - und die Liebe?

Die Sinnlichkeit bleibt nicht, wie sie ist – die vielen Experimente, die Liebe wieder „anzuheizen“, sei es mit Psychotricks, frivolen Dessous, Seitensprüngen oder Rollenspiele, sind Episoden, die eigentlich nicht weiter erwähnenswert wären. In der Liebe spielen wir miteinander, und aus dem Spiel gewinnen wir Freude. Kein Mensch darf uns da in etwas hineinreden. Der an sich kritische „Seitensprung“ wird viel zu ernst genommen – Millionen Ehen existieren weiter in Freude und Zuversicht, weil keiner den Seitensprung des anderen wahrgenommen hat.

Der Wandel der Liebe in sinnreiche Partnerschaften

Wenn man älter wird, hat sich allerdings etwas Sinnreiches getan: Die Liebe hat sich gewandelt in eine dauerhafte Beziehung zu zweit, ins „Vertraut sein“ miteinander. „Partnerschaft“ ist dann nicht nur ein Wort, sondern bekommt eine Bedeutung. Man lacht miteinander und lächelt übereinander. Zukunftsentscheidungen werden leichter genommen: Die Zukunft wird einfach „übersichtlicher“.

Sex ist nicht gleich Liebe, aber Liebe beinhaltet Sex


Liebe ist nicht gleichbedeutend mit „Sex“. Die Liebe sollte sexuelle Anziehung beinhalten, und Sex ist eine der wichtigsten Triebkräfte unseres Lebens, vor allem in den mittleren Jahren, wenn sich die Menschen ihrer Lust voll bewusst sind. Aber Sex kann auch ohne Liebe geschenkt werden, so, wie es viele Menschen im Norden Europas sehen: „Ja, Sex ist sehr gut, nicht wahr? Aber Liebe ist doch etwas ganz anderes …“.

Alles über die Liebe heißt oft: Kein Wort über die Liebe

Was Liebe ist? Wenn ich es sicher beantworten könnte, wäre ich ein reicher und berühmter Mann. An Versuchen hat es nie gefehlt, zuletzt in so lächerlichen Buchtiteln wie „Alles über die Liebe“. Wer das Buch aufschlägt, bemerkt sofort. Es handelt von Beziehungen und Partnerschaften, aber nicht von der Liebe. Wenn es wirklich um die Liebe geht, sind wir Autoren so gut wie machtlos – die Sprache reicht nicht aus, um das zu beschreiben, was wirklich in uns vorgeht, und am Ende frage ich mich: Wer will es denn eigentlich wissen? Ein bisschen seichter Liebeskitsch wie der, den uns das Fernsehen nahezu täglich auftischt, kommt besser beim Publikum an.

Bild © 2010 by Aimanness Photography

Sexuelle Sektierer, Foren und Realität

Seit das Internet jedem Menschen ermöglicht, seine private Meinung zur Sexualität zu verkünden, zu erläutern und zu diskutieren, sind Foren aller Art eröffnet worden, um sich mit anderen über Lüste und gelüste aller Art auszutauschen – von harmlosen Teenagerseiten (kann man vom Küssen Kinder bekommen“) über den beliebt-berüchtigten Analverkehr bis hin zu der Frage, ob sich Männer für Käfighaltung eignen und wie dieser Käfig beschaffen sein muss.

Dabei wird kaum noch unterschieden, ob die Stellungnahmen real, märchenhaft oder willkürlich-provokativ sind. Vor allem in den „härteren“ Foren kann niemand mehr erkennen, in welchem Umfeld solche „Menschenexperimente“ eigentlich stattfinden und inwieweit kommerzielle Interessen verfolgt werden, denn selbstverständlich eignen sich Foren für alle Arten von offener Werbung, aber ebenso gut für versteckte Werbung.

Sexuelle Sektierer und Foren - was ist real?

In den meisten der Foren sind Sektierer unterwegs, die ihre „ultimativen Wahrheiten“ zu erheblichen sexuellen Abweichungen verkünden. Sie verlangen dann auch noch vom kritischen Berichterstatter, dass er sich intensiv mit der Abweichung beschäftigt, und sich (möglicherweise) auch noch dazu herablässt, einem Selbstversuch zu unternehmen.

Nun soll dieser Artikel niemandem die Freude an den „besonderen Lüsten“ nehmen, denn selbst extreme Formen der Liebe fallen in den Bereich der Privatheit. Machen wir uns dazu bitte klar, dass der größte Teil der masochistischen, fetischistischen oder sonstigen „abweichenden“ Gelüste im Privatbereich ausgelebt wird, wo er hingehört. Halten wir uns ferner vor Augen, dass ein anderer Teil von professionell arbeitenden Damen und Herren abgedeckt wird, die fast alle Vergnügungen der besonderen Art erfüllen – was bleibt dann noch für den Rest, die auffälligen Schwätzer? Was sie uns sagen wollen, klingt immer so, als würden Missionare sprechen oder als sei man Gast in einer Sekte: „Schwester Adele, komm du hervor und Berichte von deiner wunderbaren Wandlung zur Ehesklavin“. Tatsächlich suchen im Internet Menschen nach Eheverträgen zwischen „Herrinnen und Ehesklaven in weiblich geführten Beziehungen“, und umgekehrt auch. Offenbar glauben einige Menschen, dass es in der freien, demokratischen und den Menschenrechten verpflichteten Gesellschaft möglich ist, solche Verträge rechtswirksam abzuschließen.

Variable Realitäten und wir

Das Internet bescherte uns etwas, das ich gerne „variable Realitäten“ nenne: Neben der eigentlichen Realität des Lebens, wie wir sie selber empfinden, stehen einige Hundert “Parallelwelten“, die sich darin überbieten, „Wahrheiten“ zu verkünden, die wir nicht nachvollziehen können, auf die wir aber andererseits „neugierig“ sind. So sind Bi-Bezihungen unter den 21- bis 25-jährigen Frauen zur Mode geworden, ohne dass dahinter wirklich eine Neigung stand, und ebenso wird die „Feminisierung des Mannes“ zu einem heiß gekochten Thema, das männliche wie weibliche Neugierde auslöst, zumal es da offenbar etwas zu verdienen gibt. Jeder angebliche „Trend“ findet sofort sein Forum, zuletzt deutlich dokumentiert durch eine vermeintliche Cuckold-Kultur mit eigener Sprachregelung. Auch dabei steht der Kommerz im Vordergrund, denn Cuckold-Storys und Cuckold-Videos stehen gerade hoch im Kurs – warum, ist nicht ganz sicher, denn schließlich handelt es sich um kaum mehr als um „gehörnte Ehemänner“, die sich absichtlich in die Situation des wollüstigen Voyeurs begeben, wenn der fremde Mann sich mit der Ehefrau vergnügt.

Dabei wird oft in die tiefste Schublade des Erträglichen gegriffen: In gewissen Szenerien kommt man dem Bodensatz der Gesellschaft schon recht nahe, etwa, wenn von „Ehenutten“ die Rede ist, die sich „tabulos“ zur Verfügung halten.

Machen wir uns nichts vor: Die meisten sexuell abweichende Menschen, die sich heute in Gruppen zusammenrotten, sind sexuelle Sektierer, die ihre Botschaften in die Welt hinausschreien wollen. Es steht jedem frei, sich dort anschreien zu lassen oder nicht, und die Neugierde treibt manchen lüsternen Mann auf diese Seiten. Doch sollte man bedenken: Der größte Teil der Aussagen hat lediglich Unterhaltungswert und ist von der Realität meilenweit entfernt – schon deshalb, weil die Liebe im Mittelpunkt unseres Lebens stehen sollte und nicht der Ausdruck separierter Wollust. Die gehört in erotische Romane und Erzählungen.

Zeit der Sauberfrauen und Saubermänner

die erotik des brotröstens einer deutschen frau, gegen 1914


Das deutsche Volk hat sich schon mehrfach dazu hinreißen lassen, ein Volk der Saubermänner zu sein. Anno 1900 wusste jeder Deutsche, dass „deutscher Wein und deutsche Frauen“ kernige Qualitäten hatten, aber das alles sexuellen Ausschweifungen dieser Erde von französischen Frauen und ihrer Wollust ausgingen. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann ein gewisser Konrad Adenauer mithilfe des deutschen Katholizismus, die bürgerliche Moral des 19. Jahrhunderts wieder hochleben zu lassen. Der der "böse Feind" der Moral waren nun nicht mehr die Franzosen, mit denen sich "Old Conny" ja ausgesöhnt hatte, sondern (neben den bösen Sozialisten) vor allem die Jugend, diese „Parasiten des Jazzkellers“, die von der neuen Kultur „entstaltet“ wurden.

Am Tage wurde gegen die Huren gewettert, am Abend besuchte man sie

Bürgerliche Moral? Das hieß Doppelmoral. Am Tag wetterte man gegen die Huren, und abends besuchte man sie, am Tag wurde versucht, „Mädchen“ davor zu retten, auf die „Schiefe Bahn“ zu kommen und am Abend meldete man dem Jugendamt, wenn Männer zur unverheirateten Mutter schlichen. Schülerinnen, die bereits Geschlechtsverkehr hatten, erhielten Einträge in Klassenbücher als „sexuell verwahrlost“ und angeblich wurden sogar einige von ihnne zwangsweise auf Geschlechtskrankheiten untersucht. Hatte eine Mädchen das Pech, die während der Schulzeit schwanger wurden, wurde sie rigoros aus der Schule entfernt. Die Presse hat weggeguckt, es sei denn, sie hätte Sensationen bringen können wie den Fall der Hure Rosemarie Nitribitt – nicht ihr Mörder war der Böse, sondern sie wurde abgestempelt, weil sie angeblich einen bösen Schatten auf die bigotte Christdemokraten-Republik warf.

Was dem Spießbürger empört, wird verdammt

Es hat den Anschein, als würden die Saubermänner des Journalismus eine Renaissance erleben. Einen Vorgeschmack darauf bekam, wer die Berichterstattung der deutschen Presse im Fall von Max Mosley verfolgte. Mosley geriet in eine Falle, die ihm offenbar „interessierte Kreise“ gestellt hatten – aber er wurde von der Presse nicht als Opfer gehandelt, sondern als Täter: Sadomasochistische Spiele? Das ging der deutschen Presse zu weit, da wurden die Backen dick gemacht und sich aufs Podium der Gerechten gestellt, bis die Sensation endlich verebbte. Jetzt haut man in die Kerbe bei der angeblichen „Sex-Orgie“ mit Versicherungsvertretern, und wieder werden die dicken Journalistenbacken aufgeblasen und „in Moral gemacht“, dass es nur so staubt.

Reden Journalisten ihrer Lesern nach dem Mund?

Es ist ja immer so toll, wenn man mal wieder zeigen kann, wie edel man als Bürgerpresse ist. Die eigene Klientel scharf im Auge, wird die „Tat“ verdammt. Versicherungsvertreter und Huren? Welche empörende Tatsache, und dann auch noch bei einem Incentive – am Ende kommt das Ganze dann noch so heraus, als sei der einzige Zweck einer Drei-Tages-Reise nach Budapest gewesen, gute Verkäufer mit Hurenkontakten zu belohnen – dies aber war mit Sicherheit nicht der Fall.

Da passt dann auch noch dazu, dass man ständig die lachhafte Summe von 83.000 Euro als „hoch“ bezeichnet. Incentives kosten auch ohne Huren eine Menge Geld – und pro Nase 830 Euro ist ja nun wirklich keine Summe, über die man sich Gedanken machen müsste, sondern Peanuts.

Den Schaden haben die Teilnehmer -die Presse hat ihre Sensation

Wem hätte all dies geschadet, wenn es jetzt nicht reißerisch in die Presse gekommen wäre? Die Leidtragenden dürften die Freundinnen und Ehefrauen der Versicherungsvertreter sein, die jetzt die Treue und Moral ihrer Freude, Lebensgefährten und Ehemänner anzweifeln müssen. Von ihnen ist in der Bürgerpresse, die sich von der Sensationspresse heute kaum noch unterscheidet, nicht die Rede.

Es ist nicht sonderlich eklig, wenn Männer sich mit Huren vergnügen oder Frauen sich bezahlte Lover nehmen. Eklig ist, dies in die Öffentlichkeit zu zerren. Die Privatsphäre der Menschen bleibt ein hohes Gut, auch wenn man für lustvolle Nächte bezahlt.