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 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
Warnung! Teile dieser Texte könnten mithilfe menschlicher Intelligenz erzeugt worden sein.

Frauen ticken konservativ – nach außen

Wenn man wissen will, wie Frauen „ticken“, sollte man (Ja auch: Mann) manchmal die Philosophie der Frauenzeitschriften ansehen – und insbesondere die ihrer Leserinnen. Auffällig: Sie suchen sich stets die Art von Wahrheit heraus, die gerade passt, um nach außen hin als edel zu gelten. Zitat:

„Tausende MADONNA-Leserinnen voteten (gemeint ist: votierten) für ihre persönliche „Leading Lady“ der Herzen: Maria Shriver, von Arnold Schwarzenegger vor den Augen der Welt gedemütigt“.(Sie …) wird heute mit der Statuette als „Frau des Jahres“ geehrt.“


Wie sonst könnte dies geschehen? Die 55-jährige Journalistin, Buchautorin Ex-Schwarzenegger-Gattin hat durch ihre Trennung keinen eigenständigen Beitrag geleistet, der sie prädestiniert hätte, überhaupt einen Titel zu bekommen – und warum sie sich von Schwarzenegger trennte, weiß sie auch nur selbst. Der angebliche „Seitensprung“ wird es kaum gewesen sein, denn Ms. Shriver ist nicht mit Hausfrauenmaßstäben zu messen, die gleich ausflippen, wenn sie von Affären erfahren. Dazu passt auch der Madonna-Kitsch von der einer angeblichen „Neustrukturierung“ ihres Lebens – und apropos „vor den Augen der Welt gedemütigt“: Vor den Augen der Welt kann man einen Menschen nur mit erklärter Absicht demütigen. Da Herr Schwarzenegger kaum einen Grund gehabt hätte, seine Frau zu demütigen – wer also steckt dahinter?

Nicht nur Frauenzeitschriften-Leserinnen, auch andere Frauen haben mittlerweile ein recht seltsames Verhältnis zum Seitensprung, das man ungefähr so darstellen kann: Wenn Frauen fremdgehen, dann ist es eben passiert – wenn Männer fremdgehen, ist es eine Tragödie. Frauen „ticken“ konservativ, solange sie sich öffentlich äußern müssen und solange es in ihr Konzept passt – und lassen im Hinterkopf keine Möglichkeit aus, anders zu handeln. Ach, Männer handeln ähnlich? Ich habe das nicht in Abrede gestellt.

Soll ich nun darüber lachen oder weinen? Beides wäre zu viel. Besser, wir denken einmal über die Ernsthaftigkeit und Glaubwürdigkeit von Presseberichten nach.

Lob des Andersseins



Nahezu 100 Prozent der Ratschläge, die Partnersuchende bekommen, kann man in einem Satz zusammenfassen: „Sei eine Persönlichkeit, aber fall damit nicht auf“. Das klingt wie der unredliche Rat der Mütter, die an ihre Töchter Doppelbindungen aussenden: „Werde endlich selbstständig, Kind, aber wehe, du machst es auf deine Art.“

Ja bitte schön: Wollen wir denn so sein? Wollen wir alle unsere kleinen Egos da draußen wie die Hundchen spazieren führen, und dennoch sagen: Oh, wir sind eigentlich ganz normal? 96,5 Prozent Hetero, die letzten Bi-Erfahrungen mit 21? 91,3 Prozent stinknormale Ansichten, alle mit Bügelfalte? 87,5 Prozent knochenehrlich, nun ja, bis auf vier extra Kilos. 97.4 Pozent absolut nur mit „anständigen Frauen“ verkehrt, das eine Mal war man mit seinen Kumpels wegen einer Mutprobe im Bordell, das zählt nicht? Ach, Sie wollten nie Rundfunksprecherin, Schlagersängerin, Pfarrerin oder Bikini-Model werden? Nur Ihre Bankkarriere zählte?

Warum haben Sie eigentlich so viel Angst davor, anders zu sein? Warum fürchten Sie sich davor, ihre eigenes Selbst mit all seinen Facetten zu loben? Warum sagen Sie nicht: „Eine selbstbewusste Hure ist mir als Gesprächspartner lieber als eine verdruckste Soziologin?“ Warum meiden Sie überhaupt jeden Menschen, dessen Ansichten vielfältige Deutungen zulassen? Warum fürchten Sie das Anderssein anderer, und warum leben Sie Ihr eigenes Anderssein nicht aus? Aus Bequemlichkeit? Aus Angst?

Amerikanische Ratgeber sagen gelegentlich gar, wir sollten überhaupt keinerlei Persönlichkeit zeigen – nun ja, Männer ein bisschen, wenn Dollarscheine daran kleben. Aber Frauen sollten einfach nur wundervoll sein, nichts als wundervoll.

Ja, und wir? Keine Probleme, keine Politik, keine Weltanschauung. Small Talk und Aalglätte, Unverbindlichkeit und Stromlinienform. Keine Ecken, keine Kanten, keine Facetten.

Nun weiß ich, dass Sie sich fast alle nicht daran halten, und das ist auch gut so. Ein bisschen Persönlichkeit schadet nicht, die Ecken und Kanten muss der Partner sowieso mit der äußerlichen Hülle mitkaufen, und je eher er weiß, dass es nicht immer leicht mit Ihnen ist, umso besser.

Das heißt nun ganz und gar nicht, dass Sie Ihr Innerstes nach außen kehren sollen – nur wäre es schön, wenn Sie ganz gelegentlich einmal zeigen könnten, dass sie ein Mensch sind und kein Partnersuch-Roboter.

Ja, und wenn Sie wirklich anders sind, anders leben oder einfach Ansichten haben, die Herrn oder Frau Mustermann nicht passen, dann stehen Sie doch einfach dazu – und sagen Sie der Welt, dass sie einer der letzten wahren Individualisten sind, die sich einfach noch leisten könnten, das Anderssein zu leben. Ich bin mir ganz sicher – sie finden dann eher ihr Pendant, als wenn Sie sich als blutleeres Liebgesicht vermarkten.