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Warnung! Teile dieser Texte könnten mithilfe menschlicher Intelligenz erzeugt worden sein.

Partneragenturen: Alle kochen mit demselben Wasser

Die Methoden stammen aus der Mitte des 20. Jahrhunderts und basieren auf noch älteren Annahmen. Die Rede ist von sogenannten Psychotests, neuerdings auch Partnerübereinstimmungstests genannt, die bei Online-Partneragenturen verwendet werden.. Wenn man der Werbung der Unternehmen glaubt (was man besser nicht tut), dann beruhen sie auf Sigmund Freud, Carl Gustav Jung und ähnlichen Gestalten der Psychoanalyse, die niemals Partnertests im Sinn hatten. Seither hat sich die Lehre von der menschlichen Persönlichkeit mehrfach gewandelt, und gesellschaftliche Veränderungen taten ein Übriges, um die Psychologie des beginnenden 20. Jahrhunderts zu bezweifeln.

Abgesehen davon hatten Psychotests für Partner in der Wissenschaft nie einen hohen Stellenwert. Sie waren eher auf Show-Effekte ausgelegt, um Frauen- und Jugendzeitschriften die Möglichkeit zu geben, sich einen „wissenschaftlichen“ Anstrich zuzulegen.

Dennoch wirbt die Branche seit Jahren mit ihren „wissenschaftlichen“ Psychotests, und jeder, der einmal ein kleines Schräubchen daran gedreht hat, rühmt sich, den besten Test entwickelt zu haben. Tatsache bleibt: Die Grundlagen des Tests basieren auf Annahmen des frühen 20. Jahrhunderts, deren Wirkung auf Paarbeziehungen niemals auch nur annährend bewiesen wurde.

Noch vor wenigen Jahren sprach ich mit einem Unternehmer, der im Brustton der Überzeugung verkündete, sein Test würde in Zukunft dazu führen, dass Ehen stabiler würden (Ähnliches behauptet auch das US-amerikanische Unternehmen eHarmony). Ein bekanntes deutsches Unternehmen (ElitePartner) wollte zu den Bestandteilen seines Tests nicht einmal Stellung beziehen: Das sei ungefähr so, als würde man einen Parfümhersteller nach den genauen Bestandteilen seine Bestseller-Parfüms fragen, wurde ich abgewimmelt. Heute denkt man dort wieder nach, wie jüngst das Handelsblatt berichtete, allerdings in eine Richtung, die ebenfalls umstritten ist: die Festschreibung des Geruchs und die Definition eines „gewissen Etwas“ sowie „optische Merkmale“.

Wettbewerber PARSHIP muss eigentlich gar nicht nachdenken: Zwar wird offiziell und in vielen Interviews behauptet, dass man nicht sehr innovativ sein müsse, weil sich die menschliche Persönlichkeit ja nicht stark verändere, doch hinter den Kulissen wird der Test ständig neu abgestimmt. PARSHIP behauptet mit 16 Soziologen und Psychologen an der Weiterentwicklung des Tests zu arbeiten, und unter Branchenkennern gilt der Partnertest dort trotz der bekannten Mängel (einseitige Persönlichkeitsmerkmale, nicht abgesicherte Kriterien für die Passung) als der beste Test, der gegenwärtig zu haben ist. Der ursprünglich von Professor Schmale entwickelte Test (der Professor war, entgegen anderen Annahmen, kein Fachmann für die Partnersuche) gilt inzwischen als hoch entwickelt, weil er mehr als andere Tests bereits in der differenzierten Fragestellung versucht, die wahre, innere Persönlichkeit des neuen Mitglieds zu erkennen. Obgleich die 30 Kriterien, nach denen der Test abläuft, nicht unumstritten sind, hat man dadurch eine bessere Grundlage – und dies verschweigt Parship keinesfalls, sondern ist stolz auf den Erfolg. Wie der „Singlebörsen-Vergleich“ festgestellt haben will, liegt der Erfolg zu einem beträchtlichen Teil auch darin begründet, dass die eigenen Aktivitäten des vorgeschlagenen Mitglieds in die Empfehlung mit eingingen. Dies führe zu deutlich besseren Ergebnissen.

Generell und unabhängig vom Unternehmen gehen von Partnerübereinstimmungstests fünf Effekte aus:

1. Die Mühe, die Fragebogen auszufüllen, schreckt „Spaßdater“ und andere leichtfertigen Mitmenschen ab.
2. Die Vorselektion führt dazu, eine gewisse Erleichterung zu verspüren, bei Partneragenturen nicht ganze Datenbanken durchwühlen zu müssen.
3. Der Vorstellungs-Effekt führt dazu, sich vertrauter mit dem mit dem potenziellen Partner zu fühlen.
4. Der Wissenschafts-Effekt führt beim größten Teil der Mitglieder zur Annahme, dass man mit einem wissenschaftlich untermauerten Profil mehr Chancen hat.
5. Der Barnum-Effekt sorgt unter anderem dafür, dass man dem eigenen Persönlichkeitsprofil, das vom Computer aus dem Fragebogen ermittelt wurde, Glauben schenkt. Dies trifft auch bei Primitiv-Test in Zeitschriften zu.

Man sieht daran: Jeder Test, der auf halbwegs brauchbaren Grundlagen und einer sorgfältigen Selektion basiert, hat Vorteile. Nachteilig hat sich in test vor allem erweisen, wenn nicht einmal die gewünschten Grunddaten übereinstimmen. So kam es verschiedentlich vor, dass weder die gewünschte Entfernung noch das gewünschte Alter passte, und dass einem Mitglied heute eine studierte Ärztin mit eigener Praxis, und morgen eine Blumenbinderin mit Hauptschuldbildung vorschlagen wurde.