Skip to content
 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
Warnung! Teile dieser Texte könnten mithilfe menschlicher Intelligenz erzeugt worden sein.

Moralinsäure und Altenburger Bier

Das Unwort „sexistisch“ ist ja neuerdings in aller Munde – und es wird nahezu ausschließlich dazu verwendet, um angebliche Verletzungen der weiblichen Psyche zu ahnden. Das musste nun auch die Altenburger Brauerei erfahren, die für ihre neueste Kampagne doch wahrhaftig den Rücken einer Dame verwendete, die relativ textilarm und mithin kopflos auf das Meer zugeht. Daneben wurde dann das Bier zusammen mit dem Claim „das kommt gut“ präsentiert.

In der einschlägigen Pressemitteilung wird großspurig von „frauendiskriminierender Plakatwerbung“. Weiter heißt es:

Der Werberat teilte auch in diesem Fall die Kritik aus der Bevölkerung, der weibliche Torso mit fast nacktem Gesäß im Vordergrund werde lediglich als Eyecatcher benutzt und erwecke den Eindruck der sexuellen Verfügbarkeit des Models. Verstärkt werde dies durch den Claim „Das kommt gut“.


Wer wollte da sagen: Der Werberat macht sich die Sache der Konservativen, Kirchgänger, Spießer und Feministinnen zu eigen? Aber irgendwie kommt mir doch der Gedanke, dass dabei viel zu viel Moralinsäure im Spiel ist – und zu wenig Freude an der schönen Frau, die auf dem Plakat zum Meer strebt.

Wenn Sie Lust haben: Hier gibt es schicke Bilder zu sehen.



Nach 45 Jahren nur auch in England erhältlich – Das Kleien Rote Schülerbuch

Mein Exemplar, aus der achten Auflage
45 Jahre nach seinem erscheinen wird „Das Kleine Rote Schülerbuch“ nun auch britischen Leserinnen und Lesern zugänglich sein. Das von der katholischen Kirche damals schwer bekämpfte Buch fiel der Moralkampagne einer gewissen Mary Whitehouse zum Opfer. Sie glaubte wahrhaftig, es „Gott schuldig zu sein“, sich gegen die „um sich greifende obszöne Literatur“ zu wenden und bekam damit sogar vor Gericht recht.

Nun also dürfen Britinnen und Briten lesen, was sie von 45 Jahren nicht lesen duften – zum Beispiel, dass Erwachsene Papiertiger sind und dass recht viele Menschen onanieren – auch Erwachsene.

Daneben aber stellet das Buch dankenswerterweise das „System Schule“ infrage, da ständig um sich selbst kreiste und gar nicht daran dachte, die besten Anlagen der Schülerinnen und Schüler sinnvoll zu fördern. Inzwischen hat man etwas dazugelernt – aber dennoch kreist die Schule auch heute noch um sich selbst und verbreitet Lehrinhalte, die im Berufsalltag wenig nützen.

Originaltitel: Den lille røde bog for skoleelever.

Englisch: The Little Red Schoolbook

Quelle: Guardian.

Die kurze und verfälschte Geschichte der Heterosexualität

Straight oder Heterosexuell - das neue Etikett für die ganz gewöhnliche Sexualität


Im ersten Teil bin ich auf die Rolle der Frauen im 19. Jahrhundert eingegangen – und wie „Homosexualität“ plötzlich zum Thema wurde. Nun will ich Ihnen sagen, wie der Begriff aus den Tiefen der wissenschaftlichen Literatur in die Welt gebracht wurde. Und ich meine, dass er dort nichts zu suchen hat.

Wann kamen aber nun die „Heterosexuellen“ ins Spiel? Nun, sie können nur dann existieren, wenn die „Homosexuellen“ Konturen bekommen haben.

Heterosexualität - nur sinnvoll als Gegensatz zur Homosexualität in der Literatur

Erstmals hörte man von „Heterosexualen“ beim Schriftsteller Karl Maria Kertbeny im Zusammenhang mit den „Homosexualen“ (1869). Das Wort wurde allerdings zunächst so gut wie niemals verwendet, weil man diese Bezeichnung zunächst für eine Marotte der Autoren hielt. Ähnlich war es auch bei dem Juristen Karl Heinrich Ulrichs, der die nicht-homosexuellen Männer „Dioninge“ nannte (1864). Das Wort „Heterosexuell“ wollte sich einfach nicht durchsetzen – nicht in der Wissenschaft und erst recht nicht außerhalb. Im Grunde ist dies verständlich: In einer Gesellschaft, die überwiegend aus weißhäutigen Menschen besteht, werden die weißhäutigen nicht als „Weiße“, sondern als „Norm“ angesehen. Entsprechend war (und ist) es mit der Heterosexualität: Wer es ist, ist es. Heterosexualität braucht keine Bezeichnung.

Wissenschaftler meiden den Begriff, Lexika führten ihn kaum

Selbst in der Wissenschaft tat man sich schwer damit. In Deutschland wurde die Heterosexualität (Magnus Hirschfeld, vermutlich 1918) noch als Alloiophilie bezeichnet. „Heterosexualität“ galt im englischen Sprachraum als „übertriebene Begierde“ (Webster 1923). Die Begriffsänderung soll im englischsprachigen Raum durch den Sexualforscher Havelock Ellis bewirkt worden sein. Ob der Begriff 1934 schon „Mainstream“ war oder nicht, jedenfalls stand damals im Webster, Heterosexualität sei die Verfestigung der sexuellen Leidenschaft für das andere Geschlecht“. Heute gibt man sich auch dort gelassener und sagt, es sei eine „Charakterisierung der Tendenz, sexuell nach dem anderen Geschlecht zu verlangen.“ Deutschsprachige psychologische und soziologische Lexika, ja selbst die aufkommenden Lexika der Sexualität kannten den Begriff lange Zeit nicht (nachweisbar bis weit ins 20. Jahrhundert).

Bis Anfang 1970 keine Gedanken an Heterosexualität

Folgerichtig wurde das Wort „Heterosexuell“ vor den 1960er Jahren so gut wie niemals gebraucht. Möglicherweise ist seien massenhafte Verbreitung auf das gegen 1970 aufkommende Interesse an sexuellen Zusammenhängen zurückzuführen. Eine andere Vermutung besteht darin, dass sich „Heterosexuell“ überhaupt nur als Gegenteil von homosexuell durchsetzen konnte – und auch nur dort, wo die die homosexuelle (schwul-lesbische Bewegung, LGBT) Bewegung die Definitionsmacht gewann.

Was ist das Fazit zum Gebrauch von "Heterosexualität"?

„Heterosexuell“ ist ein weitgehend ungeeigneter Begriff, um sich selbst zu positionieren. Er schränkt ein, etikettiert und entwertet. Kein sogenannter „Heterosexueller“ ist in erster Linie „heterosexuell“, sondern zunächst vor allem ein Mensch mit zahllosen Eigenschaften, über die er sich definieren kann – und sollte.

Begonnen hat der Etikettierungswahn in der Sexualität ohne Zweifel, als Wissenschaftler und Autoren des späten 19. Jahrhunderts begannen, über männliche Homosexualität (Urnigtum, mannmännliche Liebe, konträre Sexualempfindung) zu schreiben. Heute ist es vor allem eine Art „Gegenbild“ zur Homosexualität, aber kein eigenständiger, für sich gültiger Begriff.

Also: Lassen wir es doch bitte bleiben, von Heterosexuellen zu reden. „Heterosexualität" ist ein flüchtiger Begriff, der nichts wirklich kennzeichnet – außer, dass er kennzeichnend für eine Zeit ist, die ohne Menschenetikettierung

Hinweis: Zu dieser Artikelserie wurden mehrere internet-typische Quellen nachgelesen. Benutzt wurde unter anderem auch das Archiv des Liebesverlags, einige historische Lexika, sowie das Buch "Straight" von Hanne Blank, Boston 2012.

Frauen, Normalität und Sexualität - das vertrackte Bürgertum in uns allen

Dies ist der erste Teil eines zweiteiligen Artikels über Frauen, Heterosexualität, Bürgertum und die Etikettierungssucht der heutigen Gesellschaftsordnung. Der wzeite teil geht dann näher auf Heterosexualität ein - und entlarvt den Begriff als absolut überflüssig.
Sinnliche Blicke - aber wer schaut hier auf wen?


Die bürgerliche Welt mit ihren Wertvorstellungen, aber auch mit ihrer Verlogenheit, wohnt in uns allen. Auch heute noch, 100 Jahre nach ihrem Zusammenbruch. Überall kann man erleben, wie Scheinkämpfe zwischen Menschen, aber auch innerhalb ein und desselben Individuums ausgefochten werden. Zwischen der (wenigstens scheinbar) unendlichen Freiheit des Individuums und dem Verharren in bürgerlichen Wert- und Moralvorstellungen klaffte eine Lücke, die wir offenbar gerne mit äußerlichen Grabenkämpfen und innerlichen Konflikten füllen.

Sinnentleerte Stellungskämpfe zwischen Frauen und Männern

Täglich sehen wir es – beispielsweise in den immer noch bestehenden Stellungskämpfen zwischen Frauen und Männern, die mit ständig neuer Munition aus der populistischen Genderforschung versorgt werden. Die Ursachen sind schwer zu begreifen, aber leicht nachzuvollziehen, denn noch vor 100 Jahren „wurden“ Frauen verheiratet – und ihre eigene Meinung dazu war wenig gefragt. Sie musste nicht verliebt sein, wenn sie heiratete, ja, es wurde nicht einmal erwartet, das sie sich in ihren Ehemann verliebte. Ein geflügeltes Wort der bürgerlichen Epoche war: „Es ist beschämend, wenn ein Mann seine Ehefrau behandelt wie seine Geliebte.“ Inzwischen, so mag man einwenden, sind drei bis fünf Generationen ins Land gegangen, die Zeiten haben sich radikal verändert und selbstverständlich lieben Frauen innig und dürfen sogar ihr Lüsternheit öffentlich zeigen.

Bürgerliche Rest-Moral in uns allen -und das Gift der Romantik

Für Sie gelesen
Das mag so sein, aber alte Zöpfe werden lange getragen. Und darüber hinaus gibt es neue Schwierigkeiten und Einschränkungen. Da wäre zunächst die Frau, die auch 2014 immer noch nicht so ganz genau weiß, wohin sie die unendliche Freiheit führen soll. Das neue Ideal der beruflichen Karriere erweist sich als schwieriger als gedacht – und darüber hinaus zerstört es das lustvolle Erproben der eigenen Möglichkeiten in der Jugend. Darüber hinaus ist da das süße, schwere Gift der Romantik, das die Kultur aus der bürgerlichen Epoche „hinübergerettet“ hat.

Erinnern wir uns doch bitte kurz: Die Liebesromantik wurde erfunden, weil die Bürgertochter des 19. Jahrhunderts keine Chance auf Liebe hatte. Sie nutzte diese Droge, um sich wenigstens vorstellen zu können, wie chic eine „echte“ Liebe wäre. Und heute? Die „echte Liebe“ ist härter zu erreichen als gedacht, und die Frauen unserer Tage flüchten sich in Verliebtheit, heiße Affären und eben auch erneut in romantische träume.

Männer sind ebenso zwiegespalten: Ihnen ist die „Allmacht“ abhandengekommen, und sie werden dennoch als machtgierig angesehen. Sie sollen einen „neuen Mann“ verkörpern, aber zugleich bitte noch Gentlemen alter Schule sein und auf Wunsch der Frauen immer noch wissen, „wo es lang geht“.

Der Bildungsbürger - gierig nach Wissen, aber ohne Weisheit

Dem Bürger, der das Leben liebte und passioniert seinen Geschäften nachging, bekam bald ein Pendant zur Seite gestellt: den Bildungsbürger. Für ihn wurden gegen Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts all jene Bücher geschrieben in denen „Gelehrte“ erläutern, was die Welt bewegt.

Ein Teil von ihnen befasste sich – nummeriert und nur für reife Menschen - mit der Sexualität. Ein noch kleinerer Teil mit der „konträren Sexualempfindung“, das die Autoren der damaligen Zeit als besonders delikat ansahen. Denn was konnte jemand anders sein als „normal“? (Wörtliches Zitat, 1)

Ist die sexuelle Entwicklung eine normale … so gestaltet sich ein bestimmter, dem Geschlecht entsprechender Charakter.


Man war damals der unverbrüchlichen Überzeugung, der Charakter selbst sei „geschlechtsspezifisch“, und ein normaler Charakter würde bei Frauen und Männern erheblich voneinander abweichen. Interessant dabei ist, wie sehr sich der zitierte Autor darauf konzentriert, „psychosexuale Hermaphroditen“ zu beschreiben, also Menschen, die sich zwar nicht willentlich, aber durch die Umstände ihrer Lebensweise für das gleiche Geschlecht entschieden haben.

„Homosexuale“ oder „Urninge“, also Menschen, die definitiv und ausschließlich Männer liebten, waren dem Psychiater hingegen rätselhaft – und blieben es auch.

Versäumen Sie nicht den zweiten Teil, der Ihnen die Augen über "Heterosexualität" öffnen könnte.

(1) Richard von Krafft-Ebing. Psychiater. "Psychopathia Sexualis".
Hinweis: Zu dieser Artikelserie wurden mehrere internet-typische Quellen nachgelesen. Benutzt wurde unter anderem auch das Archiv des Liebesverlags, einige historische Lexika, sowie das Buch "Straight" von Hanne Blank, Boston 2012. Bild: Nach einem alten Warenhauskatalog