Der angeblich nicht existierende viktorianische Vibrator
Werbung ca.1910 - Vibration für die Wange?
Und wieder - gegen 1905 - der Schmerz an der Wange, leuchtende Augen ...
Nachdem Dr. Granville angefeindet wurde, erklärt er, er habe «persönlich jede „Perkussionsbehandlung“ weiblicher Patienten unterlassen.»
Was nicht heißt, dass er nicht genau gewusst habe, wozu er das Gerät erfand – und bestimmte nicht „gegen Rückenschmerzen“ oder „Muskelschmerzen“ bei Männern.
Die Wange und der Rücken als Alibi (1940er oder 1950er Jahre)
So weit Ms. Riddell – es kann ja nicht sein, was nicht sein darf. Allerdings verkennt sie einerseits den Ideenreichtum der Elektrobranche, die bald allüberall „Massageapparate“ anpries – merkwürdigerweise überwiegend in den von Frauen gelesenen Gazetten zur Unterhaltung.
Und sie verkennt ebenso die Doppelbedeutung der damaligen Werbung, die sich ganz bewusst nebenbei auch an Männer wandte, um den eigentlichen Zweck der Massagestäbe, die später dazukamen, zu vertuschen. Nur merkwürdig, dass die Damen die Vibratoren immer auffällig an ihre Wange heilten – also dort, wo normalerweise wenig Schmerz von der Alltagspein zu erwarten war.
Selbstverständlich kann das ausgehende 19. Jahrhundert nicht übergangslos mit dem beginnenden 20. Jahrhundert verglichen werden. Und selbstverständlich gab es weiterhin für die feien Damenwelt Dildos aus Holz, Leder, Gummi und sogar Elfenbein. Doch welche Frau, die es sich leisten konnte, hätte nicht gerne einmal einen dieser wundervollen Instrumente ausprobiert, die den Orgasmus ohne eigens zutun, nur durch Hingabe an die Vibration, auslösen konnte?
Die Bilder zeigen überdeutlich, wie in den 1910er Jahren und später damit geworben wurde, dass diese weiblichen Masturbatoren für den „ganzen Körper geeignet“ waren – und selbst dann noch, als sie gegen die 1950er Jahre längst Penisform hatten.
Fragt sich, warum der Artikel dieser Tage im „Guardian“ erschien. Will man uns beweisen, dass Frauen immer so rein wie Schneewittchen waren und sind? Oder kann die historische Wahrheit nach Belieben ausgeklammert werden, wenn Frauen über weibliche Begierde schreiben?