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 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
Warnung! Teile dieser Texte könnten mithilfe menschlicher Intelligenz erzeugt worden sein.

Die Sexualkunde-Lehrerin und die Freiheit

Was sollte eine Sexualkunde-Lehrerin in der heutigen Zeit tun? Wahrscheinlich würden Sie sagen: Sie sollte die Schüler/innen da abholen, wo sie stehen, und versuchen, das Beste aus dem zu machen, was sie vorfindet. Sehen Sie, und genau das würde ich auch erwarten.

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Nun ist die Autorin Thérèse Hargot aber einen anderen Weg gegangen: Ihr missfiel, was sie vorfand, und sie klagt nun die gegenwärtige Gesellschaftsordnung an (1) – und weil das noch nicht reicht, gleich mal die gesamte zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts. Von dem versteht sie so gut wie gar nichts, was nicht verwundert. Sie war zu jenen Zeiten, in denen sie die Ursachen identifiziert haben will, noch gar nicht geboren und auch gegen Ende des Jahrhunderts noch viel zu jung, um das vergangene Jahrhundert zu begreifen.

Damals Muchow, heute Hargot?
Natürlich hätte sie sich die Mühe machen können, das vergangene Jahrhundert einer kulturellen Analyse zu unterziehen – mindestens einer, die nach dem Zweiten Weltkrieg beginnt und die Entwicklung kontinuierlich nachzeichnet. Doch ihre Unkenntnis hinderte sie nicht daran, kräftig vom Leder zu ziehen und zu lamentieren.

Mich erinnern die Aussagen an das unselige, damals auch sehr populäre Machwerk von Hans Heinrich Muchow, „Sexualreife und Sozialstruktur der Jugend“. Nur erschien dieses Buch 1959, also, kurz bevor die angebliche „sexuelle Revolution“ stattfand.

Wem nützen solche Bücher? Ich vermute, sie nützen in erster Linie Frau Hargots Klientel, den Unzufriedenen, den Antiliberalen oder den konservativen Katholiken. Das war zu den Zeiten von Muchow ähnlich.

Im Kern sagte Frau Hargot, dass die Sexualkultur heute viel zu liberal sei, und dass die ihr innewohnende Freiheit etwas Unerwünschtes sei.

Das kann sie natürlich denken und schreiben – aber wie wäre es, wenn sie einfach ihre Arbeit tun würde und mit den Gegebenheiten einer liberalen Kultur leben lernen würde? Denn das ist die eigentliche Kunst: Wir ändern „die Verhältnisse“ nicht zum Positiven, indem wir die Freiheiten beschränken, sondern indem wir ihren Gebrauch lehren.

(1) In Ihrem Buch "Sexuelle Freiheit aufgedeckt", das demnächst auf Deutsch erscheint. Originaltitel: "Une jeunesse sexuellement libérée (ou presque)"