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 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
Warnung! Teile dieser Texte könnten mithilfe menschlicher Intelligenz erzeugt worden sein.

Wer will eigentlich einen Gentleman?

Das 19. Jahrhundert - der Kavalier wird umschwärmt
Die emanzipiert wirkende Dame bekam große, leuchtende Augen, als der Herr für sie die Rechnung beglich. „Ach wie wundervoll, ich bin so wichtig und wertvoll für ihn, dass er mich einlud“, mag sie gedacht haben.

Ja, liebe Männer, liebe Frauen, da draußen lungert ein kleines, bedürftiges Mädchen in jenen Frauen – anno 2021. Es möchte am liebsten eingeladen werden, und wenn möglich möge man ihm bitte auch noch ein paar andere Wünsche erfüllen. Träumen geht immer, und ausprobieren kann man es ja mal …

Der Gentleman hieß früher mal "Spendierhose"

Früher sagte man nicht „Gentleman“. Da suchten sich die Damen „Spendierhosen“ (vornehm als "Kavaliere" bezeichnet). Es handelte sich um die seltenen Exemplare der Männer, die sich gerne mit schönen jungen Frauen umgaben und sich das „ordentlich, was kosten“ ließen. Diese Herren gingen selbstverständlich recht gerne im Anschluss an die Einladung mit den Damen in die Daunen, aber sie bestanden nicht darauf. Ein Teil, so ihre Erfahrung, würde ohnehin neugierig sein, wie ein feiner Herr lebt – und die bliebe dann auch über Nacht. Wenn die Dame auf eine entsprechende Nachfrage abschlägig reagierte, fuhr der Herr sie nach Hause und verabschiedete sich höflich. So etwas sprach sich herum.

Das Lebensgefühl "Luxus" hatte seinen Preis

Die Rechnung ging zumeist auf, denn in jenen Zeiten verdiente Ladnerinnen, Kontoristinnen und Krankenschwestern sehr wenig Geld. Das Leben auf großem Fuße begeisterte sie. Und der Ruf? Für eine Frau jener Zeit war er ohnehin ruiniert, wenn ruchbar wurde, dass sie mehr als einen Liebhaber pro Jahr hatte. Das mag heute noch ähnlich sein, aber damals war es skandalös.

Die Hoffnung war immer, in den „besseren Kreisen“, in die man durch „zuvorkommendes Verhalten“ eingedrungen war, einen Ehemann zu finden. Ganz aussichtslos war das nicht. Zwar ahnten einige der Damen, dass solche Ehen in einer Art „Goldenem Käfig“ stattfinden würden. Doch dies nahmen sie in Kauf, wohl wissend, dass jede Käfigtür sich öffnen ließ, wenn sie nur diskret genug dabei waren.

Die Dame des 21. Jahrhunderts will wieder Kavaliere

Nun also will die Dame wieder „einen Gentleman“, der ihrem Ego auf die Sprünge hilft. Am besten ein paar dieser Gentlemen in Serie. Verführerisch aufgemacht, konservativ im Herzen, kühl kalkulierend im Hirn. Manche denken: Ach, ich hätte so gerne einen Herrn von der Stange, zum Aussuchen. Mal gucken, ob mir die Größe passt, die Haarfarbe, der Familiensinn …

Und natürlich muss er ein Gentleman sein. Oder vielleicht doch nicht? Ach, er war zwar ein Gentleman, aber der „Funke ist leider nicht übergesprungen“.

Gut, akzeptiert. Ich erinnere mich vage an einen Liedtext, den Marlene Dietrich früher (viel, viel früher) einmal gesungen hat (1):

Kein Gentleman? Auch nicht völlig abwegig ...

Ich möchte einmal einen Mann erleben,
der nicht von Liebe spricht;
der einfach sagt: So bin ich eben.
Ich will Dich haben und mehr nicht.
- Und das mir mitten ins Gesicht.


Möglich, dass ein Gentleman nicht gerade diese Sichtweise einer Frau hat. Nun könnt ihr sagen: Der Text stammt sicher von einem Mann. Aber der verborgene Gedanke dahinter lässt doch etwas Licht auf die Frage fallen: Wollen die Damen eigentlich wirklich einen „Gentleman“?

(1) Lied: Wo ist der Mann? Geschrieben wurde der Text von Max Kolpe, die Musik stammt von Peter Kreuder. Erscheinen auf Polydor/France, 1933.