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 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
Warnung! Teile dieser Texte könnten mithilfe menschlicher Intelligenz erzeugt worden sein.

Das Kennenlernen auf dem Lande

Bauerntanz - aus einem Kunstband. Das Originalgemälde von Rubens ist farbig
Über das Leben des Adels und der Bürger aus historischer Sicht gibt es zahllose Abhandlungen. Das Leben auf dem Lande, sei es das der Großbauern, der kleinen Landwirte oder des Gesindes, ist hingegen so gut wie unbekannt.

Wir lernen zwar, wo ein Bauernpaar am Tisch sitzt, ja, sogar die Rangordnung der Bediensteten, aber wir erfahren nichts darüber, wie sie einander „inoffiziell kennenlernten“ (1).

Man aß im Herdraum an einem langen Tisch ... wobei Bauer und Bäuerin quer vor dem Tisch saßen und die Männer auf einer wandfesten Bank unter dem Fenster, die Frauen gegenüber auf einer auf einer oft lehnenlosen Bank vor dem Tisch ...

Das Hoffen und Sehnen der Bauernmädchen

Das Volk hingegen wusste, dass es immer eine Anzahl von „Bauernmädchen“ gab, die nicht gut unter die Haube zu bringen waren. Die Frage, „wer mich wohl heiraten wird“ war deshalb so interessant, weil die Anzahl wohlhabender Hoferben durchaus begrenzt war.

Dazu ein Brauch aus Altbayern, der dies illustriert (2):

Wenn sich in der Thomasnacht eine ledige Frau vor ihrem Bett ganz nackt auf einen Schemel stelle und spreche, „Betschemel i tritt di, heiliger Thomas i bitt di, lass mi sehn den Herzallerliebsten mein, in dieser heiligen Nacht!“, dann sehe sie in dieser Nacht im Traum ihren künftigen Ehemann.

Auch wer noch das Liedergut des 20. Jahrhundert kennt, wird dieses Kinderlied kennen, das auf jedem Schulhof von den Mädchen zu einem Spiel gesungen wurde (3):

Vierundzwanzig Bauernmädchen ist die Stube voll - muss ich erst den Vater fragen, wen ich nehmen soll.

Aggressive Werbung um Männer

Auch in einem niederdeutschen Lied wird klar, dass Töchter sich bemühen mussten, um einen Mann „abzukriegen“, wie man damals sagte. Die Mutter weist eine ihrer Töchter an, den Raum zu heizen und zu reinigen, da man drei Junggesellen erwarte. Und offenbar soll dies dazu führen, dass mindestens eine der Töchter endlich verheiratet werden soll. Ziel ist vorläufig der Tanz (3):

Un künnt se nich danzen, so wüllt wi se lehrn; Wi wüllt se de Tüffeln mit Bodder umkehrn."

(Und können sie nicht tanzen, so bringen wir ihnen das bei. Wir werden ihnen die Pantinen mit Butter einschmieren.)

Als die Bauernjugend in die Stadt strömte

Jüngst las ich davon, dass es in stadtfernen Gegenden Österreichs im 20. Jahrhundert durchaus noch üblich war, dass die jungen Frauen ziemlich unverblümt an die Kerle heranmachten. Und sie mussten sich beeilen, weil es zu wenig Männer gab, die auf dem Land blieben. Und in der Stadt? Da war es offenbar üblich, dass die Männer um die jungen Frauen buhlten.

Dieser Text ist wenig belegt (4) - aber ich denke, es ist auch sehr schwer, die tatsächlichen Umstände der Partnersuche auf dem Dorf oder in der Kleinstadt im frühen 20. Jahrhundert herauszufinden. Die meisten Betrachtungen beziehen sich auf die Großstadt, für die die Formel galt: Frauen, die alleine in die Großstadt ziehen, sind sehr gefährdet. Deshalb baute man beispielsweise in Stuttgart seitens der Kirchengemeinden zu ihrem Schutz sogenannte „Mädchenwohnheime“.

Heute geht man nicht mehr davon aus, dass die als „Landeier“ bezeichneten Frauen wirklich gefährdet sind. Aber die Idee der städtischen Gesellschaft, dass der Mann ruhelos und heftig nach der Frau (oder auch beliebigen Frauen) sucht, hat sich bis heute erhalten.
(1) "Die deutsche Familie", Frankfurt 1974
(2) Wikipedia
(3) Nach meiner Erinnerung an diese Lieder.
(4) Falls jemand bessere Quellen findet als ich darf sie/er mich gerne korrigieren.
Bild: Peter Paul Rubens, aus einem Kunstband in SW-Druck

Zucht, Züchtigung und frivoles Vergnügen

Die Unzucht im 16. Jahrhundert
„Zucht und Ordnung“ ist ein Begriff, der aus der Reformation entlehnt ist. Er bezeichnet „geordnete Verhältnisse“, die durch Erziehung (Zucht) und Einordnung erreicht werden sollten. Wir erinnern uns: Die Reformation galt als ausgesprochen lustfeindlich.

Zucht und Unzucht

Wer solchermaßen „züchtig“ war, galt als keusch und sittsam, während andere, die sich nicht an „Zucht und Ordnung“ hielten, als „unkeusch“ oder „unzüchtig“ bezeichnet wurden.

Wer nun so gar nicht brav oder keusch sein wollte, riskierte die „Züchtigung“, die auch als “harte Ausübung der Zucht“ bezeichnet wurde. Dies galt insbesondere, wenn das „Fleisch gezüchtigt“ werden musste, wie es die Ordensbrüder bisweilen taten.

Die Züchtigung als Buße, Strafe und Lust

Die Züchtigung wurde eingeteilt in die scharfe und „exemplarische“ Züchtigung, die teils öffentlich vollzogen wurde, die „gelinde Züchtigung“ und die in Gefängnissen übliche körperliche Züchtigung“.

Bei einigen Flagellanten in Klöstern stellte man schon früh fest, dass sie ein Vergnügen an der Züchtigung hatten. Dies waren die ersten Schilderungen des Lustschmerzes, der später durch den Marquis de Sade weltweit bekannt wurde. Seither trägt die aktive Flagellation den Namen de Sades. Der Österreicher Sacher-Masoch hingegen hatte das zweifelhafte Vergnügen, noch zu Lebzeiten Namengeber des „Masochismus“ zu werden.

Wer züchtigt - die Lady oder der Gentleman?

Ganz offensichtlich gab und gibt es im Vereinigten Königreich zahlreiche Adepten beider Neigung, auch weselsweise. Durch die Sozialstruktur ergab sich, dass die wohlhabenden Herren gerne von schöpferischen Damen mit der Rute behandeln ließen - diese Vergnügen war nicht gerade billig. Bald kam aber auch der aus Rattan hergestellten Rohrstock dazu, der wesentlich leichter zu handhaben war und dabei intensivere Empfindungen hinterließ. Erst später kam offensichtlich die voyeuristische Freude an Fotoromanen auf, in der junge Dame von älteren Herren gezüchtigt wurden. Dabei wurde zunächst die eigene Hand, anschließend nahezu ausschließlich der Rohrstock verwendet.

Die dritte Welle der erotischen Züchtigungen

Die Welt erotischer Romane war seit Mitte des 19. Jahrhunderts voll von Geschichten, in denen Züchtigungen die Hauptrolle oder eine sehr wesentliche Nebenrolle spielten. Dieser Boom setzte sich in den 1930er-Jahren mit ähnlichen Themen fort und reichte bis etwa in die 1990er-Jahre. Ein weiterer Höhepunkt waren die 1930er-Jahre, als „Bücher über die körperliche Züchtigung beider Geschlechter“ sehr populär waren. Eine der Anzeigen versprach „Bemerkenswerte Einsichten darüber, welche seltsame Empfindungen das Schlagen mit der Rute bei beiden Geschlechtern bewirkt.“

Was vor einigen Jahren geschah, wissen wir: Der erotische Groschenroman verließ die Schmuddelkiste und stieg in Form einer kitschigen Cinderella-Geschichte in die Bestsellerlisten auf. Klar, dass die Kopierkatzen sofort aus ihren Fenstern heraussprangen und sich an den grandiosen Erfolg der „SoG“ anzuhängen versuchten.

Doch was war eigentlich geschehen? Nicht so schrecklich viel. Die „SoG“ sind weitaus braver als ihre Vorgänger aus der viktorianischen Zeit. Der Unterschied liegt allerdings darin, dass wir nun ein modernes Märchen lesen können, das sich an einem dürftigen Plot lang hangelt - nur in diesem Fall mit ein bisschen „Aua“.

Erträumen, erdulden oder genießen?
Einladung an einen Herrn zur Zucht - Neuzeit

Das Neue war auch, dass sich Mütter zwischen 30 und 50 plötzlich für erotische Züchtigungen interessierten, wenngleich nur wenige brave Ehefrauen „Anfänger Sets“ für entsprechende Spiele bestellten. Wie viele davon noch nie (oder nur einmal) verwendet wurden, bleibt ein Geheimnis der Damen, die dergleichen bestellten.
Ein Set für Anfänger ... mit künstlicher Rose

Ja - und wie ist es heute? Wer spielt sie noch, die frivolen Spiele? Damen mit Herren? Herren mit Damen? Damen untereinander? Oder Herren? Und bleiben sie im intimen Kreis der Paare, oder werden sie „aushäusig“ zelebriert? Plötzlich ist das Summen verstummt, das einige Monate lang überall zu hören war.

Die Krux der Realität ist allgemein bekannt: Vor dem frivolen, schmerzlich-süße Vergnügen müssen einige Hürden überwunden werden. Dazu gehört nicht nur die Kommunikation mit dem Partner über die Sache mit dem „Aua“, sondern auch die Überwindung der eigenen Scham. Der/die Stolze gibt sich nicht für „so etwas“ hin. Die emanzipierte Frau sieht bereits Mauern einbrechen, wenn sie es auch nur verlangt, und die selbstbewusste Frau hadert mit ihrem Selbstwertgefühl. Der „normale“ Mann hat gelernt, dass er selbst als Mann verliert, wenn er sich schlagen lässt, und erzittert, wenn „sie“ dergleichen von ihm verlangen sollte. Der Macho würde es wohl tun, doch fehlt ihm das nötige Feingefühl - und dann wäre da noch das „Überhaupt“, der ewige Elefant, der in fast jede Beziehung hinein trompetet: „Was wird aus euch werden, falls ihr es tut?“

Soweit die Abendgedanken des alternden Kulturkritikers.

Und ihr? Habt ihr kürzlich darüber nachgedacht? Kostet ihr die neuen Wonnen aus? Oder ist alles an euch vorbeigegangen?