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 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
Warnung! Teile dieser Texte könnten mithilfe menschlicher Intelligenz erzeugt worden sein.

Bist du sein (oder ihr) Wintermantel?

Besser zeitig ein kuscheliges Plätzchen suchen - ein Mantel allein reicht nicht
Mann oh Mann, da hat die geschwätzige Frauen- und Boulevardpresse mal wieder zugeschlagen. Diesmal, pünktlich zu Halloween, ist es das „Wintermantel“, im Original „Winter Coating“. Allgemein laufen die diesbezüglichen Artikel unter den ständig missbrauchten Oberbegriffen „toxisches Datingverhalten“ oder als „Datingtrend“. Und klar wird mal wieder: Die Männer sind die Buhmänner – auch dann, wenn beispielsweise die deutsche Zeitschrift „Brigitte“ einen Genderdoppelpunkt setzt:

Zudem fanden Dating-Expert:innen heraus, dass Singles dazu tendieren, alte Flammen für den Winter aufzuwärmen.

Alte Flammen aufwärmen“ klingt nicht gerade nach einem gepflegten Deutsch, also machen wir uns auf die Reise ins Vereinigte Königreich und suchen den Wurzeln. Und siehe, dort treffen wir auf den Initiator der Artikel, die sich alle verdächtig ähnlich lesen. Es ist eine App mit dem tollen Namen „Der Innere Kreis“, im Original „The Inner Circle“. Sie wirbt damit, dass die Mitglieder besonders sorgfältig ausgewählt würden.

Der Dating-Trend "Wintermantel auskramen" ist eine PR-Masche

Die müssen eine wirklich gute PR-Abteilung haben, denn die Artikel mussten nur leicht umgeschrieben werden, um bei den üblichen Verdächtigen zu landen. Und so landen sie dann auch bei den Leserinnen bei den ewig gleichen, stereotypen Behauptungen und Vermutungen. Manchmal werden ein paar austauschbare Standardsätze benutzt, und mal wird noch „eins draufgelegt“, etwa in diesem denkwürdigen Satz:

„Das Wintermantelphänomen bringt das Verhalten der toxischen Winterbindungen auf ein neues Niveau - und wenn du nicht zu 100 Prozent mit der anderen Person einig bist, dann muss es aufhören.“

Die bösen Jungs erinnern sich demnach so „ab Halloween“ wieder mal an ihre „Verflossenen“ und versuchen, sie winterfest einzubinden. Für das Ausgehen, für das Kuscheln - und natürlich für viele feuchte Zusammenkünfte aufeinander und ineinander.

Wie aus einem Winter-Phänomen ein angeblicher Dating-Trend wurde

Nachdem nahezu alle Redakteure und Redakteurinnen auf denselben Trick hereingefallen sind, reden wir mal von dem „angeblichen Dating-Trend“.

Demnach holt sich eine Person zum problemlosen Kuscheln, den schon lange eingemotteten Wiuntermantel wieder hervor, also eine „Ex“ oder einen „Ex“. Die geschieht (laut den Pressedamen) zu dem Zweck, ihn oder sie bis höchstens Februar/März zu behalten und dann wieder irgendwie an den freien Markt zu entsorgen. In fast allen Presseorganen wird geschickt suggeriert, dass es nicht die Frau ist, die einen „Wintermantel“ sucht, sondern der Mann, der sich an eine verflossene „Wintermäntelin“ erinnert. Frauenzeitschriften wenden sich schließlich höchst selten an eine männliche Leserschaft.

Die Wahrheit - kein Datingtrend, kein toxisches Männerverhalten

Neugierig geworden, haben wir uns mal umgehört, ob das „Phänomen“ auch noch anderweitig bekannt ist.

Wir mussten nicht weit gucken – aber doch eine Zeitreise von dreizehn Jahren unternehmen. Denn damals schon wusste das fantastische „Urban Dictionary“, worum es geht:

Die Wintermantel-Theorie sieht vor, dass (diese Frauen) in der Herbstsaison … einen Begleiter oder Freund für die bevorstehenden Feiertagsereignisse auswählen. Zu den treibenden Faktoren gehört, jemanden zu haben, der an bevorstehenden Feiertagsveranstaltungen … teilnimmt … und auch … jemanden zu haben, mit dem man sich „einkuscheln“ kann. Der Begriff „Wintermantel“ ist eine Allegorie, die die in diesen kälteren Jahreszeiten gewonnene Wärme hervorheben soll.

Interessant ist der Rest der Erläuterung:

Auch wenn der verkürzte Balzzyklus schon frühe Anzeichen einer Inkompatibilität zeigen kann, wird die Frau dazu neigen, bis zum Ende des „letzten“ großen Feiertagsereignisses … in der Beziehung zu bleiben. Zu diesem Zeitpunkt endet der Zyklus während der Frühlingssaison.

Logik, Ökonomie und was vom "Trend" übrigbleibt

Das Phänomen war also einmal weiblich – und wie es scheint, wurde es nun zunächst auf „neutral“, dann aber auf „männlich“ umgestrickt.

Er wirklich einen halbwegs logischen Hintergrund sucht, sollte bedenken:

1. Es ist wesentlich leichter, im Frühling, Sommer und Frühherbst „saisonale“ Beziehungen und Affären einzugehen.
2. Junge Frauen legen sich – wie junge Männer – heute kaum noch früh fest – sie haben also zwischen fünf und zehn Jahren nach ihrem ersten Date viel Zeit, die Partner(innen) zu wechseln.
3. Die „ruhige und dunkle Zeit“ mit einem einzigen Partner ist oftmals der Beginn einer länger dauernden Beziehung, auch wenn die Frauen und Männer zuvor etwas flatterhaft waren.

Und was sagt die Liebeszeitung dazu?

Wir raten sehr dazu, den Spätherbst, die Weihnachtszeit und die kalten Tage im Januar/Februar“ zu nutzen, um sich frühzeitig auf eine Art „Gemeinsamkeit“ einzurichten. Das hat nichts „Toxisches“. Selbst wenn beide Partner sich noch nicht völlig sicher sind, ob sie zusammenbleiben wollen, ist dieser Zustand eine gute Gelegenheit für beide, es auszuprobieren.

„Toxisch“ im engeren Sinne ist nur, wenn jemand die feste Absicht hat, bei den ersten Strahlen der Frühlingssonne „auszusteigen“. Das gilt für Frauen wie für Männer. Und oftmals kann gar nicht vorausgesagt werden, warum einer von beiden im Frühjahr unruhig wird und auf Veränderungen drängt. Das kann sich in dem Wunsch ausdrücken, sich zu trennen oder die Beziehung zu intensivieren. Und auch, wer aussteigen will, mag gute Gründe dafür haben. Denn der Frühling weckt bei Frauen und Männern den Wunsch nach Fortpflanzung - und die Frage ist, ob sich der Mensch, bei dem man sich eingekuschelt hat, sich auch als Elternteil eignet, wird plötzlich wieder relevant.

Ein letztes Wort? Nähe bietet Chancen. Und Chancen sollten genutzt werden.

Zitate: Aus dem Jahr 2009, verlässliche Quelle zur "Wintermantel-Theorie "Urban Dictionary"

Außerdem (Deutschland / Österreich):

Brigitte (Frauenzeitschrift)
Freundin (etwas erweiterter Text)
Miss at.
(... und einige Dutzend ähnliche Artikel)

Weltweit (unter anderem) Viginradio, Indy100 und viele weitere, sehr ähnliche Artikel.

Ehe - Phänomen ohne Zukunft?

Festzustellen, was einst war, ist einfach. Hingegen ist es schwer, festzustellen, was jetzt ist. Doch noch schwerer zu beantworten ist die Frage, was sein wird.

Wie also ist es bestellt um die Zukunft der Ehe? Was wissen wir darüber wirklich, und was vermuten wir?

Die Ehe - historisch knapp beschrieben für die heutigen Menschen

Schauen wir zunächst mal, was die Ehe eigentlich ist - und schon treffen Kalt- und Warmfronten aufeinander, sodass es donnert und blitzt. Auf der einen Seite finden wir die religiös und politisch Konservativen. Für sie ist die „Ehe“ als Institution nicht diskutierbar. Die einen sehen in ihr ein Sakrament, das nicht zur Diskussion freigegeben ist, die andere sehen darin die Keimzelle von Staat und Gesellschaft. Wer nun sagt, sie sei lediglich ein Rechtsakt, also ein Vertrag, dessen Regeln auf dem Gesetzbuch und ergänzenden Vereinbarungen beruhen, wird bereits eigenartig beäugt. Was, mehr soll es nicht sein, dies Ereignis, von dem „jede Frau insgeheim träumt?“

Ehe? Ja, aber erst später ...

Für viele Frauen ist dies nicht mehr so. Zahllose Beziehungen in den „Neuen“ Bundesländern werden ohne Trauschein begonnen und erst viel später legalisiert. Etwa dann, wenn das Kind eingeschult wird. Aber immerhin könnte man von ihnen sagen, dass sie schon „so gut wie verheiratet“ waren, als sie vor den Traualtar traten.

Experimente auf morastigem Boden

Einige Menschen lehnen die Ehe generell ab, versuchen Beziehungen zu dritt oder zu vielen, werben gar dafür, dass andere es auch zu tun. Interessant ist auch ein Thema, das stark strapaziert wird: der Treuebruch durch eine „Nebenbeibeziehung“. Ethische Themen und soziale Themen vermischen sich dabei - aber was sich letztlich durchsetzt, ist die pragmatische Grundhaltung. Es mag ja attraktiv sein, sein Leben lang zu naschen oder von einem Hotelbett ins nächste zu wechseln - aber letztendlich strebt man eben doch nach einer gewissen Sicherheit. Die allerdings finden wir am besten in der einen, konservativen Lebensform, die „Ehe“ heißt.

Wer diskutiert eigentlich tatsächlich über die Ehe?

Das öffentliche Interesse an der Diskussion um die Ehe ist allenthalben groß, aber wer diskutiert eigentlich kontrovers über das Thema? Evangelikale Kreise tun es, Katholiken tun es und Soziologen tun es. Die Ersteren fürchten sich vor dem liberalen Geist, die Zweiten vor dem Heiligen Geist und die dritten vor dem Zeitgeist. Die Soziologen haben es schwersten: Vor ihren Fenstern flattert der Zeitgeist herum, der heute dieses, morgen jenes Gesicht hat. Und in ihnen spukt das Gespenst des Populismus. Denn eines scheint sicher zu sein: Falls sie „feststellen“, dass die Ehe eine sonnige Zukunft hat, wird dies keine Sau interessieren - und Menschen sowieso nicht. Finden sie aber heraus, dass die Ehe keine Zukunft mehr hat, dann wird die gesamte Presse sich darauf stürzen.

Ich las dazu:

Was (die Forschungsthemen) gemeinsam haben, sind ein großes öffentliches Interesse und entsprechend viele geäußerte Meinungen zu ihnen bei nur wenig gesichertem soziologischen Wissen.

Mich erstaunten weitere Aussagen, so zum Beispiel, dass „die gesellschaftliche Sichtweise auf die Ehe ... pessimistisch geprägt (sei)“. Ich kann das nicht bestätigen, lese aber weiter, was dies für Soziologen bedeutet „diese Meinung nunmehr entweder soziologisch zu untermauern oder aber das Gegenteil zu versuchen, also den Fortbestand der Ehe zu beweisen.“

Wen wird dies interessieren? Katholische Geistliche, Standesbeamte, Scheidungsanwälte, Catering-Unternehmen oder Saalvermieter? Uns? Euch, die ihr gerne heiraten würdet?

Hilft uns die Soziologie dabei, die Ehe neu zu bewerten?

Wir wissen es nicht. Die deutsche Soziologin Rosemarie Nave-Herz will es untersucht haben - und hat darüber ein Buch geschrieben. Ob es jemandem hilft? Ich habe erhebliche Zweifel. Nachdem ich einige Seiten überflogen hatte, war mir klar: Ein Werk aus soziologischer Sicht, daher interessant für Menschen, die an Soziologie interessiert sind. Wer jedoch hier und jetzt eine Ehe plant und letzte Zweifel ausräumen möchte, findet sich kaum im Buch wieder. Und die Zukunft? Sie gehört heute, wie zuvor, den Mutigen, die einfach nach vorne gehen und glauben, auf diesem Terrain zu bestehen.

Das Buch: Rosemarie Nave-Herz - Die Ehe in Deutschland
Zitat aus der FAZ