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 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
Warnung! Teile dieser Texte könnten mithilfe menschlicher Intelligenz erzeugt worden sein.

Eintauchen in die Viktorianische Zeit - Adel, Bürgertum, Fassade und Bordelle

Die lustvollen Strafen, Frau Berkley und ihr geheimnisvolles Pferd. Eine mehrteilige Betrachtung über Wahrheiten und Mythen um die "englische Erziehung" und die Lust an erotischen Schlägen - zweiter Teil.
Flagellation durch Damen - der Wunsch manches Herren
Wenn wir die Zeit, ins 19. Jahrhundert zuzudrehen, und den Ärmelkanal überqueren, landen wir im „Viktorianischen England“. Für die meisten ist diese Epoche mit Prüderie verbunden, weil die Königin als sittenstreng galt. Doch die Zeit ihrer Regentschaft war von erheblichen gesellschaftlichen Veränderungen geprägt, so sehr, dass man später von der „ersten sexuellen Revolution“ in jenen Jahren sprach. (1)

Die Mentalität von Dr. Jekyll und Mr. Hyde

Zunächst wurde davon wenig bekannt. Die Gentlemen jener Zeit lebten hinter der Fassade der Bürgerlichkeit, während die Triebe in ihren Inneren ein merkwürdiges Eigenleben führten. Jeder kennt vermutlich die wundersame Geschichte von Dr. Jekyll und Mr. Hyde. In ihr repräsentiert Dr. Jekyll den ehrbaren Bürger mit einem jungfräulichen Verlobten, während sein Alter Ego, Mr. Hyde, seine Triebe auslebt. Das dürfte der gesellschaftlichen Realität durchaus entsprechen. Immerhin ging Dr. Jekyll wenigstens einem Beruf nach, während viele Engländer jener Zeit vom ererbten Vermögen lebten. Sie waren ständig auf der Suche nach Vergnügungen, sei es die Jagd, das Spiel oder der Besuch eines Bordells.

Die vielen Londoner Bordelle - und die wenigen, die Flagellationen betrieben

Wie viele Bordelle es damals (gegen 1850) in London gab, ist nicht sicher. Manchmal wird die Zahl mit „etwa 3.000“ (2) angeben, aber solche Zahlen sind nicht zuverlässig. In etwa zwanzig dieser Bordelle soll es um erotische Züchtigungen gegangen sein. Mit den sogenannten „Flagellationsbordellen“ war viel Geld zu verdienen, selbst wenn wir hören, dass die gewöhnliche Behandlung „nur“ ein Pfund Sterling kostete. Das sind umgerechnet auf die heutige Währung immerhin 100 GBP.

Dichter, Adlige, Beamte und Geschäftsleute waren die Kunden

Der Weg könnte uns in eines dieser 20 Flagellations-Bordelle (3) führen, etwa nach St John’s Wood, wo der Dichter Charles Swinburne (4) sich erotisch züchtigen ließ. Wir wollen aber ein anderes Bordell in den Mittelpunkt stellen, nämlich das in der Charlotte Street 28, wo wir zu jener Zeit auf Frau Theresa Berkley treffen würden.

Ihr Etablissement war offenbar luxuriös ausgestattet. Die Inhaberin in der Rolle der Gouvernante erwartete ohnehin nur betuchten Kunden, die in jeder Hinsicht auf Qualität wert legten. Immerhin waren unter ihren Gästen Adlige, Gutsbesitzer, Richter, Beamte und Geschäftsleute. Wir wissen nicht wirklich, zu welchen „Tarifen“ Frau Berkley abgerechnete, aber die „Behandlungen“ dort sollen zwischen einem und „mehreren“ britischen Pfund gekostet haben. Ein Herr, der mehrere der dort gebotenen Leistungen in Anspruch nehmen wollte, würde also gut und gerne fünf Pfund zahlen müssen (5) – heute etwa 500 GPB.

Diskretion, Ausstattung, Schlagkraft und Frivolitäten

Die Qualität eines solchen Etablissements wurde von den Gästen damals nach der Sauberkeit, der Diskretion und der Leitung des Hauses bewertet. Hinzu kam das Personal, das teils aus weiteren Gouvernanten, andernteils aber auch aus gewöhnlichem Prostituieren (Frictricen, 6) bestand, die bereit waren, verschieden sinnliche Genüsse zu befriedigen. Um das gesamte Repertoire von Schmerz und Lust auszuschöpfen, benötigte man aber noch „Möbel“ und „Ausstattungen“. Dazu wurden einerseits Ringe an Decken, Wänden und Boden benötigt. Andererseits aber benötigte man auch Prügelbänke, Stühle und Gestelle, um die Herren „beidseitig“ zu behandeln.

Geheimnisse um ein Buch und ein "Pferd"

Damit kommen wir unweigerlich zu einem Objekt, über das kaum belastbare Informationen vorhanden sind: das Berkley Horse. Und mit ihm beginnen die Mythen und Behauptungen, die offenbar aus dem Wunsch entstanden sind, schriftstellerischen Ruhm zu genießen. Eine weitere Rolle in diesem Gespinst aus Fantasie und Mythos spielte ein Buch, die „Venus School Mistress“. Die Wahrheit ist im dritten Teil dieser Betrachtung zu lesen.

(1) The Origins of Sex, London 2012, Zuverlässige Quelle.
(2) Dr. Hügel, 1858 - fragwürdig, was die Zahlen betrifft, aber wissenschaftlich.
(3) WellReadWeekly - kein zuverlässige Quelle.
(4) St. Johns Wood Memories. Zuverlässig.
(5) Geldbeträge sind immer unzuverlässig - dieser entstammt einer Quelle, in der Beträge von großer Bandbreite genannt wurden.
(6) Fritrix oder Frictrice - Berührerin, meist Ausdruck für eine Prostituierte.

Bild: Nach einem anonymen, unscharfen Scan nachbearbeitet.

Alle Folgen dieser Serie:

Körperstrafen und Definition - Körperstrafen (Definitionen)
Die viktorianische Zeit und das 19. Jahrhundert. (hier)
Das Bordell der Frau Berkley und die einzige Quelle dafür bei Ashbee.
Das angebliche „Berkley Horse“ - ein Möbel für ein Bordell.
Meine Vorgehensweise bei den Recherchen - die Wahrheit.