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 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
Warnung! Teile dieser Texte könnten mithilfe menschlicher Intelligenz erzeugt worden sein.

Warum „Open Casting“ in der Liebe nicht funktioniert

Auf welche Seiten unserer Partner(innen) sollten wir wirklich achten?
Diesmal sind nicht nur die „üblichen Verdächtigen“, sondern so gut wie alle Frauenzeitschriften, Boulevardblätter und sonstige Nachrichtenschleudern auf einen so genannten „Dating-Trend“ hereingefallen.

Er heißt „Open Casting“, wurde von Mitarbeitern der Dating-App „Bumble“ in die Welt gesetzt und unter anderem von einem namhaften US-amerikanischen Fernsehsender weiterverbreitet. Und dann kam es über englische Boulevardblätter in deutsche Redaktionen. Diesmal betraf es auch allerdings auch die „serösen“ Gazetten für Damen und Herren.

Zunächst bedeutet „Open Casting“ für die Partnersuche gar nichts, und es ist auch kein Trend. Doch weil sich „gar nichts“ nicht sonderlich gut vermarkten lässt, wird der Begriff ausgestopft wie ein Teddybär.

Wir haben es genau nachgelesen. „Open Casting“ bedeutet, dass zur Besetzung einer Rolle alle eingeladen werden. Oder mit anderen Worten: Jeder kann versuchen, die Rolle zu spielen. Statt „Casting“ sagt man auch „Audition“.

Und was bedeutete "Open Casting" nun für Dates?

Im Prinzip das Gleiche: Jeder und jede bekommt eine Chance. Das ist nett gemeint, aber völlig illusorisch - und es ist zudem ein ungeheurer Stress, weil eine wirklich „offene“ Partnersuche keine Vorauswahl zulässt. Heißt beispielsweise: alle ledigen Frauen zwischen 25 und 35, die im Umkreis von 25 Kilometern wohnen, kommen infrage.

Konservative Werte aus Großmutters Schatulle

Als Nächstes wird eine „ethische Komponente“ in den Ring geworfen, dass schon die Großmama kannte: „Hat er/sie denn auch einen guten Charakter?“ Und damit wären wir bei den konservativen Kräften, die nun etwas von „inneren Werten“ loslassen.

Ein Motto wäre zum Beispiel: „Vergiss die schöneren Hüllen, und besinne dich auf ihre/seine Werte“.

Die Wundertüte der Eigenschaften

Und schon öffnet sich die Wundertüte aus sozialen Aspekten, der Gefühlswelt und der bürgerlichen Wohlanständigkeit, hier am Beispiel (Jolie):

• Offenheit
• Manieren
• Hilfsbereitschaft
• Großzügigkeit
• Humor
• Selbstbewusstsein
• Einfühlungsvermögen.

Keine dieser Wunschvorstellungen ist falsch. Aber es ist ebenso unsicher, ob diese Liste einen tieferen Sinn hat. „Manieren“ neben „Offenheit“? Selbstbewusstsein und Einfühlungsvermögen? Ja, das alles kann es geben. Aber es bleiben „Hohlbegriffe“ wie zum Beispiel ein „gewinnendes Lächeln“.

Plakative Aussagen in allen Medien

Andere reden von „emotionaler Reife“, wieder andere schlagen sich auf die Seite der „schrecklichen Vereinfacher“ und behaupten: „Open Casting ist genau das, was wir wollen!

Differenzierter und auch etwas Genauer heißt es: „Man ist dafür offen, sich vom anderen Überzeugen zu lassen“. Das ist hübsch gesagt, aber es trifft auf Dates mit oder ohne Vorauswahl zu. Und bekanntlich ist es mit dem Überzeugen nicht getan: Das „Schwiegersohnmaterial“ im Mann interessiert eher die Schwiegermutter, die sich nach Enkeln seht als die junge Frau, die wir von unserem „Charakter“ überzeugen wollen.

Am Ende des Tages (Pardon, „des Dates“) zählt ohnehin nur, ob das Flämmchen lodert, das zumeist die einzige Voraussetzung für eine zweite Begegnung ist.

Und insofern ist „der Trend „Open Casting“ tatsächlich weder ein Trend noch eine Rezeptur für eine glückliche Zukunft. Er ist zu aufwendig, zu langweilig und vor allem zu sehr rückwärtsgewandt.

Ein paar Sätze der Kritik vor der Beurteilung

- Vernunftehen gab es schon einmal - etwa bis zum Ende des 19. Jahrhunderts, als Liebesheiraten noch rar waren und erkämpft werden mussten.
- den Partner nach dem Charakter zu suchen, ist ehrenwert, aber letztlich genauso unsinnig wie ihn oder sie nach dem Aussehen zu wählen.
- Wichtig ist die Summe der Eigenschaften, nicht ein einzelnes Merkmal. Und zu den Eigenschaften eines Menschen gehören Körper, Emotionen und soziale Komponenten. Wie, bitte schön, soll man mit den „inneren Werten“ eine Beziehung beginnen?
- Wenn Persönlichkeitsmerkmale (innere Werte) eine Rolle spielen sollen, dann müssen sie zuvor ebenso definiert werden können wie die blonden Haare und blauen Augen. Wer das wirklich kann, möge die Hand heben und es beweisen.
- Wenn es irgendwelche Vorgaben gibt, egal welche, dann ist das „offenen Casting“ gar nicht wirklich „offen“, sondern setzt sich selbst deutliche Grenzen – wir alle anderen Auswahlverfahren auch.

Das Fazit - "Open Casting" ist nur ein Auswahlverfahren, sonst gar nicht

Womit das Stichwort gefallen ist - ziemlich zum Schluss. "Open Casting" ist ein Auswahlverfahren, weiter nichts. Die vielen Zeitungsartikel dazu sind entsprechend belanglos und berücksichtigen nicht, wie schwierig und aufwendig "offene Auswahlverfahren" sind.

Quellen:

Für die Auswahlverfahren (echtes "Casting"): actupnorth.
Für das hervorgehobene Zitat: Jolie.
Weitere Quellen (alphabetisch, nicht vollständig):
Esquire
K (at)
myself
Vogue
Bild: Archiv des Liebesverlags.

Warum ist Liebe eigentlich so oft Illusion?

Staunen über die Illusionen der Liebe um 1900
Hallo – du da. Weißt du, was eine Illusion ist?

Ja klar, wirst du sagen, das weiß ich. Und dann hast du dich vielleicht noch im Internet schlaugemacht und du erzählst mir:

Eine Illusion ist eine falsche Wahrnehmung der Wirklichkeit.

Na schön. So etwas kann eigentlich nur bei den üblichen Naseweisen stehen. Und wen das auch deine Antwort sein sollte, dann frage ich gleich mal nach:

„Und was ist die richtige Wahrnehmung der Wirklichkeit?“

Die "richtige" Wahrnehmung von Gefühlen existiert nicht

Paul Watzlawick hat viel darüber geforscht. (1) Und was er uns letztendlich mitteilt, ist ebenso einfach wie verblüffend: „Die Wirklichkeit“ entsteht erst durch Kommunikation. Es gibt demnach keinerlei „richtige Wahrnehmung“. Und schon gar nicht für komplizierte Gefühle.

Liebe lässt sich nicht beweisen

Bei der Liebe kommt noch etwas hinzu: Um möglichst nahe an der Wirklichkeit zu bleiben, brauchen wir Beweise. Und die fehlen uns.

Bei der berühmten Herdplatte ist es einfach: Du verbrennst dich, wenn sie auf einer hohen Stufe eingeschaltet ist. Nun müssen wir noch annehmen, dass wir bei vollem Bewusstsein sind. Dann lernen wir, dass wir sie nicht mit dem Finger betatschen sollten.

Bei der Liebe ist es schwierig. Erstens liegt sie auf einer unsichtbaren Skala, von sanftem Sehnen bis zur heftigen Begierde. Zweitens ist sie für jeden aufgrund seiner Erfahrungen ein bisschen anders. Und drittens hindert uns unser Körper daran, alles sorgfältig abzuwägen, indem er Drogen aussendet, die dies verhindern.

Die Erwartungen und die Illusionen

Nachdem dies gesagt ist, muss ich noch mal fragen: Hey, du – Leserin oder Leser – was erwartest du denn von der Liebe?

Hast du schon darüber nachgedacht, dass „deine Wirklichkeit“ ganz entscheidend davon beeinflusst wird, was du erwartest? Wenn du jemanden kennenlernst und viel erwartest, kannst du enttäuscht werden und die Realität sieht trübe aus. Erwartest du wenig, wird dich deine Gesprächspartnerin / dein Partner vielleicht mit einer wundervollen „Realität“ überraschen.

Wie sagt uns das Juristenlexikon (2), das hier sehr ausführlich ist?

Der eigentliche Nährboden für die Illusion ist der Affekt …, besonders die Erwartung, Furcht oder Hoffnung. Affekte nennt man Erregungen des Gefühls unter Mitgerissen sein des Willens und weitgehender Ausschaltung des klaren Denkens.

Wenn wir das als wahr annehmen, dann ist es der Mix aus starken Gefühlen, die heftige Emotionen auslösen, und der Absicht, sie auch unbedingt zu verwirklichen.

Risiko Liebe - sich davor schützen oder einfach in die Liebe eintauchen?

Jeder, der sich auf die Liebe einlässt, geht dieses Risiko ein – aktiv wie passiv.

Wir haben einige Schutzmechanismen dagegen. Einer besteht darin, die Gefühle zu meiden, also sich von allem fernzuhalten, was sie auslösen könnte. Ich fürchte, das klappt nicht wirklich – denn auf diese Weise erlernen wir nicht, mit Gefühlen umzugehen. Der andere Schutz ist sinnreicher: Und einlassen und zu wissen, dass wir den Pfad der Realität verlassen, wenn wir lieben. Es ist so ähnlich wie der Unterschied zwischen „niemals sündigen“ und „wenn du schon sündigst, dann aber genussvoll“.

Es geht auch rational. Dabei verwenden wir eine Filtermethode: Dies oder jenes nennen wir noch nicht „Liebe“. Was wir durchlassen, kann zum Beispiel Petting sein, aber keine penetrativer Sex. Oder wir können uns entscheiden, Affären eingehen, aber keine Beziehungen. Diese „Filter“ können sehr kompliziert sein, zum Beispiel, wenn wir ewig suchen, aber uns nie einlassen.

Ja zur Illusion - aber mit Vorsicht

Fassen wir das doch mal zusammen:

Es ist nicht falsch, Illusionen einzugehen. Die Natur hat diesen Weg für uns aufgetan, indem sie diese schicken Botenstoffe erfunden hat, die uns ganz verrückt nach Liebe oder Lust machen.

Andererseits ist es gefährlich, in einer Illusion zu leben und nicht wieder „herunterzukommen“ auf die Welt, wie sie ist.

Die Lösung liegt auf der Hand: Am besten ist, dass wir uns bewusst werden, wann wir eine Illusion durchleben. Nehmen wir sie an, dann können wir versuchen, möglichst viel Genuss daraus zu ziehen. Und sicherlich auch zu hoffen, dass sich der Rausch nicht einfach verzieht, sondern sich in eine Beziehung wandelt.


(1) Wie wirklich ist die Wirklichkeit? München 1976.
(2) Zitat aus Juraforum
Das Bild zeigt die Illusionistin Eva Vay, die sich als "Hohepriesterin der Mystik" feiern ließ in ihrer Show "Das Drama um Liebe und Geheimnisse" mit einer Signatur von "The Coumien Co of Buffalo", ca. 1900. Wir zeigen daraus einen Ausschnitt.

By The Way – übrigens … das Thema Liebe – ausgelutscht?

Immer noch nicht ausgelutscht ... die Liebe
Das Thema „Liebe“ wird derzeit einerseits verherrlicht, andererseits durch Blogger(innen) und Frauenzeitschriften totgelabert. Und schließlich gibt es wieder Leute, die gerne verhindern würden, dass öffentlich über Liebe geredet wird - weil man dann auch über Sex reden müsste.

In diesem Zusammenhang fiel mir ein Artikel auf, aus dem ich gerne zitiere:

Alles, was zu diesem Thema erzählt werden muss, ist gesagt worden, das Wissen um jede sexuelle Spielart nur ein paar Klicks entfernt. Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt, das Thema einfach mal ruhen zu lassen. Oder zumindest entspannter anzugehen. Zumal die Menschheit sehr lange überproportional intensiv damit beschäftigt war. Obwohl Sex gar nicht so furchtbar wichtig ist, wie immer getan wird.

Das sagt eine Frau, die sich als kompetent ansieht, weil sie sich unzweifelhaft intensiv damit beschäftigt hat.

Aber: Hat sie deshalb auch recht?

Nein, hat sie nicht. Denn sie geht von den aufgeklärten, mit allen Duschmitteln und dergleichen vertrauten Menschen aus, für die Liebe (und damit auch Sex) Teil des Alltags sind. Oder natürlich. Oder einfach vorhanden, weil das so ist.

Andererseits: Viele wissen wenig, einige wissen gar nichts. Junge Frauen, junge Männer, evangelikale Jugendliche und alle, die sich „für ihre Gefühle schämen“. Und viele, viele andere, die sich nicht ans andere Geschlecht heranwagen – vom gleichen Geschlecht mal ganz abgesehen.

Denn eines ist sicher: (da zitiere ich mal wieder Konrad Lorenz, gekürzt):

Gehört heißt nicht verstanden.
Verstanden heißt nicht einverstanden.
Einverstanden heißt nicht angewendet.
Und angewendet heißt noch lange nicht beibehalten.

Es ist eben nur eine Meinung, dass alles gesagt ist. Und vor allem ist noch nicht alles entspannt gesagt, ja nicht einmal im Klartext. Und genau deshalb bleibt es dabei: Liebeszeitung tut not – zumindest als korrektiv.

Zitat (oben) Krautreporter
Zitat (unten) Sammlung Konrad Lorenz (gekürzt).

Der Morgen und die Nicht-Monogamie

Der Morgen bringt es an den Tag: Wieder mal ein Dating-Trend! Es ist die Zeitschrift Jolie, die titelt:

Laut Studie: Wird Nicht-Monogamie der größte Dating Trend 2023?

Immerhin steht da noch ein Fragezeichen, und bevor ich drei Zeilen gelesen hatte, war mir klar, dass der Artikel „von irgendwo stammt“, und siehe da: Man bietet eine „Expertin und Autorin“ an, die den wissenschaftlichen Anstrich geben soll: Dr. Tammy Nelson, PhD und Sexualtherapeutin.

Und natürlich ist da noch ein Unternehmen beteiligt, das ziemlich am Schluss als Quelle genannt wird. Na, besten Dank, Jolie …

Die Liebe als Illusion und als Realität

Ist Liebe mehr als nur eine Illusion?
Es ist zwar noch nicht der erste April, aber ich dachte: Bevor ihr glaubt, ich mache Aprilscherze, will ich euch das Motto der nächsten Wochen mitteilen. Es lautet:

Liebe – schöne Illusion oder Realität?

Bevor ihr stöhnt: Beide Aussagen haben ihre Berechtigung. In meiner ursprünglichen Heimat sagte man:

Wat den Eenen sin Uhl, is den Annern sin Nachtigall.

Was ich vermutlich nicht aus dem Niederdeutschen übersetzen muss. Es bedeutet schlicht und einfach, dass man den gleichen Umstand aus unterschiedlichen Sichtweisen betrachten kann, also:

Was in der Liebe Realität und Illusion ist, ist für uns alle unterschiedlich.

Dazu kommt noch etwas Eigenartiges: Was wir als „die Liebe“ bezeichnen, ist in Wahrheit ein gefühlsmäßiges Gemisch. Es entstand in seinen Grundlagen währen der Evolution, und wurde dann sowohl durch die Kultur wie auch durch die persönliche Entwicklung ausgebildet. Das ist aber noch nicht alles. Dieses Gefühl beherrschen wie nicht völlig, weil es von körpereigenen, drogenähnlichen Botenstoffen unterstützt wird.

Liebe hat zahllose Gesichter

Das Spektrum reicht von einer plötzlichen Gefühlsüberflutung über eine lang andauernde Verliebtheit bis zur dauerhaften Vertrautheit.

Das bedeutet auch: Es gibt Verwirrungen, Irrungen und Illusionen, die wir mit „der Liebe“ sozusagen als „Risiken und Nebenwirkungen“ erleben.

Darüber wäre zu reden: Was ist Illusion, was Realität? Und ist es wirklich so schlimm, eine Weile im Rausch der Illusionen zu schwimmen? Welche Rolle spielen wir eigentlich selber in diesem „seltsamen Spiel“? Und können wir bewusst in die Illusion abtauchen und daraus wieder „erwachen“?

Ja, wir werden versuchen, Antworten zu finden.
Und nein, sie werden nicht endgültig sein.

Was meint ihr dazu? Schließlich seid ihr doch die „Experten“ für eure Gefühle, oder etwa nicht?

Bild: Zirkusplakat eines Illusionisten ohne Datum und ohne Signatur, möglicherweise ca. 1920.