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 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex

Keusche Jünglinge, keusche Jungfrauen und moderne Zeiten

Eher eine Liebhaberei - Rüstungen mit Spikes
Es gibt überall mehr keusche Jungfrauen als Jünglinge … (denn) seine Lebensverhältnisse und sein Mut setzen ihn der Versuchung häufiger aus.

Zitat: Jean Paul. Levana, 1807

Als „Keuschheit“ wurde einst eine Tugend bezeichnet. Sie betraf nicht nur die „Unbescholtenheit“ oder „Reinheit“ der Jungfrau, sondern bezog sich darauf, alles Geschlechtliche mit Scham oder Scheu zu betrachten.

Der Schleier des Bösen und die Folgen der Entschleierung

Als sich der Schleier des Bösen von der Sexualität heruntergezogen wurde, blieben dennoch einige Gedanken übrig: zum Beispiel als „Jungfrau in die Ehe“ zu gehen. Was blieb, waren auch die „reinen Gedanken“, die zu einer „edlen Gesinnung“ gehörten. Kam noch die Mahnung hinzu, sich fernzuhalten von den Orten, Schriften oder Personen, die als „unzüchtig“ galten, so galt die Person als gefeit vor „schlechten Gedanken“.

Keusch sein- die weibliche Jugend der 1950er und 1960er

Was auch noch lange Zeit blieb, war die „Keuscheitserziehung“, die kaum dokumentiert ist, die aber unterschwellig von jeder Frau wahrgenommen wurde, die in den 1950er und 1960er-Jahren aufgewachsen ist. Dazu gehörten auch „keusche Kleidung“, die Frauen in der alltäglichen Öffentlichkeit verordnet wurde. Vielleicht erinnert sich noch jemand an die dazugehörige Unterwäsche, die den Körper wie einen Panzer umschloss. Dazu gehörte auch die Forderung, Röcke nicht zu kurz zu tragen und zu vermeiden, dass sich auf Bluse oder Pulli „etwas abzeichnete.“

Der Gürtel der Keuschheit

Museumsstück
Wie wir gesehen und gehört haben, befand sich der Keuschheitsgürtel der Frau früher im Kopf. Behauptet wurde zwar, dass man der auf der Burg verbliebenen Gemahlin des Ritters einen „Florentiner Gürtel“ anlegte, doch die Realität war eher, dass sie sich ihre Liebhaber aus fahrenden Sängern rekrutieren konnten. Von einem Gürtel war nie die Rede – wohl aber davon, dass die Dame den Vogelkäfig heraushing, wenn „die Luft rein war“.

Keuschheit aus ökonomischen Gründen

Das Märchen von der Ethik oder dem moralischen Gehalt der „Keuschheit“ ist schnell entlarvt: Sobald bekannt wurde, dass eine Tochter „ihre Unschuld bereits verloren hatte“ sank die Möglichkeit des Vaters, sie zu verheiraten. Das alles geschah in einer völlig anderen Gesellschaftsform, von der wir uns heute kaum noch ein Bild machen könne.

Keuschhaltung für exklusiven Sex mit dem Ehemann

Ein merkwürdiges Phänomen gegen Ende des 20. Jahrhunderts war das aufkommende Interesse an der „Keuschhaltung“ der Ehefrauen. Sie war einige Jahre lang in SM-Kreisen Thema – und das Angebot an überwiegend sehr teuren Keuschheitsgürteln, oft nach Maß gefertigt, wuchs rapide. Zwar wiesen manche Autoren darauf hin, dass es sich dabei um ein exquisites Rollenspiel handelte – aber in der Fantasie ging es eben um „echte“ Keuschhaltung.

Die angebliche Keuschhaltung in FLRs

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts (und bereits deutlich unter dem Einfluss des Internets) wurde dann die „Keuschhaltung des Mannes“ populär. An den damaligen „Penisgeschirren“ war noch sehr viel Geld zu verdienen. Entsprechende Produkte wurden unter dem Vorwand des Nutzens für „Weiblich geführte Beziehungen“ (FLRs) oder der „Treue des Ehemannes“ für viel Geld „an den Mann“ gebracht. In Wahrheit galten die gleichen Bedingungen wie für weibliche Keuschheitsgürtel: für Rollenspiele und Mut- oder Enthaltsamkeitsproben durchaus geeignet, ansonsten aber eher befremdlich. Das hat der Popularisierung allerdings nicht geschadet – wer heute (2023) Suchmaschinen aufruft, wird fast nur noch Artikel über die „Keuschhaltung des Mannes“ finden. Seither sind einige Hundert Produkte am Markt, die sich angeblich eignen, die männliche Keuschheit zu garantieren, oder die Masturbation verhindern sollen. Der Preis ist übrigens stark gesunken.

Spiele mit Lust und Schmerz – keine Spur von Keuschheit

Oftmals segeln die Produkte wie auch die Anwendungen unter falscher Flagge: Denn in Wahrheit geht es oft gar nicht um „Keuschheit“, sondern darum, bei Erektionen ein erhebliches Unbehagen auszulösen. Die Erfahrung, bei aufkommender Wollust entweder der Lust oder dem Schmerz zu gehorchen, ist der wahre Grund dafür, warum solche Geräte verwendet werden. Dazu gehören beispielsweise die Zahnringe, aber auch die schon länger bekannten „Höllentore“. Beide haben die Eigenschaft, umso stärker zu schmerzen, je heftiger die Erektion ist.

An dieser Stelle höre ich auf, über Keuschheit zu schreiben, denn nun sind wir an einem Punkt angekommen, an dem es eher um „körperliche Herausforderungen zwischen Lust und Schmerz“ geht.

Und das ist mit Sicherheit ein anderes Thema.

Bilder: Oben - nach einer Werbung für "Chain Mail"-Kostüme.
Unten: Museumsexponat, vermutlich künstlerisch motivierte Nachbildung.
Abkürzung: FLR - Female Led Relationship" - Von Frauen geführte Beziehung

Beziehungen, Liebe, Sex und andere Lüste

Beziehungen, Liebe, Sex und andere Lüste ist ein Essay zur aktuellen Lage der Themen, die für euch interessant sein könnten. Hilfe uns bitte, besser zu werden, wenn du kannst und magst.

Beziehungen und Liebe sind die beiden Themen, die seit Jahren die Liebeszeitungen durchziehen. Ich habe damit begonnen, einen Irrtum aufzuklären: „Wenn du suchst, dann findest du sowieso niemandem.“ Aber wenn ich heute die Stellungnahmen der Besserwisser lese, dann gilt der Blödsinn wieder als Tatsache. Und hey, ihr Schwurbler und Schwurblerinnen – ist euch eigentlich bewusst, was ihr da sagt? Was wäre, wenn das mal so gesagt würde:
„Bewerbe dich nie irgendwo, denn dann findest du sowieso keinen Job?“

Universalgefühl "Liebe"?

Apropos Schwurbeln: Am meisten wird nach wie vor über die Liebe gesprochen. Sie ist sozusagen der Inbegriff der guten Gefühle, solange sie uns durchdringt. Aber was sie für uns wirklich bedeutet, das steht in den großen weißen Wolken am azurblauen Himmel. Oder weniger prosaisch: wenn du nicht weißt, was es für dich bedeutet, dann erwarte nicht, dass es andere wissen.

Eher frivole Lust als Liebe?

Soweit Beziehungen und Liebe. Interessanter sind „Sex und andere Lüste“. Jedenfalls, so lange sie ein bisschen anrüchig sind. Und „anrüchig“ oder frivol kann alles sein, bei dem nicht geplant ist, „Es mit Es“ zu füllen. Gerade las ich, dass es Zeit wird, sich einmal wieder mit der Stimulation weiblicher Brüste zu beschäftigen – von den Aureolen bis zu den Brustwarzen. Das gilt vielen Menschen schon als „frivol“.

Lustvolle Abgründe - bei Frauen oder Männern?

Schaue ich sehr tief in die lustvollen Abgründe, dann verschiebt sich der Fokus von der schmerzleidenden Frau auf den schmerzgeilen Mann. War es einst das weibliche Gesäß, das als Leinwand für musterhaft ausgeführte Schläge dienen sollte, so wandelt sich nun alles zum schmerzgeilen Mann, der sich danach sehnt, von einer Frau gedemütigt zu werden. Ganz zu schweigen von Hunderten von wasserhahn-ähnlichen Keuschheitsgeschirren und innen gezahnten Ringen, die nicht für den Finger bestimmt sind. Diese Tendenz ist möglicherweise vom Zeitgeist abhängig.

Starre oder fliegende Finger - je nach Thema?

Manchmal biegen sich die Finger nach oben, und angesichts des Themas setzt eine Schreibstarre ein. Dann fliegen sie wieder über die Tasten, um Leserinnen und Lesern eine Vorstellung davon zu geben, was sie gegebenenfalls erwartet, wenn sie es probieren. Das ist allerdings von der Autorin oder dem Autor abhängig.

Ja, und was erwartet ihr? Alles? Nichts? Mehr? Weniger?

Es wäre schön, von euch zu lesen – wirklich.

Unsere einzige aktuelle Kontaktmöglichkeit:

Scheu sein und unbedingt Sex wollen?

Diese Geschichte hat uns jemand erzählt. Dann haben wir Ina (Miss Y.) gebeten, sie aufzuschreiben und ein paar Ausdrücke „weichzuspülen“. Und dabei fiel uns auf, dass es etliche ähnliche Erfahrungen geben müsste, nämlich einerseits „scheu zu erröten“ und andererseits auf heftigen Sex zu hoffen.

Hier ist die Story:

Wenn du meinst, ich würde von meinem ersten Mal erzählen – oh nein. Vergiss es. Das würdest du nicht lesen wollen. Aber ich wurde älter und bekam „richtige“ Bedürfnisse. Solche, die du nicht einfach ignorieren kannst. Ich wollte, dass ich von Männern wahrgenommen würde. Und klar wollte ich auch, dass sie mich gerne hätten – und den Rest, den du brauchst, wenn du dich als „richtige Frau“ fühlen willst.

Ich dachte, die Sache wäre einfach. Männer gab es ja gerade genug, und jede sagt dir, dass sie sowieso ganz wild auf Frauen sind. Also wäre es kein Problem, Kerle zu finden.

Aber wer es so ist - du musst eben doch deinen Teil dazutun. Das wusste ich nicht. Ich hatte die romantische Vorstellung, dass ich jemanden kennenlerne, der viel männliche Ausstrahlung hat. Schon, wenn er mit mir redet, sollte das Blut kochen. Und dann müsste ich nur noch mitgehen, weil ich ja nun wirklich nicht nur mit ihm reden wollte.

Eigentlich wollte ich, dass alles nach meiner Vorstellung geht. Ich wollte mich nicht hinsetzen und „anmachen“ lassen. In Wahrheit wollte ich auf ihn zugehen. Erst mit ihm reden, um sicherzugehen, dass er weiß, was er tut. Und dann wollte ich ihn in meine Wohnung bugsieren, damit er es mir so macht, wie ich es wirklich wollte.

Und nein, das hat auch nicht so richtig geklappt. Dazu war ich nicht cool genug. Irgendwie war ich eine junge Frau, die ihre Bedürfnisse schlecht verbergen konnte. Ich wurde viel zu leicht Rot, wenn ich mit einem Kerl über Sex sprechen wollte, aber ich hatte immer Kondome in der Handtasche.

Also tat dich das, was fast alle anderen auch versuchten. Einen Mann kennenlernen, der halbwegs passabel war. Und ich musste mich verstellen, wie es die Männer gerne hatten: Weil ich sowieso schnell erröte, nahmen sie mir meine Naivität ab. Dann noch ein bisschen „süß“ sein und auf lieb machen, und manchmal ein Glas Wein, um letzte Hürden abzubauen.


Soweit die Geschichte ...

Ich erzähle sie weiter, um dir eine Frage zu stellen: War es für dich auch so? Konntest du zugleich schüchtern und geil sein?

Es ist eine Frage für besinnliche Stunden, nicht wahr?

Beantworte sie einfach nur für dich … denn dazu haben wir die Geschichte hier veröffentlicht.

Sag, was bist du wert?

Niemand trägt seinen Wert zu Markte - und dennoch hast du einen Wert am Markt
Dieser Tage habe ich mich gefragt, was uns daran hindert, über den Wert einer Person zu sprechen.

Und bevor du explodierst: Ich bezweifle niemals deinen sozialen oder ethischen Wert. Ich hoffe aber, dass du ihn selbst kennst.

Um uns ein Bild zu machen - fangen wir mal klein an:

1. Welche Werte sind für dich an dir wichtig oder bedeutsam?
2. Nehmen wir an, du weißt es. Wenn ja: Welche Werte, die du an dir festgestellt hast, sind für andere etwas wert?
3. Fall du dies auch beantworten konntest: Welche dieser Werte könnten deine zukünftige Partnerin / deinen zukünftigen Partner interessieren?

Wenn du bis hierher weitergelesen hast, bist du schon einen Schritt nach vorn gekommen.

Die Werte haben unterschiedliche Preise

Nicht alle Werte sind rar oder teuer. Versuchen wir mal eine Einschätzung:

Emotionale Werte, wie beispielsweise Zuneigung oder Hinwendung, sind unbezahlbar. Wenn du sie vermitteln kannst, dann hast du etwas Wertvolles und vielleicht dauerhaft Wirksames im Angebot.

Soziale Werte, etwa die Hilfsbereitschaft und die Sorge um eine andere Person, sind ebenfalls nicht käuflich. Sie nützen dir ebenfalls, wenn jemand genau diese Wünsche hat.

Wenn du Glücksgefühle schenken kannst, egal wie das geschieht, hast du einen „Köcher voller Liebespfeile.“

Sinnliche Werte, also sich beispielsweise lustvolle Geborgenheit, gibt nicht jeder Mensch – und sie können sehr begehrt sein.

Erotische Fähigkeiten? Sex an sich wird überschätzt. Wenn du aber außerordentliche Fähigkeiten hast, und/oder verführerische sinnlich-erotische Szenarien aufbauen kannst, hast du einen Trumpf in der Hand.

Sonderfall Sex - sehr gefragt, trotzdem schlecht honoriert

Sexuelle Vorzüge – tatsächlich sind sexuelle Erlebnisse bei Männern zwar sehr gefragt - sie werden aber schlecht honoriert. Wenn du nichts anderes tust, als die „für ihn hinzulegen“, dann tust du etwas, das viele andere auch können.

Was Männer oftmals denken - die unschöne Seite

Ich erkläre dir nun, wie sich die Sache mit dem Sex aus der Perspektive vieler Männer darstellt:

Wenn er nur Sex will, interessiert ihn weder, wie „schön“ du bist noch wie „gut“ du bist. Er nimmt den Sex mit, wenn er ihn bekommen kann. Vielleicht kommt er noch ein zweites Mal, weil es so „easy“ mit dir war. Männer wissend durchaus, dass „guter Sex“ umso schwerer zu erreichen ist, je mehr er in eine Szene eingebettet wird, die wirklich ekstatische Gefühle oder wenigstens Glücksgefühle hervorbringt.

Wenn Männer dafür bezahlen, wissen sie, dass der Preis umso höher ist, je mehr eine Illusion „mitgeliefert“ wird.

Du hast in der Hand, deinen Wert zu zeigen

Wenn du bis hierher gelesen hast: Du hast es in der Hand, deinem neuen Freund ein Lebensgefühl zu vermitteln, das keine Illusion ist und das ihn dennoch wirklich begeistert. Allerdings müssen wir nun zurück zum Kern der Sache: Alles, was du gerne tust und ihm (oder auch ihr) gefällt, ist sinnvoll für die Beziehung, die du aufbauen willst. Das ist sozusagen das Ideal.

Und das wären die Tipps:

- Versuche zuerst alles, was dir gefällt und was dem/der anderen auch gefallen könnte.
- Erprobe dann, etwas zu tun, was dich eher herausfordert, aber dem/der anderen außerordentlich gut gefällt.
- Wenn das funktioniert, fordere die andere Person heraus, etwas zu tun, was dir besonders gut gefällt.

Hübsch, nicht wahr? Nach und nach wirst du dein Gegenüber damit faszinieren. Vielleicht entdeckst du Eigenschaften an dir, die für dich neu sind. Oder du entdeckst etwas an deinem Gegenüber, was für ihn neu ist.

Kommen wir noch mal zum Anfang zurück?

Dann kannst vielleicht jetzt sagen, was du für eine andere Person wert bist.

Kennenlernen, zusammen Leben und Heiraten - warum eigentlich?

Wissenschaftler forschen seit Jahren daran, welche Gründe es geben könnte, zusammenzukommen, zusammen zu bleiben und sich schließlich auch „formal“ für eine Ehe zu entscheiden.

Unterschiedliche Gründe für Kennenlernen, Zusammenbleiben und Heiraten?

Soweit überhaupt Ergebnisse vorliegen, scheint dies sicher zu sein:

- Die Gründe, einander kennenlernen, sind nicht identisch mit den Gründen, zusammen leben zu wollen.
- Und die Gründe, zusammen zu leben, unterscheiden sich noch einmal deutlich von den Gründen, eine Ehe einzugehen.

Betrachten wir kurz die Gründe, zusammenzukommen und die Wünsche an den Partner. Seltsamerweise tauchen wir dabei zunächst in das Gebiet der „gängigen Stereotypen“ ein. Wenn Persönlichkeit, Humor, Intelligenz, gleiche Interessen, Aussehen und Geld zur Auswahl stehen, behaupten Menschen, sie würden „die Persönlichkeit“ in den Vordergrund stellen. Das sagt insofern nicht das Geringste aus, als „die Persönlichkeit“ lediglich die Summe bestimmter Eigenschaften bezeichnet, die nicht näher definiert wurden. Immerhin lässt dies darauf schließen, dass für das „Kennenlernen“ tatsächlich Persönlichkeitswerte gesucht werden und nicht etwa „ähnliche Interessen“. Dennoch wirken solche „Aufstellungen“ seltsam oberflächlich. (1)

Zweifel am Heiratsgrund „Liebe“

Als Hauptgrund für die Ehe oder das Heiraten wird oft „Liebe“ genannt (2). Dabei gehen die Beteiligten (oder die Befragten) davon aus, dass Liebe ein „jedem bekanntes und eindeutiges Gefühl“ ist. Das ist allerdings völliger Unsinn. Nicht einmal psychologisch ist „Liebe“ ein Gefühl. Es setzt sich vielmehr zusammen aus Bewunderung und Ekstase, möglicherweise auch noch gepaart mit weiteren positiven Gefühlen, zum Beispiel dem „Wohlergehen“ oder der Frage, ob man sich „angenommen fühlt“. Biologisch ist Liebe sogar etwas völlig anderes: Ein aus der Evolution stammender, biochemischer Prozess, der uns dazu bewegt, Gemeinschaften zu bilden und uns fortzupflanzen. Auf Statistikern und die Erhebungen von Demoskopen komme ich noch – würde man ihnen glauben, so würden fast 90 Prozent (3) der Menschen „aus Liebe heiraten“.

Hauptgründe: Wünsche nach Bindung

Wenn Menschen völlig unbeeinflusst befragt werden, was sie in einem Partner vor allem suchen, dann steht beispielsweise die „Treue“ ganz oben auf der Liste. Lesen wir nach, dann wird der Begriff „Treue“ meist mit „Festhalten an einer Bindung“ erklärt. Und tatsächlich: Als Gründe für Langzeit-Beziehungen und Ehen werden immer wieder „Treue und Zuverlässigkeit“ genannt.

Welche Gründe für die Ehe kommen häufig vor?

Wenn wir einmal schauen, welche Gründe es überhaupt gibt, zusammenzukommen, wird deutlicher, auf was wirklich achten müssen. Die Gründe wurden nicht gewichtet. (4)

1. Aus Liebe.
2. Um mit einem Gefährten/einer Gefährtin durchs Leben zu gehen.
3. Um eine lebenslange Partnerschaft zu begründen.
4. Um bereits geborenen oder zukünftigen Kindern mehr Sicherheit zu geben.
5. Um sich vor aller Öffentlichkeit zueinander zu bekennen.
6. Um einen „legalen Status“ zu erlangen und finanzielle Sicherheit zu gewinnen.
7. Aus religiösen Gründen.

Es gab – und gibt – viele andere Gründe, um zu heiraten. Oftmals wird sozialer, religiöser oder kultureller Druck genannt – nicht nur in fernen Ländern, sondern auch in Deutschland. Ein Ehepaar hat es nach wie vor leichter, eine bezahlbare Wohnung zu finden, und im Not- oder Krankheitsfall werden Informationen oft nur an einen Ehepartner weitergegeben.

Warum Statistiken zur Heirat kaum Aussagewert haben

Warum fragen wir nicht einfach die Statistik? Das haben wir getan, und dabei kam zunächst heraus, dass „Liebe“ zu angeblichen 67 Prozent, das Hauptargument für die Ehe war. Das bedeutet kaum mehr, als dass 67 Prozent der Befragten sich auf ein Schlagwort eingelassen haben. Auch der am zweitmeisten genannte Gesichtspunkt zeigt sich als ebenso „edel klingend“, im Kern aber „schwammig“: (2) Man will „Verantwortung füreinander übernehmen“ (42 %). Erst dann folgen Gründe wie „Absicherung (23 %)“, „Steuerersparnis“(20 %) „weil Kinder unterwegs sind“ (15 %) oder als „Zeichen nach außen“ (11 %).

Ethische und praktische Gründe für eine Ehe

Lassen wir die Liebe mal ganz weg, dann finden sich in einer anderen Befragung eher rechtliche/wirtschaftliche Gründe. Spitzenreiter ist der Kinderwunsch mit 39/51 % (M/F). Es folgt eine emotionale Komponente, die „Tiefe der Beziehung“ mit 34/33 % M/F, dann ein gemeinsamer Nachname und die Absicherung gegenüber Behörden, Institutionen und Versicherungen. Hinzu kam noch der „konservative Faktor“, nämlich „weil die Ehe zu einer festen Partnerschaft dazugehört.“(5).

Was immer wir in diesen Statistiken vorfinden – eines ist sicher: Die offenkundigen Vorteile führen tatsächlich dazu, den Partner/die Partnerin zu heiraten. Im Vordergrund steht dabei oft die gegenseitige Absicherung, weniger das „große Gefühl“. Dies wird insbesondere in der Aussage deutlich, „der Beziehung durch die Ehe mehr Tiefe“ zu geben“, wenn eigentlich gemeint ist, sich enger aneinanderzubinden.

Falsche Vorstellungen: die Ehe bringt die Erfüllung

Überhaupt wird die Entscheidung „für eine Ehe“ oft falsch verstanden. Denn die Ehe ist weder das Tor zur Hölle noch die Pforte zum Himmelreich. Genau genommen schafft sie eine neue Rechtsgrundlage für die Partnerschaft. Andere Erwartungen oder gar „Ansprüche“ erweisen sich letztlich als Luftblasen. Die Ehetherapeutin Diane Sollee sagt deutlich, warum die Ehe nicht alle „glücklich macht“:

Die Ehe ist nicht dazu da, dich glücklich und zufrieden zu machen. Es ist vielmehr deine Aufgabe, deine Ehe glücklich und zufrieden zu gestalten.

Wenn wir dies im Ohr behalten, zerstören wir zwar die Romantik, die viele Menschen in die Liebesheirat hineininterpretieren. Aber wir gewinnen dadurch andere Erkenntnisse, die viel wichtiger sind.

Und aus meiner Sicht: Je höher eure Erwartungen an „die Liebe“, den „einzig richtigen Partner“ oder sonst irgendeine verzuckerte Weisheit ist, umso größer ist die Gefahr zu scheitern. In bisschen Realismus kann also nicht schaden.

(1) Weltweite Studie/Befragung mit Deutschland und einigen anderen Ländern.
(2) Herkunft der Behauptung 67 Prozent heiraten aus Liebe.
(3) Herkunft der Behauptung: 90 Prozent heiraten aus Liebe.
(4) UpJourneyUPjourney - Warum Menschen heiraten (englisch)
(5) Elite-Parter Studie/Befragung zitiert nach "Hosenmatz"
Weiterer Zahlen, Meinungen und Aussagen z.B.:
WELT (für Deutschland)