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 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
Warnung! Teile dieser Texte könnten mithilfe menschlicher Intelligenz erzeugt worden sein.

Der dreistellige Männerverbrauch, der Body Count und du

Ich lerne immer noch dazu. Zum Beispiel über den Männerverbrauch außerhalb der Ehe auf Lebenszeit in Exemplaren. Und so viel habe ich noch mitgenommen: Die Null steht fast nur bei Sektenangehörigen und sonstigen Verweigerinnen des außerehelichen Geschlechtsverkehrs sowie bei betont standhaften Ehefrauen.

Die große Masse, so erfahre ich, hat eine einstellige Bilanz und bewegt sich damit in einem gesellschaftlich weitgehend akzeptierten Normbereich. Zweistellig ist die Zahl bei etwas reiferen Damen so wie allen, die Serienbeziehungen hatten – und auch diese Zahl wird noch honoriert. Dreistellig hingegen ist grenzwertig – zumal der Bereich von „dreistellig“ immerhin von 100 bis 999 unterschiedlichen Liebhabern reicht.

Die Theorie der Beurteilung von „Body Count“

Lernt die Frau nun einen „neuen Mann“ kennen, so versucht dieser angeblich, sie an der Anzahl der Sexualpartner zu bewerten. Man nennt dies mit einem Modebegriff auch „Body Count“. Dabei zählen alle Ex-Partner außerhalb einer Ehe, mit der die Frau bisher vaginalen Geschlechtsverkehr hatte. Vermutet der Mann nun, du hättest entsprechend deiner Lebensjahre und deiner Einstellung zum Sex weniger als 10 entsprechende Partner gehabt, so giltst du als potenziell „gute Ehefrau“. Ist die Anzahl nach seiner Einschätzung höher oder gar im dreistelligen Bereich, so giltst du entweder als sehr erfahren oder als sehr leichtfertig.

Keine Klischees bedienen – und nicht die Wahrheit ausposaunen

Das ist selbstverständlich graue Theorie - und zudem ein Klischee. Wer in jungen Jahren auf Partys ging, sich gerne einladen ließ oder Serien-Dates in schneller Folge wahrnahm, hatte dabei zumindest einige sexuelle Erlebnisse, die schnell eine zweistellige Zahl ergeben. Diese „Jugendsünden“, Abenteuer und ONS zählen die meisten Menschen gar nicht – sie hatten schließlich auch kaum Bedeutung. Ebenso wenig zählen all die kleinen lustvollen Sünden, die im Graubereich zwischen vaginalem Sex und anderen Lüsten angesiedelt sind. Was in der Erinnerung wirklich hängen bleibt, sind die Highlights, in denen Ekstase, Orgasmen und Wohlbefinden als sensationelle Ereignisse hängen blieben.

Und wenn dich ein Mann wirklich fragt?

Weil das alles so ist – versuch gar nicht erst, deine Kalkulationssoftware aufzurufen, Kategorien anzulegen und Summen zu bilden. Und trag möglichst nichts davon in dein kleines rotes Notizbuch ein.

Und wo wir gerade von „Kategorien“ reden. Männer werden dich allerhöchstens fragen, mit wie vielen „Kerlen“ du schon Sex hattest. Nach deinen anderen sexuellen Beziehungen fragen sie nicht. Frauen? „Diverse“? Nein, hattest du nie.

Übrigens ist der einzige Punkt bei einem ersten Date, bei dem ich dir rate, das Blaue vom Himmel herunter zu lügen. Männer fragen ja sowieso nur, um dich einzuschätzen – die „echten Zahlen“ sind ihnen völlig egal. Und deswegen ist jede Antwort gut, die ungefähr so klingt:

„Da muss ich nachdenken – also, wenn ich weit zurückdenke, kann ich mich an (glaubwürdige Zahl zwischen drei und fünf nennen) Partner erinnern – und seit zwei Jahren war da niemand mehr.“

Sollten sich bei diesem Satz deine Wangen leicht erröten, so wird der Mann dies nicht als Lüge interpretieren, sondern als schamvolle Reaktion auf die indiskrete Frage.

Partnersuche: Zeitreise rückwärts mit Stationen in 2004 und 1974

Ich gucke vorsichtshalber mal auf den Kalender. Ja, es ist der 4. Juli 2024. Was für ein Glück – ich bin nicht zufällig auf einer Zeitreise rückwärts im Jahr 2004 ausgesetzt worden. Damals wurde MySpace gegründet. Wer sich noch erinnert: das erste „Soziale Medium“ das ein weltweiter Erfolg wurde. Allerdings wurden sowohl Hoffnungen wie auch Befürchtungen, dass nun die „Partnersuche revolutioniert“ würde, enttäuscht.

Und nun lese ich (1):

Früher traf man die große Liebe oft auf Festivals, Partys oder in der Kneipe. Nun suchen vor allem junge Menschen immer öfter ihre Partner mithilfe spezieller Social-Media-Apps.

Der Bericht erschien im SPIEGEL – und der Auslöser war offensichtlich eine private Studie aus dem fernen Indien. Dabei geht es nach dem Bericht um „eine veränderte Realitätswahrnehmung und Denkweise bei jungen Erwachsenen“, die letztlich „zur Verunsicherung bei der Auswahl potenzieller Partner“ führe.

Kritik an der Jugend - wie vor 50 Jahren

Das alles klingt wie die Kritik konservativer Kreise an der Nachkriegsjugend in Deutschland – auch damals sprach man davon, dass Beziehungen nach völlig veränderten Maßstäben aufgenommen wurde. Da man einen Buhmann benötigte, wurden die damaligen Medien, insbesondere die Musik- und Filmbranche dafür verantwortlich gemacht, aber auch Publikationen wie „Bravo“ und „Twen“.

Die altehrwürdigen Forscher(innen) verstanden damals die Welt nicht mehr. Sie „forschten“, wie man damals so forschte, suchten Schuldige und Übeltäter und fanden gelegentlich auch Gründe, die sich als kaum nachvollziehbar erwiesen. In Wahrheit aber waren sie ratlos.

Jahre später erwies sich: Diese jungen Frauen und Männer (heute im Rentenalter) wurden ganz gewöhnliche Staatsbürger, Mitbürger und Ehepaare, und sie gründeten ebensolche „ganz gewöhnliche“ Familien. Das Gegacker auf dem Hühnerhof der Öffentlichkeit hatte niemandem beeindruckt.

Ach ja, ich hatte mich ja in die Zeit von 2004 zurückversetzt gefühlt, aber ich hätte auch schreiben können: in die konservative deutsche Ideologie von 1974. Nur ohne Internet.

Wie war das noch: Ein Mann aus Indien sagte … 2024…? Im Titel des Magazins, das den Artikel veröffentlichte, stand nichts von Indien. Nur davon, dass „Social Media“ die Partnersuche bei jungen Erwachsenen erschwert.

Zitatenquellen: "Der Spiegel"