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 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
Warnung! Teile dieser Texte könnten mithilfe menschlicher Intelligenz erzeugt worden sein.

Die Lust daran, begehrt zu werden

Narzisstische Grundlage, Begehren inklusive

Fest in die Gehirne eingeprägte Vorurteile halten sich bekanntlich lange. Doch neu ist, wie schnell sich im Deckmantel der Wissenschaft vorgetragene Ideologien verbreiten, wie tief sie in die Gehirne eindringen und wie sehr sie die Wahrheit verfälschen.

Vor etwa 100 Jahren war man seitens der Psychiater noch der festen Überzeugung, dass Frauen, die eine „ordentliche Erziehung“ genossen hatten, nur ein sehr geringes sexuelles Verlangen entwickelten. Allerdings behauptete man auch, dass dieses Verlangen, wenn es den frühzeitig „erweckt“ würde, fatale Folgen haben könne. Dies entsprach ganz und gar der bürgerlichen, durch die Kirche gestützte Ideologie, die Frau solle als „Jungfrau in die Ehe“ gehen und dann von ihrem Ehemann „erweckt“ werden. Diese Überzeugung war bis weit in die 1960er Jahre verbreitet. Den Mädchen wurde Angst eingeflößt, sozial abzugleiten, wenn sie „vorzeitig“ Geschlechtsverkehr hatten, und Jungen wurden manchmal davor gewarnt, eine Frau zu heiraten, die "erfahren" war, weil sie vermutlich nicht treu sein würde.

Begehrt werden wollen ist keine Schande, sondern ein Naturtrieb

Allerdings hinderte dies kaum eine Frau daran, ein Verhalten zu entwickeln, das darauf ausgerichtet war, begehrt zu werden. Die jungen Damen wussten damals sehr genau, wie sie durch Kleidung und Verhalten erotisch reizen konnten, und er es nicht wusste, holte sich bei Mitschülerinnen die nötigen Informationen. Die jungen Frauen wetteiferten darum, wer die Begehrteste unter ihnen war, und sie versuchten durchaus auch bereits, erwachsene Männer zu provozieren.

Damals war man sich nicht recht klar, ob es eine vorübergehende Mode, eine Folge der Co-Edukation oder eine Folge der „Sexualisierung“ war, von der man auch damals schon sprach. Niemand wäre auf die die gekommen, dies als die kulturelle Umsetzung eines Naturtriebs zu sehen. Erst später erkannte man, dass junge Mädchen offenbar über ein naturgegebenes Flirtverhalten verfügen. Ausgebaut, verfeinert mündet es darin, auch außerhalb von typischen Flirt-Situationen um Beachtung zu buhlen.

Der erste Eindruck: Erotische Ausstrahlung zählt

Im Grunde ist dies nicht abwegig: Man glaubt ja schon lange zu wissen, wie sehr der erste Eindruck zählt, und dieser erste Eindruck äußert sich in der Haltung und minimalen Komponenten der Körpersprache. Will also eine Frau einen Mann beeindrucken, so gehört die erotische Komponente zum „Paket“, das in den ersten Sekunden der Begegnung „abgeliefert“ werden muss.

Dabei spielt die Liebe zu sich selbst, der Gefallen am eigenen Aussehen selbstverständlich auch eine Rolle. Die Frau will sich selbst gefallen, sie will aber auch von anderen Frauen um ihr Aussehen beneidet werden und sie will letztendlich eben auch Männern gefallen bevor sie Gelegenheit haben, ihre sozialen, emotionalen und intellektuellen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen.

Wer sich selbst liebt, will auch geliebt werden

Man kann sagen, weibliches Verlangen sei im Grund genommen narzisstisch – Frauen werden dadurch erregt, begehrt zu werden, und sie tun sehr viel dafür, um dieses Gefühl ständig neu zu erleben.

Diese Erkenntnis lockt freilich diejenigen Frauen auf den Plan, die nicht wollen, dass ihre Geschlechtsgenossinnen als erotische Plakatwände gesehen werden. Die Ideen sind bekannt: Frauen sollen wegen ihres Geistes, ihrer Bildung, ihrer Emotionen oder ihrer sozialen Stärken gemocht werden, nicht wegen ihrer Verführungskünste.

Vermessung der Kompatibilität gegen lustvolles Verlangen

Die Frage ist allerdings, wie unter diesen Voraussetzungen der Partnermarkt funktionieren soll. Zwar träumen Online-Partnervermittler wie PARSHIP davon, dass sich die Mehrheit der Bevölkerung eines Tages erfolgter psychologischer Vermessungen paart. Dies ist jedoch eher eine abwegige Vorstellung, die aus wirtschaftlichen Interessen propagiert wird. Denn ob ein Mann einer interessanten Frau in der S-Bahn gegenübersitzt oder sie zuerst auf einem arrangierten Internet-Date sieht: Immer ist es die sinnliche Komponente, die er zu lesen versucht – und mit Verlaub: auch die Einzige, die sofort erkennbar wird.

Die Forschung ist übrigen auf diesem Gebiet äußert zurückhaltend, weil der „Mainstream“ der Gender- und Sozialforschung starrsinnig an der Meinung festhält, es sei nicht die Lust daran, begehrt zu werden, die Frauen antreibt, sondern etwas völlig anderes, zum Beispiel Kompetenz oder das „Ansehen als Person“.

Nur der absolut kontrolliere Maschinen-Mensch ist "sozial korrekt"

Merkwürdig daran ist vor allem, wie sehr sich das Bild des Menschen damit an eine gut funktionierende „Mensch-Maschine“ angleicht, sie sich ständig selbst optimiert, die aber nicht in der Lage ist, das in ihr ablaufend Programm jemals zu verändern.

Liebe ist – ich glaube dankenswerterweise – noch immer ein absolut unordentliches Gefühl, und die Lust daran, begehrt zu werden, ist der letzet Rets der ansonsten kaum noch wahrgenommenen Natur, die in uns schlummert.

Beendet die Diktatur der Spießer(innen)

Die Frage, wie wir sein sollen und wir wir unser Begehren äußern „dürfen“, geht im Grunde genommen über die erotischen Komponenten hinaus, und sie ist keinesfalls eine Frauenfrage. Vielmehr verbirgt sich dahinter die Grundfrage, ob wir einer Kultur folgen sollen, die „soziale Korrektheit“ über alles stellt und damit eine „Diktatur der Spießer(innen)“ aufbaut.

Nein, das sollten wir nicht. Aber wir sind diesen Rattenfängerinnen und Rattenfängern schon viel zu lange gefolgt. Es ist an der Zeit, sie zu erinnern, ihre piratenartig gekaperte Definitionsmacht wieder an die Menschen zurückzugeben, die täglich ihre Lebensschiffe durch Stürme und Flauten führen müssen.

Danksagung: Dieser Artikel basiert unter anderem auf Gedanken der Professorin Marta Meana.
Das verwendete Bild wird der Illustratorin Gerda Wegner zugeschrieben.

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