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 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
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Masochismus: Von der Freiheit in die Nötigung?

submissiv

Es ist ein heikles Thema, und eines, dass viele Autoren meiden wie die Pest – die einen, weil sie nicht in schlechten Ruf kommen wollen („womit beschäftigt sich denn der?“), die anderen, weil sie Proteste der Betroffenen fürchten („das ist unser Metier, warum mische Sie sich überhaupt ein?“). Das Thema heißt „wo endet die Freiheit und wo beginnt die Nötigung“ und es betrifft den öffentlich zu Schau getragenen Sadismus.

Damit ich mich hier gleich mal abgrenze: ich meine keine häuslichen BDSM-Spiele und auch keinen praktizierten Masochismus. Seit die schrecklichen Vereinfacher unter den Psychiatern und Psychotherapeuten das Feld der Definitionen für sich beanspruchen, wird ja viel von Sadomasochismus gesprochen – und die Presse wird nicht müde, „Sado-Maso“ zum Thema zu machen. Ich weiß nicht, ob es Ihnen aufgefallen ist – aber in all den Kriminalfällen, die in den letzten Jahren behandelt wurden, handelte es sich stets um extrem sadistische Männer und bestenfalls mild masochistische Frauen. Der Grund besteht nun keinesfalls darin, dass Männer Sadisten wären und Frauen generell Masochisten, sondern dass der gelebte Masochismus der Männer und auch der Frauen in der Stille abläuft. Kaum ein Mann hat Interesse daran, dass seine masochistischen Neigungen bekannt werden, und die meist in gehobenen Positionen befindlichen, ansonsten sehr selbstbewussten weiblichen Masochisten erst recht nicht.

Masochisten, die eigentlich keine sind

internatsflagellation
Die Definition „Masochist“ trifft ohnehin nicht ganz zu. Die Männer und Frauen, die zum erotischen Masochismus neigen, entsprechen nicht dem Bild, dass Karrikaturisten und Stammtischler vom masochistischen Charakter haben: Diese Frauen und Männer sind nicht vom Aufstehen bis zum Schlafengehen unterwürfig, sondern leben ihre Neigung nur in Gegenwart bestimmter Personen au, die als „Herr“ oder „Herrin“ bezeichnet werden und alle sein können – das Spektrum reicht vom Ehepartner über eine außereheliche Beziehung bis hin zur professionellen Dienstleisterin, gemeinhin „Domina“ genannt. Es ist nicht „der Schmerz“ als solcher, der sie treibt und auch nicht „die Unterwerfung“, sondern immer eine bestimmte Konstellation, unter der sie Schläge oder Erniedrigungen erleben wollen.

Leider gibt es aber eine andere Gruppe von Masochisten, die tatsächlich unterwürfig sind. Manche Männer (und teilweise sogar Frauen) machen sich diese Neigung zunutze, um ihr Leben in vielfacher Hinsicht zu bereichern, und nicht alle von ihnen sind „ausgewiesene“ Sadisten. Kommen diese suchtähnlich handelnden Masochisten in die Hände von Personnen mit besonderen Energien, so verkehrt sich die Freiheit zur Unterwerfung in eine Nötigung.

Masochisten im Graubereich

Der Grenzstreifen ist schmal: Im Graubereich der häuslichen Abhängigkeit finden wie Männer und Frauen, die die Naivität anderer ausnutzen, um ihre Partner nach der Salamitaktik zu unterwerfen. In manchen Szenerien wird der psychologische Gruppendruck benutzt, um Menschen zu masochistische Handlungen zu bewegen, und in der fest verankerten BDSM-Szenerie haben sich mittlerweile Gruppen gebildet, die das übliche Sicherheitskonzept zum Schutz der „Subs“ (Masochisten) aushebeln. Der Weg von der Freiheit in die Nötigung ist dabei derart fließend, dass die Unterworfenen dies teilweise gar nicht bemerken, weil sich weder die Personen noch die Umgebung von einer Stufe zur nächsten verändern.

Wollen Voyeure immer "härtere" Schilderungen des Masochismus?

Es sind vor allem die Voyeure, die immer härtere Vorgehensweisen fordern. Sowohl in der typischen Flagellationspornografie wie auch in der sogenannten „sadomasochistischen“ Filmproduktion wird deutlich, dass es immer mehr auf die Anzahl und Härte der Schläge ankommt und nicht mehr auf die Handlung, in der sie stattfinden – insofern sind die Bücher des Marquis de Sade inzwischen vergleichsweise harmlos, und Sacher-Masochs „Venus im Pelz“ erscheint vor diesem Hintergrund als Blümchensex-Literatur.

Fragwürdige Erotik-Firmen: Schläge für wen?

domina 2010
Was passiert nun in den Studios, in denen Filme gedreht werden, die sich nahezu ausschließlich mit Masochismus und Sadismus befassen? Nun, auch hier zeigt sich die Tendenz, dass die Erotik der Unterwerfung inzwischen verflüchtigt hat –wenn sie denn überhaupt jemals vorhanden war, denn auch nur der Hauch einer Spielfilmhandlung ist den meisten Produzenten viel zu teuer. Statt dessen werden entweder Intimszenen (meist eine 1:1-Beziehung) oder Brutalszenen gezeigt, in denen auf unmenschliche und auch in der Realität entehrende Weise auf Menschen eingeprügelt wird – mit hundert und mehr scharf geführten Schlägen. Deutlich wird dabei, dass die Szenen für Masochisten noch denjenigen Hauch von Erotik haben, die dem sinnlichen Masochismus innewohnt, den Sacher-Masoch beschreibt. Aus dem Szenario wird dann auch klar, dass sich die Filme überwiegend an männliche Masochisten wenden, die sich mit der Rolle des „Opfers“ identifizieren. Anders ist es bei den martialisch anmutenden Szenen, in denen Frauen geschlagen werden – hier wird klar, dass männliche, voyeuristische Sadisten die Zielgruppe sind.

Masochisten versus Sadisten: Würdest du es selber tun?


Die Frage, die sich stets für den Masochisten stellt, ist ja die: „Würde ich diese Schläge und Demütigungen selbst erdulden?“ und seine Antwort würde lauten „Bis zu einem gewissen Grad: ja, gerne.“, während das Äquivalent der Frage an einen voyeuristisch veranlagten Sadisten zumeist anders beurteilt wird: „Würde ich diese Schläge einem bereits blessierten Menschen noch selber geben?“ mit großer Wahrscheinlichkeit mit dem Satz „Aber ich doch nicht – ich würde es niemals tun“ beantworte würde.

Die „Freiwilligkeit“ der Darsteller steht im Übrigen auch immer wieder in Zweifel: Gelockt wurden sie zumindest teilweise mit dem Versprechen „Nacktszenen ohne Geschlechtsverkehr“ zu drehen, wie aus Presseberichten hervorgeht – dass sie am Ende auf einem Prügelbock landen würden und nach einigen Dutzend Schlägen nicht mehr Herr ihrer freien Entscheidung sein würden, weil das Gehirn längst auf „Überleben und sonst gar nichts“ geschaltet hat, wussten sie vorher oftmals offenbar nicht.

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Titelbild © 2009 by Katajun

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