Von der Keuschhaltung der Frauen und Männer
karrikatur eines keuschheitsgürtels, anfang 20. JH
Eine keusche Haltung wird heute bei Erwachsenen nur noch von Angehörigen bestimmter Orden verlangt, wenn man einmal von den zölibatär lebenden katholischen Priestern absieht, die offenbar oft nicht ganz so „keusch“ leben, wie das der Boss gerne hätte.
Blickt man in die Geschichte zurück, so waren es vor allem die „guten Familien“, die versuchten, ihre Töchter „keusch zu halten“. Bei den historischen Grundbesitzern war die Sache einfach: Für eine Tochter, die „Schande über die Familie“ gebracht hatte, gab es kaum noch einen Mann und vor allem kein Geld mehr, und beim Pfeffersack des Bürgertums war es ähnlich, nur umgekehrt: Wenn er die bekanntermaßen nichtjungfräuliche Tochter noch an den Mann bringen wollte, musste er mehr Mitgift zahlen. Also mussten Mütter und Väter ihre Töchter hüten, damit sie ihren Wert behielten – von der „moralischen Schande“ einmal abgesehen.
Keuschheitsgürtel: Die Blütezeit im 19. Jahrhundert
Aus: Journal des débats politiques et littéraires – 19. Februar 1910
Wer glaubt, dass die Treue nur in Frankreich gefährdet war, kannte Emilie Schäfer nicht: Sie beantragte noch 1903 ein Patent, für einen „Gürtel mit Schloss und Schlüssel zum Schutz gegen Untreue in der Ehe“.
Die hauptsächliche Anwendung für Keuschhaltungsinstrumente, die tatsächlich historisch verbürgt ist, sind Geräte, die die Masturbation verhindern sollten.
Neue Keuschhaltungsfantasien der Männer
Gegen 1990: Katalog eines Herstellers von Chainmail
Viel kommerzieller Wirbel um die Keuschhaltung der Männer
Seit einigen Jahren wird über die Keuschhaltung von Männern diskutiert. Dies hat einen Grund in dem verstärkten masochistischen Wünschen der Männer, die offenbar ganz generell zunehmen, wie auch am Wunsch der Frauen, „mit ihren Männern zu spielen“. Vor allem aber geht es um die wirtschaftlichen Interessen der Hersteller von „Peniskäfigen“, die mittlerweile zu einem Massenprodukt geworden sind. Diese ähneln Wasserhähnen und sollen angeblich „am Tage öffentlich getragen werden können“, was viele Beobachter für reine Fantasie halten. Die einfachen Plastikkäfige umschließen Penis und Hoden und verhindern so vor allem das Onanieren, aber selbstverständlich auch den aktiven Geschlechtsverkehr. Sie erzeugen bei Erektionen erhebliche Schmerzen, was offenbar beabsichtigt ist. Deshalb können sie auch in erotischen Spielen eingesetzt werden, bei denen der Mann beispielsweise heftig beflirtet wird, sodass eine Erektion unausweichlich einsetzt. Auch in diesem Bereich geht es also nicht wirklich um Keuschhaltung – das ist eine Behauptung der Werbung. Es ist nicht ausgeschlossen, dass auch Männer „unter psychischem Zwang“ von Frauen gezwungen werden, solche Geräte zu tragen. Keuschheitsgürtel wie auch Peniskäfige verhindern nicht, dass andere Formen von Geschlechtsverkehr praktiziert werden. So kann zum Beispiel ein Mann bei den meisten Peniskäfigen analen Geschlechtsverkehr haben, während er selber oralen Geschlechtsverkehr (Cunnilingus) ausführen kann.
Lust an Keuschheitsspielen auch ohne Geräte möglich
Sexuelle Spiele, bei denen die Lust eines Partners so lange angeheizt wird, bis er darum fleht, befriedigt zu werden, sind auch ohne Keuschheitsgeräte möglich. In der Regel reichen einfache Fesslungen und erotische Stimulationen, um diesen Effekt zu erreichen. Bevor mal also Erotik-Einkäufe tätigt, sollte man sich überlegen, was man mit dem erotischen Spiel erreichen will.
Bildquelle oberes Bild: Antiquarische Postkarte (genaue Quelle unbekannt)
Bildquelle mittleres Bild: cpascans de canalblog
Bildquelle unteres Bild: Hersteller am Ende des 20. Jahrhunderts, Katalogauszug.
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