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Der Wortbetrug: „Soziales Netzwerk“

netzwerk

Es ist an der Zeit, sich über soziale Netzwerke zu unterhalten, und zwar radikal: Inzwischen wissen nämlich die meisten Menschen nicht mehr, was sie sind. Netzwerke sind nämlich tatsächlich „Vernetzungen“ zwischen Menschen, die dadurch in die Lage versetzt werden, gemeinsam zu denken und zu handeln, wobei das „sozial“ eigentlich nur ein Fremdwort für „gemeinschaftlich“ ist – man bildet also gemeinsam und auf Gegenseitigkeit eine Vernetzung an oder nutzt eine bereits bestehende Vernetzung, um sich ihr anzuschließen. Die Familie ist ein natürliches Netzwerk, die Schulklasse oder Arbeitsgruppe ist ein zwar künstliches, aber über lange Zeit beständiges Netzwerk, und die Gewerkschaft oder der Berufsverband sind Interessengruppen mit sozialem Netzwerkcharakter.

In Deutschland heißt „Netzwerk“ eigentlich „Verbund“ oder auch „Verband“, womit seine Nähe zum Verein von gleichgesinnten hervorgehoben wird. Sogenannte Peer-to-Peer-Netzwerke hießen früher „Arbeitsgemeinschaften“ oder „Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit“, Raiffeisenbanken oder Produktionsgenossenschaften – und damals hatten sie tatsächlich einen Sinn. Fragen wir einen Deutschen, was „sozial“ heißt, dann bekommen seine Augen Edelcharakter: „Sozialleistungen“, Sozialversicherung“ und „soziale Verantwortung“ kommen dann schnell über seine Lippen. Und weil dies alles so ist, muss ein im Internet befindliches „Soziales Netzwerk“ natürlich auch etwas Wertvolles und Edeles sein: mindestens so edel wie die Genossenschaft.

In Wahrheit verhält sich die Sache anders: Schlaue Kerlchen haben sie aufgebaut, um damit schnell Kohle zu machen, haben es teilweise ebenso schnell wieder an mächtige Verleger verkauft oder als Aktiengesellschaft versilbert - und spielen das Spiel: „Wir da oben – ihr da unten“. Die sogenannten „User“ durchschauen dieses Spiel nur selten, obwohl sie durch diese Netzwerke nur äußerst begrenzte Vorteile haben: Ihre Urheberrechte sind oft dahin, weil sie bei Anmeldung gleich einkassiert wurden, und ihre persönlichen Daten schwirren durchs Netz wie die Kolibris.

Jugendliche können angeblich gar nicht mehr anders handeln, als sich hier zu vernetzten –was vom Prinzip her Blödsinn ist. Für Erwachsene wäre es hingegen gut – alte Freunde oder Kollegen wiedertreffen, die man aus den Augen verloren hat, Schulkameraden wiederfinden, Geschäftskontakte schließen.

Wer „drin“ ist, weiß dies: Hört sich alles besser an, als es ist. Gewiss habe ich einen Schulfreund wiedergetroffen – und festgestellt, dass wir uns nicht mehr viel zu sagen hatten. Eine der Klassenkameradinnen war zufälligerweise eine Medienfrau geworden – da ging es schon eher. Doch war da nicht noch der Geschäftskontakt?

Nun, hier geht es ja nur um den Wortbetrug, und der wird am deutlichsten in den vielen Massen-Netzwerken. In Wahrheit ist dies lediglich eine Ansammlung von Leuten, die sich nur sehr bedingt miteinander vernetzen und auch kaum „soziale“ Ambitionen im Sinne von „Verantwortung tragen“ haben. „Allgemeinzugänglicher, unverbindlicher globaler Freizeitverein“ wäre für die meisten dieser Einrichtungen mit der Bezeichnung „Soziale Netzwerke“ richtiger.

Ich könnte ohne diese Netzwerke leben – und ich bin sicher, die meisten anderen Erwachsenen könnten es auch. Ich bin im Übrigen sehr bewusst nur noch in einem Netzwerk (XING) aktiv – ein anderes vergaß ich leider rechtzeitig zu kündigen. Sie sehen, so etwas passiert sogar mir.

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