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 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
Warnung! Teile dieser Texte könnten mithilfe menschlicher Intelligenz erzeugt worden sein.

Sind Minderheiten die neuen Spießer?

Etiketten der Vergangenheit: Alte Jungfer, Hagestolz
Es gibt sie, die neuen Terroristen des Geistes. Sie blühen überall auf: Links und Rechts sowieso. Das wissen wir. Doch parallel dazu finden wir Gruppen, die wir nirgendwo verorten können. Sie alle haben hohe und höchste Ziele, was uns denken lässt, sie wären gut im Sinne von moralisch hochstehend. Doch das ist gar nicht der Fall. Diese Menschen kämpfen allein oder in ihren absurden Kampfgruppen für sich selbst und gegen alle anderen.

Ich zitiere dazu die NZZ (1):

«Hohe» und vor allem «unverhandelbare» Ziele eignen sich bestens zur Pflege unnachgiebiger Gesinnungen. Extremisten, Fundamentalisten und sonstige ideologische Sklerotiker (2) rechtfertigen sich gerne im Aufräumpathos damit, dass sie gegen dekadenten Kompromiss, politisches Spiessertum, konforme Mehrheit antreten, und dies im Namen eines als sittlich «rein» empfundenen Rigorismus, der sich durch nichts beirren lässt. Unbeirrbarkeit aber ist ein untrügliches Anzeichen von Wahn.


Extremisten und Separatisten des Geistes

Das mögen harte Worte sein. Doch was unterscheidet radikale Feministinnen von Incels(3)? Und wieso ist „Gendern“ wertvoller als die freie Wortwahl, die viel besser über die Zungen geht? Was machte einen Transmann oder eine Transfrau so wichtig, dass sie (und ihre Wissenschaftsvorreiter) auch noch den gesamten Rest der Menschheit katalogisieren können?

Die Sache hat eine lange Geschichte. Sie begann damit, dass Homosexuelle zuerst gar keine waren, sondern Anhänger der „Mannmännlichen Liebe(4)“. Das war eine Beschreibung: Aha, diese Männer lieben andere Männer. Damit konnte man leben oder nicht, zumal die Liebe unter männlichen Freuden damals gleichfalls „intensiv“ war, wenngleich auf einer geistig-erotischen Ebene.

Der Beginn der Einordnung: Was ist das Gegenteil vom Urning?

Die Philanthropen, die sich zuerst damit beschäftigten, nannten die einen „Urninge“(5), die anderen „Dioninge“ – einfach so, mal zum Unterschied. Mag sein, dass niemand im „guten Bürgertum“ ein „Dinoning“ (6) genannt werden wollte – aber die Macht der Wissenschaft hatte sich noch nicht die Namensgebung gekapert. Die Autorin Hanne Blank (7) beweist in eindrücklicher Weise, dass die Homosexualität als Begriff und der Aufstieg der Sexualforschung zeitlich zusammenfielen. Und wie die ersten Philanthropen, stellten die neuen Forscher bald fest, dass sie zwar im Bereich der Homosexualität relativ eindeutige Aussagen verbreiten konnten, die viel beachtet wurden, dass sie andererseits zu der von ihnen „kreierten“ Heterosexualität nicht das Geringste zu sagen wussten.

Homosexualität als Einstieg zur Etikettierung aller

Erst als der „Homosexuelle“ als Begriff existierte und sich verbreitete, wurde plötzlich eine Manie daraus, auch alle anderen Menschen zu klassifizieren. So entstanden Heterosexuelle und Bisexuelle – sozusagen aus dem Zauberhut der Wissenschaft. Die neueste Manie besteht darin, die Menschen in „Queer“ (8) und Cis“ einzuteilen. Das sehen die betreffenden „Wissenschaftler“ als einen wichtigen Beitrag zur Geschlechterforschung an.

Die neuen Spießer

Sie alle irren. Denn je genauer wir Menschen klassifizieren, umso mehr Minderheiten (und manchmal Mehrheiten) bekommen Namen. Und je mehr Namen sie bekommen, umso fester wird betoniert, dass sie bedeutend sind.

Am Ende müssen wir (ja, wir) die Katalogisierung übernehmen oder uns gegen die Bevormundung wehren. Das fällt schwer, weil die Wissenschaft am längeren Hebel sitzt. Sie entwertet uns, indem sie uns abstempelt.

Nehmen wir einmal homophobe Menschen, also erklärte Gegner der Homosexualität. Sie als Spießer zu bezeichnen, fällt uns nicht schwer: verbohrte Betonköpfe, die sich nicht an der Realität orientieren wollen. Homosexuelle Menschen selbst sind ganz gewöhnliche Teile der Gesellschaft, auch wenn sich das nicht überall herumgesprochen hat.

Doch müssen wir nicht jene ebenfalls Spießer nennen, die uns sagen, ein jeder und eine jede müsse ihre Ansichten über sich selbst kennenlernen? Und dies auch noch dann, wenn sie kleinen oder kleinsten Minderheiten angehören? Und noch mehr: Sind alle anderen dann das Gegenteil von dem, was sie sind?

Die Macht der Etiketten als Schutz?

Indem wir dies sagen, finden wir heraus, was Sache ist: Kein Mensch ohne Etikett schafft das. Sobald er oder sie sich aber ein Etikett zulegt, hat er im Drachenblut gebadet: Nun ist er/sie unverwundbar. Nun kann er/sie aus dem Etikett heraus argumentieren und muss die eigene Meinung nicht mehr rechtfertigen. Und was haben wir dann? Einen Spießer oder eine Spießerin? In jedem Fall jemanden, der nicht mehr aus sich selbst heraus argumentiert.

Wenn wir uns wirklich emanzipieren und von Mensch zu Mensch miteinander reden wollen, müssen die verdammten Etiketten weg. Oder wie Eduard Kaeser schreibt: Der einzige Weg zur Emanzipation führt über das Individuum.

Quellen und Erklärungen

(1) Zitate aus der NZZ.
(2) Ideologisch verhärtete Menschen.
(3) Männer, die Frauen hassen, weil sie keinen Zugang zum Geschlechtsverkehr bekommen.
(4) Ausführlich im Projekt Gutenberg)
(5) In alten Lexika noch präsent: Die Urningsliebe.
(6) Auch ausführlich: Dioning.
(7) "Straight", Boston 2012.
(8) Eigendefinition der Gruppierung: Queer.
(9) Definition aus dem LdL.
Bild: Aus einem Theaterplakat, 19.JH

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