Sexuelle Einhörner und Polyamorie - passt das zusammen?
Kaum gibt es einen neuen Begriff, schon wird er vereinnahmt. Das „sexuelle Einhorn“ ist an sich ein Begriff für das seltene Exemplar (deswegen Einhorn) einer meist jungen Frau, die zu einem Paar als „Dritte“ stößt.
Und nein: Er gilt nicht für alle Frauen, an denen sich ein Paar sexuell erfreut. Und auch nicht für diese Person in allen „sonstigen Beziehungen zu dritt“. Davon gibt es zahllose Varianten, die keinesfalls alle unter einen Oberbegriff passen.
Poly-Beziehungen und Einhörner - zwei Regionen in einem bunten Universum
Kürzlich wurden „Dritte“ in einer Zeitschrift generell als „Einhörner“ bezeichnet – auch Männer, und auch Poly-Frauen. Das führt eher zu Verwirrungen, denn das „sexuelle Einhorn“ heißt nun mal so, weil es rar ist. Männer, die nach Paaren suchen, treten wesentlich häufiger auf die Bühne der Dreier. Und Poly-Beziehungen sind schon per Definition keine „Dreier“, denn dabei geht es um komplizierte Beziehungen, in denen eine Person angeblich mehrere andere Personen liebt. Richtig liebt, nicht nur sexuell.
Kurz: Die Konfusion ist komplett.
Als es noch keine sexuellen Einhörner gab und Poly undenkbar war
Schauen wir, woher „Einhörner“ kommen und was sie von der Welt erwarten. Mich erinnert dies an Monika (1) – eine Frau, die keine Beziehung zu einem Mann suchte, weil sie sich nicht festlegen wollte. Sie ließ sich von einem Paar einladen, war mit beiden sexuell aktiv und gewöhnte sich an die ungewöhnlichen Umstände, unter denen dies geschah. Denn nach ihren eigenen Angaben war sie mal Rollenspielerin, dann Sexpartnerin, dann „nur“ eine Freundin des Hauses. Das gab ihr etwas, was in den 1970er-Jahren noch höchst ungewöhnlich war: eine Frau, die tat, was sie wollte. Vor allem keine feste Beziehung, aber dennoch sexuelle Genüsse. Später erfuhr ich, dass es zahlreiche „gut betuchte“ Paare gab, die auf der Jagd nach „Ergänzungen“ waren – Männer wie auch Frauen. Wer mich kennt, der weiß, was ich darüber denke: „Irgendetwas muss es ihnen geben, sonst würden sie es nicht tun.“
Die Welt der fluiden Sexualität und die Triolen
Heute hat sich viel verändert. Einmal, weil es Frauen gab, die sich als „Dritte“ nicht mehr wie das „fünfte Rad am Wagen“ fühlten. Dann, weil die fluide Sexualität, die bei Frauen offenbar häufiger zutage tritt als bei Männern, Triolen durchaus begünstigt. Und schließlich auch, weil die „Polyamorie“ inzwischen lautstark ihren Anteil daran reklamiert.
Indessen gibt es Unterschiede: „Polybeziehungen“ (2) zeichnen sich dadurch aus, dass eine ständige Verbindung zu einer zentralen Person besteht. Oder blumiger: „Bei der eine Person mehrere Partner liebt und zu jedem Einzelnen eine Liebesbeziehung pflegt“. Doch wie so oft, ändern sich die Konzepte nahezu ständig. Heute heißt es beispielsweise (2):
Eine der Möglichkeiten entspricht der „offenen Beziehung“ auch „Primär-Sekundär-Modell“ genannt. Das heißt letztlich, dass ein Paar oder Ehepaar beständig zusammenbleibt, während Beziehungen anderer Art erlaubt sind. Ein Dreier passt in dieses Konzept, doch was wäre das Besondere daran?
Interessanterweise scheint sich das Lieblingsmodell der Poly-Urväter nicht bewährt zu haben (Zitat,2).
Triolen und Polyamorie - knirscht es an den Verbindungen?
Letztendlich fällt es schwer, die Polyamorie überhaupt in ein Konzept von Triolen einzuordnen. Denn die Paare, die Triolen wollen, suchen zumeist ungebundene Partner(innen), die auch ungebunden bleiben wollen. Und die „Einhörner“, die sich selbst so definieren, suchen kaum Beziehungen, sondern kommen nur, wenn sie das Bedürfnis haben, mit den Paaren zusammen zu sein.
Das passt zu dieser Aussage (Frau, 36) (3):
Oder: (Frau, 33) (3)
Die letzte Stellungnahme findet man häufig. Offenbar wollen die „Einhörner“ sowohl sexuelle Erfahrungen sammeln, sie andererseits aber auch wieder weitergeben, um Paare zu beschenken.
Was ist schlecht oder gut an einem Einhorn?
Der letzte Gedanke wendet sich an jene „guten Bürger“, seien sie feministisch, psychologisch oder „nur“ konservativ angehaucht. Diese Menschen raten den „Einhörnern“, sich selbst stärker zu respektieren. Was letzten Endes bedeuten würde, dass sie es nicht tun. Eine der meistgelesenen „Einhörner“ schreibt dazu (5):
Im Grunde wissen wir das alle. Die Menschen, die bewusst Risiken eingegangen sind, haben sich stets besser kennengelernt als jene, die jedes Risiko vermieden haben. Wissen wir dies nicht sogar aus den „ganz gewöhnlichen sexuellen Erfahrungen der Jugendzeit?“
Man mag über „heteroflexible“ oder sexuell „fluide“ Personen denken, wie man will und was man will. Doch schon rein statistisch sind sie sehr, sehr selten. Und das bedeutet eben auch, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit vorsichtiger sind, als Ehemänner oder Ehefrauen, die sich auf einen ONS einlassen. Und vielleicht wirst du niemals ein Einhorn sehen – wie die meisten von uns.
(1) Der Name wurde verändert. Das Gespräch fand vor langer Zeit statt, und ich habe die Person völlig aus den Augen verloren.
(2) Wie in Wikipedia (deutsch) definiert
(3) nach "overview-mag"
(4) Nach Stellungnahmen aus Mens Health (auszugsweise)
(5) Vanityfair (Ausführlich)
Einige Zitate wurden stark gekürzt.
Und nein: Er gilt nicht für alle Frauen, an denen sich ein Paar sexuell erfreut. Und auch nicht für diese Person in allen „sonstigen Beziehungen zu dritt“. Davon gibt es zahllose Varianten, die keinesfalls alle unter einen Oberbegriff passen.
Poly-Beziehungen und Einhörner - zwei Regionen in einem bunten Universum
Kürzlich wurden „Dritte“ in einer Zeitschrift generell als „Einhörner“ bezeichnet – auch Männer, und auch Poly-Frauen. Das führt eher zu Verwirrungen, denn das „sexuelle Einhorn“ heißt nun mal so, weil es rar ist. Männer, die nach Paaren suchen, treten wesentlich häufiger auf die Bühne der Dreier. Und Poly-Beziehungen sind schon per Definition keine „Dreier“, denn dabei geht es um komplizierte Beziehungen, in denen eine Person angeblich mehrere andere Personen liebt. Richtig liebt, nicht nur sexuell.
Kurz: Die Konfusion ist komplett.
Als es noch keine sexuellen Einhörner gab und Poly undenkbar war
Schauen wir, woher „Einhörner“ kommen und was sie von der Welt erwarten. Mich erinnert dies an Monika (1) – eine Frau, die keine Beziehung zu einem Mann suchte, weil sie sich nicht festlegen wollte. Sie ließ sich von einem Paar einladen, war mit beiden sexuell aktiv und gewöhnte sich an die ungewöhnlichen Umstände, unter denen dies geschah. Denn nach ihren eigenen Angaben war sie mal Rollenspielerin, dann Sexpartnerin, dann „nur“ eine Freundin des Hauses. Das gab ihr etwas, was in den 1970er-Jahren noch höchst ungewöhnlich war: eine Frau, die tat, was sie wollte. Vor allem keine feste Beziehung, aber dennoch sexuelle Genüsse. Später erfuhr ich, dass es zahlreiche „gut betuchte“ Paare gab, die auf der Jagd nach „Ergänzungen“ waren – Männer wie auch Frauen. Wer mich kennt, der weiß, was ich darüber denke: „Irgendetwas muss es ihnen geben, sonst würden sie es nicht tun.“
Die Welt der fluiden Sexualität und die Triolen
Heute hat sich viel verändert. Einmal, weil es Frauen gab, die sich als „Dritte“ nicht mehr wie das „fünfte Rad am Wagen“ fühlten. Dann, weil die fluide Sexualität, die bei Frauen offenbar häufiger zutage tritt als bei Männern, Triolen durchaus begünstigt. Und schließlich auch, weil die „Polyamorie“ inzwischen lautstark ihren Anteil daran reklamiert.
Indessen gibt es Unterschiede: „Polybeziehungen“ (2) zeichnen sich dadurch aus, dass eine ständige Verbindung zu einer zentralen Person besteht. Oder blumiger: „Bei der eine Person mehrere Partner liebt und zu jedem Einzelnen eine Liebesbeziehung pflegt“. Doch wie so oft, ändern sich die Konzepte nahezu ständig. Heute heißt es beispielsweise (2):
Es gibt drei verschiedene Beziehungsmodelle der Polyamorie, die am häufigsten vorzufinden sind.
Eine der Möglichkeiten entspricht der „offenen Beziehung“ auch „Primär-Sekundär-Modell“ genannt. Das heißt letztlich, dass ein Paar oder Ehepaar beständig zusammenbleibt, während Beziehungen anderer Art erlaubt sind. Ein Dreier passt in dieses Konzept, doch was wäre das Besondere daran?
Interessanterweise scheint sich das Lieblingsmodell der Poly-Urväter nicht bewährt zu haben (Zitat,2).
Diese Form der Polyamorie ist eher selten vorzufinden. Die Realität sieht meist einfach anders aus. Ein gesundes Miteinander gestaltet sich schwieriger als bei den anderen Formen.
Triolen und Polyamorie - knirscht es an den Verbindungen?
Letztendlich fällt es schwer, die Polyamorie überhaupt in ein Konzept von Triolen einzuordnen. Denn die Paare, die Triolen wollen, suchen zumeist ungebundene Partner(innen), die auch ungebunden bleiben wollen. Und die „Einhörner“, die sich selbst so definieren, suchen kaum Beziehungen, sondern kommen nur, wenn sie das Bedürfnis haben, mit den Paaren zusammen zu sein.
Das passt zu dieser Aussage (Frau, 36) (3):
Das Beste war einfach das Gefühl, Teil von etwas wirklich Intimem zwischen ihnen zu sein. Als wären sie eindeutig sehr emotional und körperlich verbunden. Also, es war heiß, daran beteiligt zu sein.
Oder: (Frau, 33) (3)
„Das Beste daran ist die Aufregung, die Fantasien anderer Menschen zu erfüllen, während ich meine eigenen erfülle. Mit einem Paar zusammen zu sein, ist eine wirklich einzigartige Erfahrung, und ich fühlte mich frei, vergnügt und autonom.“
Die letzte Stellungnahme findet man häufig. Offenbar wollen die „Einhörner“ sowohl sexuelle Erfahrungen sammeln, sie andererseits aber auch wieder weitergeben, um Paare zu beschenken.
Was ist schlecht oder gut an einem Einhorn?
Der letzte Gedanke wendet sich an jene „guten Bürger“, seien sie feministisch, psychologisch oder „nur“ konservativ angehaucht. Diese Menschen raten den „Einhörnern“, sich selbst stärker zu respektieren. Was letzten Endes bedeuten würde, dass sie es nicht tun. Eine der meistgelesenen „Einhörner“ schreibt dazu (5):
Eines der wirklich frustrierenden Missverständnisse über sexuell abenteuerlustige Menschen ist, dass wir irgendwie weniger verantwortlich sind. Aber das Gegenteil ist der Fall. Wenn wir gemeinsam ein Licht auf die Sexualität werfen, sind wir weniger empfänglich für die dunklen Seiten, wie etwa Übergriffen und Traumata.
Im Grunde wissen wir das alle. Die Menschen, die bewusst Risiken eingegangen sind, haben sich stets besser kennengelernt als jene, die jedes Risiko vermieden haben. Wissen wir dies nicht sogar aus den „ganz gewöhnlichen sexuellen Erfahrungen der Jugendzeit?“
Man mag über „heteroflexible“ oder sexuell „fluide“ Personen denken, wie man will und was man will. Doch schon rein statistisch sind sie sehr, sehr selten. Und das bedeutet eben auch, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit vorsichtiger sind, als Ehemänner oder Ehefrauen, die sich auf einen ONS einlassen. Und vielleicht wirst du niemals ein Einhorn sehen – wie die meisten von uns.
(1) Der Name wurde verändert. Das Gespräch fand vor langer Zeit statt, und ich habe die Person völlig aus den Augen verloren.
(2) Wie in Wikipedia (deutsch) definiert
(3) nach "overview-mag"
(4) Nach Stellungnahmen aus Mens Health (auszugsweise)
(5) Vanityfair (Ausführlich)
Einige Zitate wurden stark gekürzt.
Kommentare
Ansicht der Kommentare: Linear | Verschachtelt