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 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
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Gleich und gleich – wie ein Psycho-Prinzip baufällig wurde

Ich habe es von der Dating-Branche vernommen, bis es mir aus den Ohren herausgekommen ist. Immer wieder wird behauptet, dass es „stichhaltige“ Beweise dafür gibt, dass sich „Gleich und gleich“ gerne gesellt.

Das klingt einleuchtend für Menschen, die sich innerhalb eines Landkreises oder Stadtteils zusammentun, Eltern aus ähnlichen Gesellschaftsschichten haben und ähnliche Bildungsangebote wahrgenommen haben. Mit einem Fremdwort bezeichnet man diese Eheform auch „Homogamie“ .

Nähe schafft Beziehungen - das ist die einfache Logik hinter "Gleich & Gleich"

Kein Zweifel – Nähe schafft leicht Beziehungen, Distanz eher nicht. Das ist die Wahrheit – und im Grunde die einzige bekannte Wahrheit.

Der Autor Malte Welding blickte 2011 aufs 16. Jahrhundert und schrieb etwas ironisch (Zitat,1):

Wir sind zwanzig Jahre alt, christlich getauft, Bauernsohn, Lieblingsbuch: die Bibel, Lieblingstanz: Reigen. Obwohl das Dorf klein ist und gerade mal 400 Einwohner hat, gib es … 40 Mädchen in unserem Alter, christlich getauft, Bauerntochter, Lieblingsbuch: die Bibel, Lieblingstanz: Reigen. Und wir kennen sie alle.

Das gilt – bei einigen Einschränkungen und etwas „Glättung“ auch heute noch für viele Dörfer und Kleinstädte. Dort wo ich heute lebe, duzen sich fast alle Menschen eines Jahrgangs und sie definieren sich zumeist über ihre Traditionen. Natürlich leben wir nicht mehr im 16. Jahrhundert, aber dafür gibt es ja den „Mainstream“, dem nahezu alle folgen wie einst dem Rattenfänger von Hameln. Die Masse lebt in Klischeevorstellungen und sucht diese Klischees auch in anderen – nur dass sich inzwischen sogar Klischees schnell wandeln und nicht mehr so einfach zu verstehen sind.

Runtersteigen vom hohen Psycho-Ross

Lassen wir es mal dabei. Für die meisten „gewöhnlichen“ Menschen sind „psychologische Persönlichkeitsmerkmale“ Gedanken aus einem fernen Universum. Wenn sie von „Gleichheit“ reden, dann meinen sie, dass beide Partner einem bestimmten, meist einfachen Lebensentwurf folgen sollten: Bodenständig, familienorientiert und unauffällig.

In den höheren Sphären des Geistes sehen viele Partnersuchende und Dating-Anbieter, die Psychologie. Lange Zeit wurde dem „gewöhnlichen Volk“ eingeredet, es gäbe einen „Goldstandard“ für „passende Partnerschaften“, und sie seien deren Verwalter. Wer die im Internet verfügbaren Zeitungsberichte liest, wird total verwirrt. Mal haben „Forscher“ festgestellt, dass „Gleichheit“ eine wichtige Voraussetzung für eine Ehe ist, dann wieder sind andere „Wissenschaftler“ zu der Überzeugung gekommen, dass Unterschiede wichtiger sind. Da die meisten von ihnen Psychologen und Soziologen sind, verwundert dies nicht: Man ist „unter sich“.

Zurück zu den Graswurzeln – was wirklich wichtig ist

Das Kartenhaus brach vor allem deshalb zusammen, weil die verwendeten Persönlichkeitsmerkmale (in der Regel zwischen drei und sechzehn) in Wahrheit keinerlei Aussagen über das „Gefühlsgeflecht“ zwischen Partnern zuließen. Inzwischen wird kaum noch eines der Modelle in reiner Form benutzt. Lediglich drei Eigenschaften sind nach Ansicht moderner Psychologen wirklich unerlässlich (stark gekürztes Zitat von Julia Peirano,2):

Das … wichtigste (ist) die Fähigkeit, sich anzuvertrauen, sich zu öffnen, intime Dinge von sich preiszugeben. Das zweitwichtigste ist ein Konfliktstil … (also) dass man sich auch entschuldigen kann und … auf aggressives und ungerechtes Verhalten verzichtet (…), und das dritte ist, dass man Robustheit hat … (und sich nicht) gleich aus dem Gleichgewicht bringen lässt.“

Auch bei der sogenannten „Gleichheit“, die angeblich „unerlässlich“ ist, treten Psychologen neuerdings gern einen Schritt zurück. Von „Gleichheit“ wir schon lange nicht mehr gesprochen, sondern mehr und mehr von „Ähnlichkeit“ – und selbst zu große Ähnlichkeiten sind nicht günstig für eine Beziehung: Paare benötigen normalerweise Ergänzungen – also Ähnlichkeiten und Unterschiede.

Eine andere Psychologin nennt dazu ein sehr simples Beispiel (Sandra Spreemann, 3):

Wenn der Pragmatismus (bei beiden) … sehr, sehr niedrig ausgeprägt ist … dann können die sich so gut verstehen wie sie wollen, der Kühlschrank bleibt immer leer. Und auch das birgt dann wieder Konfliktpotenzial, weil knurrende Mägen haben sie beide.“

Fasst man alle Aussagen und Meinungen zusammen, dann kann man feststellen, dass es keinen „Gleichheitsgrundsatz“ gibt. Es besteht lediglich die Hoffnung oder Überzeugung, dass beide einen gemeinsamen Weg gehen können, der aus „gutem Willen“, Konfliktstil, Problemlösungsfähigkeiten und innerem Gleichgewicht besteht.

Mit anderen Worten: Die „Psychologie der Partnerübereinstimmung“ und das angebliche „Prinzip“ der Gleichheit sind 2025 überholt. Die heutigen Psychologinnen und Psychologen sind wieder viel näher an den Graswurzeln - oder wenn man so will: bei uns, beim Alltag und bei sich selbst.

Eines wäre noch zu klären: Warum haben in der Vergangenheit so viele Unternehmen aus dem Dating-Bereich drauf bestanden, dass zwischen den Partnersuchenden "Gleichheit" herrschen muss? Es gibt einen ausgesprochen wahrscheinlichen Grund - und er ist ebenso einfach wie verblüffend. Mehr darüber in diesem ergänzenden Artikel.

Zitat (1): Aus „Frauen und Männer passen nicht zusammen …“, München 2011.
Zitate 2,3 Online im Deutschlandfunk.

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