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 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
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Zeitgeschichte, BRAVO und Homosexualität

Ach, liebe WOZ, es ist ja ganz schön, wenn man richtig recherchiert hat, dass Dr. Sommer einmal Marie Louise Fischer war. Aber wenn man sich beklagt, dass die BRAVO leider keine Vorreiterrolle bei der Sexualaufklärung spielte, sondern „bestenfalls ihr Spiegelbild war“, dann hat das mit der Wahrheit jener Jahre nun wirklich gar nichts zu tun. Wörtliches Zitat:

„Die «Bravo» ist nie liberaler als der Rest der Gesellschaft, sondern bestenfalls deren Spiegelbild gewesen.“


Wer selbst noch erlebt hat, wie die „guten Bürger“, Kirche, die Lehrerschaft und der restliche Gutmenschenklüngel jener Zeit die BRAVO (und die Zeitschrift „TWEN“) gesehen haben, der kann über solche Urteile nur Hohnlachen – und nebenbei bemerkt, mit etwas Recherche hätte sich dies durchaus noch herausfinden lassen.

Also – wie auch immer, des Menschen Meinung ist ja bekanntlich sein Himmelreich. So vernehmen wir denn auch dies: Der „alte“ Dr. Sommer war offenbar hilflos, denn

„Homosexualität galt in der «Bravo» noch bis 1966 als Krankheit, dem Thema Transsexualität wird gar völlig ratlos begegnet.“


Wer hat denn da vergessen, sich vollständig und umfassend zu informieren, bitte schön? Es hätte doch ein Blick in das Online-Lexikon Wikipedia genügt, um zu erfahren, dass BRAVO gar nicht anders konnte:

„Bis zur Reform des § 175 im Jahr 1969 arbeitete die Polizei dabei mit Spitzeln in der schwulen Subkultur und geheimen Rosa Listen, auf denen zahlreiche Namen von homosexuellen Männern verzeichnet waren.“


Es steht auch unzweifelhaft fest, dass die Psychologie erst sehr spät auf die Idee kam, Homosexuelle nicht mehr mit Fetischisten, Sadisten und Masochisten in einen Topf zu werfen, die damals (Zitat) als „Perversionen des Geschlechtslebens“ bezeichnet wurden. (Das Fischer Lexikon Psychologie - Herausgeber Peter R. Hofstätter, Ausgabe von 1975).

Glaubt da wirklich jemand, die BRAVO hätte da einen anderen Weg einschlagen können, einfach so? Zumal vielleicht noch dies gesagt werden sollte: Die BRAVO war niemals in erster Linie Aufklärungsmagazin, sondern eine Publikumszeitschrift für Teenies, denen es um ein bestimmtes Lebensgefühl ging, das sich um Schlagermusik drehte – und eben auch um Pubertät, Liebe und erste Sex. Selbstverständlich spielte „Dr. Sommer“ darin eine wichtige Rolle – aber der Sinn der Zeitschrift BRAVO war nun einmal nicht, die Gesellschaft zu reformieren.

Vielleicht liegt alle daran, dass niemand heute mehr so recht die Zeit zwischen 1960 und 1980 nachvollziehen kann, in der sich viele Ansichten änderten. Hinterher kann man immer mordsmäßig schlau sein und schreiben, alles hätte anders sein müssen. Es ist fast typisch geworden für die deutsche Wirklichkeit anno 2010: Man beurteilt die Welt nach den Zuständen, die man selber kennt – und die sind eben noch recht neuen Datums.

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