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 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
Warnung! Teile dieser Texte könnten mithilfe menschlicher Intelligenz erzeugt worden sein.

Frauen verführen Frauen – aus Liebe?

Bild © 2009 by Giorgio Montersino


Prolog: „Eigentlich sollte diesen Artikel eine Frau schreiben“, sagte mir mein Gefühl, doch ich fand weit und breit keinen weiblichen Menschen, der dazu bereit gewesen wäre. Auch Miss Y. wollet an das Thema nicht heran. Also: Nehmt hin, leibe Leserinnen und Leser, dass ich hier selber schreibe – und verreißt in euren Blogs diesen Beitrag, wenn ihr mögt – jeder Verriss nützt unserer Popularität.

Es ist schon lange her, als sich bei mir das erste Mal jemand bitter beklagte, er habe seine Ehefrau an eine Lesbe verloren, doch erst, als ich immer wieder ähnliche Geschichten hörte, begann ich vorsichtig zu recherchieren. Zugegeben, alles liegt schon einige Jahre zurück.

Es war die Blütezeit der Frauenbewegung, die sich damals noch parallel zur Psycho-Bewegung etablierte und die zudem Rückhalt in der progressiven politischen Szenerie fand. Es galt zudem als sehr schick, Frauenselbsterfahrungsgruppen zu besuchen. Dabei ergab sich, dass immer mehr Frauen, die sich selbst für heterosexuell gehalten hatten, mit lesbischen Frauen zusammenkamen. Aus den Begegnungen erwuchsen Beziehungen – das ist der Gang der Welt. Meine Einstellung war klar: Jeder Mensch hat das Recht, seinen Partner seiner Wahl zu finden – und ich akzeptierte auch, dass manche Frauen erst spät ihre wahren sexuellen Neigungen spürten. Warum eigentlich nicht?

Eines Tages saß ich mit Barbara zusammen, einer etwas knabenhaften Frau, die weder eine Freundin hatte noch in der lesbischen Szenerie lebte. Wie sprachen über die Erfahrungen der letzten Jahre, die Emanzipationsbewegung und wie Männer damit umgehen könnten. Doch als ich das betreffende Frauenzentrum erwähnte, lächelte sie gequält: „Da haben die Frauen doch ihr Frischfleisch hergeholt“, sagte sie leise.

Wenn Frauen andere Frauen verführen

In der lesbischen Szenerie wird das Thema gemieden wie heiße Kohlen: Niemand will sich die Finger verbrennen. Dabei geht es um etwas ganz Einfaches: Frauen, die andere Frauen verführen, und um Frauen, die absichtlich bestimmte Plätze aufsuchen, um sich dort von Frauen verführen zu lassen.

Das Wort „verführen“ wird hier gar nicht gerne gehört. Wie in der konservativen bürgerlichen Gesellschaft reagiert man auch hier ausgesprochen sauer, wenn von der „Verführung von Frauen durch Frauen“ die Rede ist. Besonders pikiert sind die Frauen, die „lesbisch sein“ als eine Lebensform („Lifestyle“) und nicht als eine sexuelle Möglichkeit ansehen. Demgegenüber bekennen Frauen außerhalb der Szene durchaus, dass sie sich ihr „Frischfleisch“ durch allerlei Verführungskünste besorgen. Skrupel haben sie dabei keine – da geht es ihnen ähnlich wie den männlichen Verführern auch. Barbara, eine 33-jährige etwas knabenhaft wirkende Frau lächelt nur, wenn man sie nach ihren Beziehungen fragt: Sie lebt, wie tausend Heterofrauen ihres Alters auch, „a la carte“, was konkret heißt: Kein Stammessen, was den Sex angeht, sondern wechselnde Beziehungen, am liebsten mit relativ jungen Frauen, die sie überall aufreißt.

Ich bin mir darüber klar, dass es niemals lange dauert“, sagte sie mir bei einem Gespräch während einer Tagung, „aber das macht mir nichts, weil es so viel aufregender ist“. Eine feste Beziehung will sie nicht eingehen: „Noch nicht, aber vielleicht auch niemals“ und, so fügt sie hinzu, „dann nicht mit dieser Art von Frauen.“

In der Tat sind ihre Beziehungen von kurzer Dauer: Ein paar Tage oder Wochen, dann, so sagte sie, sei die Faszination sowieso vorbei, und zwar auf beiden Seiten.

Eine andere Frau bestätigt dies: Sie ist erstens bisexuell und zweitens BDSM-Anhägerin und hat ebenfalls nichts dagegen, mal „ein Mäuschen tanzen zu lassen“. Sie weiß, dass solche Sätze in der Szene Empörung auslösen, aber da sie sich in zwei Szenerien auskennt, weiß sie auch dies: “Szeneleute vertragen die Wahrheit nicht“, sagt sie, „intern wird sich die schöne Welt zusammengelogen, aber in Wahrheit ist alles genau wie draußen, man nimmt sich, was leicht zu haben ist.“

Die Szene gibt sich edelmütig

Ihre Einstellung wird in der fundamentalistischen lesbischen Szene nicht gerne gehört – es wird fast behandelt wie ein Tabu. Dort lauscht man lieber der Feministin Monique Wittig, die in einem Gespräch mit Emma einmal sagte:

„Du kannst nur verführen, was du gern hast - im Gegensatz zur heterosexuellen Welt, wo 'man' verführt, um zu dominieren. Hier heißt verführen: lieben.“


Barbara lächelt, wenn sie so etwas liest. „Ich habe die Frauen immer gerne, die ich verführe“, sagt sie, „aber ich dominiere sie eben auch ein bisschen, das ist doch gerade der Spaß an der Verführung.“

Wer sind die jungen Frauen, die sie verführt? „Ach“, sagt sie, „die sind nichts als neugierig“. Dass sie „bi“ oder „lesbisch“ sind, glaubt sie nicht. „Die jungen Frauen wollten einfach mal probieren, wie es ist, mit einer erfahrenen Frau zusammen zu sein“, behauptet sie.

Ähnliche Erfahrungen machen auch Paare, bei denen die Ehefrau bisexuell ist: potenzielle Partnerinnen bleiben immer nur kurze Zeit, dann muss neu gesucht werden. „Eigentlich wollen diese Frauen heiraten und Kinder haben“, sagte erst kürzlich ein solches Paar einem Hamburger Redakteur.

Unterscheiden sich Bi-Frauen denn nun erheblich von lesbischen Frauen? Die meisten Bi-Frauen würde diese Frage wohl mit „Ja“ beantworten. Einige von ihnen leben mit festen männlichen Partnern, haben aber vorübergehen lesbische Affären, andere haben niemals daran gedacht, einen festen Partner des einen oder anderen Geschlechts zu akzeptieren. „Nur wenn ich unabhängig bleibe, kann ich die Nacht mit der Person verbringen, die ich wirklich will“, erzählt eine Bi-Frau, die viel auf Reisen ist, „wenn ich eine feste Beziehung habe, bin ich immer irgendwie abhängig“.

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