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 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
Warnung! Teile dieser Texte könnten mithilfe menschlicher Intelligenz erzeugt worden sein.

Der Cuckold – historisch und pornografisch

An keine Zeit gebunden: Der Hahnrei (Cuckold)
Dieser Tage lief mir wieder das „Cuckolding“ über den Weg. Und ich nahm mir die Zeit, den langen Weg in die Vergangenheit zu gehen, um dem „modernen“ Kuckucksweibchen auf die Spur zu kommen.

Seitensprünge – ganz normal?

Zunächst finden wir, dass im frühen Mittelalter „zahlreiche illegale Verhältnisse zu den … Selbstverständlichkeiten des Lebens“ gehörten. Solche Seitensprünge hatten dann und wann Folgen, und man beschloss, eheliche wie uneheliche Kinder gleich zu behandeln. Wer der Vater angeblich „ehelicher“ Kinder war, wusste ohnehin nur die Mutter. Das „Kuckuckskind“ wurde mit aufgezogen, auch noch in der bürgerlichen Epoche, denn man achtete auf die „Fassade“, nicht auf das, was tatsächlich geschah. Und so ging man sonntags eben mit „Kind und Kegel“ flanieren – das heißt „mit ehelichen und unehelichen“ Kindern.

Im alten England war der Cuckold ein beliebtes Thema

In der altenglischen Literatur ist der „Cuckold“ ein beliebtes Thema. Eine Frau, die mit einem anderen Mann schlief, beleidigte vor allem die Ehre des Ehemanns. Das lag daran, dass der Mann seine wesentliche Aufgabe ansah, die Ehefrau zu kontrollieren. Dabei zeigte sich oftmals das alte Schema: Je mehr die Ehefrau eingeengt wurde, umso mehr suchte sie einen Ausweg. Oder wie es in einem altenglischen Text (Die Eule und die Nachtigall) heißt:

Je öfter sie misshandelt wird, umso schneller erkennt sie ihre eigenen Bedürfnisse und versucht, sie zu befriedigen. Und Gott weiß, sie kann nicht anders, als ihn zum Hahnrei zu machen.


Der Hahnrei und die aufgesetzten Hörner

Womit wir beim „Hahnrei“ wären, dem deutschen Ausdruck für den „Cuckold“. Das Wort wirkt etwas angejahrt, aber man sagt immer noch: „Sie setzt ihm Hörner auf“, obgleich der Zusammenhang zwischen dem „kastrierten Hahn“ (Kapaun) und dem „Hahnrei“ kaum noch bekannt ist.

Immerhin wissen wir nun, was sowohl ein Cuckold wie auch ein Hahnrei ist. Ein Ehemann, dessen Frau offenkundig Sex mit einem anderen Mann hat. Der Ehemann ignoriert dies aber oder toleriert die Beziehung. Um den ehelichen Frieden nicht zu gefährden.

Von der Realität in die Pornografie

Doch wie kam der „Cuckold“ in die Varianten der erotischen Literatur und insbesondere in pornografische Filme?

Zunächst zur Literatur: indem man den „Ehebruch“ gemeinsam als eine Art Rollenspiel inszeniert. Das heißt, ein recht liberales, „sexpositives“ Paar überlegt, wie man das eigene Sexualleben „auffrischen“ könnte. Nach einigen Diskussionen und oft auch nach einem längeren Zögern wird dann ein Dritter gesucht, der in die Rolle des Liebhabers schlüpft. Im Verlauf des Geschehens lässt sich die Ehefrau physisch befriedigen, während der Ehemann weitgehend in die Rolle des Voyeurs schlüpft.

In pornografischen Filmen, in denen man traditionell schneller „zur Sache“ kommt, wird die Handlung oft verschoben. Die Ehefrau inszeniert die Beregnung als sexuell bedürftiges „Hotwife“. Der Ehemann wird mit dem Klischee des Schwächlings versehen, und der muskulöse und übermäßig potente „Dritte“ taucht ebenso schnell auf, wie er wieder verschwindet.

Heute – die Realität und die sinnliche Vorstellung

Gut – das wäre also das, was ist. Doch warum begeistern diese Geschichten, Filmszenen und Darstellungen so sehr? Und welche Gründe mag es geben, tatsächlich einen „Selbstversuch“ zu wagen?

Wenn ihr interessiert seid, verfolgen wir das Thema weiter. Interessant ist vor allem, wie sich das Thema „Cuckolding“ in den letzten Jahren verändert hat. Spielen Offenheit, Polyamorie, Heteroflexibilität und ähnliche Phänomene eine Rolle? Oder hat das Interesse an „Dreiern“ einfach zugenommen, die ja oft auch Cuckold-Elemente enthalten?

Die Redaktion ist gespannt, was ihr denkt.

Bild: Le cucu armé, historisch, Buchillustration.
Zitiert unter Verwendung von "Die deutsche Familie", Frankfurt 1974
Langzitat (keine wörtliche Übersetzung) nach publicmedievalist

Oralsex und andere Alternativen: Das aktive Stoßen und das sinnliche Aufnehmen

Unser Artikel „Oralsex und andere Alternativen: Das aktive Stoßen und das sinnliche Aufnehmen“ beschreibt in sachlicher Form und unter Berufung auf bekannte wissenschaftliche und seltene historische Quellen, wie Paare einander befriedigen. Der Artikel ist keine Anleitung, sondern dient ausschließlich der Information.
Eher selten - sinnliche Zehen als Comic

Noch vor einem Jahrhundert war es so gut wie unmöglich, alle Variationen des Geschlechtsaktes zu beschreiben – zumal, wenn es kein „vollständiger“ Geschlechtsakt zum Zweck der Zeugung war. Der Schweizer Psychiater August Forel schrieb 1905 (1), bei den sexuellen Variationen handele es sich um „sexuelle Perversionen durch Angewöhnung“. Demnach bedarf es eines „künstlich gereizten Sexualtriebes“, der in der „Abwechslung und der Sucht nach Seltsamkeiten“ Befriedigung sucht. Genannt wird von Forel sowohl „die Onanie“, wie auch „die Einführung des Gliedes in den Mund oder in den After“.

Die unendliche Varianten der gegenseitigen Befriedigung

Sowohl Fantasien wie auch Praktiken, die mit dem Penis zusammenhängen, nannte man zu jener Zeit noch „Irrumatio“. Das Wort bezeichnet das aktive Stoßen des Penis in eine Körperöffnung oder eine Körperstelle, die sich so weit verengen lässt, dass darin ein Penis aufgenommen werden kann. Theoretisch können es entsprechend eingesetzte Finger, Hände, Fußsohlen, Zehen, Oberschenkel, Armbeugen oder Brüste sein. Für einige der Praktiken gib es deutsche Wörter oder Fremdwörter. Bekannt sind Brustverkehr, Schenkelverkehr oder Achselverkehr. Zumeist (aber nicht ausschließlich) ist damit der aktive Geschlechtsverkehr auf einem weitgehend passiven Körper gemeint. In einem gewissen Gegensatz dazu steht die „aktive Aufnahme“ des Penis in den Mund (Fellatio) – und teilweise auch der sogenannte „Handjob“ oder der „Footjob“, bei denen die Reibung von der Partnerin ausgeht.

Die „heiße“ Literatur und die ausweichende Wissenschaft

In der erotischen Unterhaltungsliteratur des beginnenden 20. Jahrhunderts finden wir extrem häufig die Lust um „Gamahuching“. Das Wort wurde sowohl für Cunnilingus als auch für Fellatio benutzt, und man konnte es in einem einzigen Roman immerhin 660-mal finden. (2)

Interessanterweise schweigt sich die wissenschaftliche Literatur aus dieser Zeit über Oralverkehr nahezu völlig aus. Die 1930 erschienene „Bilderlexikon Sozialgeschichten“, (3) eigentlich ein „Sittengeschichtliches Bilddokument“ verweist bei „Fellatio“ auf „Cunnilingus“ und gibt dazu eine wenig aufschlussreiche Erklärung. Nur die 1963-er Ausgabe des Buches von Armand Mergens (4) „Sexualforschung in Wort und Bild“ zeigt uns anhand einer bekannten US-amerikanischen Quelle, (Kinsey) wie weit „Fellatio“ unter amerikanischen Frauen verbreitet war. Um die Zahlen zu nennen: Ungefähr die Hälfte der US-Amerikanerinnen (48 Prozent) gaben bereits 1940 Fellatio, während es bei einer späteren Studie (1980) bereits etwa 90 Prozent waren. (5)

Unverheiratete junge Paare – Befriedigung durch Petting

Manche Autoren behaupten, der Oralkontakt sei eine Folge des damals populären „Pettings“. Mit dieser Methode erfüllten sich Liebespaare oder verlobte Paare den Wunsch nach körperlicher Befriedigung. Die Abstufung war ungefähr so (6):

1. Streicheln über der Kleidung ohne Genitalien.
2. Streichen der Genitalien durch die Kleidung.
3. Lustvolles Berühren der Genitalien ohne finale Befriedigung.
4. Echte Befriedigung mit zahlreichen Methoden, aber ohne „echten“ Sex (PiV).

Der Schock über Fellatio und die Freude daran

Die Anzahl der Frauen, die im Laufe ihres Liebeslebens bereits Fellatio gaben, haben viele erschüttert. Wie kann es sein, dass ganz gewöhnliche, gebildete bürgerliche Frauen ihren Freunden, Geliebten, Verlobten und Ehemännern Oralsex schenkten? Hatte man dies nicht vor allem bei Frauen aus „einfachen Verhältnissen“ vermutet? Und wie gingen sie überhaupt damit um?

Einige neue Studien sagen aus, dass Frauen durchaus genießen, Männern Fellatio zu geben. Eine neue Befragung/Studie will sogar wissen, dass neuen von zehn Frauen wirklich Lust auf Fellatio hatten (7). Der Hauptgrund, dies zu tun, liegt allerdings darin, dem Partner eine besondere Freude zu bereiten.

Negative Erfahrungen beim Oralverkehr

Negative Erfahrungen sind allerdings im Lauf eines Frauenlebens nicht selten. So gaben über drei Viertel der Frauen an, schon einmal schlechte Erfahrungen mit dem „Blowjob“ gemacht zu haben. Dazu zählt verständlicherweise, dass manche Frauen sich unter Druck gesetzt fühlten oder tatsächlich unter Druck gesetzt wurden. Tatsächlich soll es auch Männer gegeben haben, die viel zu lange brauchten, um zu ejakulieren. Und schließlich war es die schlechte Hygiene, die Frauen abschreckte.

Überraschend mag auch sein, dass Fellatio offenbar nicht als Vorbereitung auf andere Aktivitäten geplant war, sondern als Sologenuss. Dafür spricht, dass die Teilnehmerinnen recht genau Angaben darüber machten, was mit dem Ejakulat geschah, nachdem es das Licht der Welt erblickte - oder eben die Dunkelheit der Mundhöhle.

Allgemein – Varianten ohne PiV und „Oral“ gibt es weiterhin

Oralverkehr ist nicht die einzige Art des Geschlechtsverkehrs, bei der nicht der „biblische Sinn“ des Liebesakts (PiV) angewendet wird. Vor allem Männer erleben eine ausreichende, teils auch als sehr lustvoll empfunden Befriedigung, wenn auf den Penis Reibung ausgeübt wird. Und obwohl das Gefühl nicht so intensiv sein mag wie bei Fellatio oder Vaginalverkehr, erlebt der intensive, lang anhaltende Handverkehr eine Renaissance. (Zum Beispiel als „Edging“,8).

Wissenschaft und Gefahren des Oralverkehrs

Wenn ihr die Werbung im Fernsehen beobachtet, ist euch sicher schon einmal aufgefallen, dass dort von einer „Impfung“ gegen „gewisse Risiken“ die Rede ist. Damit sind Risiken sexuelle übertragbarer Krankheiten gemeint, die bestimmte Krebsarten begünstigen können. Es ist sinnvoll, dazu einen Arzt zu konsultieren oder die betreffende Webseite des RKI aufzuschlagen, falls ihr euch objektiv informieren wollt. Auch die Webseite von ZEVA bringt ausführliche Informationen zum Thema, und ebenso das Portal lilli. für junge Frauen und Männer.


(1) August Forel: "Die sexuelle Frage"
(2) Historische Erotika und Gamahuche
(3) "Bilderlexikon Sittengeschichte" Nachdruck.
(4) "Sexualforschung in Wort und Bild" gibt sich besonders wissenschaftlich.
(5) Pubmed.
(6) Die meisten Dokumente darüber sind verschollen. Die Zahlen in "Schofield - das sexuelle Verhalten junger Leute" (USA), 1965 sind zu alt, um noch als Referenz zu taugen.
(7) Veröffentlicht in "The Bad Girls Bible" und anderwärts.
(8) In "Emotion" ausführlich beschrieben.
(9) RKI, Deutschland.
10) ZEVA, auch für ältere Erwachsene interessant
(12)Lilli (Oralverkehr, ausführlich) für junge Menschen

Gleichheit als Fetisch der Partnerwahl?

Gestern habe ich über Gleichheit bei der Auswahl der Partner geschrieben – und mich dabei hauptsächlich mit KI und ähnlichen Randerscheinungen beschäftigt.

Heute will ich Tacheles reden. Denn weder der Volksmund noch die Wissenschaft haben die Weisheit mit Löffeln gegessen. Sie ist – Pardon, liebe Wissenschaftler – viel einfacher.

Die Orte der Gleichheit - Dorf, Kleinstadt, Kiez, soziale Umgebung

Ich schaue mal auf das Dorf, die Kleinstadt oder das Stadtviertel, auch „Kiez“ genannt. Man weiß, wer noch ledig ist, und natürlich auch, wer einen Partner sucht. Und man kennt die Menschen über 25, die noch „zur Verfügung“ stehen. Die meisten davon sind „uns gleich“. Nehmen wir Hanni – es ist nicht ihr richtiger Name. Sie wurde in einem überschaubaren Viertel der großen Stadt geboren, ging dort zur Schule, heiratete den Sohn des Nachbarn und lebt weiterhin dort. Sie hätte nie nach Gleichheit gefragt. Warum auch?

Die Verschiedenheit beginnt, wenn du Neuland betrittst

Das ist bis heute noch ähnlich – wer sein Dorf, seine Kleinstadt oder sein Stadtviertel verlässt, kommt mit der Verschiedenheit in Berührung. Wer gar in eine andere Stadt oder in ein anderes Land zieht, spürt die Verschiedenheit in jedem Fall – und besinnt sich manchmal auf „Gleichheit“, also den „Menschenschlag“, den er kennt.

Der Weg in die Verschiedenheit kann vielfältig sein. Manchmal reicht ein anderes Stadtviertel mit anderen sozialen Bedingungen, in dem die Menschen plötzlich als „interessanter“ erscheinen. Manchmal ist es der Weg von West nach Ost, von Nord nach Süd.

Der Weg in die Verschiedenheit - von der Zeitungsanzeige zum Online-Dating

Der klassische Weg für Partnersuchende über 25, war lange Zeit die „Zeitungsanzeige“, mal unter „Heiraten“ und mal unter „Bekanntschaften“ aufgegeben. Sie brachte Personen zusammen, die zunächst einmal single waren, aber nicht zwangsläufig aus dem gleichen Milieu stammten. Wer diesen Weg ging, musste sich darauf einlassen, dass er oder sie nun auf Menschen traf, die abweichende Lebensentwürfe hatten.

Die sogenannten „Single-Börsen“, „Online Partnervermittler“ und „Apps“ ermöglichten zu Beginn des 21. Jahrhunderts dann Reisen kurz und quer durch den Menschenzoo. Und bevor daraus „die große Wurstfabrik“ der Gefühle wurde, bei denen man die Haut zu Markte trug und sonst gar nichts, erfand man das „Matching“ - auch „Partnerübereinstimmung“ genannt.

Der Versuch, neue Gleichheiten zu erschaffen

Das beruht auf der einfachen Tatsache, dass wir uns am wohlsten fühlen, wenn wir Menschen treffen, die uns ähnlich sind – also solche, die aus dem gleichen „virtuellen Kiez“ kommen. Also versuchte man, Personen zusammenzuschweißen, die in einer „relativen Nachbarschaft“ (etwa 25 Kilometer) wohnten. Dazu kam noch die Bildung, die als Wertstufe angesehen wurde, und der Beruf, um den sozialen Status zu ermitteln. Sozusagen „obendrauf“ kamen noch zwei oder drei Begriffe aus den fünf Standards der Psychologie („Big Five“) – und fertig war die Liebeslaube. Der Zeitgeist brachte später noch einige umstrittene „Passungen“ mit: beispielsweise Musikgeschmack und Freizeitaktivitäten.

Psycho-Fetische, Respekt vor dem Individuum und das reale Leben

Mit den Jahren wurde die Gleichheitshypothese immer mehr zum Fetisch der Wissenschaft. Krass gesagt; man liebte es, den Menschen auf ein paar Fummel seiner Psyche zu reduzieren, statt ihn mit seinen großartigen Möglichkeiten zu respektieren.

So weit die Theorie. Ob es bei einem Paar „passte“ lag letztendlich an den beiden Personen, die in der „Persönlichkeit“ des anderen oft eher eine „Ergänzung“ als eine „Übereinstimmung“ suchten. Von Liebe, Lust und Leidenschaft ganz zu schweigen.

Und abseits des Online-Datings? Wie verhält es sich da?

Höchst einfach. Wenn wir einen völlig fremden Menschen kennenlernen, fallen uns zuerst die Unterschiede auf. Das heißt, wir wissen meist recht genau, was uns unterscheidet. Suchen wir jedoch nach Gemeinsamkeiten, so zeigen sich diese erst dann, wenn wir miteinander etwas unternehmen – und zwar nicht nur einmal und nicht immer das Gleiche. Wir müssen uns also darum bemühen, die Gemeinsamkeiten zu entdecken.

In diesem Rahmen bemerken wir dann auch, welche „Gleichheiten“ gefallen, welche Ähnlichkeiten wir schätzen, welche Ergänzungen uns nützen und welche Unterschiede wir positiv nutzen können. Und nun, gegen Schluss, zitiere ich nochmals den Schweizer Psychiater und Psychoanalytiker Jürg Willi. (1) Er fragte:

Ergibt sich die kollusive (2) Ergänzung der Partner aus ihrer vorbestehenden Persönlichkeitsstruktur oder erst aus einem beiderseitigen Anpassungsprozess?

Und er fand eine einfache Antwort auf diese Frage:

Jeder erlebt und verhält sich als Persönlichkeit anders, je nachdem, mit welchem Partner er in Interaktion (3) steht.

Was das bedeutet? Nicht mehr und nicht weniger, als dass wir dafür sorgen müssen, dass wir eine Gleichheit in der Verschiedenheit finden und die Verschiedenheit anerkennen, die auch bei Gleichheit besteht.

(1) Jürg Willi "Die Zweierbeziehung", Original 1975 Reinbek, zitiert aus der 6.Auflage von 2022, Seite 227.
(2) das ergänzende Zusammenspiel.
(3) Gemeinsames Handeln oder miteinander kommunizieren.

Künstliche Intelligenz – Gesichter und Profile vergleichen, Profile schreiben, und Antworten?

„Künstliche Intelligenz“ ist zum neuen Orakel geworden, soweit sie von Dating-Anbietern eingesetzt wird. Eines der neuesten Beispiele ist die „Übereinstimmung der Gesichter“. Nun haben inzwischen viele von euch ein Mobiltelefon, das euer Gesicht „erkennt“. Das heißt, dass euer Gesicht in Merkmale zerlegt wird, und die (hoffentlich) mithilfe einer Kamera und der entsprechenden Software wiedererkannt werden können.

Das angebliche Gleichheitsprinzip und künstliche Intelligenz

Tatsächlich wird oft behauptet, dass wir uns „an übereinstimmenden Gesichtsmerkmalen“ orientieren. Dahinter steht die „Ähnlichkeitstheorie“, die sich im deutschen Sprichwort „Gleich und gleich gesellt sich gerne“ niederschlägt. Das Problem bei dieser These ist, dass niemand genaue Daten darüber hat, worin die „Gleichheit“ oder „Ähnlichkeit“ besteht. Und darüber hinaus, ob sie beispielsweise milieubedingt ist, auf welchen Persönlichkeitsmerkmalen sie beruht oder welche anderen Merkmale zur „Gleichheit“ oder „Ähnlichkeit“ herangezogen werden könnten. Tatsächlich begibt sich die Forschung hier auf ein morastiges Gebiet, wie der Schweizer Therapeut Jürg Willi eindrucksvoll erläuterte. Er meinte, dass die Diskussion überwiegend auf einer unklaren oder falschen Fragestellung beruht.

Wenn wir einander gut verstehen, fühlen wir „gleich“

Tatsächlich könnte es sehr einfache Kriterien für die Ähnlichkeiten geben. Die wenigsten Menschen schwimmen quer durch die Sozialsysteme, um dort beliebig nach Partnern zu suchen. Vielmehr orientieren sie sich an Menschen, die sie vermutlich verstehen werden und von denen sie verstanden werden. Sie sind aus nahe liegenden Gründen „ähnlich“.

Der Mythos ähnlicher Gesichter

Bei den Gesichtern ist es so: Wir suchen überhaupt nicht nach „ähnlichen“ Gesichtern – das ist wissenschaftlicher Humbug. Vielmehr suchen wir nach Gesichtern, die uns „vertraut“ erscheinen. Das heißt, sie sind uns ähnlich, weil sie unseren Mustern von „Ähnlichkeiten“ entsprechen und nicht, weil sie tatsächlich „ähnlich sind“. Das gilt für psychische Merkmale ebenso wie für Gesichter. Falls du einen großen Freundeskreis hast oder dich in einer entsprechenden Umgebung (Großstadt) befindest, kannst du leicht den Test machen. Frage dich einfach mal, wie viel junge heterosexuelle Paare dir begegnen, deren Gesichter tatsächlich „gleich“ wirken? Allein die Annahme ist absurd – wie viele Männer gehen als „Doppelgänger“ des Aussehens von Frauen durch? Oder wir oft hat dir wirklich schon jemand gesagt: „Ach ich dachte, er wäre dein Bruder (deine Schwester)?“

KI wird gründlicher – und bleibt dennoch unzuverlässig

Kommen wir zurück zur KI: Vermutlich wird die KI in Zukunft sehr genau feststellen können, welche Gesichter ähnlich sind, weil es dafür Kriterien gibt. Allerdings ist die Mimik durchaus unterschiedlich, was auf Fotos nur selten zu erkennen ist, da diese normalerweise in ähnlichen „Fotografier-Posen“ aufgenommen werden – also alle in einem ähnlichen „Zustand“. Die Vermutung, dass identische Gesichtsmerkmale tatsächlich zu Beziehungen führen, ist nur eine Annahme – ebenso, wie es eine reine Hypothese ist, dass diese Beziehungen besonders tragfähig wären. Das wird noch deutlicher, wenn man dies simplifiziert: „Ich will doch nicht meine Schwester heiraten.“

Texte sind oft nur Schall und Rauch – über Profile und Antworten

Was die „Übereinstimmung“ in Profilen betrifft, ist die KI noch hilfloser. Sich in einem Profil exakt zu beschreiben, erfordert schon im Grunde, dass man sich „selbst kennt“ und sicher auch die Bedürfnisse, die andere erfüllen sollen. Das ist tatsächlich sehr selten der Fall. Meist werden in Profilen eher populäre, austauschbare Begriffe verwendet. Mit denen fängt die KI genau das an, was sie aussagen: Sie findet das Gemeinsame in Belanglosigkeiten – und sie kann gar nichts anders.

Einfältige KI für einfältige Partersuchende

Auf den Plattformen der Besserwisser ist allerdings längst klar: Bei den üblichen Verdächtigen wird behauptet, dass Profile, die mithilfe von KI erstellt wurden, deutlich bessere Chancen hätten. Und natürlich hätten auch entsprechende Anfragen deutlich bessere Chancen. Dabei erweist sich die KI als so einfältig, wie sie nun mal ist. Sie gibt Reiten als Hobby an, die KI schlägt ihm vor, doch mal mit ihr auszureiten.

Die Entmenschlichung durch KI beim Dating

Die Kritik an solchen Spielchen ist durchaus angebracht. Wer mithilfe von KI ein Profil erstellt, erschafft möglicherweise eine Kunstperson, die gar nicht existiert. Und die Antworten – per KI erdacht – klingen ähnlich wie von Kunstpersonen gestaltet. Was sich am Ende begegnet, ist also eine Worthülse, die auf eine andere Worthülse trifft – und wenn man Pech hat, dann handelt es sich wirklich um nicht mehr als eine Worthülse.

Sex zwischen Kunstpersonen – und doch real?

Tatsächlich hat KI bei der Partnersuche in Wahrheit nichts verloren. Echte Profile und authentische Antworten bergen zwar das Risiko des Scheiterns – aber das gehört zum Menschsein.

Verschiebung der Fakten - Sex, Personen und KI-Profile

Spinnen wir den Faden einmal weiter, so ist zweifellos ein Risiko, sich eine Beziehung zu wünschen und in einem ONS zu landen. Dahinter steht ja oft: „Wenn er (sie) aufgrund (seiner) ihrer Persönlichkeit nicht infrage kommt, kann ich immer noch schönen Sex mit ihm (ihr) haben.“ Das ist immerhin eine Entscheidung unter echten Menschen.

Wenn aber ein KI-Profil mit einem KI-Profil vögelt, und beide sich ohnehin nie als Person sehen, sondern bestenfalls als Ausdruck der nackten Begierde – wie würdest du das nennen?

Ich habe die Fakten im Beispiel bewusst auf einen ONS reduziert. Denn es ist allemal einfacher, sich für eine Nacht täuschen zu lassen oder sich selbst zu täuschen als für ein halbes Jahr. Und gerade das kann leicht passieren, wenn die Kommunikation auch nur einseitig von einem Chatbot geführt wird, der mit blumig programmierter KI Liebesschwüre ablässt.

Behauptung: Dating per Gesichtsvergleich
Mehrere, teils kontroverse Fakten zur Ähnlichkeit: Desired.
Quelle für "Profile und Antworten" (deutsch)
Englisch im Original (mashable)
Jürg Willi "Die Zweierbeziehung", Original 1975 Reinbek, zitiert aus der 6.Auflage von 2022.

Was ist nun eigentlich die „Psychologie des Datings“ wirklich?

Ein Paar spricht ernstlich über Gefühle
In diesem Beitrag will ich alles ganz einfach machen: Die Psychologie des Datings liegt im Verhalten von Dir und deinem Gegenüber. Und die psychologische Methode, mit der ihr beide vorgehen könnt, ist das gemeinsame Gespräch, also die Kommunikation.

Über sie tauschen wir alles aus, was wir voneinander wissen wollen. Wir hatten mit der „Erscheinung“ begonnen: Wir checken ab, ob jemand groß oder klein, selbstbewusst oder angstvoll auftritt und wie dies alles „auf uns wirkt“.

Im nächsten Schritt versuchen wir, etwas über den anderen herauszufinden, das für uns selbst wirklich interessant ist. Doch hier lauert die erste Falle.

Wie du es wirklich falsch machen kannst

Solange wir an der Oberfläche herumkratzen, oder nicht aus vollem Herzen von uns selbst reden, erfahren wir so gut wie gar nichts über andere. Üblicherweise wird dann nach „der Freizeit“ gefragt – also nach dem, mit dem eine Person ihre Zeit verbringt, solange sie Single ist. Die Antworten bringend dir so gut wie gar nichts. Du verbringst fünf Tage die Woche in der Muckibude? Na schön. Aber will ich das als Fragesteller wirklich wissen? Oder warum du so oft mit Freundinnen/Freunden „abhängst“? Könnte es vielleicht sein, dass du all dies tust, weil dein Leben sonst unausgefüllt ist?

Und wie Kommunikation wirklich funktioniert

Sieh mal – die einzige Frage zur Freizeit, die dir nützt, wäre: „Was interessiert dich außerhalb deines Berufs?“ Wenn du so fragst, bekommst du garantiert bessere Antworten, weil diese Antworten „über den Tag hinausgehen“. Oder mit anderen Worten: Du erfährst etwas über die Neigungen, Veranlagungen oder sogar über die geheimen Wünsche der anderen Person.

Nein, dies ist keine Frageanleitung. Es ist nur ein Hinweis darauf, auf welche Fragen du Antworten erwarten kannst, die etwas mit dir (und sinnigerweise auch mit euch) zu tun haben. Es sind stets Fragen, die dazu dienen, neben der reinen Information auch einen Hinweis darauf zu geben, welch Gefühle damit verbunden sind. Nehmen wir dazu noch mal das beliebte Thema „Urlaub“: Die Frage „wo warst du schon überall?“ Ist relativ belanglos. Sie lässt ich aber ergänzen mit „Und was hast du in … erlebt, was dich begeistert hat?“

Die Beziehung beginnt mit dem Wohlfühlen

Für eine Beziehung – ich erwähne das oft – geht es überwiegend um die Frage: „Kann ich mir in dieser oder jener Situation mit meinem Gegenüber wohlfühlen?“ Oder: „Kann ich mir dies wenigstens vorstellen?“ Die Frage, die du dir (und deinem Gegenüber) sehr persönlich stellen kannst, ist daher beispielsweise „was isst du am liebsten zum Frühstück?“ Oder „welche Bilder hängen an deinen Wänden?“ Und sie haben einen Vorteil: Sie führen nahezu automatisch dazu, etwas Intimes von sich preiszugeben. Schließlich wird jeder, der sich eine Beziehung vorstellen kann, auch davon träumen, einmal mit dir aufzuwachen.

Falls euch das überrascht: Ja, Kommunikation ist wirklich der wichtigste Teil der „Psychologie der Beziehungen“. Sie bringt uns einander näher, sobald wir versuchen, wirklich etwas voneinander preiszugeben.

Ach - wann ist dein nächstes Date? Versuch doch einfach mal, die Person zu ergründen, die vor dir sitzt. Das wolltest du doch eigentlich schon immer, oder?
Falls du ein Buch benötigst: Versuch es mal mit "Miteinander Reden" von Friedemann Schulz von Thun. Es sagt dir viel mehr als ich es hier kann.