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 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex

Wenn die Liebe eine Illusion ist - wie wird sie dann real?

Illusionen zulassen oder Realitäten entwickeln?
In diesem zweiten Teil über Illusion und Realität in der Liebe kommt das Kennenlernen ins Spiel. Und vom Zeitpunkt des Kennenlernens bis zur Zweisamkeit spielen Illusionen eine übermächtige Rolle. Wir empfehlen, in jedem Fall den ersten Teil nachzulesen. Inn ihm erfahrt ihr, warum Liebe eigentlich nur eine Illusion ist.

Wie Illusionen über die Liebe entstehen

Ich habe im ersten Teil behauptet: Schneller als die Realitäten wachsen die Illusionen. Nun will ich dies genauer begründen.

1. Du hast ein Date und behauptest hinterher, du hättest dich sofort mit der anderen Person verstanden.
2. Aufgrund der ersten Erfahrungen nimmst du an, dass es mit dieser Person auch in Zukunft so toll weitergeht.
3. Dadurch weckst du die Illusion von der „perfekten Person“.
4. Die „schönen Momente“ der ersten Treffen brennen sich bei dir ein. Du denkst immer wieder daran. Er oder sie „geht dir unter die Haut“.
5. Du bindest dich an jemanden, von dem dir wesentlich mehr Illusionen als Wirklichkeiten bekannt sind.

Und vor allem machst du dir keine Gedanken, was die andere Person über etwas denkt, was für dich „Wir“ ist.

Wie du Realitäten der Liebe erschaffst

Das Wichtigste zuerst: Es geht nicht ausschließlich um Dich. Also nicht nur um deine Freude, deine Lust, deine Zukunft. Wenn du dich an jemanden bindest, ist eine minimale Basis von Emotionen und Absichten nötig. Das heißt, du solltest genauer wissen, wie diese Person mit ihrer Freude, ihrer Lust oder ihrer Zukunft umgeht. Das ist schon die Hälfte von dem, was wir benötigen, um eine reale Beziehung aufzubauen. Der ganze Rest besteht darin, halbwegs zu wissen, wohin die Beziehung führen soll und was ihr in dieser Beziehung sucht. Und bevor ich es vergesse: Wie viele Freiraum ihr beide für euch selbst benötigt. Dies alles solltest du schon wissen, bevor du dich an ihn oder sie fest bindest. Und der beste Weg besteht darin, sich oft „Mitten in der Wirklichkeit“ zu treffen.

Wahre Liebe? Was für eine monströse Wortkombination. Wir tun gut daran, sie zu vergessen. Jemanden innig zu lieben und eine ebensolche Liebe von ihm/ihr zu empfangen, ist ein Geschenk, das wir wahrhaftig genießen sollten.

Ist deine Liebe real oder eine Illusion?

Die Illusion, begehrt zu sein und geliebt zu werden ...
Die Frage, „wie wirklich die Wirklichkeit wirklich“ ist, beschäftigte schon viele Philosophen, aber auch durchaus Biologen, Mediziner und manche Psychologen. Ronald D. Laing hat einmal gewagt, einen Gedichtband mit dem Titel „Liebst du mich?“ Zu verfassen. Wer ihn kritisch liest, bemerkt schnell: Wenn du nach dem „Wahrhaftigen Beweis deiner ehrlichen Liebe“ befragt wirst, scheiterst du kläglich.

Liebe ist eine gewollte Illusion

Im Grunde wissen wir ziemlich genau, dass Liebe eine Illusion ist. Und wir schrecken nicht einmal davor zurück. Das ist gut so, denn die Illusion ist Bestandteil der Natur. Unser Körper produziert Drogen, die uns zusammenführen. Sie wirken mal heftiger und mal weniger heftig, und sie führen zu spontanem Sex, können aber auch Beziehungen stabilisieren. Zunächst aber – und das wird ständig verkannt – wirken sie auf uns selbst und nicht zwangsläufig auch auf andere. Das heißt: Wenn ich oder du dich „verliebt fühlst“, dann empfindest du diesen Zustand und kein anderer.

Die wahre Liebe ist wahr, wenn sie beide für wahr halten

Wann können wir also von Liebe reden? Das ist sehr einfach. Wenn zwei Menschen für wahr halten, dass sie einander lieben. Erstaunlicherweise wirken dabei enorm viele Faktoren mit. Es reicht nicht, eine Art „Übereinkunft durch verbale Kommunikation“ herzustellen. Sagst du also zu jemandem „Ich liebe dich“ und die andere Person sagt dies auch, so bedeutet dies nicht viel. Es ist ein Versuch, eine Bindung herbeizureden, mehr nicht. Ähnlich verhält es sich mit der „nonverbalen“ Kommunikation. Wir versuchen, mit ein paar Küssen oder einigen sexuellen Begegnungen unsere Art von „Fakten“ zu schaffen. Aber das ergibt noch keine „Wirklichkeit“.

Also: Sobald eine minimale Basis erreicht ist, auf der beide Partner sehr ähnliche Emotionen miteinander teilen, sprechen wir von Liebe. Und dies Leibe ist so wirklich, wie beide daran glauben, dass sie wirklich ist. Das ist im Grunde genommen schon das ganze Geheimnis „wahrer“ Liebe.

Vom ersten Date bis zu diesem Zeitpunkt ist das Paar allerdings schon einen weiten Weg gegangen. Wir können ihn nicht genau voraussagen: Einige Monate benötigt man jedoch auf jeden Fall, bis wir annehmen, die „wahre“ Liebe gefunden zu haben. Und wie real ist die Realität dieser angeblich „wahren“ Liebe?

Warum die Illusionen oft erfolgreicher sind

Nein, die Liebe ist nicht sehr real. Und das liegt vor allem daran, dass unsere Illusionen mit viel höherer Geschwindigkeit wachsen als unsere Realitäten. Das liegt vor allem an den Realitäten selbst. Sie haben oft diese kleinen Häkchen, die der Alltag mit sich bringt. Und leider auch Menschen, die uns die Beziehung wahlweise „schön reden“ oder „ausreden“ wollen. Und in diesen Realitäten wechseln auch die Dimensionen: Wie weit darf der andere gehen, um unser Leben zu teilen oder gar zu beherrschen? Und nicht zuletzt: Will er/sie das überhaupt?

Halten wir fest: Die Illusionen wachsen schneller als die Realitäten.

Lest im zweiten Teil, warum ihr möglicherweise einer Illusion verfallt - und wie die Realität der Liebe entsteht.
Bild hier: Obeliske, Henri-Pierre Picou, 19. JH, Frankreich

Sie sucht ihn – anno dazumal und heute

Wer schon einmal „Content“ für Dating-Seiten geschrieben hat, der weiß: Die Kernaussage muss ziemlich oft wiederholt werden, aber nicht so oft, dass die Sache fadenscheinig wird.

Gerade bin ich wieder auf einen solchen Artikel gestoßen, und so beginnt er (1):

Werfen wir einen Blick auf Dating-Plattformen und andere Singleportale springen uns sofort die „sie sucht ihn“-Inserate ins Auge. Annoncen, hinter denen Frauen stecken, die das Ruder selbst in die Hand nehmen ...

Die "guten alten" Kontaktanzeigen lassen grüßen

Im Grunde ist dies auf die uralten Kategorien in Bekanntschaftsanzeigen (manche werden sich noch erinnern) zurückzuführen. Die „Edelmagazine“ und Tageszeitungen boten „Heiraten“ einerseits und „Bekanntschaften“ andererseits. Beide wurden wieder aufgeteilt nach „Er sucht sie“ und „Sie sucht ihn“. Je nach Rechtslage und Ausrichtung der Gazetten kamen noch „Er sucht ihn“, „Sie sucht Sie“ oder „Paar sucht …“ dazu.

Schwaches Angebot für eine "Sie", die mit über 50 sucht ...

Anno 1982 schrieb Werner Flesh (2): Die Damen seien in der Regel über 50, und sie lockten nicht selten mit ihrem Vermögen – und falls die nicht vorhanden sei, mit einer „guten Rente“. Das lag und liegt letztendlich daran, dass der Markt für Frauen damals schon ab 45 Jahren wüstenartig ausgetrocknet war. Und obgleich das Alter der „späten Liebeslust“ inzwischen längst bei „über 55“ liegt, ist die Sache selbst immer noch so wie damals – davon habe ich mich gerade überzeugt (3).

Angebote junger Frauen bei "Sie sucht ihn" sind rar

Ja, das Ruder … davon gingen wir ja aus. Tatsache ist: Nach wie vor soll der Mann suchen, Treffen vorschlagen und einladen. Frauen suchen tatsächlich immer häufiger. Schon in den 1990er-Jahren wurde klar, dass vor allem Akademikerinnen nach ihren ersten Berufsjahren selber suchten – meist vorsichtshalber unter „Heiraten“. Bei bestimmten Zeitschriften war das Angebot unter „Sie sucht ihn“ sogar recht hoch. Das waren aber Ausnahmen.

Aber sonst? Ich als neulich noch eine empörte Stellungnahme, dass „Frauen schließlich umworben werden wollen“, was sie eigene Suche im Prinzip unmöglich macht.

Das "Aus" für "Sie sucht ihn"

Ja – und wer sind sie nun, die jungen Frauen, die unter „Sie sucht ihn“ annoncieren, werben oder sich als „partnersuchend“ outen?

Machen wir es kurz: Die Kategorie „sie sucht ihn“ existiert kaum noch, es sei denn in Tageszeitungen. Sie wurde geschaffen, um die Übersicht zu erleichtern. Heute ist der Sinn dieser Kategorien verlorengegangen. Wer sucht und Frau ist, sucht bei den gewöhnlichen Online-Anbietern normalerweise einen Mann – und umgekehrt suchen Männer überwiegend Frauen.

Spieler(innen) in anderen Ligen suchen anders

Es gibt durchaus Frauen wie auch Männer, die in anderen Ligen spielen: Sei es die Suche nach erotischen Begegnungen, sei es, dass sie sich gleichgeschlechtliche Kontakte vorstellen oder dass sie „heteroflexibel“ sind.

Darum geht es aber gar nicht, sondern eher um das traditionelle Rollenbild, das noch in ausgesprochen vielen Köpfen eingemeißelt ist. Demnach sollte sich keine Frau die Blöße geben, den ersten Schritt zu machen. Und schon gar nicht den Schritt über die Schlafzimmerschwelle.

In der Natur sucht das Weibchen - und wie ist das bei Menschenfrauen?

Sie sucht ihn? Ja, warum denn nicht? In der Natur wählt das weibliche Tier sich ein Exemplar für das Zusammenleben und möglichen Nachwuchs. Und sehr wahrscheinlich tun dies auch die Menschenfrauen, solange sie die Wahl haben.

Was wir „real“ erleben, sind oft Affentänzchen der Eitelkeit. Ob diese sein müssen? Ich bezweifle es sehr.

(1) Gelesen im "Express"
(2) "Nur ernstgemeinte Zuschriften erbeten", Düsseldorf 1982
(3) Da wir keinerlei Werbung für kommerzielle Webseiten betreiben, verlinken wir nicht.

Von der Schwierigkeit, ehrlichen Rat zum Dating zu geben

Seit Jahrzehnten derselbe Unsinn - wie du jede Frau haben kannst
Gestern las ich einen Text, der sich mit Männern beschäftigt und mit dem, was man „Beratungsresistenz“ nennt. Eine Frau führte dabei aus:

Ich schreibe viele Artikel über Dating und Beziehungen und die meisten von ihnen zielen darauf ab, Männern zu helfen, ein befriedigenderes Liebesleben zu führen.

Für mich persönlich ist erstaunlich, dass sehr viele Männer auf windige „Erfolgssysteme“ hereinfallen. Ob es darum geht, jeden Tag 1.000 Euro zu verdienen, die Karriereleiter sprunghaft zu überklettern oder Frauen wie ein Magnet anzuziehen – Männer glauben einfach, dass dies für sie funktionieren könnte. Die junge Frau schrieb dazu weiter:

(Obwohl diese Männer professionellen Rat in den Wind schlagen) … haben (sie) kein Problem damit, auf den Rat von PUAs Künstlern und toxischen Kumpels zu hören, die Frauen als Ware ansehen und ihren männlichen Kunden raten, Frauen schlecht zu behandeln.

Das mag eines der Luxusprobleme der Männer sein. Das eigentliche Problem ist viel einfacher. Es ist das Prinzip, den Eigenwert erheblich zu überschätzen. Man nennt das den Overconfidence-Effekt, also den Effekt, sich selbst zu überschätzen.

Er geht so:

1. Niemand will Durchschnitt sein.
2. Die meisten Menschen sind aber Durchschnitt.
3. Ordnet sich jemand bei den „Überdurchschnittlichen“ ein, fühlt er sich möglicherweise besser.
4. Leider entspricht dies nicht der Realität – sein „Marktwert“ bleibt gleich.
5. Weil unser Held sich selbst überschätzt, „bellt er die falschen Bäume an“ – und versagt dabei.

Gibt es überhaupt einen Unterschied im Verhalten von Frauen und Männern, was „Fehleinschätzungen“ angeht?

Worauf Frauen hereinfallen

Ich bin mal ketzerisch und behaupte, die PUAs der Frauen heißen „Redakteurinnen bei Frauenzeitschriften“. Manche von ihnen raten vor allem jungen Frauen, sich „nicht für weniger herzugeben als den idealen Mann“. Liest die Frau nicht die Ratgeberseiten, sondern ist sie an einem schlanken Körper interessiert, an einem verführerischen Make-up oder raffinieren Dessous, so lernt sie alles über die Möglichkeiten, sich besser zu vermarkten. Vor allem, wenn sie Durchschnitt ist.

Und aus dieser Sicht sind Männer und Frauen ähnlich naiv. Beide Geschlechter glauben, sich mithilfe einer Illusion von der Masse abzusetzen. Der Unterschied? Nun ja. Ich las anderwärts, dass der bereits erwähnte Effekt, die „Overconfidence“ ausgeprägter sei als bei Frauen, weil sich Frauen angeblich weniger überschätzen.

Die Hoffnung, etwas "hinzubiegen" und ehrlicher Rat

Ich beobachte das etwas anders: Männer haben offensichtlich eine natürlich-naive Einstellung, „besser“ zu sein. Frauen hingegen wird eingeredet, sie verdienten nur das Beste, und mit ein bisschen Illusion ließe sich das schon „hinbiegen“.

Oh, ich vergaß etwas. Wer „ehrlichen Rat“ geben will, hat es immer schwerer als jede Person, die mit „goldenen Regeln“ um sich wirft.

Und damit verlasse ich meine Leserinnen und Leser für heute.

Quellen: Zitate nach einem Beitrag von Mona Lazar.
Der Denkfehler (Overconfidence-Effekt") nach Rolf Dobelli, München 2011.
Bild: Anzeige in einem Männer-Magazin, ca. 1970

Erstes Date und Fragen – das eigentliche Thema ist die Zukunft

"Erstes Date und Fragen – das eigentliche Thema ist die Zukunft" ist ein Artikel vom Chef der Liebeszeitung. Er beruht darauf, dass Arbeit, Wohnung und Beziehung (Partnerschaft, Liebe oder Ehe) die Grundlagen des Lebens sind.

Unabhängig von allen Kommunikationstechniken ist die nahe Zukunft das wichtigste Thema – und je nach Alter und Beruf auch eine Perspektive auf die ferne Zukunft. Wenn du jung (bis kurz über 35) bist, ist besonders wichtig, welche Änderungen du beabsichtigst oder zulässt. Ist es für dich wichtig, an dem Ort zu leben, an dem du jetzt wohnst? Wirst du voraussichtlich den Beruf ausüben, den du jetzt erlernst/ausübst? Hast du vor, dich neuen Themen zu öffnen, und falls ja, welchen? Das alles sind Themen, auf die dir Antworten einfallen sollten. Als Fragen eigenen sie sich auch: Arbeiten, Wohnen und Beziehungen sind die drei stabilisierenden Elemente des Lebens. Eine Beziehung (die willst du ja offensichtlich) kann dazu führen, dass du oder dein Gegenüber „Arbeiten“ und „Wohnen“ infrage stellen sollte. Die Themen könnten auch für Personen über 35 von Interesse sein, aber die Zukunft wird ja „nach hinten raus“ immer kürzer.

Drei wichtige Eckpunkte der Zukunft und die Fragen dazu

1. Wohnort ansprechen, und falls dies „sowieso schnell klar“ ist, die Ausgestaltung der Wohnung. („Wie willst du einmal wohnen?“) Du kannst auch fragen: „Welche Zimmerpflanzen hast du?“ Oder „Welche Bilder hängen bei dir an der Wand?“ – beides leitet auf die Gestaltung der Wohnung über. Wenn dein Gegenüber das Thema vertiefen will, kann er/sie über ein Kinderzimmer oder einen Hobbyraum sprechen. Das kann dann zu weiteren Fragen führen.
2. Arbeit ist besonders dann ein Thema, wenn du oder dein Gegenüber einen besonders anspruchsvollen oder örtlich fixierten Beruf hat. Das gilt natürlich auch für dich. Manche Berufe sind stark ortsgebunden, andere verlangen eher häufige Umzüge. (Diplomaten, Schauspieler, Manager (jeweils m/f). Die Fragen (und Antworten) ergeben sich daraus, den anderen nach seinem Beruf zu fragen. Falls dies der Fall ist: „Was hat dich nach (dem jetzigen Ort) verschlagen?
3. Die Frage, wie sich jemand „eine neue Beziehung vorstellt“ ist zwar etwas heikel, aber lange nicht so dreist und unvernünftig wie die Frage „wie stellst du dir deinen idealen Partner vor“? Geh davon aus, dass die andere Person der ideale Partner sein könnte. Oft funktioniert die „Was-wäre-wenn-Technik“. „Was würdest du gerne mit mir unternehmen, wenn wir zusammen wären?“

Das Fazit

Wenn es dir wirklich um die Zukunft geht - dann führe dein Gegenüber sanft in die Idee einer gemeinsamen Zukunft ein.

Der Autor: Gebhard Roese ist der Chef der Liebeszeitung und beobachtet seit über 25 Jahren die Dating-Szene.