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 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
Warnung! Teile dieser Texte könnten mithilfe menschlicher Intelligenz erzeugt worden sein.

Ein Gentleman nimmt hin und schweigt

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Wenn ein Gentleman auf „ein Date geht“, dann geht er niemals auf „ein Date“. Er trifft eine Frau, das ist alles. Er sieht sie an, plaudert mit ihr, wird mal direkter und mal unverbindlicher und hat am Ende das Bild von ihr, das er mindestens braucht, um sich zu entscheiden.

Am Ende wird er, wenn er höflich ist, erklären, dass sie entweder infrage kommt oder aber auch nicht. Möglicherweise ist er (auch ein Gentleman ist ein Mann), der Dame den Vorschlag machen, sich sogleich zueinander zu legen. Und er wird wissen, welche Antwort er geben wird, falls sie ablehnt oder sie selbst den Vorschlag unterbreitet, den Abend im Bett zu vollenden.

Aber er wird nicht darüber sprechen, jedenfalls nicht öffentlich. Und er wird sich niemals von Damen beeindrucken lassen, die dies schreiben (Zitat WELT):

So können Männer, wenn sie doch nur wollten, auf eine Enzyklopädie der Einsamkeit, auf einen Brockhaus der Befindlichkeiten zurückgreifen, um aus erster Hand zu erfahren, was Frauen auf ersten Dates durchleben und erleben.


Ich habe eine sehr einfache Antwort auf solches Ansinnen: Den Gentleman, ja überhaupt den gebildeten Mann, interessieren keine Enzyklopädien der Einsamkeiten. Er möchte keine Dosen öffnen, aus denen Befindlichkeiten hervorquellen und er vermeidet, sich in klebrige Liebesromantik hineinzufühlen.

Ein Herr, der eine Begegnung sucht, nimmt hin und schweigt, wenn die Frau nicht gefällt, aber er versucht, dabei höflich zu bleiben und eine Konversation zu führen, soweit dies überhaupt möglich ist. Und sicher genießt er auch die Begegnung mit einer Ausnahmeschönheit, einer charmanten Plauderin oder einer Dame, die sich mit Lust hingibt. Und sehen Sie – darüber schweigt er auch.

Der wunderschöne Herbst – Zeit für die reife Liebe

Nun pflücke doch die reife Frucht - und du, Frucht, lass dich pflücken


Friedrich Adolf Axel Freiherr von Liliencron, besser bekannt als Detlev von Liliencron, hatte ein bewegtes, recht unromantisches Schriftstellerleben. Erst in den letzten Jahren seines Lebens fand er Glück und Zufriedenheit. In einem Herbstgedicht wägt er die Leiden des Herbstes gegen die Freuden ab:

Pfirsich an der Gartenmauer,
Kranich auf der Winterflucht.
Herbstes Freuden, Herbstes Trauer,
Welke Rosen, reife Frucht.


Ich schreibe Ihnen dies, weil es einfach nicht wahr ist, dass uns der Herbst an sich nichts als Kummer und Verdruss bringt. Es ist nicht richtig, dass er die Einsamkeit fördert und die Melancholie zum Alltag werden lässt. Der Pessimist sieht im Herbst den kalten Nebel, der unter die Kleidung kriecht und der die Sonne auch über den Tag verdeckt. Der Optimist aber feiert die Feste, wie sie fallen: Jetzt ist die Zeit gekommen, die reifen Früchte zu ernten.

Herbst: die Reife der Früchte und die Reife der Menschen

Es ist Zeit für die reife Liebe. Männer über 50 und Frauen über 40 sollten jetzt ernten, was noch an den Bäumen hängt: süße, sinnliche Früchte, die gepflückt werden wollen. Der Birnbaum vor meiner Tür sendet deutliche Zeichen: Sie alle werden nun gelb und schreien danach, gepflückt zu werden. Wer nicht rechtzeitig mit seiner reifen Pracht lockt, wird nicht gepflückt, sondern zu Boden fallen. Fallobst, leider.

Warum nur wollen sich die Menschen nicht pflücken lassen, wenn sie reif dafür sind? Warum halten sie sich an ihren Ästen fest, bis sie dort schwermütig werden?

Vielleicht ist es ihr Stolz? Da höre ich böse Worte: „Ich bin doch nicht …“, „Ich werde doch nicht …“, „So tief fallen werde ich niemals …“

Der lustvolle Genuss der reifen Liebe

Ja und dann? Wenn der Wind schärfer weht, dann fallen Sie alle … die Frage ist nur, wohin? Auf den weichen Rasen, auf dem sie noch ein gütiger Mensch findet, sieht, dass sie reif und prachtvoll sind? Oder in die Jauchegrube?

Ich weiß nicht, was Sie tun, wenn Sie reifer werden und sich nach Liebe sehnen. Aber eines will ich Ihnen mit auf den Weg geben: Am sinnlichsten ist es, nach reifen Birnen am Baum Ausschau zu halten und sie sofort zu genießen. Und weil das Bild so falsch ist und wir alle Menschen sind: Eine Frau oder einen Mann kann man vielleicht sogar den ganzen Herbst genießen, und sogar über die Jahreswende hinaus.

Bild © 2011 by liebesverlag.de