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 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
Warnung! Teile dieser Texte könnten mithilfe menschlicher Intelligenz erzeugt worden sein.

Die Woche: Irgendwie Weihnachten, Femdom, und Bezahlung

Ich war noch in keinem Jahr so „weihnachtsresistent“ wie in diesem Jahr. Würde ich nicht ständig von irgendjemandem erinnert, und sei es auch nur die werbende Wirtschaft, so wäre es ein Tag im Kalender wie viele andere. Allerdings mit Weihnachtsbaum – ein Relikt aus meiner Jugend.

Weihnachten mal ganz ungewöhnlich

Nun gut – ich hatte diesmal seit Langem einen fertigen Artikel über ein merkwürdiges Weihnachtsfest bekommen. Da ist die Tante doch glatt mit dem Weihnachtsmanne durchgebrannt. Das ist schwer nachvollziehbar, aber ich selbst habe rund um Weihnachten ein paar äußerst merkwürdige Tanten mit Triefaugen gesehen.

Geld raus – sonst bist du kein Gentleman

Für Frauen muss man zahlen. Ich weiß nicht, wer diese idiotische Philosophie ständig im Munde führt, außer ein paar „Damen“, die sich mit Prinzessinnen verwechseln. Und – ich bin nicht einmal dagegen, Rechnungen zu übernehmen. Aber das ständige Dummgeschwätz, dass von einem „Gentleman“ erwartet wird, das er für ein Essen bezahlen muss, geht mir auf die Nüsse – und das aus guten Gründen.

Das geht auf die Nüsse - NNN

Apropos Nüsse: Vor einigen Wochen ist „No Nuts November“ zu Ende gegangen – sozusagen der Fastenmonat für die Hoden. Ich hatte das weitgehend ignoriert, wurde aber durch eine Internet-Publikation darauf gestoßen.

Die sinnlichen Locken und der Frosch

Wo ich gerade beim Unterleib bin: Da hat der Frosch die Locken – wenn sie nicht längst abrasiert oder anderweitig entfernt wurden. Natürlich kann man das auch anders erklären – aber ich zweifele außerordentlich an den Erklärungen, es sei ein Synonym für „wo der Bartel den Most holt“. Immerhin habe ich den Satz im Schwabenland mehrfach gehört. Und – es gibt wirklich einen Haarfrosch.

Die innere Domina und ganz gewöhnliche Medien

Für die Liebhaber weiblicher Dominanz haben wir mal nachgeforscht, wie populär die „innere“ Domina in der Literatur und in der Welt der Mainstream-Filme angekommen ist. Ich habe relativ wenig aus der Literatur zitiert, um niemanden vor Scham erröten zu lassen. Doch so viel scheint festzustehen: Heimliche Träume von sexueller Dominanz hat eine satte Mehrheit der Frauen. Die Schwelle, einen Mann zu schlagen, liegt allerdings deutlich höher. Dazu gibt es glaubwürdige Statistiken.

Fühlen – eitle Schwätzer statt nachdenklicher Kenner

Ich kann kaum glauben, was für ein Unsinn über das „Fühlen“ verbreitet wird. Wer sich auf sein „Bauchgefühl“ verlässt, sollte sich einmal damit beschäftigen, dass es weder etwas mit dem Bauch zu tun hat noch mit einem Gefühl. Genauswenig wie der Dummspruch, man solle mit dem Herzen fühlen.

Weil ich versuche, besonders sorgfältig zu arbeiten, habe ich noch nichts darüber veröffentlicht. Nur so viel: Unser Gehirn hat mehrere fantastische Möglichkeiten, Informationen aufzunehmen, abzufiltern und zu speichern. Und es kann diese in Millisekunden wieder zur Verfügung stellen, wenn es nötig sein sollte. Und genau das sichert uns einen Teil des Überlebens im Alltag.

Weihnachten – noch einmal für euch

Auch wenn ich ein etwas zweispaltiges Verhältnis zu Weihnachten haben: Feiert das Licht und die Helligkeit, den Aufbruch und die Liebe. Und je jünger ihr seid: Ergreift den Weg des Aufbruchs, der Liebe, der Lust, der Sinnlichkeit und feiert das Dasein.

Und kommt gesund und fröhlich über die Feiertage. Ob ich Zeit habe, zu schreiben, ist noch nicht sicher – aber ich bemühe mich, auch ein bisschen an euch zu denken.

Wie deine Chancen auf Partner sich erhöhen und schwinden

Nachdem ich gestern bereits darüber geschrieben habe, warum sogenannte “hohe Erwartungen“, auch „Ansprüche“ genannt, in die Sackgasse führen, will ich heute beweisen, warum das so ist.

Ich stelle dazu mal eine Falschaussage in den Raum:

Wenn eine Agentur behauptet, 100.000 aktive Mitglieder zu haben, dann müsste doch wenigstens ein Mensch für mich dabei sein.

Zunächst ist der Begriff „aktive Mitglieder“ schon besser als der früher benutzte Ausdruck „Mitglieder“, aber er ist dennoch unscharf. Zudem gehört bestenfalls die Hälfte dem erwünschten Geschlecht an. Ich rechne in Deutschland, trotz teilweise höheren Eigenangaben(1), mit maximal 100.000 jetzt intensiv suchenden Mitgliedern einer Agentur, die ich nun noch grob halbieren muss. Das sind dann 50.000. (2)

Warum die Anzahl der Kandidatinnen und Kandidaten schrumpft

Es ist allerdings so gut wie gleichgültig, wie wir rechnen: Wenn du die Einwohner deines Kreises auch nur grob (also ohne vergleichende Altersstruktur, Familienstand und weitere Faktoren wie Bildung) hochrechnest, kommst du auf die Anzahl, die dir maximal zur Verfügung steht. Ist dein Landkreis sehr klein, dann werden aus 50.000 „bereinigt dargestellten“ Mitgliedern schnell zu etwa 50. Es können mehr oder weniger sein, denn regional sind Suchende nicht gleich verteilt, auch wenn sie die gleiche Anzahl von Einwohnern haben. Faustregel: In Ballungsgebieten suchen mehr Menschen als in Kleinstädten. Und das Alter? Je enger du den Rahmen fasst, umso weniger kommen infrage. Noch haben wir nicht über Persönlichkeit, Einkommen und Bildung gesprochen, nicht wahr?

Und nun erst wende ich mich an die wirklich „Leckeren“ unter euch, die ohne „Ansprüche“ nicht leben wollen.

Die Summe der Eigenschaften … sehr heikel

Mit jeder Eigenschaft, die ihr für „unerlässlich“ haltet, kann sich eure Chance auf die Hälfte, ein Viertel oder gar einen noch kleineren Ausschnitt aus dem Spektrum der Kandidaten beschränken. Wer an Tests (3) glaubt, der kann sich einmal ansehen, wie viele Kandidaten die gewünschten Eigenschaften üblicherweise haben. Es macht ein bisschen Mühe, aber es kann durchaus sein, dass die Antwort 4,3 Prozent ist – und dabei habe ich jetzt nur die Persönlichkeit angesehen. Wenn du also eine extravertierte Person suchst, die im Hier und Jetzt lebt, rational handelt und offen ist, dann könntest du bei 4,3 Prozent landen. Der Testbetreiber nennt diese Personen „Förderer“. Die genannte Zahl ist an sich schon klein, aber die Person muss dir ja auch gefallen – und du ihr.

Was dir hilft – was dir schadet

Reden wir gleich Tacheles:

Je kleiner der Kreis, den du um deine Stadt ziehst, je enger du das Alter festlegst, je mehr körperliche und soziale Eigenschaften du dir wünscht, umso kleiner ist der Kreis der Kandidaten/Kandidatinnen.

Das heißt aber auch:

Mit jeder Eigenschaft, auf die du verzichtest, mit jeder Toleranz, die du dir erlaubst, wird der Kreis der Kandidaten/Kandidatinnen größer. Das gilt auch, je flexibler du räumlich bist, je weiter du die Altersspanne anlegst und je mehr du auf Details verzichtest, die entbehrlich sind.


(1) Der Singlebörsen-Vergleich nennt "wöchentliche Benutzer" und "aktive Mitglieder".
(2) Die "offiziellen" Zahlen sind nicht restlos verifizierbar - sie dienen hier nur als Anhaltspunkt.
(3) Hier findest du, wie häufig die sogenannten Mayrs-Briggs-Profile vorkommen. Der Wahrheitsgehalt solche Tests und die Einordnung sind umstritten, geben aber einen Hinweis darauf, wie schwer es ist, einen Partner zu finden, der bestimmte Eigenschaften in Kombination vereint.

Klischees, Frauenwünsche und Wahrheiten

Gentleman oder Schnösel?
Klischees halten sich vor allem deswegen so lange, weil sie ständig von Zeitschriften und Fernsehsendern, aber auch in Romanen und Spielfilmen verbreitet werden.

Frauen sollten nicht suchen - ein veraltetes Klischee

Im Vorfeld ist es die Meinung, dass Frauen nicht suchen sollten, sondern gefunden werden sollten. Dies Ansicht verschwindet langsam, weil sie durch die Realität nicht gestützt wird. Dennoch sind Reste davon sehr verbreitet. Zum Beispiel, dass die Frau nicht von sich aus dem weiteren Verlauf des Abends vorschlagen sollte oder dass sie auf keinen Fall die „Erotikkarte“ ausspielen sollte.

Hofieren und aufgesetztes Benehmen

Ein Klischee, das ich schon häufig gebrandmarkt haben, ist ein bestimmter Wunsch an das „Benehmen“. Natürlich sind Umgangsformen wichtig. Aber das, was Frauen als „gentlemanlike“ bezeichnen, hat mit höflichem Entgegenkommen nichts zu tun, sondern damit, die Frau zu „hofieren“ das bedeutet, die mit einem aufgesetzten Verhalten zu umschmeicheln.

Ein Mann, der zahlt soll ein Gentleman sein?

Womit wir beim Zahlen beim ersten Date wären. Die Kavaliere der Vergangenheit haben das Dinner bezahlt, weil sie sich danach noch ein Schäferstündchen erhofften, nicht, weil sie „gentlemanlike“ waren. Der Brauch, den Mann bezahlen zu lassen, hat seinen Ursprung aber auch in der US-amerikanischen Dating Kultur der Vergangenheit. Da musste ein Kerl erst einmal beweisen, dass er genug verdiente, um eine Frau zu ernähren. Inzwischen ist das Bezahlen ein so lachhaftes Ritual geworden, dass viele Männer einfach die Kreditkarte zücken, um Diskussionen zu vermeiden.

Das "Aufmotzen" zum Date

Eine weitere Frage, die zu den absoluten Klischees gehört, besteht darin, den „großen Tag des Dates“ für einen Vorläufer der Verlobung zu halten. Kosmetikerin, Friseurin, Nagelstudio – neue Dessous, High Heels und ein Kleid mit großem Ausschnitt oder eine Spitzenbluse?

Der Mann (jedenfalls in Mitteleuropa) heute will weder eine Schaufensterpuppe noch eine Frau, die sich anbietet wie eine Prostituierte. Ich als gerade (obgleich dies nicht repräsentativ sein muss), dass (1).

Mehr als 60 Prozent der befragten Nutzerinnen auf ihre Lieblingskleidung … setzen … statt sich tagelang Gedanken zu machen, welches unbequeme Outfit den Auserwählten nun am besten gefallen könnte.

Die Liebeszeitung schließt sich dem absolut an: Das bequeme Outfit oder jenes, das dich besonders gut kleidet, ist das Richtige. Ausnahmen gelten bei Besuchen in sehr vornehmen Restaurants, oder wenn mit dem Date Theaterbesuche, Außenaktivitäten oder dergleichen verbunden sind. Dazu haben wir auch schon einmal andere Meinung vertreten – aber auch wir gehen mit der Zeit.

Das neuen Klischee: Shopping-Mentalität

Inzwischen ist ein neues Klischee aufgekommen: Je länger du sucht und je mehr Männer (Frauen) du triffst, umso größer ist die Chance, dass der/die Richtige dabei ist.

Das ist eindeutig Unsinn. Die Realität ist weder ein Bordell noch ein Warenhaus, in dem man Menschen „shoppen“ kann. Zwar kommt es manchmal vor, dass jemand mit den emotionalen Ersatzwährungen Schönheit, Sinnlichkeit, Macht oder Geld einen Vorteil bei der Jagd nach Partnern herausholt. Die Frage ist aber, was diese Eigenschaften auf Dauer wert sind und ob sie wahres Glück verheißen.

(1) Nach einem Bericht des STERN, der auf einer Umfrage eines Dating-App-Anbieters beruht.

Fakten- und Wahrscheinlichkeitsprüfung - erotische Schläge

Wie Männer sich Unterwerfung erträumen ...
Alles, was wir uns erotisch vorstellen, beginn im Gehirn. Gleich, ob wir später optische, akustische oder schon taktile Vorstellungen von Handlungen haben - unser Gehirn ist der Motor der Fantasie. Und er lässt sich kaum abwürgen. Dazu immerhin gibt es Zahlen.

Zunächst fragten wir uns, welche Indikatoren dafür sprechen, nach erotischen Schlägen zu verlangen.

Der erotische Tagtraum und die Zahlen

Das heimliche Verlangen nach erotischer oder sexueller Unterwerfung ist weit verbreitet. Etwa zwei Drittel der Frauen fantasieren darüber. Ein weiteres Anzeichen ist der Wunsch, gefesselt zu werden - etwa die Hälfte der Frauen bezieht dies in ihre Unterwerfungsträume mit ein. Etwa ein Drittel wünscht sich auch, in der einen oder anderen Art geschlagen zu werden. (1,7)

Gehen wir nun zu den Männern über. Die meisten Menschen, die diese Zahlen jemals angesehen haben, sind überrascht. Ungefähr die Hälfte der Männer erträumt sich, dominiert zu werden, und fast so viel können sich vorstellen, dabei gefesselt zu werden. Schläge wünschen sich allerdings nur gegen 30 Prozent der Männer. (1,7)

Die Zahlen sind dennoch nur Schall und Rauch, denn die eigentliche Frage wäre nicht: „Träumst du davon“ ... oder „masturbierst du darüber“. Sie würde lauten: „Strebst du aktiv an, geschlagen zu werden?“ Oder „lässt du dich bereits erotisch schlagen?“

Manipulation mit Zahlen

Wenn wir lesen, „jede dritte Frau“ erlebe Schmerzen als lustvoll, dann lohnt es sich, genau hinzusehen, wer dies festgestellt hat. In diesem Fall war es eine Erotik-Partnerbörse (2). „Jede siebte Frau“ also etwa 14 Prozent der Befragten, will eine US-amerikanische Umfrage als Liebhaberin von Schlägen ermittelt haben (3).

Diese - und weitere - Beispiele zeigen immer wieder, wie wenig verlässlich solche Daten sind. Vor allem Männer versuchen in Umfragen gerne, ihre masochistischen oder unterwürfigen Tendenzen zu verschleiern. Dann liest man, dass nur noch „neun Prozent“ der Männer „zugeben, dass sich gerne mal von einer Frau den Hintern versohlen lassen.“ (4)

Hemmungen und Falschaussagen

Allerdings sind auch Frauen nicht frei davon - es gilt derzeit als ausgesprochen fragwürdig, sich zu unterwerfen - auch spielerisch. Zitat (5):

Eine Frau, die auf sexuelle Unterwerfung oder Schmerzen beim Sex steht, schämt sich oft für ihre Vorliebe. Sie empfindet Scham gegenüber Frauen, die Opfer von Gewalt wurden.

Wie auch immer: Die Anzahl derer, die tatsächlich im realen Leben Freude an Schlägen haben, soll bei gegen sechs bis sieben Prozent liegen. (6)
Wessen Po glüht vor Lust?


Der erotisch glühende Po im Traum und in der der Realität

Wie kommt es nun, dass so viele Menschen vom glühenden Po träumen, aber so wenige bereit sind, sich darauf einzulassen? (8)

Dabei hilft ein kleiner Ausflug in die Verhaltenspsychologie.

1. Etwas zu erträumen hießt nicht, es sich „real“ vorstellen zu können.
2. Sich selbst in der Rolle vorstellen zu können, bedeutet noch nicht, es wirklich zu praktizieren zu wollen.
3. Wer etwas Ungewöhnliches praktizieren will, überwindet nicht immer die inneren Widerstände.
4. Auch wer alle inneren Vorbehalte ablegt, findet häufig niemanden, mit dem sich eine Gelegenheit ergibt.
5. Der erste Versuch ist oft enttäuschend, weitere Versuche werden deshalb abgelehnt.
6. Selbst wenn der Versuch lustvoll ist, wird die Praxis nicht immer beibehalten. Das kann viele Gründe haben.
7. Nur ein kleiner Teil überwindet alle Hürden und genießt das neue Verhalten.

Das kann man noch einfacher sagen:

Wenn man mit viel Mut die hohen Hürden überwunden hat, muss die Erfahrung dabei mindestens gleichwertig sein, die mit anderen Praktiken erreicht werden konnten.

Die Ökonomie der Lust

Beim Sex verhalten wir uns meist ökonomischer als wir glauben: Wir geben, was wir im Überfluss haben und nehmen, was leicht erreichbar ist. Je höher die Hürden sind, umso mehr Lustgewinn erwarten wir, wenn wir sie überwunden haben. Wenn wir und nicht vorstellen können, die Hürden zu nehmen, bleiben wir bei dem, was wir kennen - und werden nicht enttäuscht. Zwar kann der Gewinn höher sein, wenn wir tatsächlich „hinüberspringen“, aber auch die Enttäuschung kann größer sein. Wir fragen uns also, ob der mögliche Lustgewinn die Anstrengung lohnt. (9)

Quellen und Hinweise
(1) Zahlen von 2014: What Exactly Is an Unusual Sexual Fantasy? Department of Psychology, Université du Québec à Trois-Rivières, Trois-Rivières, Québec, Canada.
(2) "Angeblich "viele" Erfahrungen"
(3) US-amerikanische Studie (vice)
(4) Nur neun Prozent - Umfrage Brainbitch.
(5) Erläuterungen zum Thema ,schämen" (Men's Health)
(6) Yougov: Niedrige Zahlen
(7) Entsprechende Untersuchungen haben wir aus einer weiteren Quelle, link erloschen.
(8) Als Ergänzung zu einem Artikel der Liebeszeitung.
(9) Bökenkamp, "Ökonomie der Sexualität", S. 69)
Eine weitere Anmerkung: Viele Autoren verwechseln den Wunsch nach erotischen Schlägen mit "allgemeinem BDSM-Interessen")

Deutschland im Millionen-Freier-Wahn – sind es Tatsachen?

Arbeitsplatz Bett - Huren-Invasion in Deutschland?
Zwischen 365 und 438 Millionen sexuelle Handlungen gegen Geld soll es in Deutschland pro Jahr geben – ausgeführt von angeblichen 400.000 bis 1.000.000 Huren. Das sind die Zahlen, mit denen die deutsche Presse mit Vorliebe um sich wirft – doch keine dieser Zahlen lässt sich in irgendeiner Weise verifizieren. Zumeist wird die Anzahl von 400.000 Huren bereits als „enorm hoch“ eingestuft. Möglicherweise ist dies darauf zurückzuführen, dass in diesen Zahlen auch Damen enthalten sind, die sich üblicherweise dagegen wehren, Prostituierte zu sein. Denn nicht einmal die Hälfte tut das, was man in Definitionen von Prostitution als „notorische“ Prostitution bezeichnet. Doch auch diese Zahlen sind nichts als Hochrechnungen. So befinden sich beispielsweise unter den rund 90.000 „stationären“ Prostituierten auch solche, die in „Massagesalons, S/M und Partytreffs“ zu finden sind. Bei ihnen ist nicht genau auszumachen, ob das, was sie jeweils tun, als „Hurentätigkeit“ bezeichnet werden kann.

Auch die Anzahl der Kunden ist höchst dubios: Offenbar rechnet man pro Frau mit etwa drei „Einflügen“ pro Tag, und kommt so auf die 1,2 Mio. „Freier“ pro Tag.

Kein Zahl ist belastbar, alles ist aus der Luft gegriffen

Richtig ist: Wäre die Anzahl der Freier bekannt, könnte man auf die Huren Rückrechnen. Dabei darf man allerdings nicht davon ausgehen, dass all diese „Huren“ im Schnitt „drei Freier pro Tag“ haben. Solche Annahmen stammen offensichtlich aus Bordellbetrieben. In Interviews behaupten Huren, die in Bordellen arbeiten, zwischen einem und bis zu sieben Freier pro Tag zu haben. Aber von den sogenannten „Sonstigen“ im Bereich der Prostitution (45 Prozent) kann nicht einmal behauptet werden, dass sie unter Einsatz ihres Körpers auch nur einen einzigen Sexualakt pro Tag ausführen.

Woraus sich folgende Logik ergibt: Aus der Anzahl der Freier würde man bei sehr viel Sorgfalt und Detailkenntnis möglicherweise die Anzahl der Huren errechnen können. Und aus der Anzahl der Huren, genauen Tätigkeitsbeschreibungen und üblichen Freierfrequenzen möglicherweise auch die Anzahl der Freier – aber nicht mit der Primitivmethode, die normalerweise angewendet wird.

Auch die Umsätze der Huren sind nichts als Hochrechnungen

Auch die Umsätze aus der Prostitution sind weitgehend aus der Luft gegriffen. Ich zitiere:

Das Statistische Bundesamt arbeitet für seine Rechnungen mit geschätzten Kontaktpreisen. Demnach zahlen Freier im Schnitt 50 Euro für den Geschlechtsverkehr in Bordellen, 25 Euro auf dem Straßenstrich und in der Kategorie “sonstige Prostitution”. Hostessendienste setzt das Bundesamt mit 100 Euro an.


Auf diese Weise kommt man auf gegen 15 Milliarden Jahresumsatz der sexuellen Dienstleisterinnen auf etwa 37.500 Euro pro Person, nach Abzug der Kosten und Aufwendungen also gegen höchstens 20.000 Euro Nettoeinkommen.

Man sieht, wie stark diese Zahlen “aus der Luft gegriffen sind“. Wie es scheint, soll mithilfe von Zeitungsberichten ein Horrorszenario in Deutschland aufgebaut werden.

Dem entgegen stehen allerdings aktuelle Angaben. Demnach wird die Anzahl der Huren pro Einwohner in den von der Prostitution stark durchdrungenen süddeutschen (namentlich bayrischen) Großstädten auf etwa 200 Huren auf 100.000 Einwohner geschätzt. In „braven“ Städten wie beispielsweise Göttingen sind es jedoch nur 37, was die „Hurenquote“ in Deutschland deutlich günstiger erscheinen lässt.

Ein weiteres Beispiel mag erhellen, warum „Hurenquoten“ immer mit Vorbehalt zu betrachten sind: 1890 hatte Berlin gegen 1,6 Mio. Einwohner, aber nach Schätzungen gegen 50.000 Huren. (Heute angeblich: 7.000) Offiziell registriert waren davon gegen 4000, durch Sittlichkeitsdelikte aufgefallen aber 1890 bereits gegen 17.000, was die Zahl „50.000“ eher verifiziert als die Zahl „4039“.

Man verschone uns also von den Horrorszenarien, das heutige Deutschland sei der „Puff Europas“ oder gar das „Welt-Bordell“. Berlin, Wien und Budapest beispielsweise hatten zu den „goldenen Zeiten der Bordelle“ weitaus mehr offene und verdeckte Prostitution, als dies heute wahrgenommen wird.

Quellen:

Versuche der Verifizierung von Daten und Fakten:
Prostitutionsdichte heute: WELT
Kritische Zahlenbetrachtung (Recherche) dazu: WELT investigativ
Deutsche Regierung: Zahlen und Fakten.
Dufour: Weltgeschichte der Prostitution.(Printausgabe).

Behauptungen:

Z.B. Merkur und andere Medien.