Skip to content
 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
Warnung! Teile dieser Texte könnten mithilfe menschlicher Intelligenz erzeugt worden sein.

HAL – der Tatort zum Superhirn – chic, beängstigend und doch hirnlos

Wer viel ins Kino geht, erkennt die Anspielungen – und so haben den Stuttgarter Tatort „HAL“ denn auch mancher Kritiker gesehen. Schön, wenn man sich im Kintopp auskennt – soll ja etwas mit Bildung zu tun haben. Und ein Kritiker muss eben beweisen, wie gebildet er ist. (Also wie viele Filme er gesehen hat).

Wer den Tatort HAL nüchterner gesehen hat, findet sich in einer Utopie wieder, die Computermärchen mit Computerrealitäten koppelt. Eine Firma produziert eine „Sicherheitssoftware“, die in Wahrheit der Totalüberwachung dient. Um das in einen Fernsehfilm zu bringen, muss man optisch etwas bieten: Hightech und Design. Alles meistern, alles meistern mit dem Meisterhirn. Das weiß alles, weil dieses Hirn die Leistung eines neuen Supercomputer nutzt, der es zwar schon gibt, der aber noch nicht im Alltagseinsatz ist. Nun kommt der Trick, den es auch gibt, und mit ihm wir die Verbindung zur Entwicklung kriminellen Energie hergestellt: Der Computers arbeitet in einem Verbund, und nutzt dessen freie Rechenkapazitäten. Dadurch lässt er sich von Menschen nicht mehr abschalten oder umprogrammieren.

Ach ja – es gab auch Menschen. Programmierer, Kommissare, LKA-Größen. Der Computer soll dabei dem LKA bei der Verbrechensaufklärung helfen – haarscharf an den Grenzen der Legalität oder gar darüber hinaus.

Hier wird die Sache nun wirklich gruselig: Nehmen wir mal an, das LKA würde uns alle ausspionieren … das war der erste Gedanke. Und auf den kamen natürlich auch die Kritiker. Lag ja nahe. Und denken wir mal weiter: Wenn der Computer wirklich das könnte, was er sein sollte, und überalle auf der Welt zugänglich wäre, dann könnte ihn natürlich nicht nur das fiktive LKA Stuttgart nutzen. Sondern die Staatsmacht jedes beliebigen Landes, jeder Wirtschaftskonzern und jede Verbrecherorganisation, sei es durch Anzapfen oder einen ganz normalen Auftrag an die Sicherheitsfirma.

Nun, im Film wird das Computerprogramm selber kriminell, und sein Schöpfer sieht sich als Held, der in einer Mischung aus Wahn und Sendungsbewusstsein sein geistiges Kind töten will. Weil das mit Programmierermethoden vom System abgewehrt wird, und die Geschäftsleitung dies mithin nicht gestattet, entschließt sich der Held, mit einem Gewehr im Serverraum herumzuballern.

Nun wird’s einerseits dramatisch, andererseits skurril und schließlich trivial. Denn die Polizisten, die das Gebäude schließlich stürmen, erschießen den Programmierer, sozusagen als Auftragsmord des Superhirns. So weit der skurrile Teil. Der Triviale: Der Programmierer hat überwiegend die Stromversorgung zerschossen, und deshalb ist die Softwarefirma pleite. Doch die Software nennt noch schnell den Mörder – über das Notstromaggregat, was gerade mal reicht, um den Aufzug zu versorgen. Abspann.

Ach, ach: Hatte ich nicht vor Kurzem noch gesehen, dass Mr. Holmes eine Bombe durch einen kleinen Kippschalter entschärfte? Und gab es keinen Notschalter, keinen Hauptschalter und auch sonst keinen mechanischen Schalter, um den Computer zu stoppen?

Wem dies, bitte schön, zu trivial ist, dem möchte ich noch einen anderen Gedanken nahelegen: Ein Computerzentrum, in dem Programme zur Sicherung (oder Überwachung) der Menschheit arbeiten, soll hilflos dastehen, wenn der Strom ausfällt? Da lachen ja die Hühner.

Alle Kritiken? Na ja, einmal Kritikerspiegel in der ZEIT reicht. "Affenzirkus mit Computerangst" hätte vielleicht auch gereicht.
0 Kommentare
Tags für diesen Artikel: , ,
Abstimmungszeitraum abgelaufen.
Derzeitige Beurteilung: keine, 0 Stimme(n) 2219 Klicks

Schoßgebete - ist Sex immer noch "Pfui Teufel"?



Für die Christen römischen Vorbilds, auf die sich die christliche Kirche in ihrer Entwicklung nahezu ausschließlich beruft, war Sex nicht eingeplant. Der von den Christen als Apostel bezeichnete Paulus von Tarsus schrieb an die Korinther:

Es ist dem Menschen gut, dass er kein Weib berühre. Aber um der Hurerei (oder: um die Hurerei zu vermeiden) willen habe ein jeglicher sein eigen Weib, und eine jegliche habe ihren eigenen Mann.


Ich habe den Einstieg gewählt, um die Verlogenheit des sogenannten „Christlichen Abendlandes“ zu verdeutlichen, bevor ich auf Charlotte Roche und ihr neues Buch eingehe: Auch dort geht es um Gebete, aber sich nicht solche, die der christlichen Kirche angenehmen sind, nämlich um Schoßgebete.

Sex ist nicht gut, und Liebe auch nicht?

Wer in seinem großen schwarzen Buch weiter liest, wird finden, dass weder von Liebe noch von dem, was Liebe gleichkommen könnte, die Rede ist: Man leistet einander „die schuldigen Pflichten“.

Die Machtübernahme des Bürgertums – Verlogenheit statt Liebe

Seit das Bürgertum die Macht über alles ergriffen hat, was Kultur bedeutet oder jedenfalls bedeuten könnte, gilt offiziell: Sex ist pfui Teufel, Liebe wird verherrlicht. Dabei adelte das Bürgertum vor allem, was es zumindest bei Eheschließungen kaum kannte: Liebe. Liebe? Das war etwas für die Gartenlaubenliteratur. Märchenhaft sollte damit jungen Mädchen vorgeführt werden, dass es die romantische Liebe gab, die sie gefälligst als Standard zu vertreten hatten. Die Realität hingegen war unglaublich brutal: Die Konvenienzehe war längst zur Norm im gehobenen Bürgertum geworden, und das bedeutetet: Geheiratet wurde der Mann, den die Eltern „standesgemäß“ ausgesucht hatten. Der Vater wurde dabei finanziell kräftig zu Ader gelassen: Die Mitgift, nach heutigem Geldwert durchaus in der Region sechstelliger Euro-Summen, wurde zumeist in verfügbarem Geld (disponibel) vom Vater an den Bräutigam gezahlt.

heiratskadidat fordert, Vater zahlt: keine rede von liebe im bürgertum


Frauen haben Sex zu erdulden, nicht darüber zu reden

Das bedeutete: Die Frau heiratete einen Mann, der für sie „eingekauft“ wurde, aber keinen, den sie liebte. Sex gehörte zu den „Ehelichen Pflichten“ – mit drastischeren Worten: Sie hatte sich „hinzugeben“, egal was sie dabei fühlte oder dachte. Sex in der Ehe? Ja natürlich – bürgerliche Pflicht, Christinnenpflicht. Doch wie ein Palisadenzaun stand die bürgerliche Fassade um diesen angeblich „sensiblen“ Bereich des Gefühlslebens. Frauen hatten hier weder etwas zu sagen noch sollten sie genießen, und wie weit diese Geschlechtsakte Vergewaltigungen nahe kamen oder als solche vollzogen wurden – darüber schwiegen die Bürger.

„Schoßgebete“ Beurteilung wie im 19. Jahrhundert?

Aus der „hinübergeretteten“ bürgerlichen Geisteshaltung des 19. Jahrhunderts mag sich erklären, warum die Feuilletons das neue Buch von Charlotte Roche „Schoßgebete“ ins Lächerliche ziehen oder es gar verachten. Man stelle sich vor: Eine Frau schreibt über eheliche Sexualität! Wie degoutant! Ja, sie wagt es, den alten Bürger- und Moraltheologengrundsatz: „Kein Sex ohne Liebe“ auf den Kopf zu stellen: „keine Liebe ohne Sex“. Die Frage ist nicht, ob das stimmen könnte oder nicht – die Frage ist, dass man Charlotte Roche übers Maul fährt und sie rüffelt, weil sie es sagt.

„Schoßgebete“ und der Vergleich mit „großen Werken“

Seit Charlotte Roche „Feuchtgebiete“ geschrieben hat, sagen die elitären Schriftsteller: „Sie ist keine von uns, auf keinen Fall“. Schriftsteller sind offenbar ausschließlich Leute, die kitschige Liebesdramen, Kriminalromane oder dann und wann auch einmal ein „großes Werk“ schreiben. Die Häme des Rezensenten der „Süddeutschen Zeitung“, ganz aufs Bildungsbürgertum fixiert, moniert beispielsweise, dass die Erstauflage von „Schoßgebete“ größer sei als „«die "Blechtrommel", größer als "Ansichten eines Clowns", größer als "Ein fliehendes Pferd"».

Ja sicher, ja sicher – in ähnlich „sinnvollen“ Vergleichen hätte man auch die Gesamtauflage von Jerry-Cotton-Heften anführen können, die der wahren Literatur Konkurrenz macht. Tatsächlich sinnreich wäre gewesen, zu sagen, dass mit der Auflage des Buches von Charlotte Roche auch interessante Literatur neuer und unbekannter Autoren finanziert wird, die kaum Leser finden. Es ist absolut albern, hier Walser, Böll und Grass zu nennen, die Ikonen in einem Gewerbe sind, indem es sich ansonsten kaum lohnt, Sinnvolles zu schreiben.

Charlotte Roche – ihren Kritikern passt die ganze Chose nicht

Man merkt, wie die ganze Chose nicht in das Bild der Literaturkritiker passt. Man hat den Eindruck, ihr „Heiligtum Buch“ wäre durch die Schoßgebete entweiht worden. In Wahrheit weiß man bei der Kritik nicht, was man von derartiger Literatur halten soll, weil man ihr keinen Stempel aufdrücken kann. Weder Autobiografie noch Roman noch Sachbuch noch Unterhaltungsliteratur – sondern einfach ein paar Gedanken, nicht immer sorgfältig frisiert – das stinkt den Damen und Herren Redakteuren. Sie sind gewohnt, Bücher zu adeln oder zu verreißen und sich zum Richter über Gut und Böse aufzuspielen. Wenn man das nicht mehr kann, weil der Erfolg alle anderen Kriterien schlägt, dann kann man gekränkt schreiben, dass es sich bei den Schoßgebeten um ein „unerhebliches, triviales, ja verlogenes Buch“ handelt. Tja – wie schade, dass man selbst nicht so ein unerhebliches, triviales und verlogenes Buch hervorbringen kann, nicht wahr?