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 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex

Warum ist Liebe eigentlich so oft Illusion?

Staunen über die Illusionen der Liebe um 1900
Hallo – du da. Weißt du, was eine Illusion ist?

Ja klar, wirst du sagen, das weiß ich. Und dann hast du dich vielleicht noch im Internet schlaugemacht und du erzählst mir:

Eine Illusion ist eine falsche Wahrnehmung der Wirklichkeit.

Na schön. So etwas kann eigentlich nur bei den üblichen Naseweisen stehen. Und wen das auch deine Antwort sein sollte, dann frage ich gleich mal nach:

„Und was ist die richtige Wahrnehmung der Wirklichkeit?“

Die "richtige" Wahrnehmung von Gefühlen existiert nicht

Paul Watzlawick hat viel darüber geforscht. (1) Und was er uns letztendlich mitteilt, ist ebenso einfach wie verblüffend: „Die Wirklichkeit“ entsteht erst durch Kommunikation. Es gibt demnach keinerlei „richtige Wahrnehmung“. Und schon gar nicht für komplizierte Gefühle.

Liebe lässt sich nicht beweisen

Bei der Liebe kommt noch etwas hinzu: Um möglichst nahe an der Wirklichkeit zu bleiben, brauchen wir Beweise. Und die fehlen uns.

Bei der berühmten Herdplatte ist es einfach: Du verbrennst dich, wenn sie auf einer hohen Stufe eingeschaltet ist. Nun müssen wir noch annehmen, dass wir bei vollem Bewusstsein sind. Dann lernen wir, dass wir sie nicht mit dem Finger betatschen sollten.

Bei der Liebe ist es schwierig. Erstens liegt sie auf einer unsichtbaren Skala, von sanftem Sehnen bis zur heftigen Begierde. Zweitens ist sie für jeden aufgrund seiner Erfahrungen ein bisschen anders. Und drittens hindert uns unser Körper daran, alles sorgfältig abzuwägen, indem er Drogen aussendet, die dies verhindern.

Die Erwartungen und die Illusionen

Nachdem dies gesagt ist, muss ich noch mal fragen: Hey, du – Leserin oder Leser – was erwartest du denn von der Liebe?

Hast du schon darüber nachgedacht, dass „deine Wirklichkeit“ ganz entscheidend davon beeinflusst wird, was du erwartest? Wenn du jemanden kennenlernst und viel erwartest, kannst du enttäuscht werden und die Realität sieht trübe aus. Erwartest du wenig, wird dich deine Gesprächspartnerin / dein Partner vielleicht mit einer wundervollen „Realität“ überraschen.

Wie sagt uns das Juristenlexikon (2), das hier sehr ausführlich ist?

Der eigentliche Nährboden für die Illusion ist der Affekt …, besonders die Erwartung, Furcht oder Hoffnung. Affekte nennt man Erregungen des Gefühls unter Mitgerissen sein des Willens und weitgehender Ausschaltung des klaren Denkens.

Wenn wir das als wahr annehmen, dann ist es der Mix aus starken Gefühlen, die heftige Emotionen auslösen, und der Absicht, sie auch unbedingt zu verwirklichen.

Risiko Liebe - sich davor schützen oder einfach in die Liebe eintauchen?

Jeder, der sich auf die Liebe einlässt, geht dieses Risiko ein – aktiv wie passiv.

Wir haben einige Schutzmechanismen dagegen. Einer besteht darin, die Gefühle zu meiden, also sich von allem fernzuhalten, was sie auslösen könnte. Ich fürchte, das klappt nicht wirklich – denn auf diese Weise erlernen wir nicht, mit Gefühlen umzugehen. Der andere Schutz ist sinnreicher: Und einlassen und zu wissen, dass wir den Pfad der Realität verlassen, wenn wir lieben. Es ist so ähnlich wie der Unterschied zwischen „niemals sündigen“ und „wenn du schon sündigst, dann aber genussvoll“.

Es geht auch rational. Dabei verwenden wir eine Filtermethode: Dies oder jenes nennen wir noch nicht „Liebe“. Was wir durchlassen, kann zum Beispiel Petting sein, aber keine penetrativer Sex. Oder wir können uns entscheiden, Affären eingehen, aber keine Beziehungen. Diese „Filter“ können sehr kompliziert sein, zum Beispiel, wenn wir ewig suchen, aber uns nie einlassen.

Ja zur Illusion - aber mit Vorsicht

Fassen wir das doch mal zusammen:

Es ist nicht falsch, Illusionen einzugehen. Die Natur hat diesen Weg für uns aufgetan, indem sie diese schicken Botenstoffe erfunden hat, die uns ganz verrückt nach Liebe oder Lust machen.

Andererseits ist es gefährlich, in einer Illusion zu leben und nicht wieder „herunterzukommen“ auf die Welt, wie sie ist.

Die Lösung liegt auf der Hand: Am besten ist, dass wir uns bewusst werden, wann wir eine Illusion durchleben. Nehmen wir sie an, dann können wir versuchen, möglichst viel Genuss daraus zu ziehen. Und sicherlich auch zu hoffen, dass sich der Rausch nicht einfach verzieht, sondern sich in eine Beziehung wandelt.


(1) Wie wirklich ist die Wirklichkeit? München 1976.
(2) Zitat aus Juraforum
Das Bild zeigt die Illusionistin Eva Vay, die sich als "Hohepriesterin der Mystik" feiern ließ in ihrer Show "Das Drama um Liebe und Geheimnisse" mit einer Signatur von "The Coumien Co of Buffalo", ca. 1900. Wir zeigen daraus einen Ausschnitt.

By The Way – übrigens … das Thema Liebe – ausgelutscht?

Immer noch nicht ausgelutscht ... die Liebe
Das Thema „Liebe“ wird derzeit einerseits verherrlicht, andererseits durch Blogger(innen) und Frauenzeitschriften totgelabert. Und schließlich gibt es wieder Leute, die gerne verhindern würden, dass öffentlich über Liebe geredet wird - weil man dann auch über Sex reden müsste.

In diesem Zusammenhang fiel mir ein Artikel auf, aus dem ich gerne zitiere:

Alles, was zu diesem Thema erzählt werden muss, ist gesagt worden, das Wissen um jede sexuelle Spielart nur ein paar Klicks entfernt. Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt, das Thema einfach mal ruhen zu lassen. Oder zumindest entspannter anzugehen. Zumal die Menschheit sehr lange überproportional intensiv damit beschäftigt war. Obwohl Sex gar nicht so furchtbar wichtig ist, wie immer getan wird.

Das sagt eine Frau, die sich als kompetent ansieht, weil sie sich unzweifelhaft intensiv damit beschäftigt hat.

Aber: Hat sie deshalb auch recht?

Nein, hat sie nicht. Denn sie geht von den aufgeklärten, mit allen Duschmitteln und dergleichen vertrauten Menschen aus, für die Liebe (und damit auch Sex) Teil des Alltags sind. Oder natürlich. Oder einfach vorhanden, weil das so ist.

Andererseits: Viele wissen wenig, einige wissen gar nichts. Junge Frauen, junge Männer, evangelikale Jugendliche und alle, die sich „für ihre Gefühle schämen“. Und viele, viele andere, die sich nicht ans andere Geschlecht heranwagen – vom gleichen Geschlecht mal ganz abgesehen.

Denn eines ist sicher: (da zitiere ich mal wieder Konrad Lorenz, gekürzt):

Gehört heißt nicht verstanden.
Verstanden heißt nicht einverstanden.
Einverstanden heißt nicht angewendet.
Und angewendet heißt noch lange nicht beibehalten.

Es ist eben nur eine Meinung, dass alles gesagt ist. Und vor allem ist noch nicht alles entspannt gesagt, ja nicht einmal im Klartext. Und genau deshalb bleibt es dabei: Liebeszeitung tut not – zumindest als korrektiv.

Zitat (oben) Krautreporter
Zitat (unten) Sammlung Konrad Lorenz (gekürzt).

Der Morgen und die Nicht-Monogamie

Der Morgen bringt es an den Tag: Wieder mal ein Dating-Trend! Es ist die Zeitschrift Jolie, die titelt:

Laut Studie: Wird Nicht-Monogamie der größte Dating Trend 2023?

Immerhin steht da noch ein Fragezeichen, und bevor ich drei Zeilen gelesen hatte, war mir klar, dass der Artikel „von irgendwo stammt“, und siehe da: Man bietet eine „Expertin und Autorin“ an, die den wissenschaftlichen Anstrich geben soll: Dr. Tammy Nelson, PhD und Sexualtherapeutin.

Und natürlich ist da noch ein Unternehmen beteiligt, das ziemlich am Schluss als Quelle genannt wird. Na, besten Dank, Jolie …

Der Wert der Person auf Partnersuche – eine Marktbetrachtung

Ich lese sehr selten Artikel über die Partnersuche aus dem Blickwinkel der Ökonomie. Dabei ist die ökonomische Sicht viel wichtiger als alle anderen Betrachtungsweisen der Partnersuche. Denn du kannst nur die Singles finden, die es noch gibt und die den Wunsch haben, sich zu binden.

Angeblich verwenden männliche Akademiker sowohl Zeit als auch Geld dafür, die optisch schönsten und sexuell begehrenswertesten Frauen an Land zu ziehen. Dem Klischee entsprechend suchen Frauen vor allem nach Männern, die intelligent, ehrgeizig und wohlhabend sind. Auf eine kurze Formel gebracht: Schönheit trifft Reichtum.

Ich will euch nicht vorenthalten, was eine Frau dazu schrieb (1):

Das ist grob unfair. Geld kann gespart werden. Schönheit muss ausgegeben werden. Wenn du eine Frau bist, gibst du diese Ressource besser aus, wenn du sie hast.

Dies zu sagen, ist ebenso unfair. Denn du hast zwar die freie Wahl, deine Schönheit bewusst zu vermarkten, bewusst nicht zu vermarkten oder sie einfach existieren zu lassen. Aber darum geht es gar nicht. Denn (1):

(Es ist einfach so -) jede Frau über dreißig kennt den krassen Deal. Mit jedem Jahr ihres Lebens wartet die Frau darauf, zu heiraten und Kinder zu bekommen, während ihr Wert auf dem Heiratsmarkt sinkt.

Lösungen mit der Natur, gegen die Natur oder ganz ohne Planung

Wenn du dafür überhaupt eine Lösung suchst – es gibt sie natürlich. Und du kannst im Einklang mit der Natur leben, gegen die Natur ankämpfen oder keine von beiden Möglichkeiten wählen.

Was wir wissen, ist dies: Mit sich hadern (gegen die Natur kämpfen) ist ungesund und führt zu nichts. Im Einklang mit der Natur zu leben heißt (zumindest möglicherweise) Kinder zu gebären. Und die dritte Option ist, das Leben zu nehmen, wie es kommt.

Mythos "Heiratsmarkt"

Wie ist es nun mit dem sogenannten „Heiratsmarkt“? Er existiert völlig unabhängig davon. Und er ist ab 18 in jeder Hinsicht begehbar. Was letztlich heißt, dass du nach deinem Bachelor (oder was du die sonst so vorgenommen hast) noch ungefähr fünf Jahre hast, um einen kinderlieben Partner (oder auch eine solche Partnerin) zu finden – wenn du daran interessiert bist.

Anpassen, aufgeben - warum nicht einfach selbstbewusst sein?

Ja, und ich habe anderwärts auch schon gehört, dass du „mit 30 deine Ansprüche ändern und mit 50 aufgeben musst, wie neulich reißerisch eine Zeitung vermeldete. Aber du kannst natürlich auch einfach selbstbewusst sein, unkonventionell handeln und so sein wie du willst. Und falls du wirklich schon 50 sein solltest – da kannst du dir ins Haus holen, wen du willst, zum Beispiel Männer zwischen 25 und 65 – mindestens. Manche gehen schnell wieder - aber andere bleiben durchaus.

(1) Die Zitate gehen auf Aussagen auf die Internet-Autorin Carlyn Beccia zurück. Sie wurden in ein verständliches Deutsch umgesetzt.

Liebeszeitung Information: die fünf Stufen der Partnerwahl

Wie wählen wir eigentlich unsere Wunsch- Sex- und Lebenspartner? Eine Gruppe von Forschern ging der Frage nach, und sie konstruierten dazu fünf Bereiche. Ich will sie möglichst nachvollziehbar übersetzen und muss doch einige Anmerkungen hinzufügen:

Wir haben fünf Ebenen verwendet, um die Art der Beteiligung an der Beziehung zu beschreiben:

1. Die sexuelle Fantasie.
2. Der One-Night-Stand.
3. Die Verliebtheit (1).
4. Die feste Beziehung (2).
5. Die Ehe. (3)

Fünf Fragen: wie machst du dir klar, wohin du willst?

Die Frage, die sich automatisch jeder Leser dieses Artikels stellt, ist vermutlich „handelte es sich bei allen Stufen um dieselbe Person?“

Stellt euch die Fragen einmal selbst (es ist kein Test, also keine Angst):

1. Mit welcher Person hattest du in deinen Träumen sexuelle Fantasien, bevor du Geschlechtsverkehr aufgenommen hast? Und wenn du magst: Wenn du heute sexuelle Tagträume hast: Mit welchen Personen hast du in diesen Fantasien gegenwärtig Sex?
2. Mit welchen Personen hast du jemals einen ONS genossen?
3. Als du das erste Mal „total verliebt“ warst – welche Person oder welche Personen fallen dir dazu ein?
4. Mit welchen Personen hast du mehrere Monate in einer sozialen, sexuellen und festen Beziehung gelebt?
5. Welche Person hast du letztlich geheiratet? Falls du mehrfach geheiratet hast: Waren sie alle gleich oder ähnlich?

Diese Fragen für sich selbst zu klären, ist sehr aufschlussreich – auch wenn du noch auf „Stufe drei“ verharrst. Mit der Forschung selber hat dies nichts zu tun. Sie beschäftigte sich im Jahr 2001 mit dem Alter der jeweils ausgewählten Partner(innen).(4).

Üblicherweise ändern sich deine Vorlieben zwischen der Stufe drei und der Stufe vier. Das heißt, dass die Personen, mit denen du wirklich leben wolltest und leben konntest, wahrscheinlich nicht deinen sexuellen und emotionalen Fantasien entsprachen.

Wenn du gerade eine Partnerin oder einen Partner suchst: Es ist völlig normal, dass beide voneinander abweichen. Das liegt überwiegend daran, dass der Mensch, der dir den erregendsten Sex schenkt, nicht unbedingt „ehegeeignet“ ist.

Anmerkung:
(1) Im Niederländischen wie im Deutschen sehr ähnliche Bedeutung, in Englisch gibt es kein absolutes Äquivalent. Darauf wiesen die Urheber des Modells hin.
(2) „Miteinander gehen“ (steady dating) wäre für mich zu ungenau.
(3) Ich denke, dass es nicht nur „Ehen“ betrifft, sondern auch andere Beziehungen ähnlicher Art.
(4) Die Forschung selbst.