Mit wie viel „bi“ bist du eigentlich „Bi“?

Gedankenspiele über lustvolle Sinnlichkeit
Die meisten Frauen und sicher auch viele Männer haben in ihren Gedanken schon einmal damit gespielt, sich einfach sinnlich „verwöhnen“ zu lassen. Ihr Hauptaugenmerk liegt dann meist darauf, ob die Partnerin oder der Partner einige ihrer geheimen sexuellen Wünsche erfüllen kann. Die Anzahl derjenigen, die es „wirklich“ schon einmal versucht haben, ist deutlich geringer, vor allem unter den Männern.
Warum Zahlen und angebliche Fakten nicht viel wert sind
Für all dies gibt es Zahlen und Fakten, aber ebenso viele Behauptungen, weil es sehr darauf ankommt, wie, wo und von wem die Frage gestellt wird. Wer fragt: „Bist du bisexuell?“, wird im normalen Alltag kaum eine ehrliche Antwort bekommen. Mit „ja“ werden nur erklärte, praktizierende und wortgebundene Menschen antworten, also solche, die sich als „bi“ geoutet haben.
Darin steckt schon ein Irrtum: Du wirst mit gewissen Bi-Neigungen geboren. Wahrscheinlich wirst du sie nicht ausleben, aber es besteht kaum ein Anlass, sich deswegen zu „outen“.
"Bi" - nichts als ein wertloses Etikett?
In vielen Medien, seien es Szenenmedien oder gewöhnliche Presseerzeugnisse, werden Menschen ganz bewusst etikettiert. Das heißt, man möchte sie eindeutig als heterosexuell, homosexuell, bisexuell oder noch ganz anders einordnen. Vergessen wird dabei, dass Menschen sinnliche Kontakte zu sich selbst, zum „anderen“ Geschlecht oder zum „eigenen“ Geschlecht aufnehmen können, wie es ihnen beliebt. Es geht oftmals gar nicht um „pure Sexualität“, sondern um gegenseitige sinnliche Anziehung. Andererseits finden wir viele Fälle, in denen es bei solchen Kontakten ausschließlich um Sexualität geht, also darum, den höchsten Genuss dabei zu erleben.
Was, wenn "Bi" ein Mogel-Etikett ist?
Die Presse und andere Wichtigtuer reden und schreiben gerne über "Bi"
Wer sich – am Ende des Tages - umsieht, der wird finden, dass „bisexuell“ überwiegend ein Wort ist, das die Neugierde der Leserinnen und Leser anregt. Ein bisschen Aufmerksamkeitssuche, ein bisschen Boulevard-Klatsch, ein bisschen Pseudowissenschaft und jede Menge wichtigtuerischer Behauptungen.
Allerdings gibt es Menschen, die unter der Suche nach diesem oder jenen Geschlechtsanteil leiden und die deswegen unsicher werden, wohin ihr Weg gehen soll. Sie brauchen Unterstützung, Rat und Hilfe. Allerdings ist dies ein Problem besonderer Art, das über sinnliche Zuneigung weit hinausgeht.
Hinweise:
Dein Buchhändler hat wahrscheinlich "Shaw, Julia; "Bi" München 2022.
Wenn du Englisch verstehen kannst, empfehle ich: Blank, Hanne, "Straight", Boston 2012
Bild: Liebesverlag-Archiv
Merkwürdige Zahlen und Pseudo-Fakten:
Forscher wollten wissen, wie sich die sexuelle Orientierung von Darstellerinnen in der Erotikbranche von gewöhnlichen Frauen unterscheidet. Behauptet wurde dabei, dass sich 67 Prozent dieser Frauen als „bisexuell“ bezeichneten. Unter „gewöhnlichen“, also einer Kontrollgruppe, bezeichneten sich die Frauen lediglich zu sieben Prozent als bisexuell.
Seither wird immer wieder behauptet, die Anzahl bisexueller Frauen würde stetig zunehmen – und wieder gibt es eine Vielzahl von Behauptungen, woran dies liegen könnte.
Offenkundig stören sich viele Forschende an der angeblich „hohen Anzahl“ von „uneindeutigen“ sexuellen Orientierungen, insbesondere in der „Generation Z“.