Die fesselnde Beziehung ist wirklich "fesselnd"
typische 1950er jahre vorstellung von fesselnden beziehungen
Vor einigen Jahren noch war es für sogenannte Bondage-Liebhaber, ob aktiv oder passiv, nahezu unmöglich, eine Zeitungsanzeige aufzugeben, in der er seine wahren Wünsche nennen konnte, und da behalf man sich eben mit der Formulierung „für eine fesselnde Beziehung“. Wer sich der Doppelbedeutung nicht bewusst war, fiel als Leser schon mal darauf herein: „Eine fesselnde Beziehung“ kann ja auch bedeuten, eine besonders „spannende“ Beziehung einzugehen, also eine, die einem keine Ruhe lässt.
Gemeint war aber etwas Anderes: Es handelte sich zumeist um Männer, die entweder Freude am Fesseln von Frauen hatten oder aber um solche, die selbst gerne gefesselt wurden. Dabei war und ist das „Fesseln“ nur ein Akt in einem erotischen Spiel, in dem Dominanz und Demut verwendet werden: Sinn ist selten das Fesseln an sich (außer bei japanischen Fesselungskünstlern) sondern der Prozess der Unterwerfung.
Fesselungen in Großvaters öffentlicher Erotik
1950er jahre filmplakat
Gefangen, gefesselt und hilflos – das war auch das Thema vieler anderer Filme, und eine Zeit lang mussten die billigen Produktionen, die in der Mitternachtsvorstellung liefen, mindestens eine Szene enthalten, in der die Heldin hilflos gefesselt orientalischen Despoten, Sklavenhändlern oder einfach ganz gewöhnlichen Sadisten ausgeliefert war. Schön, halb nackt, mit zerfetzten Kleidern und gefesselt – so sah die „schicke“ Pornografie für den Standard-Kinobesucher aus.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass damals unterschwellig ein männlicher Sadismus angesprochen wurde – die gefesselte Frau wurde zum Objekt der Begierde, zumal, wenn sie zuvor hilflos gemacht und geschlagen wurde. Die Rettung für die Filmemacher: Am Ende befreite der Held die Schönheit, und die Schurken bekamen ihre verdiente Strafe – ungefähr so wie im Märchen.
Wer als Filmemacher noch tiefer in den Sadismus einsteigen wollte, tat gut daran, die Handlung „unter Frauen“ spielen zu lassen – beispielsweise in Frauengefängnisse mit grausamen Aufseherinnen. Auf diese Weise konnte nahezu jede Art von brutaler Unterwerfung gezeigt werden.
Starke gefesselte Männer nur bei Fantasie-Amazonen
nackte indianerinnen und weiße helden
Anzeigen: "Frau für fesselnde Beziehung gesucht"
Dies also war die Situation, in die solche Anzeigen passten: „Mann, 45, kräftig und gut aussehend, sucht geeignete Sie für eine fesselnde Beziehung“. So gut wie immer war damit eine von dem Mann ausgehende Dominanz gemeint, was bedeutet, dass er letztlich eine Frau suchte, die sich fesseln ließ, und die deshalb „tabulos“ zu sein hatte.
Es ist nicht verbürgt, wie viele Frauen sich auf diese “fesselnden Beziehungen“ einließen, aber in früheren zeit war nicht zu erwarten, dass es viele waren, denn selbst, wenn es Frauen gegeben hätte, die solchen Wünschen zugeneigt gewesen wären, dann wäre ihnen das Risiko, sich von fremden fesseln zu lassen, viel zu groß gewesen.
Die Geheimzirkel, die Öffentlichkeit und der Alltag der Fesselungen
Zu allen Zeiten freilich gab es mehr oder weniger geheime Zirkel, in denen ritualisierte Fesselungen und andere damals verpönte erotische Spiele ausgelebt wurden. Sie wurden freilich nur dann bekannt, wenn sie „aufflogen“, was zumeist durch Denunziation geschah. Erst, als sich die BDSM-Szene nach außen öffnete und der spielerische sogenannte „Sadomasochismus“ als SM oder Sadomaso-Spiele populär wurden, nahm die Öffentlichkeit Notiz und tolerierte diese Aktivitäten bis zu einem gewissen Grad. Heute gehören Fesselspiele zum Alltag vieler Paare, und die meisten Erotik-Versandhäuser haben entsprechende Utensilien wie beispielsweise Handschellen, im Angebot.
Wenn Frauen Lust an Fesselungen haben
Nach dieser Befreiung konnten viele Menschen offener mit ihren Neigungen, aber auch mit geheimen Wünschen und Träumen umgehen. Dabei überraschte, wie viel Lust Frauen an Fesselungen und spielerischen Erniedrigungen empfanden, wenn sie in einer gesicherten Umgebung stattfanden. Insbesondere die Feministinnen empörten sich über soclhe Frauen und behaupteten, sie seine von Männern dazu verleitet worden. In Wahrheit war es allerdings oft umgekehrt: Frauen, die entsprechende Erfahrungen suchten, mussten oft erst den Widerstand der Männer gegen ihre Wünsche überwinden. Dies ist leicht zu erklären, weil alle Menschen sehr schwer mit einer abrupten „Rollenumkehr“ umgehen können: Männer, die sehr stark die Beschützerrolle wahrnahmen, wollten sich nicht plötzlich in die Rolle des Peinigers hineingeben. Das gilt im Prinzip für alle erotischen Rollenspiele: Man muss denjenigen Anteil seiner Persönlichkeit finden, der auf die Rolle passt – findet man ihn nicht, wirkt alles verkrampft.
Die Menschen in Beziehungen, in denen Unterwerfungen zur üblichen Bereicherung des Liebesspiels gehören, haben üblicherweise Rituale gefunden, innerhalb derer sie sich in die neue Rolle verwandeln – nach außen auffällig ist vor allem die Ansprache mit einem alternativen Namen, der nur im Rollenspiel verwendet wird. Die andere Art der Beziehung –also die dauernde Unterwerfung in dem, was die Szene 24/7 nennt, sind entweder Fantasie oder aber ein Graubereich der Beziehungen, der mit den Menschenrechten nicht vereinbar ist.
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