Skip to content
 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
Warnung! Teile dieser Texte könnten mithilfe menschlicher Intelligenz erzeugt worden sein.

Lesen Damen eigentlich unzüchtige Schriften?

das originalbild zeigt mehr - hier wurde nur der teufel herausgeschnitten, der die leserin mit erotischem schrifttum versorgt


Das Märchen, Damen seinen grundsätzlich nicht an „unzüchtigen Schriften“ interessiert ist so alt wie die Verdrängung der Sexualität, der Nacktheit und der erotischen Vergnügungen aus dem öffentlichen Leben. Wo es angeblich keine Sexualität gab, war das Interesse daran besonders groß: In verlassenen Nonnenklöstern fand man nach Zeitzeugenberichten nicht nur hocherotisches Schrifttum, sonder auch handgeschriebene Erotika, die nur von den Nonnen selbst stammen konnte. Auch im Bürgertum war die heimliche Weitergabe von erotischen Schriften nicht unüblich. Der belgische Maler Antoine Joseph Wiertz malte unter anderem ein Bild, auf dem eine nackte, füllige Frau genüsslich erotische Bücher las – er musste nur ein Zugeständnis machen: Am linken unteren Rand sieht man den Teufel, der sie der Dame zusteckt – wer sonst sollte eigentlich eine Dame mit erotischer Literatur versorgen?

Als Ende des 19. Jahrhunderts die bürgerliche Moral sichtbar bröckelt, werden erotische Schriften verdächtigt, die Ursache zu sein. Insbesondere die Tatsache, dass die jungen Mädchen aus besten Familien ihren sexuellen Bildungshunger an pornografischen Schriften stillten, wurde für den „Sittenverfall“ der Frauen verantwortlich gemacht. Bereits zu Anfang des 20. Jahrhunderts begannen allerdings einzelne Frauen damit, recht vorsichtig und unter Pseudonymen erotisch angehauchte Bücher zu verfassen. Damals war es üblich, dass Männer weibliche Pseudonyme und Frauen männliche Pseudonyme benutzten, sodass die wahre Urheberschaft oft erst sehr spät (und manchmal gar nicht) bekannt wurde.

Der bislang größte Skandal der Literaturgeschichte war ohne Zweifel das Buch „Histoire d'O“ (Geschichte der O), das Dominique Aury unter dem Pseudonym Pauline Réage schrieb. Das Buch wurde innerhalb von drei Monaten geschrieben – eine unglaubliche Leistung für jemanden, der ohne Vorbild schrieb. Jahrzehntelang wurde bezweifelt, ob dieses Buch tatsächlich von einer Frau geschrieben wurde. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften gab 1983 dieses Urteil ab:

Das hier skizzierte Frauenbild entspricht in keiner Weise dem sexuellen Empfinden von Frauen, es entspringt vielmehr der männlichen Phantasiewelt, auch wenn der Autor eine Frau sein soll.


Das Zitat enthält eine kleine Spitzfindigkeit, der nicht unerwähnt bleiben soll: Natürlich entspricht (und ansprach) das Buch nicht dem alltäglichen sexuellen Empfinden der Frau – dies wurde ja auch gar nicht behauptet. Offenbar war es aber für die Bundesprüfstelle nicht plausibel, dass Frauen überhaupt sexuelle Fantasien haben und es war ihr unbegreiflich, dass sie möglicherweise auch noch in solchen Fantasien schwelgen würden.

Lieder hat sich an dieser Auffassung bis heute kaum etwas geändert. Zwar gibt es auch in Deutschland mittlerweile eine von Frauen geschriebene erotische Literatur, jedoch sind Autorinnen rar, die fantasievoll von der weiblichen Lust erzählen können. Wo sie vereinzelt auftauchen, belieben sie in der Anonymität, denn immer noch wird die Autorenschaft mit der Gesinnung verwechselt: Während Krimialroman-Autorinnen kaum als Mörderinnen verdächtig werden, werden Erotik-Autorinnen immer noch als sexuelle Schlampen angesehen.

Sinnliche Filme für Frauen – einfach zu teuer?

zwei damen betrachten ein frivoles foto, stereografische fotografie, koloriert


Frauen geben eine Menge Geld für die Lust aus: Ein Unternehmen der Branche, das sich speziell an junge Frauen wendet, ist jedenfalls zufrieden mit dem Absatz, wenngleich es die Produkte auch alle „irgendwie woanders“ gibt: Doch wer einmal gute Erfahrungen mit einem Unternehmen gemacht hat, kauft nicht anderwärts. Der Handel läuft ohnehin so gut wie ausschließlich über den Versand: Man will sich in sogenannten „Erotik-Fachgeschäften“, den Ex-Pornoshops ja nicht blöd vorkommen, sagen die Kundinnen sinngemäß.

Experimentierfreudige Kundinnen

Sie kaufen, was gerade angesagt ist, vor allem aber Dinge, die der persönlichen Luststeigerung dienen – und oft weiß der Freunde, Verlobte oder Ehemann nicht einmal, wie groß die „Spielzeugsammlung“ mittlerweile ist. Auch, wenn der Lover mit einbezogen werden soll, ist es meist die Frau, die mal Neues ausprobieren will – und viele der Produkte seien so eindeutig nur für ganz bestimmte Praktiken erdacht, dass man sich wundere, ob den Damen eigentlich immer klar wäre, was sie da eigentlich kaufen würden. Besonders fällt dies bei den Produkten auf, die ausschließlich „am Mann“ angewendet werden können und die beispielsweise auf das Zentrum seines Popos zielen würden. Dieser Meinung war übrigens vor Kurzem auch das Sexberaterduo „Dan und Jennifer“, die regelmäßig Videos mit Liebesratschlägen veröffentlichen. Immerhin einer von acht Frauenwünschen zielte darauf, doch mal den „männlichen G-Punkt“ auszuprobieren.

Keine Lust am visuellen Vergnügen - frauenfreundliche Filme sind rar

Ganz anders allerdings sieht es bei der weiblichen Lustliteratur aus: Der Begriff „frauenfreundliche Pornografie“ oder „frauenfreundliche erotische Literatur“ ist so abgeschmackt geworden, dass man ihn vergessen kann. Wer heute nach dem Begriff sucht, bekommt überwiegend dreckigen Sexmüll vor die Füße geworfen: Offenbar ist den Produzenten jedes Mittel recht, auch noch das minderwertigste Produkt im Internet als „frauenfreundlich“ zu beschreiben.

Ein Problem bei der Frauenerotik sind angeblich die fehlenden Vertriebskanäle – doch das halten Kritiker für eine billige Ausrede. Interessanter ist schon, nach den Autorinnen zu fragen: Da klafft eine nicht unerhebliche Lücke, und ebenso verhält es sich bei den Produzentinnen. Es gibt sie, aber sie produzieren nicht alle für Hetero-Frauen. Der Markt der „Queer-Szenerie“ soll viel attraktiver sein – und die Produktionen dort sind angeblich viel billiger.

Die Produktionskosten sind viel zu hoch - Frauen sind eben anspruchsvoll

Überhaupt die Kosten. Kürzlich hieß es, dass sogenannte „Fastfood-Pornos“ für gegen 5000 Euro gedreht werden könnten, und dafür gäbe es sogar noch einen Markt, während professionell gestaltete Filme nicht wirklich unter 100.000 Euro zu drehen wären. „Wir verlieren viel Geld damit“ sagte kürzlich sogar ein Produzent dazu.

Die Filme im „kostenlosen“ Bereich des Internets sind zumeist weder besonders damenhaft noch überhaupt für Frauen geeignet: Nuttenklamotten, wohin man sieht, aber keine Qualitätsdessous – das ist nur der erste äußere Eindruck. Tatsache ist: Damen wollen Damen sein, bevor sie sich hingeben, und dazu sollten alle Ausstattungsdetails stimmen.

Gute Drehbücher fehlen - und Autorinnen sowieso

Ein weiteres Problem sind die fehlenden Drehbücher oder sonstigen Vorlagen, den in Frauenerotik werden sinnliche Geschichten verlangt, nicht willkürlich aneinandergehängte Szenen fragwürdigen Inhalts. Wer die neue Frauenlust schreiben könnte, liegt im Dunkel: Gegenwärtig schient es kaum Autorinnen zu geben, die sich auf das Genre stürzen wollten, zumal damit nicht viel verdient ist.

Großes Kino? Mit Pornodarstellern wohl kaum

Schließlich sind es auch die Darstellerinnen und Darsteller: Sie sind gewohnt, mit extrem schwacher schauspielerischer Leistung auszukommen – das aber reicht nicht aus, um den kinoverwöhnten Frauen lustvolle Gefühle nahezubringen: Sie wollen Gesichter sehen, in denen sich sowohl Wollust wie auch Zweifel und gegebenenfalls Schmerz widerspiegeln – wie im richtigen Leben, sozusagen.

Sieht man sich an, was täglich über die Erotik-Tubes an Video-Clips eingeht, so sträuben sich einem die Haare: Die Frau wird nach wie vor zum männlichen Lustobjekt degradiert und muss aufnehmen, was der Mann abgibt – egal, wann, wie und wohin. Ob diese der Wunsch der Männer ist? Wohl kaum. Hat man zwei oder drei der Clips gesehen, hat man alle gesehen – und appetitlich ist es zumeist nicht, was die Damen und Herren dort betreiben.

Zum historischen Hintergrund der lustvollen Frauenliteratur her mehr.