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 Liebeszeitung - Liebe, Lust und Sex
Warnung! Teile dieser Texte könnten mithilfe menschlicher Intelligenz erzeugt worden sein.

Eine Geschichte zum Erröten

Schon leicht errötet?
Kann man eine frivole Geschichte so erzählen, dass sich alles völlig harmlos liest? Urteilt bitte selber ...

„Ich hörte, dass du mit deinem neuen Freund David eine ernsthafte Diskussion über den Umgang miteinander hattest. Würde es dir etwas ausmachen, mir mehr darüber zu erzählen?“

Sarah lächelte in sich hinein. Ihre Freundin Zoe hatte eine sehr intime, private Frage gestellt. Und ja, sie wollte sie beantworten – ehrlich, aber nicht offen. Denn „offen und ehrlich“ hätte bedeutet …


Nun ja, du errötest doch noch nicht, oder? Dann lies weiter, bitte.

„Oh, es gibt darüber nicht viel zu erzählen. Wir hatten eine sehr ernsthafte und intensive Diskussion, und die Argumente fielen Schlag auf Schlag, wenn ich das mal so salopp sagen darf.“

Zoe sah verdutzt auf, dachte einen Moment nach und fragte schließlich: „Was meinst du mit Schlag auf Schlag?“

„Nun, zu Anfang verlief unsere kleine Diskussion etwas stockend - weißt du, David war nicht daran gewöhnt, sich mit einer Dame ernsthaft über Fragen der Disziplin auseinanderzusetzen. Schließlich hat er … nun sagen wir, wenig Erfahrung, was Fragen des Respekts gegenüber Frauen angeht.“

„Stockend? Solche Auseinandersetzungen verlaufen doch oft sehr erregt?“

„Das vermied ich, indem ich von Anfang an nur treffsichere Argumente benutzte, denen sich David unzweifelhaft öffnen musste. Und ich argumentiere sehr selten emotional, sondern wiederhole Argumente eindringlich, die mein Partner nicht genügend verinnerlicht ...“

„Und damit hast du David überzeugt?“

„Selbstverständlich, Zoe, was denkst du? Wenn ich glaubte, nicht wirklich verstanden zu werden, schärfte ich meine Argumente, und das reichte am Ende völlig, um Davids Verhalten mir gegenüber zu verbessern. Ich denke, dass es auch nachhaltige Eindrücke bei ihm hinterließ.“


Einen Moment herrschte Stille, bevor Zoe vorsichtig nachfragte: „Und das ist wirklich die Wahrheit? Ich meine, ist das, was ich verstanden habe, wirklich so geschehen?“ Dabei ertappte sie sich bei einem leichten Erröten.

„Du siehst genau so aus, als ob du es verstanden hättest.“


Und du? Sind deine Wangen auch schon leicht gerötet?

Nein, wie verurteilen dich nicht, falls es so ist. Und wenn du tatsächlich manchmal frivole Erzählungen liest, dann kennst du die Geschichte in mindestens einer der vielen Varianten, in denen sie schon erzählt wurde.

Weibliche Pornografie – reale Lust macht Frauen an

Real? Fake? Oder wenigstens glaubwürdig gespielt?
Frauen wollen Genüsse sehen … und Genüsse bedingen, dass die Zuschauerinnen Begeisterung empfinden. Was wieder bedeutet: Da muss eine Schauspielerin her, die ihr aufkommende und sich steigernde Lust bis zum Orgasmus glaubwürdig spielt. Das jedenfalls meint Angie Rowntree, und sie muss es wissen – schließlich verdient sie ihr Geld damit.

Nicht das Genre macht es - die Aktionen regen an

Die offenen Worte lenken etwas von der Diskussion ab, welches „Genre“ der Pornografie Frauen lieben. Wer meint, es sei das Etikett „lesbisch“, muss noch ein wenig genauer hinsehen. In Wahrheit lockt eine etwas unflätige Bezeichnungen für den Cunnilingus: „Eating Pussy“. Nicht nur die Aktion als solche wird immer häufiger in Filme mit „Vorspiel“ eingebaut, sondern sie wird mehr und mehr „aus der Nähe“ aufgenommen, ähnlich wie das „Fingern“. Zwischen zwei Frauen soll diese Aktion noch erregender sein,auch wenn die Fingernägel dazu nicht unbedingt so lang und spitz sein sollten wie in vielen Pornos.

Wenn es "heftig zur Sache geht" - schauen viele Frauen hin

Manche Zeitgenossen dürfte überraschen, dass „Härte“ wie ein Magnet auf weibliche Porno-Gucker wirkt. Auch dafür gibt es eine Erklärung: „Mal so richtig (… nun ja, ihr kennt bestimmt ein Wort dafür) ist nicht unbedingt sozial korrekt. Aber die Besichtigung einer solchen Szene hat offenbar ungeahnte Folgen auf den … „Speichelfluss?“ Nein, ich denke nicht etwa an das Wasser, das euch gerade im Mund zusammenläuft – ich denke an genau die Feuchtzonen, an die ihr auch denkt.

Ohne Handlung kein Versinken in den pornografischen Film

Es gilt als sicher, dass die Handlung für Frauen wichtiger ist als für Männer. In Frankreich hat man dies schon lange erkannt und Filme produziert, die eine „tatsächliche“ Rahmenhandlung haben. Der Grund soll darin liegen, dass sich Frauen mit den Aktionen der Handlung identifizieren wollen.

Die alten Rollen - Prinz und Cinderella wie im Märchenbuch

Nehmen wir an, ein Film würde von einer armen Frau handeln, die plötzlich einem Prinzen begegnet. Würde sich da nicht nahezu jede Frau mit Märchenträumen gerührt sein? Und wenn der Prinz nun Mr. Grey wäre oder sein siebter Abklatsch? Dann wäre seine Gegenspielerin immer noch eine Art Aschenbrödel und damit die ideale Person, ihn trickreich zu verführen – ob mit einem Feenzauber oder auch in ein raues Sackleinenkleid gehüllt.

Neue Rollen, neue Lüste - und auch selbstbewusste, fordernde Frauen

Die Rollen ändern sich gerade - in der Realität wie in der Pornografie. Und die Statistiken namhafter Porno-Anbieter sind sicher nicht völlig aussagefähig. Und ja – Frauen werden immer noch zu häufig als „devot“ dargestellt. Aber der neue, selbstbewusste und fordernde Frauentyp hat längst Eingang in die erotische Bildsprache gefunden – und eben auch in die Pornografie. Gut erzählt, wundert man (und frau) sich noch heute, wie stimulierend so eine Geschichte wirkt. Ungefähr so, wie ein gut gespieltes Tenorsaxofon tief in die Psyche eindringen kann – und dabei auch oft die Schamlippen anregt. (Oh, verrate ich zu viel?)

Alles, was es gibt, findet auch Eingang in die Pornografie ...

Zum Abschluss ein Bonmot und ein Vergleich: „Alles, was es auf der Welt gibt, findet auch Eingang in die Pornografie.“ (If it exists, there’s porn for it.). Das ist ganz ähnlich wie in den Krimis in dieser Zeit: Alles, was es gibt, wird auch eingebaut, sei es auch noch so absurd. Und natürlich denken diejenigen von euch, die dauernd Krimis sehen, nicht dauernd an Morde, an Rache, Hass, Vergeltung oder was sonst in Krimis zu sehen ist. Und genauso halten es auch alle mit den erotischen Erzählungen: Nein, wer sie sieht, denkt nicht dauernd an Sex … und nach und nach weiß er (oder sie) wie die Sache auf Seite 52 ausgeht, wenn sie auf Seite zwei noch mit geschlitztem Kleid auf einem Barhocker sitzt. Ständige Wiederholungen ähnlicher Szenarien ermüden alle – bei Krimis wie bei Pornos.

Die harte Schale der Abwehr aufweichen und einfach träumen

Nein, wir brauchen keine Statistiken von „Pornhub“ oder ähnlichen Portalen. Es reicht völlig aus, einmal die harte Schale der Abwehr zu durchbrechen, um zu träumen. Und ja – es gibt sie noch, die wirklich sinnlichen Worte und Bilder.

Stellvertretend für viele andere Artikel zum Thema: Quellen.
Brigitte (Frauenzeitschrift, deutsch)
Salon
(Lifestyle-Magazin, englisch)

Das Nachglühen beim Hinsetzen

Wie sitzt man hinterher ... über Schriftstellerei und den glühenden Po
Prolog: Diese Geschichte ist eine Fantasie einer unbekannten Autorin - und der Kern? Er handelt von der Schrifttellerei und dem Glühen des Hinterteils.

„Du kennst dich doch aus mit … ich meine, mit etwas … Besonderem?“

Ich muss etwas loswerden: Alle meinen, ich würde mich bei erotischen Sonderwünschen auskennen. Weil sie glauben, dass ich diese frechen, kleinen Kurzgeschichten schreibe. „Sie trifft sie, alles ist völlig harmlos, aber dann …“ dann kommt das, von dem alle glauben, ich hätte es selbst erlebt.

Nun gut, so weit das, was ich dir unbedingt sagen wollte. Vor mir sitzt Sandra, nicht mehr ganz jung, kurz vor dem Alter, in dem wir nicht mehr gefragt werden wollen. Was soll ich antworten? Ich sag einfach:

„Frag mich einfach, dann sag ich dir, ob ich mich genügend auskenne.“

„Es geht um … intensive körperliche Empfindungen…“

Wenn jemand so fragt, dann geht es nicht um gewöhnlichen Sex. Ich versuche mal nachzuhaken.

„Will jemand so etwas von dir oder willst du so etwas von jemandem?“

Sandra lächelt ein wenig. „Ich will etwas … nicht Alltägliches von jemandem.“

„Nichts Alltägliches“, ja, da ist eine Umschreibung für „Ich suche das Ungewöhnliche“, und wenn es kein Sex ist, dann … ich ahne, was ihr auf dem Herzen liegt. Also frage ich mal vorsichtig nach: „Ist es etwas, was du schon mal erlebt hast, oder ist es etwas Neues?“

Sie sieht mich etwas verwirrt an, so als ob ich Gedanke lesen könnte. „Es ist eine Art Impuls aus dem Inneren, etwas zu spüren, richtig zu spüren …“

Sandra bringt den Satz nicht zu einem sinnvollen Ende, errötet zunächst und sieht mich danach ernst an. Schließlich fragt sie: „Versprich mir bitte, dass du mit niemandem darüber redest und es nicht für eine deiner Kurzgeschichten benutzt.“

Sie scheint tatsächlich zu glauben, dass ich mich hinter einem Pseudonym verstecke. Soll sie es weiterhin glauben. Also verspreche ich es und sage zugleich:

„Jetzt mal raus mit der Sprache – was willst du eigentlich von mir?“

„Nicht von dir - ich möchte wissen, wie es ist, körperlich – bestraft zu werden. Ich meine intensiv, nicht ein paar Klapse auf den Po.“

Wie es ist … das heißt, sie glaubt, ich weiß, wie es ist. Sie hat etwas gelesen, was sie für mein Werk hält und verwechselt die Figur in der Geschichte mit mir. Um Himmel willen – ich beschließe, sie in dem Glauben zu lassen.

Ich beginne zu sagen, was ich „weiß“, mit großer Vorsicht.

„Es ist eine Art Unterwerfung. Du wirst dich vor jemandem ausziehen müssen. Vielleicht wirst du dabei gedemütigt. Die Sache ist nicht ganz einfach, weil eigentlich du die Geschichte bestimmst … und der andere deine Fantasien unterstützt … so ungefähr.“

Sandra hört aufmerksam, zu. Als ich einen Moment schweige, fragt sie: „Was passiert dann? Bisher tat doch nichts weh?“

„Nun kommt er schwerste Moment für deinen Partner: Er muss alles vergessen, was nicht mit seiner Rolle zu tun hat. Und er wird dir die ersten Schläge überziehen. Einer nach dem anderen, warten, wie du reagierst, und beim Abklingen des ersten Schmerzes erneut zuschlagen. Es ist nicht einfach, jemanden grundlos zu schlagen.“

Eine neue Pause.

„Und wie werde ich es selbst empfinden? Wird es wirklich intensiv sein? Wird man es hinterher sehen, ich meine mit Striemen oder so? Und was ist mit dem brennenden Gefühl? Bliebt das für ein paar Tage?“

„Du wirst vorher gefragt, normalerweise jedenfalls. Ob es Striemen geben darf – meistens nicht, wenn du im Sportverein bist oder verheiratet oder etwas tust, wo jemand deine Pobacken oder Oberschenkel sehen kann. Und das Nachglühen – kommt auf das Instrument an, das du dir gewünscht hast. Und dann … jedes Mal, wenn du dich setzt, kommen die Erinnerungen zurück – das wünschen sich viele, die geschlagen werden. Eigentlich seltsam. Ist aber so.

Eine längere Pause nachdenklichen Schweigens.

„Kannst du mir sagen, wie es ist – von einer Frau geschlagen zu werden?“

Warum glauben nur alle, dass ich es kann? Dass ich es weiß, dass ich es „erspüre“, wenn mich jemand fragt?

Doch ich antworte: „Frauen schlagen gezielter, intensiver und im Bewusstsein, ganz bestimmte Schmerzen zu erzeugen. Du kannst auch sagen: Sie gehen mehr auf dich ein, versuchen, dir das perfekte Erlebnis zu bieten.“

Irgendetwas arbeitet in Sandra. Schließlich fragt sie zweifelnd: „Aber die Gefühle in deinen Geschichten haben doch alle heftigen Emotionen?“

Einen Moment bin ich in Versuchung, die Wahrheit zu sagen: Nur eine von beiden darf Emotionen haben – diejenige, die bedürftig ist. Und die andere muss ihre Gefühle kontrollieren, jedenfalls im wahren Leben.

Ich sage nichts dergleichen. Stattdessen frage ich: „Wolltest du eigentlich an meinen Erfahrungen naschen oder hast du tatsächlich etwas vor?“

Sandra nimmt daraufhin ihr Handtäschchen, lächelt geheimnisvoll und sagte „Du weißt noch viel mehr darüber, als du zugibst, nicht wahr?“

Ich lächele zurück. Das ist alles, was ich kann.

Epilog: Das Dilemma der Schriftstellerin ist authentisch geschildert, der Dialog ist reine Fiktion. Ob es ethisch korrekt ist, einen Rat zu geben, wenn man nicht genaues weiß? Das entscheidest du selbst. Es ist nur eine Geschichte.
Bild:© 2022 by Liebesverlag.de

In der Pandemie kreativ sein?

In der Pandemie kreativ sein? Ich wende mich nur noch selten an Autorinnen und Autoren. Aber heute mache ich eine Ausnahme - weil Sonntag ist.

Was, niemand ist mehr kreativ in der Pandemie? Nun gut – die goldenen Taler fallen derzeit niemanden in das geschürzte Röcklein, um es mal märchenhaft zu sagen. Und doch ist die Zeit, in der „bei dir nichts passiert“ und „auch sonst nichts los ist“ eine gute Zeit, deine Fantasie zu schärfen.

Wir haben einige Tipps, wie du kreativ werden kannst … nicht nur für uns – auch für dich selbst.

Nicht erotische Themen in erotische verwandeln

Manche Themen sind wirklich nicht erotisch. Zum Beispiel, ob du ein Zertifikat brauchst, um ein Projekt zu leiten. Ich hatte die Idee, daraus eine relativ ernste Betrachtung über planvolles Vorgehen beim Dating zu schreiben. Ich bin fest überzeugt, dass es jemandem von euch gelingt, eine Liebesgeschichte zu schreiben, die einem geheimen Plan folgt. Ihr müsst sie nicht hier veröffentlichen. Sagt einfach: „Die Idee kam aus der Liebeszeitung“.

Streng hetero? Versetzt dich mal ins andere Geschlecht!

Du bist streng „hetero“? Wie wäre es, dich ins andere Geschlecht hineinzuversetzen? Kannst du aus dieser Sicht schreiben? Im Grunde sollte es jeder Autor / jede Autorin können. Aber kannst du es?

Keinen Stil gefunden? Schreibe mal etwas Ungewöhnliches!

Fast ausgestorben: der Briefroman. Es gab mal E-Mail-Romane, Chat-Romane und SMS-Romane. Oder wenigstens Novellen. Du kannst dann schreiben, was du willst und wie du willst. Unausgegoren und abgehackt. Eine erotische Novelle kann auch aus einem Verhörprotokoll bestehen … oder aus einer Reihe von Masturbationsfantasien.

Absurde Figuren? Warum nicht?

Im Grunde musst du dir absurde Figuren gar nicht ausdenken. Da wäre zum Beispiel ein 28-jähriger Mann, der noch nie eine sexuelle Beziehung hatte. Oder eine Frau, die mit 29 geschieden wurde und mit 49 ihr erstes „neues“ Date hat. Die gibt es wirklich. Sie kommen aber in den gängigen erotischen Geschichten nicht vor.

Und nun: fang an!

Tu es einfach. Du kannst uns dein Manuskript schicken. Auch wenn wir es nicht veröffentlichen, so können wir doch sagen, wie es uns gefallen hat.

Die besten erotischen Geschichten sind übrigens solche, die von einem großen Strauß von Gefühlen handeln – und auf keinen Fall nur vom Sex.

Ein fast ganz gewöhnlicher Weihnachtsabend für brave Mädchen

„Warst du denn auch immer hübsch artig?“

Ich erinnere mich gut an diese Frage, die mal der Nikolaus, dann aber auch wieder der Weihnachtsmann stellte. Die Zeremonie begann jedes Jahr damit, dass wir Kinder ein Weihnachtsgedicht aufsagen mussten.

Zuerst musste ich einen Knicks vor den meinem versammelten Publikum machen, deren Mitglieder ich hier aufzählen will: hässliche, aber grell geschminkte und von billigem „Au de Cologne“ durchtränkte Tanten und Großtanten. Dazu noch der eine oder andere Onkel, nach Rum und Zigarren riechend. Die Großmutter, die alljährlich große Dame spielen, wenn die Adventszeit nahte, dazu noch eine spitznasige und reichlich zickige Cousine.

Der Weihnachtsmann, dies sei vorausgeschickt, nahm niemals Höchstselbst an diesem Teil der Veranstaltung teil, denn die Großmutter klingelte erst immer nach ihm, wenn das Urteil über die Güte des Gedichtvortrags feststand.

Nach dem Knicks, den ich nach Art einer Bediensteten ausführen musste, war meine Pflicht, engelhaft und brav zu wirken, bevor ich mein Gedicht aufsagt. Am schönsten war es für Großmutter, wenn die Tanten „ach wie süß“ murmelten, währen der Onkel entzückt auf meine Haltung achtete. Und dann … nun, es lief nicht ganz, wie gedacht. Ich haspelte mich so durch, handelte mir eine Rüge ein, warum ich nicht fleißiger gelernt hatte, und musste das Podium an meine Cousine Beate abgeben, die fast erwachsen war und einen sehr kurzen Rock trug, bevor sie knickste und sich dann in Positur stellte, wobei dem bereits erwähnten Onkel Fritz beinahe die Augen herausfielen angesichts der „leckeren Rundungen“, sie sie bereits entwickelt hatte.

Sie begann noch mit dem kolossalen Epos von Eichendorff, „Markt und Straßen sind verlassen, hell erleuchtet jedes Haus ...“ Doch dann endete ihr Vortrag abrupt und sie sagte mehr zornig als entschuldigend: „Ich kann mir den Blödsinn einfach nicht merken“.

Die Gesellschaft der lieben Verwandten erstarrte wie in eine rituelle Voodoo-Szene, die ich im Museum gesehen hatte. Schließlich ergriff ihre Mutter Thea das Wort und sagte: „Kind, wie kannst du mir so etwas antun … hier vor allen Leuten.“

Beate trotze sichtbar. „Ich glaube, ich bin zu alt, mich hier zum Püppchen machen zu lassen, damit ihr eure Vorstellung bewahren könnt, ich wäre noch ein kleines Mädchen“.

Wer weiß, was aus der Szenerie geworden wäre, wenn in diesem Moment nicht der Rauschebart eingetreten wäre, frisch von „Draus‘ vom Walde“. Sicherlich bemerkte er, dass er seinen Auftritt falsch geplant hatte. Doch angesichts der Situation und in Unkenntnis des Vorfalls fragte er Beate, ob sie denn auch immer brav gewesen wäre. „So brav, wie es in deinen Büchern steht, lieber Weihnachtsmann.“

Jener war sich seiner Sache sicher, überreichte ein kleines Geschenk, wie man es so tut als Weihnachtsmann und fragte in die Runde: Und ihr, wart ihr auch alle brav? Natürlich nickten alle, doch Onkel Fritz konnte nicht umhin, zu petzen, dass ich mein Gedicht nur schlecht gelernt hätte und Beate gar „ein unsägliches Wort“ gesagt habe.

Der Weihnachtsmann blickte in die Runde, grübelte ein wenig und sagte theatralisch: „Und soll ich die Rute herausholen und sie auf einem der Gesäße der Jugend verwenden, damit dererlei nicht mehr vorkommen möge?“ Die Gesellschaft schwieg still, und der Weihnachtsmann war froh, dass von ihm keine körperlichen Strafaktionen dieser Art verlangt wurde.

Doch als er den Raum verlassen hatte, folgte ihm Tante Thea auf dem Fuß – und erst viel später fiel den wenigen nüchtern gebliebenen Verwandten auf, dass sie fehlte. Und weil es ja nicht ungewöhnlich war, dass der Weihnachtsmann nach seinem kurzen Auftritt verschwand, vermisste man auch keine andere Person. Zumal nicht die eigenwillige Tante Thea, das schwarze Schaf der Familie.

Während die erwachsenen Weihnachtsgäste nach und nach in den Zustand des Vollrausches eingetreten waren, lagen Beate und ich in unsere Betten und ich fragte vorsichtig, warum der Weihnachtsmann zusammen mit Tante Thea verschwunden war und die Tante nicht wieder zurückkam.

„Weil sie ein böses Mädchen ist - und sie die Rute bekommen wollte.“

„Die Rute?“

„Ich kann es dir jetzt nicht erklären. Frag mich, wenn du alt genug bist.“

Ich dachte in dieser Weihnachtsnacht nicht mehr darüber nach. Aber die Tante tauchte am nächsten Tag wieder auf, als wäre nichts gewesen. Und wen auch immer ich fragte, sagte nur „ach das verstehst du noch nicht, mein Kind.“

Inzwischen bin ich kein Kind mehr und kann es mir denken. Auch wenn es sich sicher nicht um das wundersame Singen handelte, von dem Eichendoff schrieb, sondern eher um das heil’ge Schauern.

Sagt mal, wird euch auch gerade „ganz anders“?